Bekämpfung des Lohndumpings. Erweiterung des Begriffs der missbräuchlichen Kündigung
- ShortId
-
18.306
- Id
-
20180306
- Updated
-
10.04.2024 19:24
- Language
-
de
- Title
-
Bekämpfung des Lohndumpings. Erweiterung des Begriffs der missbräuchlichen Kündigung
- AdditionalIndexing
-
44;2811
- 1
-
- PriorityCouncil1
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Ständerat
- Texts
-
- <p>Das Tessiner Stimmvolk hat mit einem Jastimmenanteil von 58 Prozent die von der SVP eingereichte kantonale Verfassungsinitiative "Prima i nostri!" angenommen. Eine der neuen Bestimmungen der Tessiner Kantonsverfassung, die gesetzlich umgesetzt werden muss, wenn der Volkswille respektiert werden soll, ist Artikel 14 Buchstabe j. Dieser beauftragt den Kanton, dafür zu sorgen, dass keinem Tessiner Arbeitnehmer aufgrund des diskriminierenden Entscheids, einheimische durch ausländische Arbeitskräfte zu ersetzen, gekündigt wird oder dass keiner aufgrund eines Arbeitskräfteüberschusses auf dem Arbeitsmarkt erhebliche Lohneinbussen akzeptieren muss (Lohndumping).</p><p>Da dieser Rechtsbereich jedoch in die Kompetenz des Bundes fällt, kann die genannte Bestimmung der Kantonsverfassung natürlich erst nach einer Änderung der in der Bundesverfassung vorgesehenen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen in einem kantonalen Gesetz konkretisiert werden. Eine solche Änderung ist allerdings sehr unwahrscheinlich. Doch es gibt eine Alternative: Unser Kanton kann auf Bundesebene dafür sorgen, dass die bundesrechtlichen Hindernisse für die Umsetzung der erwähnten Verfassungsänderung beseitigt werden, in diesem Fall namentlich die in der Zuständigkeit der Bundesversammlung liegenden einschlägigen Bestimmungen des Obligationenrechts (OR).</p><p>Mit dem neuen Verfassungsartikel soll eine Kündigung zum simplen Austausch von Arbeitnehmenden ("Austauschkündigung") verhindert werden. Dabei ist unwesentlich, dass die Kündigung erfolgt, um den Arbeitnehmer durch eine nicht ortsansässige Arbeitskraft zu ersetzen. Es geht vielmehr darum, dass mit solchen Kündigungen bezweckt wird, einen neuen Arbeitnehmer zu geringerem Lohn einzustellen. Selbst wenn ein Arbeitnehmer aus Sementina durch einen aus Semione ersetzt würde, wäre dies zweifelsohne eine "Austauschkündigung" mit dem Ziel, das Gehaltsniveau zu drücken, sprich Lohndumping zu betreiben. Egal aus welcher Perspektive man diese Fälle betrachtet, um gegen sie vorgehen zu können, müssen im übergeordneten Recht die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden.</p><p>Die einschlägigen Bestimmungen des OR zählen die Fälle der missbräuchlichen Kündigung (Art. 336 OR) und der Kündigung zur Unzeit (Art. 336c OR) auf. Missbräuchlich ist eine Kündigung insbesondere dann, wenn sie erfolgt wegen einer Eigenschaft, die dem Arbeitnehmer kraft seiner Persönlichkeit zusteht (politische oder religiöse Überzeugung, sexuelle Orientierung, Staatangehörigkeit, Zivilstand usw.), oder weil der Arbeitnehmer ein verfassungsmässiges Recht ausübt, nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend macht oder eine gewerkschaftliche Tätigkeit ausübt. Zur Unzeit erfolgt eine Kündigung, wenn sie während des Militär- oder Zivilschutzdienstes, während der Verhinderung durch Krankheit oder Unfall (mit zeitlicher Begrenzung), während der Schwangerschaft oder in den 16 Tagen nach der Niederkunft ausgesprochen wird.</p><p>Die "Austauschkündigungen" werden von den geltenden OR-Bestimmungen nicht erfasst. Im Übrigen ist nur die Kündigung zur Unzeit nichtig (Art. 336c Abs. 2 OR), bei missbräuchlichen Kündigungen ist lediglich eine Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen vorgesehen.</p><p>Das OR muss in zwei Punkten geändert werden, damit die neue Bestimmung der Tessiner Verfassung umgesetzt werden kann und nicht toter Buchstabe sowie rein politisches Geplänkel bleibt, mit dem jene beruhigt werden sollen, die um ihren Arbeitsplatz bangen. Gerade weil der Volkswille zu respektieren ist, erachten wir es als notwendig, die genannten Anpassungen des übergeordneten Rechts anzuregen, welche die Konkretisierung der Tessiner Verfassungsänderung erst möglich machen.</p>
- <p>Der Kanton Tessin fordert die Bundesversammlung auf, zur Bekämpfung des Lohndumpings die rechtlichen Bestimmungen zur missbräuchlichen Kündigung von Arbeitsverhältnissen anzupassen. Insbesondere fordert er, Artikel 336 OR so zu ändern, dass die Kündigung des Arbeitgebers missbräuchlich ist, wenn sie ausgesprochen wird:</p><p>a. um den gekündigten Arbeitnehmer durch einen gleichqualifizierten Arbeitnehmer, der weniger Lohn erhält, zu ersetzen; oder</p><p>b. weil sich der Arbeitnehmer weigert, aufgrund eines Arbeitskräfteüberschusses auf dem Arbeitsmarkt erhebliche Lohneinbussen zu akzeptieren (Lohndumping).</p>
- Bekämpfung des Lohndumpings. Erweiterung des Begriffs der missbräuchlichen Kündigung
- State
-
Erledigt
- Related Affairs
-
- Drafts
-
-
- Index
- 0
- Texts
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- <p>Das Tessiner Stimmvolk hat mit einem Jastimmenanteil von 58 Prozent die von der SVP eingereichte kantonale Verfassungsinitiative "Prima i nostri!" angenommen. Eine der neuen Bestimmungen der Tessiner Kantonsverfassung, die gesetzlich umgesetzt werden muss, wenn der Volkswille respektiert werden soll, ist Artikel 14 Buchstabe j. Dieser beauftragt den Kanton, dafür zu sorgen, dass keinem Tessiner Arbeitnehmer aufgrund des diskriminierenden Entscheids, einheimische durch ausländische Arbeitskräfte zu ersetzen, gekündigt wird oder dass keiner aufgrund eines Arbeitskräfteüberschusses auf dem Arbeitsmarkt erhebliche Lohneinbussen akzeptieren muss (Lohndumping).</p><p>Da dieser Rechtsbereich jedoch in die Kompetenz des Bundes fällt, kann die genannte Bestimmung der Kantonsverfassung natürlich erst nach einer Änderung der in der Bundesverfassung vorgesehenen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen in einem kantonalen Gesetz konkretisiert werden. Eine solche Änderung ist allerdings sehr unwahrscheinlich. Doch es gibt eine Alternative: Unser Kanton kann auf Bundesebene dafür sorgen, dass die bundesrechtlichen Hindernisse für die Umsetzung der erwähnten Verfassungsänderung beseitigt werden, in diesem Fall namentlich die in der Zuständigkeit der Bundesversammlung liegenden einschlägigen Bestimmungen des Obligationenrechts (OR).</p><p>Mit dem neuen Verfassungsartikel soll eine Kündigung zum simplen Austausch von Arbeitnehmenden ("Austauschkündigung") verhindert werden. Dabei ist unwesentlich, dass die Kündigung erfolgt, um den Arbeitnehmer durch eine nicht ortsansässige Arbeitskraft zu ersetzen. Es geht vielmehr darum, dass mit solchen Kündigungen bezweckt wird, einen neuen Arbeitnehmer zu geringerem Lohn einzustellen. Selbst wenn ein Arbeitnehmer aus Sementina durch einen aus Semione ersetzt würde, wäre dies zweifelsohne eine "Austauschkündigung" mit dem Ziel, das Gehaltsniveau zu drücken, sprich Lohndumping zu betreiben. Egal aus welcher Perspektive man diese Fälle betrachtet, um gegen sie vorgehen zu können, müssen im übergeordneten Recht die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden.</p><p>Die einschlägigen Bestimmungen des OR zählen die Fälle der missbräuchlichen Kündigung (Art. 336 OR) und der Kündigung zur Unzeit (Art. 336c OR) auf. Missbräuchlich ist eine Kündigung insbesondere dann, wenn sie erfolgt wegen einer Eigenschaft, die dem Arbeitnehmer kraft seiner Persönlichkeit zusteht (politische oder religiöse Überzeugung, sexuelle Orientierung, Staatangehörigkeit, Zivilstand usw.), oder weil der Arbeitnehmer ein verfassungsmässiges Recht ausübt, nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend macht oder eine gewerkschaftliche Tätigkeit ausübt. Zur Unzeit erfolgt eine Kündigung, wenn sie während des Militär- oder Zivilschutzdienstes, während der Verhinderung durch Krankheit oder Unfall (mit zeitlicher Begrenzung), während der Schwangerschaft oder in den 16 Tagen nach der Niederkunft ausgesprochen wird.</p><p>Die "Austauschkündigungen" werden von den geltenden OR-Bestimmungen nicht erfasst. Im Übrigen ist nur die Kündigung zur Unzeit nichtig (Art. 336c Abs. 2 OR), bei missbräuchlichen Kündigungen ist lediglich eine Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen vorgesehen.</p><p>Das OR muss in zwei Punkten geändert werden, damit die neue Bestimmung der Tessiner Verfassung umgesetzt werden kann und nicht toter Buchstabe sowie rein politisches Geplänkel bleibt, mit dem jene beruhigt werden sollen, die um ihren Arbeitsplatz bangen. Gerade weil der Volkswille zu respektieren ist, erachten wir es als notwendig, die genannten Anpassungen des übergeordneten Rechts anzuregen, welche die Konkretisierung der Tessiner Verfassungsänderung erst möglich machen.</p>
- <p>Der Kanton Tessin fordert die Bundesversammlung auf, zur Bekämpfung des Lohndumpings die rechtlichen Bestimmungen zur missbräuchlichen Kündigung von Arbeitsverhältnissen anzupassen. Insbesondere fordert er, Artikel 336 OR so zu ändern, dass die Kündigung des Arbeitgebers missbräuchlich ist, wenn sie ausgesprochen wird:</p><p>a. um den gekündigten Arbeitnehmer durch einen gleichqualifizierten Arbeitnehmer, der weniger Lohn erhält, zu ersetzen; oder</p><p>b. weil sich der Arbeitnehmer weigert, aufgrund eines Arbeitskräfteüberschusses auf dem Arbeitsmarkt erhebliche Lohneinbussen zu akzeptieren (Lohndumping).</p>
- Bekämpfung des Lohndumpings. Erweiterung des Begriffs der missbräuchlichen Kündigung
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