Private Krankenversicherungen. Für medizinische Gutachten ohne Interessenkonflikte

ShortId
18.410
Id
20180410
Updated
10.04.2024 17:31
Language
de
Title
Private Krankenversicherungen. Für medizinische Gutachten ohne Interessenkonflikte
AdditionalIndexing
15;44;2841
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Eine private Versicherung, die eine Zweitmeinung wünscht und die Indikation einer anhaltenden Arbeitsaussetzung überprüfen will, bestellt nach aktueller Praxis eine medizinische Fachperson ihrer Wahl und vereinbart einen Termin, den die Patientin bzw. der Patient wahrnehmen muss. Nach meinen Beobachtungen wählen die Versicherungen regelmässig dieselben Gutachterinnen und Gutachter für diese Tätigkeiten. In den meisten Fällen läuft alles korrekt ab, und die gutachtende Person ist darauf bedacht, ihren Auftrag sorgfältig wahrzunehmen. Doch in meiner persönlichen Erfahrung als medizinischer Grundversorger habe ich leider allzu oft die Belastung meiner Patientinnen und Patienten erlebt, die eine schlampige oder zumindest oberflächliche Betreuung beklagten. Diese Fälle enden (fast) immer mit dem Fazit, dass die Versicherungsleistungen umgehend einzustellen seien - zu meinem grossen Erstaunen, ausgehend von meinen eigenen medizinischen Befunden. Eine gewisse Subjektivität bei den behandelnden Ärztinnen und Ärzten, die die Interessen und die Gesundheit ihrer Patientinnen und Patienten verteidigen wollen, kann ich nicht leugnen - aber was soll man zur Lage sagen, in der sich die Gutachterinnen und Gutachter befinden?</p><p>Die Berufsethik verbietet es mir offiziell, die Objektivität meiner Kolleginnen und Kollegen infrage zu stellen, aber ich kann meine Verlegenheit angesichts der finanziellen Beziehungen, die zwingend zwischen der anfragenden Versicherung und der medizinischen Gutachterin oder dem medizinischen Gutachter bestehen, nicht verschweigen. Und die Erkenntnis, dass diese grosszügig vergüteten Gutachten für einige die Haupteinnahmequelle sind, stimmt nachdenklich. Könnte eine Fachperson, die regelmässig Beschwerden von Versicherten zu deren Gunsten begutachtet, langfristig das Vertrauen ihrer Auftraggeberin bewahren? Hier liegt ein Interessenkonflikt vor, und die Summen, die dabei auf dem Spiel stehen, sind nicht zu vernachlässigen.</p><p>Der kürzlich bekanntgewordene Skandal um die Methoden einer auf Gutachten spezialisierten Klinik in Genf zeigt die Brisanz der Problematik. </p><p>Eine Lösung: die Einrichtung eines Pools von medizinischen Gutachterinnen und Gutachtern, d. h. Fachärztinnen und Fachärzten aus unterschiedlichen Bereichen, die in ihrem jeweiligen Fachgebiet gut ausgebildet und von Kolleginnen und Kollegen anerkannt sind. Wünscht eine Versicherung die Erstellung eines medizinischen Gutachtens für eine bei ihr versicherte Person, so wendet sie sich an den Pool, der per Zufall eine Fachperson bestimmt und diese direkt über die Zahlung von der Versicherung für diese Leistung entlöhnt. Mit einer solchen vollkommen neutralen Vermittlungsstelle, die eine zufällige und lediglich nach Sprachkompetenzen limitierte Zuteilung vornähme, gäbe es keinen Interessenkonflikt mehr. </p>
  • <p>Gestützt auf Artikel 160 Absatz 1 der Bundesverfassung und auf Artikel 107 des Parlamentsgesetzes reiche ich folgende parlamentarische Initiative ein:</p><p>Die gesetzlichen Bestimmungen zur Praxis der medizinischen Gutachten in der privaten Krankenversicherung werden vervollständigt, um zu garantieren, dass die Personen, die solche Gutachten erstellen, vollkommen unabhängig und frei von Interessenkonflikten sind.</p>
  • Private Krankenversicherungen. Für medizinische Gutachten ohne Interessenkonflikte
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Eine private Versicherung, die eine Zweitmeinung wünscht und die Indikation einer anhaltenden Arbeitsaussetzung überprüfen will, bestellt nach aktueller Praxis eine medizinische Fachperson ihrer Wahl und vereinbart einen Termin, den die Patientin bzw. der Patient wahrnehmen muss. Nach meinen Beobachtungen wählen die Versicherungen regelmässig dieselben Gutachterinnen und Gutachter für diese Tätigkeiten. In den meisten Fällen läuft alles korrekt ab, und die gutachtende Person ist darauf bedacht, ihren Auftrag sorgfältig wahrzunehmen. Doch in meiner persönlichen Erfahrung als medizinischer Grundversorger habe ich leider allzu oft die Belastung meiner Patientinnen und Patienten erlebt, die eine schlampige oder zumindest oberflächliche Betreuung beklagten. Diese Fälle enden (fast) immer mit dem Fazit, dass die Versicherungsleistungen umgehend einzustellen seien - zu meinem grossen Erstaunen, ausgehend von meinen eigenen medizinischen Befunden. Eine gewisse Subjektivität bei den behandelnden Ärztinnen und Ärzten, die die Interessen und die Gesundheit ihrer Patientinnen und Patienten verteidigen wollen, kann ich nicht leugnen - aber was soll man zur Lage sagen, in der sich die Gutachterinnen und Gutachter befinden?</p><p>Die Berufsethik verbietet es mir offiziell, die Objektivität meiner Kolleginnen und Kollegen infrage zu stellen, aber ich kann meine Verlegenheit angesichts der finanziellen Beziehungen, die zwingend zwischen der anfragenden Versicherung und der medizinischen Gutachterin oder dem medizinischen Gutachter bestehen, nicht verschweigen. Und die Erkenntnis, dass diese grosszügig vergüteten Gutachten für einige die Haupteinnahmequelle sind, stimmt nachdenklich. Könnte eine Fachperson, die regelmässig Beschwerden von Versicherten zu deren Gunsten begutachtet, langfristig das Vertrauen ihrer Auftraggeberin bewahren? Hier liegt ein Interessenkonflikt vor, und die Summen, die dabei auf dem Spiel stehen, sind nicht zu vernachlässigen.</p><p>Der kürzlich bekanntgewordene Skandal um die Methoden einer auf Gutachten spezialisierten Klinik in Genf zeigt die Brisanz der Problematik. </p><p>Eine Lösung: die Einrichtung eines Pools von medizinischen Gutachterinnen und Gutachtern, d. h. Fachärztinnen und Fachärzten aus unterschiedlichen Bereichen, die in ihrem jeweiligen Fachgebiet gut ausgebildet und von Kolleginnen und Kollegen anerkannt sind. Wünscht eine Versicherung die Erstellung eines medizinischen Gutachtens für eine bei ihr versicherte Person, so wendet sie sich an den Pool, der per Zufall eine Fachperson bestimmt und diese direkt über die Zahlung von der Versicherung für diese Leistung entlöhnt. Mit einer solchen vollkommen neutralen Vermittlungsstelle, die eine zufällige und lediglich nach Sprachkompetenzen limitierte Zuteilung vornähme, gäbe es keinen Interessenkonflikt mehr. </p>
    • <p>Gestützt auf Artikel 160 Absatz 1 der Bundesverfassung und auf Artikel 107 des Parlamentsgesetzes reiche ich folgende parlamentarische Initiative ein:</p><p>Die gesetzlichen Bestimmungen zur Praxis der medizinischen Gutachten in der privaten Krankenversicherung werden vervollständigt, um zu garantieren, dass die Personen, die solche Gutachten erstellen, vollkommen unabhängig und frei von Interessenkonflikten sind.</p>
    • Private Krankenversicherungen. Für medizinische Gutachten ohne Interessenkonflikte

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