Teilrevision des Militärstrafprozesses. Vereinfachung des Verfahrens bei Militärdienstversäumnissen

ShortId
18.3128
Id
20183128
Updated
28.07.2023 03:44
Language
de
Title
Teilrevision des Militärstrafprozesses. Vereinfachung des Verfahrens bei Militärdienstversäumnissen
AdditionalIndexing
09;1216
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Derzeit betreffen 80 Prozent der von der Militärjustiz zu behandelnden Fälle den Tatbestand "Militärdienstversäumnis und unerlaubte Entfernung" (Art. 82 MStG). Das Versäumnis eines Soldaten, seinen Wiederholungskurs zu besuchen, wird behandelt, als wäre es ein wesentlich schwererer Verstoss: Das Personelle der Armee meldet den Fall der Militärjustiz, die einen Untersuchungsrichter damit beauftragt, eine Untersuchung zu eröffnen; die Untersuchungsakte wird an einen Auditor weitergeleitet, der die Anklage vor einem Militärgericht vertritt - ein Verfahren von ausgezeichneter juristischer Qualität, aber ein langes und schwerfälliges. </p><p>Um das Problem der Länge zu beheben, wäre folgendes Verfahren ausreichend: Die betreffende Person wird zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgerufen, das Personelle der Armee verhängt daraufhin eine Verwaltungssanktion für die Übertretung. Erhebt die Person innert zehn Tagen dagegen Beschwerde, so wird eine vollständige Untersuchung geführt. </p><p>Dieses vereinfachte Verfahren löst nicht nur das Zeitproblem. Es verringert auch erheblich den Aufwand der Militärjustiz und ihrer Gerichte - und somit auch ihre Kosten.</p><p>Ich bitte den Bundesrat, diese Motion anzunehmen, um den Verwaltungsaufwand zu reduzieren und die unverhältnismässigen Verfahren zu vereinfachen.</p>
  • <p>Der Motionär scheint von der Annahme auszugehen, dass sämtliche Verfahren, welche das Nichteinrücken in den Militärdienst betreffen, vor Militärgericht abgeschlossen werden. Dies trifft nicht zu. Es ist vielmehr langjährige bewährte Praxis, dass in<b></b>jedem Fall zunächst die aufbietende Stelle dem Betroffenen schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme zum Grund des Nichteinrückens gibt. Kann der Betroffene sein Versäumnis erklären, erfolgt keine Überweisung an die Militärjustiz, und es wird kein Militärstrafverfahren durchgeführt. Falls keine oder keine genügende Erklärung erfolgt, ist je nach der Art des Militärdiensts, in den nicht eingerückt wird, zu unterscheiden:</p><p>- Nichteinrücken zur Rekrutierung</p><p>Die ersten drei Unterlassungen werden in der Regel durch den Wohnsitzkanton im schriftlichen Verfahren disziplinarisch (mit Disziplinarbussen) bestraft. Erst ab dem vierten Nichteinrücken erfolgt ein Antrag auf Anordnung eines Militärstrafverfahrens. Häufig ist im Verfahren beim Untersuchungsrichter zunächst die Diensttauglichkeit abzuklären. Wird sie verneint, wird der Beschuldigte allenfalls vom Auditor nach Artikel 84 des Militärstrafgesetzes (MStG; SR 321.0) für eine Übertretung im Strafmandatverfahren gebüsst; in diesen Fällen findet keine Verhandlung vor Militärgericht statt. Bei diensttauglichen Beschuldigten, die zum Zivildienst zugelassen werden, erfolgt auch einzig eine solche Strafmandat-Busse. Nur in den heute selten gewordenen Fällen von ausdrücklich erklärter Absicht, den Militärdienst insgesamt und für immer verweigern zu wollen, ist der Beschuldigte vor dem Militärgericht anzuklagen.</p><p>- Nichteinrücken in den Nachschiesskurs (ausserdienstliche Schiesspflicht)</p><p>Auch hier werden die ersten vier Unterlassungen in der Regel durch den Wohnsitzkanton im schriftlichen Verfahren disziplinarisch (mit Disziplinarbussen) bestraft. Erst ab dem fünften Nichteinrücken erfolgt ein Antrag auf Anordnung eines Militärstrafverfahrens. In diesem Verfahren kann etwa das Gesuch um Zulassung zum waffenlosen Dienst gestellt werden. Bei dessen Bewilligung wird der Beschuldigte allenfalls vom Auditor nach Artikel 84 MStG im Strafmandatverfahren gebüsst; in diesen Fällen findet keine Verhandlung vor Militärgericht statt. Bei ausdrücklich erklärter Absicht, die Schiesspflicht für immer verweigern zu wollen, ist der Beschuldigte unter Umständen vor dem Militärgericht anzuklagen.</p><p>- Erstmaliges Nichteinrücken in die Rekrutenschule oder in einen Wiederholungskurs</p><p>Diese erstmaligen Versäumnisse werden in der Regel im Strafmandatverfahren erledigt. In der Tat werden die Beschuldigten in diesen Verfahren mündlich angehört (verfassungsmässiges Recht auf rechtliches Gehör). An der durch den Motionär selbst angeführten "exzellenten Qualität" des Militärstrafprozesses ist festzuhalten. Schwerfällige und lange Verfahren kommen entgegen der Ansicht des Motionärs bei Verfahren wegen Militärdienstversäumnissen nicht vor. Die nötigen Abklärungen sind relativ einfach und schnell vorzunehmen, selbst wenn das rechtliche Gehör in einer mündlichen Einvernahme beim Untersuchungsrichter gewährt wird.</p><p>Erst im Wiederholungsfalle des Nichteinrückens in die Rekrutenschule oder in einen Wiederholungskurs ist der Beschuldigte unter Umständen vor dem Militärgericht anzuklagen. Die Motion bringt damit keine wesentliche Veränderung zur bestehenden Praxis.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Die Teilrevision des Militärstrafprozesses (MStP, SR 322.1) soll das Verfahren bei Militärdienstversäumnissen (Rekrutierung, Rekrutenschule, Wiederholungskurse) vereinfachen.</p>
  • Teilrevision des Militärstrafprozesses. Vereinfachung des Verfahrens bei Militärdienstversäumnissen
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Derzeit betreffen 80 Prozent der von der Militärjustiz zu behandelnden Fälle den Tatbestand "Militärdienstversäumnis und unerlaubte Entfernung" (Art. 82 MStG). Das Versäumnis eines Soldaten, seinen Wiederholungskurs zu besuchen, wird behandelt, als wäre es ein wesentlich schwererer Verstoss: Das Personelle der Armee meldet den Fall der Militärjustiz, die einen Untersuchungsrichter damit beauftragt, eine Untersuchung zu eröffnen; die Untersuchungsakte wird an einen Auditor weitergeleitet, der die Anklage vor einem Militärgericht vertritt - ein Verfahren von ausgezeichneter juristischer Qualität, aber ein langes und schwerfälliges. </p><p>Um das Problem der Länge zu beheben, wäre folgendes Verfahren ausreichend: Die betreffende Person wird zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgerufen, das Personelle der Armee verhängt daraufhin eine Verwaltungssanktion für die Übertretung. Erhebt die Person innert zehn Tagen dagegen Beschwerde, so wird eine vollständige Untersuchung geführt. </p><p>Dieses vereinfachte Verfahren löst nicht nur das Zeitproblem. Es verringert auch erheblich den Aufwand der Militärjustiz und ihrer Gerichte - und somit auch ihre Kosten.</p><p>Ich bitte den Bundesrat, diese Motion anzunehmen, um den Verwaltungsaufwand zu reduzieren und die unverhältnismässigen Verfahren zu vereinfachen.</p>
    • <p>Der Motionär scheint von der Annahme auszugehen, dass sämtliche Verfahren, welche das Nichteinrücken in den Militärdienst betreffen, vor Militärgericht abgeschlossen werden. Dies trifft nicht zu. Es ist vielmehr langjährige bewährte Praxis, dass in<b></b>jedem Fall zunächst die aufbietende Stelle dem Betroffenen schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme zum Grund des Nichteinrückens gibt. Kann der Betroffene sein Versäumnis erklären, erfolgt keine Überweisung an die Militärjustiz, und es wird kein Militärstrafverfahren durchgeführt. Falls keine oder keine genügende Erklärung erfolgt, ist je nach der Art des Militärdiensts, in den nicht eingerückt wird, zu unterscheiden:</p><p>- Nichteinrücken zur Rekrutierung</p><p>Die ersten drei Unterlassungen werden in der Regel durch den Wohnsitzkanton im schriftlichen Verfahren disziplinarisch (mit Disziplinarbussen) bestraft. Erst ab dem vierten Nichteinrücken erfolgt ein Antrag auf Anordnung eines Militärstrafverfahrens. Häufig ist im Verfahren beim Untersuchungsrichter zunächst die Diensttauglichkeit abzuklären. Wird sie verneint, wird der Beschuldigte allenfalls vom Auditor nach Artikel 84 des Militärstrafgesetzes (MStG; SR 321.0) für eine Übertretung im Strafmandatverfahren gebüsst; in diesen Fällen findet keine Verhandlung vor Militärgericht statt. Bei diensttauglichen Beschuldigten, die zum Zivildienst zugelassen werden, erfolgt auch einzig eine solche Strafmandat-Busse. Nur in den heute selten gewordenen Fällen von ausdrücklich erklärter Absicht, den Militärdienst insgesamt und für immer verweigern zu wollen, ist der Beschuldigte vor dem Militärgericht anzuklagen.</p><p>- Nichteinrücken in den Nachschiesskurs (ausserdienstliche Schiesspflicht)</p><p>Auch hier werden die ersten vier Unterlassungen in der Regel durch den Wohnsitzkanton im schriftlichen Verfahren disziplinarisch (mit Disziplinarbussen) bestraft. Erst ab dem fünften Nichteinrücken erfolgt ein Antrag auf Anordnung eines Militärstrafverfahrens. In diesem Verfahren kann etwa das Gesuch um Zulassung zum waffenlosen Dienst gestellt werden. Bei dessen Bewilligung wird der Beschuldigte allenfalls vom Auditor nach Artikel 84 MStG im Strafmandatverfahren gebüsst; in diesen Fällen findet keine Verhandlung vor Militärgericht statt. Bei ausdrücklich erklärter Absicht, die Schiesspflicht für immer verweigern zu wollen, ist der Beschuldigte unter Umständen vor dem Militärgericht anzuklagen.</p><p>- Erstmaliges Nichteinrücken in die Rekrutenschule oder in einen Wiederholungskurs</p><p>Diese erstmaligen Versäumnisse werden in der Regel im Strafmandatverfahren erledigt. In der Tat werden die Beschuldigten in diesen Verfahren mündlich angehört (verfassungsmässiges Recht auf rechtliches Gehör). An der durch den Motionär selbst angeführten "exzellenten Qualität" des Militärstrafprozesses ist festzuhalten. Schwerfällige und lange Verfahren kommen entgegen der Ansicht des Motionärs bei Verfahren wegen Militärdienstversäumnissen nicht vor. Die nötigen Abklärungen sind relativ einfach und schnell vorzunehmen, selbst wenn das rechtliche Gehör in einer mündlichen Einvernahme beim Untersuchungsrichter gewährt wird.</p><p>Erst im Wiederholungsfalle des Nichteinrückens in die Rekrutenschule oder in einen Wiederholungskurs ist der Beschuldigte unter Umständen vor dem Militärgericht anzuklagen. Die Motion bringt damit keine wesentliche Veränderung zur bestehenden Praxis.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Die Teilrevision des Militärstrafprozesses (MStP, SR 322.1) soll das Verfahren bei Militärdienstversäumnissen (Rekrutierung, Rekrutenschule, Wiederholungskurse) vereinfachen.</p>
    • Teilrevision des Militärstrafprozesses. Vereinfachung des Verfahrens bei Militärdienstversäumnissen

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