Die sprunghafte Mehrbelastung der Kantone, Gemeinden und Spitex-Organisationen beseitigen. Die Kosten für das Pflegematerial anpassen

ShortId
18.3425
Id
20183425
Updated
28.07.2023 14:39
Language
de
Title
Die sprunghafte Mehrbelastung der Kantone, Gemeinden und Spitex-Organisationen beseitigen. Die Kosten für das Pflegematerial anpassen
AdditionalIndexing
24;2841
1
PriorityCouncil1
Ständerat
Texts
  • <p>Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) setzte mit zwei Urteilen im Herbst 2017 die Praxis zur Vergütung von Pflegematerial in Pflegeheimen fest. Für die Pflege notwendige und vom Personal angewendete Gegenstände, wie etwa Injektionshilfen oder Wundverbände, die sich auf der Mittel- und Gegenständeliste (Migel) befinden, dürfen demnach nicht mehr separat bei den Krankenkassen abgerechnet werden, sondern sind als Teil der gesamten Pflegekosten zu betrachten. Gemäss Bundesamt für Gesundheit (BAG) müssen Pflegematerialien seither im Rahmen der bestehenden Pflegekostenregelung finanziert werden; dies, obwohl den Migel-Kosten bei der Einführung der neuen Pflegefinanzierung 2011 offensichtlich zu wenig Beachtung geschenkt wurde. Quasi als Notlösung sollen die Pflegematerialien nun über die Restfinanzierung bezahlt werden, wodurch die öffentlichen und privaten Spitex-Organisationen bzw. die Kantone und Gemeinden ein weiteres Mal zur Kasse gebeten werden. Schätzungen gehen davon aus, dass diese 2018 insgesamt mehr als 100 Millionen Franken einschiessen. Die Kostenübernahme durch Kantone, Gemeinden und Spitex darf aber keine langfristige Lösung sein, denn diese hatten zuletzt ohnehin sämtliche Kostensteigerungen in der Pflege zu tragen. Kantone und Gemeinden sind längst vom Restfinanzierer zum Hauptfinanzierer geworden. Diese deutliche Mehrbelastung wird auch im bundesrätlichen Bericht zur Langzeitpflege festgehalten. Für die Zukunft braucht es eine gleichmässige Finanzierung der Kostensteigerung bei den Pflegeleistungen durch alle Kostenträger. Die Versicherer sind hier stärker in die Pflicht zu nehmen und die OKP-Beiträge an die Kostenentwicklung anzupassen.</p><p>Seit Inkraftsetzung der neuen Pflegefinanzierung 2011 zahlen die Patienten und Krankenversicherer fixe Beiträge an die Pflege, während die öffentliche Hand mit flexiblen Beiträgen für die Restfinanzierung aufkommen muss. Damit gehen Kostensteigerungen ausnahmslos zulasten der öffentlichen Hand. Mit den Urteilen des BVGer wird dieses Problem weiter verschärft. Zudem ist die Kostensteuerung von den Krankenkassen auf die Kantone, Gemeinden und Spitex-Anbieter verlagert worden. Dies kann kein Dauerzustand sein. Es drängt sich auf, die Krankenversicherer mit einer ihrer Kernkompetenzen - der Kostenkontrolle - wieder stärker in die Pflicht zu nehmen. Die nationalen Kommunal- und die Spitexverbände haben bereits mehrfach auf die Dringlichkeit einer gleichmässigen Verteilung der gestiegenen Kosten der Pflegeleistungen hingewiesen. Aufgrund der zögerlichen Haltung des BAG ist jetzt die Politik gefordert, die notwendigen Massnahmen durchzusetzen.</p><p>Die Mehrheit des Parlamentes hat sich mit der Einführung der Pflegefinanzierung gegen einen Automatismus, aber für eine bundesrätliche Kompetenz zur Anpassung der Krankenkassenleistungen an die Kostenentwicklung ausgesprochen. Der Bundesrat verfügt demnach über die Kompetenz, die OKP-Beiträge an die Kostenentwicklung anzupassen. Der "höchste vom Bundesrat festgesetzte Pflegebeitrag" (Art. 25a KVG) wurde bisher jedoch noch nie an die effektiven Pflegekosten angepasst. Der Bundesrat ist aufgefordert, diese Verantwortung wahrzunehmen, dies unter Berücksichtigung der Migel-Kosten und des generellen Kostenwachstums im Pflegebereich. Das deutlich angenommene Postulat der SGK-N 16.3352, "Gleichmässige Finanzierung der Kostensteigerung bei den Pflegeleistungen durch alle Kostenträger", zeigt den Willen des Parlamentes, das den Bundesrat zum Handeln auffordert. Es braucht jetzt Massnahmen, die auf 1. Januar 2019 umgesetzt werden können. Eine Anpassung der OKP-Beiträge setzt zudem ein Zeichen, dass der Bundesrat die schwierige Situation der Leistungserbringer sowie der Kantone und Gemeinden erfasst hat.</p>
  • <p>Gemäss Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes stellt das Pflegematerial zur Applikation durch Pflegefachpersonen einen notwendigen Bestandteil der Pflegeleistungen dar, dessen Vergütung nicht separat, sondern nach den Regeln der Pflegefinanzierung durch die drei Kostenträger zu erfolgen hat. Das Bundesverwaltungsgericht hält dazu fest, dass weder im Gesetz noch in der Verordnung vorgesehen sei, dass die Materialien (ausschliesslich) zulasten der Krankenversicherung gehen sollten. Aus der gesetzlichen Finanzierungsregelung ergibt sich somit, dass allfällige Restkosten der Pflegeleistungen durch die Restfinanzierer (Kantone oder Gemeinden) zu tragen sind, da die Beiträge der beiden verbleibenden Kostenträger (Krankenversicherer, versicherte Personen) in Gesetz und Verordnung fixiert sind. Mit der aktuellen Rechtsprechung wird die bisherige Haltung des Bundesrates bestätigt (siehe beispielsweise Stellungnahme des Bundesrates vom 13. März 2015 zur Motion Humbel 14.4292, "Praxistaugliche Zulassung der Pflegeheime als Leistungserbringer").</p><p>Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat mit den Akteuren mehrfach vergeblich versucht, im Bereich der Vergütung der Pflegematerialien Transparenz zu schaffen. In erster Linie sind die Leistungserbringer, die Kantone und die Versicherer aufgefordert, die gesetzlichen Vorgaben, wie sie vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden sind, umzusetzen. Das BAG hat die involvierten Akteure erneut zu einem runden Tisch im September 2018 eingeladen. Ziel der Gespräche soll es sein, Transparenz im Bereich des Pflegematerials zu schaffen, um darauf aufbauend eine nachhaltige Lösung zu finden. Eine einseitige und umgehende Erhöhung der Beiträge, ohne dass Transparenz über bisherige Abrechnungspraktiken und die effektiven Kosten des Pflegematerials besteht, ist jedenfalls nicht zuletzt aus Sicht der Kostenentwicklung in der OKP abzulehnen.</p><p>Der Bundesrat hat sich mit der Evaluation der Pflegefinanzierung und der Überprüfung der kostenneutralen Einführung der Pflegebeiträge auseinandergesetzt. Gestützt auf den Bericht zur Evaluation hat der Bundesrat am 4. Juli 2018 festgestellt, dass mit der Neuordnung die Zielsetzungen des Gesetzgebers grundsätzlich erreicht werden konnten, indessen noch Handlungsbedarf in den Bereichen Restfinanzierung und Kostenrechnung bleibt. Diese Aspekte wird das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) mit den Kantonen nochmals aufnehmen und den Dialog weiterführen.</p><p>Was die Frage der vom Motionär verlangten Anpassung der OKP-Pflegebeiträge an die Kostenentwicklung anbelangt, soll im Rahmen des noch zu erstellenden Berichtes in Erfüllung des Postulates SGK-N 16.3352, "Gleichmässige Finanzierung der Kostensteigerung bei den Pflegeleistungen durch alle Kostenträger", vertieft geprüft werden, ob und wie bei den OKP-Beiträgen an die Pflegeleistungen der Kostenentwicklung Rechnung zu tragen ist.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die Beiträge der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP), die in Artikel 7a Absatz 3 der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) festgelegt sind, spätestens auf 1. Januar 2019 zu erhöhen und damit an die effektive Pflegekostenentwicklung anzupassen. Zusätzlich sind die Kosten für die Verwendung von Mitteln und Gegenständen der gesetzlichen Liste (Migel) in den OKP-Beiträgen zu berücksichtigen.</p>
  • Die sprunghafte Mehrbelastung der Kantone, Gemeinden und Spitex-Organisationen beseitigen. Die Kosten für das Pflegematerial anpassen
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) setzte mit zwei Urteilen im Herbst 2017 die Praxis zur Vergütung von Pflegematerial in Pflegeheimen fest. Für die Pflege notwendige und vom Personal angewendete Gegenstände, wie etwa Injektionshilfen oder Wundverbände, die sich auf der Mittel- und Gegenständeliste (Migel) befinden, dürfen demnach nicht mehr separat bei den Krankenkassen abgerechnet werden, sondern sind als Teil der gesamten Pflegekosten zu betrachten. Gemäss Bundesamt für Gesundheit (BAG) müssen Pflegematerialien seither im Rahmen der bestehenden Pflegekostenregelung finanziert werden; dies, obwohl den Migel-Kosten bei der Einführung der neuen Pflegefinanzierung 2011 offensichtlich zu wenig Beachtung geschenkt wurde. Quasi als Notlösung sollen die Pflegematerialien nun über die Restfinanzierung bezahlt werden, wodurch die öffentlichen und privaten Spitex-Organisationen bzw. die Kantone und Gemeinden ein weiteres Mal zur Kasse gebeten werden. Schätzungen gehen davon aus, dass diese 2018 insgesamt mehr als 100 Millionen Franken einschiessen. Die Kostenübernahme durch Kantone, Gemeinden und Spitex darf aber keine langfristige Lösung sein, denn diese hatten zuletzt ohnehin sämtliche Kostensteigerungen in der Pflege zu tragen. Kantone und Gemeinden sind längst vom Restfinanzierer zum Hauptfinanzierer geworden. Diese deutliche Mehrbelastung wird auch im bundesrätlichen Bericht zur Langzeitpflege festgehalten. Für die Zukunft braucht es eine gleichmässige Finanzierung der Kostensteigerung bei den Pflegeleistungen durch alle Kostenträger. Die Versicherer sind hier stärker in die Pflicht zu nehmen und die OKP-Beiträge an die Kostenentwicklung anzupassen.</p><p>Seit Inkraftsetzung der neuen Pflegefinanzierung 2011 zahlen die Patienten und Krankenversicherer fixe Beiträge an die Pflege, während die öffentliche Hand mit flexiblen Beiträgen für die Restfinanzierung aufkommen muss. Damit gehen Kostensteigerungen ausnahmslos zulasten der öffentlichen Hand. Mit den Urteilen des BVGer wird dieses Problem weiter verschärft. Zudem ist die Kostensteuerung von den Krankenkassen auf die Kantone, Gemeinden und Spitex-Anbieter verlagert worden. Dies kann kein Dauerzustand sein. Es drängt sich auf, die Krankenversicherer mit einer ihrer Kernkompetenzen - der Kostenkontrolle - wieder stärker in die Pflicht zu nehmen. Die nationalen Kommunal- und die Spitexverbände haben bereits mehrfach auf die Dringlichkeit einer gleichmässigen Verteilung der gestiegenen Kosten der Pflegeleistungen hingewiesen. Aufgrund der zögerlichen Haltung des BAG ist jetzt die Politik gefordert, die notwendigen Massnahmen durchzusetzen.</p><p>Die Mehrheit des Parlamentes hat sich mit der Einführung der Pflegefinanzierung gegen einen Automatismus, aber für eine bundesrätliche Kompetenz zur Anpassung der Krankenkassenleistungen an die Kostenentwicklung ausgesprochen. Der Bundesrat verfügt demnach über die Kompetenz, die OKP-Beiträge an die Kostenentwicklung anzupassen. Der "höchste vom Bundesrat festgesetzte Pflegebeitrag" (Art. 25a KVG) wurde bisher jedoch noch nie an die effektiven Pflegekosten angepasst. Der Bundesrat ist aufgefordert, diese Verantwortung wahrzunehmen, dies unter Berücksichtigung der Migel-Kosten und des generellen Kostenwachstums im Pflegebereich. Das deutlich angenommene Postulat der SGK-N 16.3352, "Gleichmässige Finanzierung der Kostensteigerung bei den Pflegeleistungen durch alle Kostenträger", zeigt den Willen des Parlamentes, das den Bundesrat zum Handeln auffordert. Es braucht jetzt Massnahmen, die auf 1. Januar 2019 umgesetzt werden können. Eine Anpassung der OKP-Beiträge setzt zudem ein Zeichen, dass der Bundesrat die schwierige Situation der Leistungserbringer sowie der Kantone und Gemeinden erfasst hat.</p>
    • <p>Gemäss Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes stellt das Pflegematerial zur Applikation durch Pflegefachpersonen einen notwendigen Bestandteil der Pflegeleistungen dar, dessen Vergütung nicht separat, sondern nach den Regeln der Pflegefinanzierung durch die drei Kostenträger zu erfolgen hat. Das Bundesverwaltungsgericht hält dazu fest, dass weder im Gesetz noch in der Verordnung vorgesehen sei, dass die Materialien (ausschliesslich) zulasten der Krankenversicherung gehen sollten. Aus der gesetzlichen Finanzierungsregelung ergibt sich somit, dass allfällige Restkosten der Pflegeleistungen durch die Restfinanzierer (Kantone oder Gemeinden) zu tragen sind, da die Beiträge der beiden verbleibenden Kostenträger (Krankenversicherer, versicherte Personen) in Gesetz und Verordnung fixiert sind. Mit der aktuellen Rechtsprechung wird die bisherige Haltung des Bundesrates bestätigt (siehe beispielsweise Stellungnahme des Bundesrates vom 13. März 2015 zur Motion Humbel 14.4292, "Praxistaugliche Zulassung der Pflegeheime als Leistungserbringer").</p><p>Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat mit den Akteuren mehrfach vergeblich versucht, im Bereich der Vergütung der Pflegematerialien Transparenz zu schaffen. In erster Linie sind die Leistungserbringer, die Kantone und die Versicherer aufgefordert, die gesetzlichen Vorgaben, wie sie vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden sind, umzusetzen. Das BAG hat die involvierten Akteure erneut zu einem runden Tisch im September 2018 eingeladen. Ziel der Gespräche soll es sein, Transparenz im Bereich des Pflegematerials zu schaffen, um darauf aufbauend eine nachhaltige Lösung zu finden. Eine einseitige und umgehende Erhöhung der Beiträge, ohne dass Transparenz über bisherige Abrechnungspraktiken und die effektiven Kosten des Pflegematerials besteht, ist jedenfalls nicht zuletzt aus Sicht der Kostenentwicklung in der OKP abzulehnen.</p><p>Der Bundesrat hat sich mit der Evaluation der Pflegefinanzierung und der Überprüfung der kostenneutralen Einführung der Pflegebeiträge auseinandergesetzt. Gestützt auf den Bericht zur Evaluation hat der Bundesrat am 4. Juli 2018 festgestellt, dass mit der Neuordnung die Zielsetzungen des Gesetzgebers grundsätzlich erreicht werden konnten, indessen noch Handlungsbedarf in den Bereichen Restfinanzierung und Kostenrechnung bleibt. Diese Aspekte wird das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) mit den Kantonen nochmals aufnehmen und den Dialog weiterführen.</p><p>Was die Frage der vom Motionär verlangten Anpassung der OKP-Pflegebeiträge an die Kostenentwicklung anbelangt, soll im Rahmen des noch zu erstellenden Berichtes in Erfüllung des Postulates SGK-N 16.3352, "Gleichmässige Finanzierung der Kostensteigerung bei den Pflegeleistungen durch alle Kostenträger", vertieft geprüft werden, ob und wie bei den OKP-Beiträgen an die Pflegeleistungen der Kostenentwicklung Rechnung zu tragen ist.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die Beiträge der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP), die in Artikel 7a Absatz 3 der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) festgelegt sind, spätestens auf 1. Januar 2019 zu erhöhen und damit an die effektive Pflegekostenentwicklung anzupassen. Zusätzlich sind die Kosten für die Verwendung von Mitteln und Gegenständen der gesetzlichen Liste (Migel) in den OKP-Beiträgen zu berücksichtigen.</p>
    • Die sprunghafte Mehrbelastung der Kantone, Gemeinden und Spitex-Organisationen beseitigen. Die Kosten für das Pflegematerial anpassen

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