Kann der Bundesrat die Ausfuhr von Insektiziden, die in der Schweiz und in der EU verboten sind, in Länder des Südens verbieten?

ShortId
18.3892
Id
20183892
Updated
28.07.2023 03:18
Language
de
Title
Kann der Bundesrat die Ausfuhr von Insektiziden, die in der Schweiz und in der EU verboten sind, in Länder des Südens verbieten?
AdditionalIndexing
15;52;55
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>In Indien starben 2017 20 Bäuerinnen und Bauern, und Hunderte brauchten Spitalpflege, nachdem sie Baumwollfelder mit Insektizid besprüht hatten und dadurch vergiftet wurden. Das Insektizid Polo, das in der Schweiz von Syngenta produziert wird und dessen Gebrauch in der Schweiz und in der EU verboten ist, scheint für die Vergiftungen verantwortlich zu sein. Die NGO Public Eye begab sich im Juli 2018 nach Indien, in den Bundesstaat Maharashtra, wo sich im September 2017 die 20 Todes- und annähernd 800 Vergiftungsfälle ereigneten. Gemäss der NGO gab es auch 2018 Fälle von Vergiftungen. Zu den in die Vergiftungsfälle verwickelten Produkten gehört Polo (Diafenthiuron), ein Insektizid des Konzerns Syngenta, der dieses Produkt in Länder des Südens exportiert, obwohl es in der Schweiz und in der EU seit 2009 aufgrund der schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit und die Umwelt verboten ist. Gemäss der Europäischen Chemikalienagentur ist der Stoff Diafenthiuron beim Einatmen giftig und kann zu Organschäden führen, wenn ein Mensch diesem Stoff länger oder wiederholt ausgesetzt ist.</p><p>Public Eye ist der Ansicht, dass der Gebrauch des von Syngenta hergestellten Insektizids der Grund für diese Gesundheitsprobleme ist, und hat dem Bund beantragt, die Ausfuhr des Insektizids Polo zu verbieten. 126 Tonnen des Insektizids Polo wurden 2017 aus der Schweiz ausgeführt, 75 Tonnen davon nach Indien. Die betroffenen Bäuerinnen und Bauern leben in prekären Verhältnissen und haben keinen Zugang zu adäquaten Schutzanzügen. Sie wurden auch nicht ausreichend über die Gefahren in Zusammenhang mit dem Gebrauch dieser Produkte informiert. Es gilt als Menschenrechtsverletzung, die Bevölkerung anderer Länder giftigen Substanzen auszusetzen, von denen bekannt ist, dass sie schwere Gesundheitsprobleme hervorrufen und sogar zum Tod führen können.</p>
  • <p>Insektizide werden zum Schutz der Kulturen gegen Ertragseinbussen durch Schädlinge angewendet. Wie alle Pestizide sind diese Stoffe biologisch aktiv und können somit Nebenwirkungen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt aufweisen. Deshalb dürfen in der Schweiz nur Pflanzenschutzmittel mit Wirkstoffen in Verkehr gebracht und verwendet werden, wenn diese von den Bundesbehörden im Rahmen des Zulassungsverfahrens hinsichtlich gefährlicher Eigenschaften und möglicher Risiken beurteilt und zugelassen wurden.</p><p>1. Gestützt auf das Chemikalienrecht besteht derzeit kein Herstellungsverbot für den Wirkstoff des Produkts Polo, das Insektizid Diafenthiuron. Totalverbote für die Herstellung und Verwendung von gefährlichen Chemikalien werden vom Bundesrat erlassen, wenn in der Schweiz nichtakzeptierbare Risiken für Menschen oder für die Umwelt resultieren oder wenn die Schweiz als Vertragspartei eines internationalen Übereinkommens, zum Beispiel aufgrund des Stockholmer Übereinkommens über persistente organische Schadstoffe, dazu verpflichtet ist.</p><p>2. Für die bei der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln erforderlichen Schutzmassnahmen sind die Behörden des jeweiligen Landes zuständig, in dem das Pflanzenschutzmittel angewendet wird. Konkrete Hinweise auf adäquate Schutzmassnahmen, inkl. persönliche Schutzausrüstung, müssen gemäss PIC-Verordnung im Sicherheitsdatenblatt angegeben werden. Das Sicherheitsdatenblatt muss vom Hersteller einer gefährlichen Chemikalie bereitgestellt und dem Empfänger bei jeder Ausfuhr zur Verfügung gestellt werden. Zudem muss die Produktetikette eine entsprechende Gefahrenkennzeichnung und Sicherheitsratschläge für den sicheren Umgang enthalten. Die Kennzeichnung und das Sicherheitsdatenblatt müssen in einer Amtssprache oder der verbreitetsten Fremdsprache des Einfuhrlandes verfasst sein.</p><p>3. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme vom 21. Februar 2018 zur Motion Mazzone <a href="https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20174094">17.4094</a> festgehalten, dass er ein generelles Ausfuhrverbot für Pestizide wie Polo, die in der Schweiz wegen ihrer Gesundheits- oder Umweltrisiken nicht verkehrsfähig sind, als nicht verhältnismässig erachtet, soweit der Schutz der Gesundheit von Menschen und der Umwelt mit anderen Massnahmen erreicht werden kann, welche die Wirtschaftsfreiheit weniger stark beschränken. Der Bundesrat erklärte sich in seiner Stellungnahme jedoch bereit, einen Entwurf für eine Verordnungsregelung ausarbeiten zu lassen, welche die Ausfuhr von bestimmten, für die Gesundheit des Menschen oder die Umwelt gefährlichen Pestiziden, deren Inverkehrbringen in der Schweiz nicht zugelassen ist, von einer vorgängigen ausdrücklichen Zustimmung des Einfuhrlandes abhängig macht.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Der Bundesrat wird gebeten, folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Wie kann es sein, dass ein Produkt, von dem bekannt ist, dass es für Menschen giftig ist, immer noch von einem in der Schweiz ansässigen Unternehmen produziert wird?</p><p>2. Wie ist es möglich, dass dieses Unternehmen für den Menschen giftige Insektizide weiterhin in Ländern absetzen darf, in denen die Bäuerinnen und Bauern keinen Zugang zu adäquater Schutzkleidung haben und nicht ausreichend über die Gefahren in Bezug auf die Anwendung dieser Produkte informiert sind?</p><p>3. Kann der Bundesrat den Handel mit solchen Produkten untersagen? Und ist er bereit, dies zu tun?</p>
  • Kann der Bundesrat die Ausfuhr von Insektiziden, die in der Schweiz und in der EU verboten sind, in Länder des Südens verbieten?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>In Indien starben 2017 20 Bäuerinnen und Bauern, und Hunderte brauchten Spitalpflege, nachdem sie Baumwollfelder mit Insektizid besprüht hatten und dadurch vergiftet wurden. Das Insektizid Polo, das in der Schweiz von Syngenta produziert wird und dessen Gebrauch in der Schweiz und in der EU verboten ist, scheint für die Vergiftungen verantwortlich zu sein. Die NGO Public Eye begab sich im Juli 2018 nach Indien, in den Bundesstaat Maharashtra, wo sich im September 2017 die 20 Todes- und annähernd 800 Vergiftungsfälle ereigneten. Gemäss der NGO gab es auch 2018 Fälle von Vergiftungen. Zu den in die Vergiftungsfälle verwickelten Produkten gehört Polo (Diafenthiuron), ein Insektizid des Konzerns Syngenta, der dieses Produkt in Länder des Südens exportiert, obwohl es in der Schweiz und in der EU seit 2009 aufgrund der schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit und die Umwelt verboten ist. Gemäss der Europäischen Chemikalienagentur ist der Stoff Diafenthiuron beim Einatmen giftig und kann zu Organschäden führen, wenn ein Mensch diesem Stoff länger oder wiederholt ausgesetzt ist.</p><p>Public Eye ist der Ansicht, dass der Gebrauch des von Syngenta hergestellten Insektizids der Grund für diese Gesundheitsprobleme ist, und hat dem Bund beantragt, die Ausfuhr des Insektizids Polo zu verbieten. 126 Tonnen des Insektizids Polo wurden 2017 aus der Schweiz ausgeführt, 75 Tonnen davon nach Indien. Die betroffenen Bäuerinnen und Bauern leben in prekären Verhältnissen und haben keinen Zugang zu adäquaten Schutzanzügen. Sie wurden auch nicht ausreichend über die Gefahren in Zusammenhang mit dem Gebrauch dieser Produkte informiert. Es gilt als Menschenrechtsverletzung, die Bevölkerung anderer Länder giftigen Substanzen auszusetzen, von denen bekannt ist, dass sie schwere Gesundheitsprobleme hervorrufen und sogar zum Tod führen können.</p>
    • <p>Insektizide werden zum Schutz der Kulturen gegen Ertragseinbussen durch Schädlinge angewendet. Wie alle Pestizide sind diese Stoffe biologisch aktiv und können somit Nebenwirkungen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt aufweisen. Deshalb dürfen in der Schweiz nur Pflanzenschutzmittel mit Wirkstoffen in Verkehr gebracht und verwendet werden, wenn diese von den Bundesbehörden im Rahmen des Zulassungsverfahrens hinsichtlich gefährlicher Eigenschaften und möglicher Risiken beurteilt und zugelassen wurden.</p><p>1. Gestützt auf das Chemikalienrecht besteht derzeit kein Herstellungsverbot für den Wirkstoff des Produkts Polo, das Insektizid Diafenthiuron. Totalverbote für die Herstellung und Verwendung von gefährlichen Chemikalien werden vom Bundesrat erlassen, wenn in der Schweiz nichtakzeptierbare Risiken für Menschen oder für die Umwelt resultieren oder wenn die Schweiz als Vertragspartei eines internationalen Übereinkommens, zum Beispiel aufgrund des Stockholmer Übereinkommens über persistente organische Schadstoffe, dazu verpflichtet ist.</p><p>2. Für die bei der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln erforderlichen Schutzmassnahmen sind die Behörden des jeweiligen Landes zuständig, in dem das Pflanzenschutzmittel angewendet wird. Konkrete Hinweise auf adäquate Schutzmassnahmen, inkl. persönliche Schutzausrüstung, müssen gemäss PIC-Verordnung im Sicherheitsdatenblatt angegeben werden. Das Sicherheitsdatenblatt muss vom Hersteller einer gefährlichen Chemikalie bereitgestellt und dem Empfänger bei jeder Ausfuhr zur Verfügung gestellt werden. Zudem muss die Produktetikette eine entsprechende Gefahrenkennzeichnung und Sicherheitsratschläge für den sicheren Umgang enthalten. Die Kennzeichnung und das Sicherheitsdatenblatt müssen in einer Amtssprache oder der verbreitetsten Fremdsprache des Einfuhrlandes verfasst sein.</p><p>3. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme vom 21. Februar 2018 zur Motion Mazzone <a href="https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20174094">17.4094</a> festgehalten, dass er ein generelles Ausfuhrverbot für Pestizide wie Polo, die in der Schweiz wegen ihrer Gesundheits- oder Umweltrisiken nicht verkehrsfähig sind, als nicht verhältnismässig erachtet, soweit der Schutz der Gesundheit von Menschen und der Umwelt mit anderen Massnahmen erreicht werden kann, welche die Wirtschaftsfreiheit weniger stark beschränken. Der Bundesrat erklärte sich in seiner Stellungnahme jedoch bereit, einen Entwurf für eine Verordnungsregelung ausarbeiten zu lassen, welche die Ausfuhr von bestimmten, für die Gesundheit des Menschen oder die Umwelt gefährlichen Pestiziden, deren Inverkehrbringen in der Schweiz nicht zugelassen ist, von einer vorgängigen ausdrücklichen Zustimmung des Einfuhrlandes abhängig macht.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Der Bundesrat wird gebeten, folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Wie kann es sein, dass ein Produkt, von dem bekannt ist, dass es für Menschen giftig ist, immer noch von einem in der Schweiz ansässigen Unternehmen produziert wird?</p><p>2. Wie ist es möglich, dass dieses Unternehmen für den Menschen giftige Insektizide weiterhin in Ländern absetzen darf, in denen die Bäuerinnen und Bauern keinen Zugang zu adäquater Schutzkleidung haben und nicht ausreichend über die Gefahren in Bezug auf die Anwendung dieser Produkte informiert sind?</p><p>3. Kann der Bundesrat den Handel mit solchen Produkten untersagen? Und ist er bereit, dies zu tun?</p>
    • Kann der Bundesrat die Ausfuhr von Insektiziden, die in der Schweiz und in der EU verboten sind, in Länder des Südens verbieten?

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