Digitalisierung des Geschäftsverkehrs, aber ohne Auswirkungen auf das Personal

ShortId
19.3490
Id
20193490
Updated
28.07.2023 02:29
Language
de
Title
Digitalisierung des Geschäftsverkehrs, aber ohne Auswirkungen auf das Personal
AdditionalIndexing
15;34;44;1216
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Im Zuge der Digitalisierung erledigen die Konsumentinnen und Konsumenten immer mehr Arbeiten, die bisher von Unternehmen wahrgenommen wurden: Sie scannen die eingekauften Waren an der Kasse, lösen Zugsbillette, erledigen Zahlungen über mobile Apps usw. Dabei kommt es vor, dass Konsumentinnen und Konsumenten Fehler unterlaufen; schliesslich sind sie keine Fachleute. Sie vergessen beispielsweise, ein Produkt an der Kasse zu scannen, sie kennen vielleicht nicht alle Details des öffentlichen Verkehrs und wählen das falsche Billett (wenn es z. B. um ein Anschlussbillett geht) usw. In diesen Fällen gehen die Unternehmen häufig davon aus, dass die Konsumentinnen und Konsumenten, wenn sie beispielsweise vergessen, ein Produkt zu scannen, in betrügerischer Absicht zu ihrem Vorteil handeln. In den meisten Fällen handelt es sich aber schlicht und ergreifend um ein Versehen, das als solches zu betrachten ist und keine Strafe nach sich ziehen sollte.</p><p>Ziel ist es nicht, den Betrug zu fördern oder dazu anzustiften. Vielmehr geht es darum, darauf hinzuweisen, dass jemand nur des Diebstahls oder der Schummelei angeklagt werden kann, wenn der Wille, zu stehlen oder zu schummeln, bewiesen wird. Als ausreichender Beweis angesehen werden könnte beispielsweise die Wiederholung einer Tat oder der offensichtliche Wille, Waren und Dienstleistungen zu unterschlagen.</p><p>Zudem ist es wichtig, dass der Bundesrat beim Erlass der Bestimmungen zu diesem Thema für Rahmenbedingungen sorgt, die gewährleisten, dass die technologische Entwicklung weder die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verschlechtert noch die Innovation hemmt. Schliesslich kommt der durch die Technologie geschaffene Mehrwert auch den Konsumentinnen und Konsumenten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zugute.</p><p>Der Bundesrat wird deshalb beauftragt, im Gesetz festzulegen, dass die Beweislast für die betrügerische Absicht einer Konsumentin oder eines Konsumenten beim Unternehmen liegt. Ohne Beweis einer klaren Absicht sollen die Konsumentinnen und Konsumenten nicht bestraft werden können. Die Vorschriften müssen gewährleisten, dass die technologische Entwicklung weder Konsumentinnen und Konsumenten noch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer benachteiligt. </p>
  • <p>Aus strafrechtlicher Sicht ist festzuhalten, dass grundlegende Prinzipien des Strafprozesses wie der Grundsatz der Unschuldsvermutung sowie der Grundsatz "in dubio pro reo" (im Zweifel für den Angeklagten), die insbesondere in Artikel 10 Absätze 1 und 3 der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0) verankert sind, selbstverständlich auch für den Kontext gelten, der in der Motion beschrieben wird, d. h., wenn eine Konsumentin oder ein Konsument im Zusammenhang mit einem Geschäft Aufgaben wahrnimmt, die bisher vom Unternehmen erfüllt wurden. Gemäss dem Grundsatz der Unschuldsvermutung gilt jede Person bis zu ihrer rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig. Bei der Beweiswürdigung besagt der Grundsatz "in dubio pro reo", dass das Strafgericht nicht von einem für die angeklagte Person ungünstigen Sachverhalt ausgehen darf, wenn bei objektiver Betrachtung erhebliche und unüberwindliche Zweifel an der Erfüllung der tatsächlichen Voraussetzungen der angeklagten Tat bestehen. Der Grundsatz bedeutet auch, dass die Anklage die Schuld der betroffenen Person nachweisen muss. Diese Grundsätze gelten namentlich bei der Feststellung, ob die Voraussetzungen des betreffenden Straftatbestands, wozu auch der Vorsatz gehört, erfüllt sind. So bestimmen die Strafverfolgungsbehörden, ob zum Beispiel eine Person ein Produkt an der Kasse irrtümlicherweise oder vorsätzlich nicht gescannt hat. In letzterem Fall könnte sie wegen Diebstahls verurteilt werden. Natürlich kann es in diesem Zusammenhang bei der Erörterung des Vorsatzes auch eine Rolle spielen, ob das Produkt versteckt war oder ob die betreffende Person bereits für ähnliche Delikte verurteilt wurde. Es erübrigt sich folglich, das Strafrecht im Sinne der Motion anzupassen. </p><p>Was die Arbeitsbedingungen angeht, hat der Bundesrat die Digitalisierung und deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in seinem Bericht vom 8. November 2017 "Auswirkungen der Digitalisierung auf Beschäftigung und Arbeitsbedingungen -</p><p>Chancen und Risiken" eingehend untersucht. In den vom Motionär angeführten Fällen wirkt sich die Digitalisierung in erster Linie auf die Beschäftigung aus. Die Mitarbeitenden müssen die von den Konsumentinnen und Konsumenten übernommenen Aufgaben nicht mehr erledigen. Dies kann einen Stellenabbau nach sich ziehen. Andererseits müssen neue Aufgaben erfüllt werden, etwa die Unterstützung oder Kontrolle der Kundinnen und Kunden. Diese Veränderungen führen zu Anpassungen, die auf Stufe des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Unternehmen und den Angestellten innerhalb des geltenden Rechtsrahmens geregelt werden können. Diesbezüglich sind ebenfalls keine Gesetzesänderungen erforderlich.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, Bestimmungen zu erlassen, die sicherstellen, dass die Unschuldsvermutung auch gilt, wenn eine Konsumentin oder ein Konsument im Zusammenhang mit einem Geschäft Aufgaben wahrnimmt, die bisher vom Unternehmen erfüllt wurden, und dafür sorgen, dass sich die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch diese technologische Entwicklung nicht verschlechtern.</p>
  • Digitalisierung des Geschäftsverkehrs, aber ohne Auswirkungen auf das Personal
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Im Zuge der Digitalisierung erledigen die Konsumentinnen und Konsumenten immer mehr Arbeiten, die bisher von Unternehmen wahrgenommen wurden: Sie scannen die eingekauften Waren an der Kasse, lösen Zugsbillette, erledigen Zahlungen über mobile Apps usw. Dabei kommt es vor, dass Konsumentinnen und Konsumenten Fehler unterlaufen; schliesslich sind sie keine Fachleute. Sie vergessen beispielsweise, ein Produkt an der Kasse zu scannen, sie kennen vielleicht nicht alle Details des öffentlichen Verkehrs und wählen das falsche Billett (wenn es z. B. um ein Anschlussbillett geht) usw. In diesen Fällen gehen die Unternehmen häufig davon aus, dass die Konsumentinnen und Konsumenten, wenn sie beispielsweise vergessen, ein Produkt zu scannen, in betrügerischer Absicht zu ihrem Vorteil handeln. In den meisten Fällen handelt es sich aber schlicht und ergreifend um ein Versehen, das als solches zu betrachten ist und keine Strafe nach sich ziehen sollte.</p><p>Ziel ist es nicht, den Betrug zu fördern oder dazu anzustiften. Vielmehr geht es darum, darauf hinzuweisen, dass jemand nur des Diebstahls oder der Schummelei angeklagt werden kann, wenn der Wille, zu stehlen oder zu schummeln, bewiesen wird. Als ausreichender Beweis angesehen werden könnte beispielsweise die Wiederholung einer Tat oder der offensichtliche Wille, Waren und Dienstleistungen zu unterschlagen.</p><p>Zudem ist es wichtig, dass der Bundesrat beim Erlass der Bestimmungen zu diesem Thema für Rahmenbedingungen sorgt, die gewährleisten, dass die technologische Entwicklung weder die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verschlechtert noch die Innovation hemmt. Schliesslich kommt der durch die Technologie geschaffene Mehrwert auch den Konsumentinnen und Konsumenten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zugute.</p><p>Der Bundesrat wird deshalb beauftragt, im Gesetz festzulegen, dass die Beweislast für die betrügerische Absicht einer Konsumentin oder eines Konsumenten beim Unternehmen liegt. Ohne Beweis einer klaren Absicht sollen die Konsumentinnen und Konsumenten nicht bestraft werden können. Die Vorschriften müssen gewährleisten, dass die technologische Entwicklung weder Konsumentinnen und Konsumenten noch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer benachteiligt. </p>
    • <p>Aus strafrechtlicher Sicht ist festzuhalten, dass grundlegende Prinzipien des Strafprozesses wie der Grundsatz der Unschuldsvermutung sowie der Grundsatz "in dubio pro reo" (im Zweifel für den Angeklagten), die insbesondere in Artikel 10 Absätze 1 und 3 der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0) verankert sind, selbstverständlich auch für den Kontext gelten, der in der Motion beschrieben wird, d. h., wenn eine Konsumentin oder ein Konsument im Zusammenhang mit einem Geschäft Aufgaben wahrnimmt, die bisher vom Unternehmen erfüllt wurden. Gemäss dem Grundsatz der Unschuldsvermutung gilt jede Person bis zu ihrer rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig. Bei der Beweiswürdigung besagt der Grundsatz "in dubio pro reo", dass das Strafgericht nicht von einem für die angeklagte Person ungünstigen Sachverhalt ausgehen darf, wenn bei objektiver Betrachtung erhebliche und unüberwindliche Zweifel an der Erfüllung der tatsächlichen Voraussetzungen der angeklagten Tat bestehen. Der Grundsatz bedeutet auch, dass die Anklage die Schuld der betroffenen Person nachweisen muss. Diese Grundsätze gelten namentlich bei der Feststellung, ob die Voraussetzungen des betreffenden Straftatbestands, wozu auch der Vorsatz gehört, erfüllt sind. So bestimmen die Strafverfolgungsbehörden, ob zum Beispiel eine Person ein Produkt an der Kasse irrtümlicherweise oder vorsätzlich nicht gescannt hat. In letzterem Fall könnte sie wegen Diebstahls verurteilt werden. Natürlich kann es in diesem Zusammenhang bei der Erörterung des Vorsatzes auch eine Rolle spielen, ob das Produkt versteckt war oder ob die betreffende Person bereits für ähnliche Delikte verurteilt wurde. Es erübrigt sich folglich, das Strafrecht im Sinne der Motion anzupassen. </p><p>Was die Arbeitsbedingungen angeht, hat der Bundesrat die Digitalisierung und deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in seinem Bericht vom 8. November 2017 "Auswirkungen der Digitalisierung auf Beschäftigung und Arbeitsbedingungen -</p><p>Chancen und Risiken" eingehend untersucht. In den vom Motionär angeführten Fällen wirkt sich die Digitalisierung in erster Linie auf die Beschäftigung aus. Die Mitarbeitenden müssen die von den Konsumentinnen und Konsumenten übernommenen Aufgaben nicht mehr erledigen. Dies kann einen Stellenabbau nach sich ziehen. Andererseits müssen neue Aufgaben erfüllt werden, etwa die Unterstützung oder Kontrolle der Kundinnen und Kunden. Diese Veränderungen führen zu Anpassungen, die auf Stufe des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Unternehmen und den Angestellten innerhalb des geltenden Rechtsrahmens geregelt werden können. Diesbezüglich sind ebenfalls keine Gesetzesänderungen erforderlich.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, Bestimmungen zu erlassen, die sicherstellen, dass die Unschuldsvermutung auch gilt, wenn eine Konsumentin oder ein Konsument im Zusammenhang mit einem Geschäft Aufgaben wahrnimmt, die bisher vom Unternehmen erfüllt wurden, und dafür sorgen, dass sich die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch diese technologische Entwicklung nicht verschlechtern.</p>
    • Digitalisierung des Geschäftsverkehrs, aber ohne Auswirkungen auf das Personal

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