Tallinn-Deklaration zu E-Government. Wo steht die Schweiz heute, und was ist zu tun?

ShortId
19.3686
Id
20193686
Updated
28.07.2023 02:38
Language
de
Title
Tallinn-Deklaration zu E-Government. Wo steht die Schweiz heute, und was ist zu tun?
AdditionalIndexing
04;34;08
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Der digitale Wandel in den öffentlichen Verwaltungen orientiert sich an den Grundsätzen der Erklärung von Tallinn. Für die Schweiz muss dieser Wandel horizontal, das heisst je auf den Stufen Bund, Kantone und Gemeinden, sowie vertikal, das heisst zwischen den drei institutionellen Ebenen, erfolgen.</p><p>1. Der Bund hat bei der Umsetzung der Grundsätze der Erklärung von Tallinn in einigen Bereichen bereits die Führung übernommen: Die vom Bundesrat am 19. Dezember 2018 verabschiedete Strategie für den Aufbau einer gemeinsamen Stammdatenverwaltung des Bundes geht in die Richtung des im zweiten Prinzip, "Once-only", angestrebten Ziels. In diesem Zusammenhang ist auch der Vorentwurf zum neuen Bundesgesetz über das nationale System zur Abfrage von Adressen natürlicher Personen (Adressdienstgesetz) zu erwähnen, zu welchem der Bundesrat Mitte August die Vernehmlassung eröffnet hat. Die Totalrevision des Datenschutzgesetzes sowie das Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste, das die Bereitstellung eines staatlich anerkannten elektronischen Identitätsnachweises erlauben wird, werden zum dritten Prinzip "Vertrauenswürdigkeit und Sicherheit", beitragen. In konkreten Vorhaben wie den Portalen Easygov (Online-Schalter für Unternehmen) oder Suisse Tax (Online-Portal für Dienstleistungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung) oder dem Transformationsprogramm Dazit der Eidgenössischen Zollverwaltung werden die Grundsätze umgesetzt. Die Schaffung neuer oder die Anpassung bestehender Rechtsgrundlagen könnten für das gemeinsame Datenmanagement bzw. für eine weiter gehende Regelung der Zusammenarbeit zwischen den institutionellen Ebenen im Bereich des E-Governments (siehe Antwort 3) notwendig sein. Die technischen, organisatorischen und finanziellen Massnahmen im Zusammenhang mit der digitalen Transformation der Bundesverwaltung sind in der Geschäftsplanung der Bundesämter vorzusehen und zu budgetieren. </p><p>2. Auch wenn mehrere Basisdienste im Sinne der Grundsätze der Erklärung von Tallinn bereits etabliert sind (z. B. sichere Datenübermittlungsplattform Sedex, Signatur-Validator), sind weitere noch in Abklärung (z. B. E-ID, nationale Adressdienste, gemeinsame Daten) beziehungsweise in Verabschiedung der entsprechenden Rechtsgrundlagen. Zudem obliegt der Vollzug dieser Grundsätze nicht allein dem Bund, sondern auch den Kantonen und den Gemeinden. Es ist deshalb nicht möglich, die Umsetzungsfristen und zusätzlichen Kosten abzuschätzen. </p><p>3. Seit 2008 verfolgen der Bundesrat, die Konferenz der Kantonsregierungen, der Schweizerische Gemeindeverband und der Schweizerische Städteverband eine gemeinsame E-Government-Strategie. Im Sommer 2019 gingen der Entwurf der E-Government-Strategie 2020-2023 und die damit verbundene öffentlich-rechtliche Rahmenvereinbarung über die E-Government-Zusammenarbeit zwischen den drei institutionellen Ebenen in Vernehmlassung. Diese Strategie - deren Grundzüge der Bundesrat am 14. November 2018 verabschiedet hatte - stützt sich weitgehend auf die Prinzipien der Erklärung von Tallinn. Konkretisiert wird diese Strategie in einem Umsetzungsplan. Zu diesem Zweck finanzieren Bund und Kantone seit 2016 paritätisch einen Fonds mit jährlich 5 Millionen Franken. Die im Umsetzungsplan vorgesehenen operativen Ziele werden ebenfalls den Grundsätzen der Erklärung von Tallinn folgen und diese einhalten. Organisatorisch ist die Zusammenarbeit mit der 2008 gegründeten Organisation E-Government Schweiz gut etabliert, aufgrund der Autonomie der Akteure jedoch nicht sehr verbindlich. Der Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartementes und der Präsident der Konferenz der Kantonsregierungen haben deshalb eine Arbeitsgruppe beauftragt, sich mit der Frage der Optimierung der Steuerung und Koordination im Bereich der Digitalisierung im Allgemeinen und des E-Governments im Besonderen zu befassen. Die Arbeitsgruppe wird im Herbst 2019 einen Bericht insbesondere auch zur Frage vorlegen, welche Rechtsgrundlagen für eine verbindlichere Zusammenarbeit notwendig und geeignet sind.</p><p>4. E-Government ist nicht in erster Linie eine Frage der Technologie, sondern der Organisation und der Kultur. Im Mittelpunkt stehen, insbesondere bei Projekten von nationaler Bedeutung, die Definition von Prozessen und deren Harmonisierung, die Entwicklung und Einhaltung von Standards, die Klärung von Zuständigkeiten und Wechselwirkungen sowie der Rechtsgrundlagen. Im Rahmen der E-Government-Strategie 2020-2023 werden Massnahmen für einen Kulturwandel in den öffentlichen Verwaltungen im Zeichen der Digitalisierung ins Auge gefasst, wie dies in der Personalstrategie 2020-2030 der Bundesverwaltung bereits heute der Fall ist. </p><p>Aus Sicht des Bundesrates besteht angesichts der verschiedenen laufenden Aktivitäten aktuell keine Notwendigkeit für einen zusätzlichen Bericht.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Die Schweiz schneidet mit Bezug auf E-Government im internationalen Vergleich schlecht ab (siehe etwa E-Government-Benchmark-Bericht der EU 2018). Umso erfreulicher ist, dass Herr Bundesrat Ueli Maurer 2017 die Tallinn Declaration on eGovernment, zusammen mit den Regierungen der EU und der Efta, unterzeichnet hat. Die Prinzipien von Tallinn lauten wie folgt: 1. Digital-by-Default, 2. Once-only, 3. Vertrauenswürdigkeit und Sicherheit, 4. Offenheit und Transparenz, 5. Interoperability-by-Default; sie sollen bis 2022 Realität werden. Eine konsequente Umsetzung dieser Prinzipien erneuert das schweizerische Staatswesen fundamental und bietet Bevölkerung und Wirtschaft eine zukunftsfähige, digitale öffentliche Infrastruktur. Fragen:</p><p>1. Für die Umsetzung sieht die Deklaration eine Frist bis 2022 vor. Welche Massnahmen sind auf Bundesebene noch erforderlich, um dieses Ziel zu erreichen, insbesondere: Welche gesetzlichen Grundlagen müssen noch geschaffen beziehungsweise welche Gesetze müssen harmonisiert werden? Welche zusätzlichen technischen und organisatorischen Massnahmen sind erforderlich? Welche finanziellen Mittel sind dafür bereitzustellen?</p><p>2. Falls eine vollständige Umsetzung bis 2022 nicht möglich sein sollte: Welche zusätzliche Frist ist dafür einzuplanen? Welche zusätzlichen Mittel sind erforderlich?</p><p>3. Im schweizerischen Staatswesen üben Kantone, Gemeinden, Zweckverbände, Staatsbetriebe usw. eine wichtige Rolle aus. Welche Massnahmen kann der Bund ergreifen, damit die Prinzipien der Tallinn-Deklaration auch in diesen Körperschaften und Organisationen gelebt werden, ohne ihre Hoheit zu tangieren? Wie sind allfällige Konflikte zu lösen?</p><p>4. Die Prinzipien der Tallinn-Deklaration erfordern teilweise eine grundsätzliche Neuinterpretation von Grundsätzen unserer Verfassung. Zu nennen wäre beispielsweise der Föderalismus und die Subsidiarität, die Organisation der Verwaltung in Departementen, der Schutz der Privatsphäre oder das Milizsystem. Zudem ist deren Umsetzung nur möglich, wenn sie von einem umfassenden Kulturwandel begleitet wird, der vom Gesamtbundesrat geführt wird. Ist der Bundesrat bereit, zu diesen Themen einen Bericht zu verfassen? Falls ja, bis wann? Falls nein, warum nicht?</p>
  • Tallinn-Deklaration zu E-Government. Wo steht die Schweiz heute, und was ist zu tun?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Der digitale Wandel in den öffentlichen Verwaltungen orientiert sich an den Grundsätzen der Erklärung von Tallinn. Für die Schweiz muss dieser Wandel horizontal, das heisst je auf den Stufen Bund, Kantone und Gemeinden, sowie vertikal, das heisst zwischen den drei institutionellen Ebenen, erfolgen.</p><p>1. Der Bund hat bei der Umsetzung der Grundsätze der Erklärung von Tallinn in einigen Bereichen bereits die Führung übernommen: Die vom Bundesrat am 19. Dezember 2018 verabschiedete Strategie für den Aufbau einer gemeinsamen Stammdatenverwaltung des Bundes geht in die Richtung des im zweiten Prinzip, "Once-only", angestrebten Ziels. In diesem Zusammenhang ist auch der Vorentwurf zum neuen Bundesgesetz über das nationale System zur Abfrage von Adressen natürlicher Personen (Adressdienstgesetz) zu erwähnen, zu welchem der Bundesrat Mitte August die Vernehmlassung eröffnet hat. Die Totalrevision des Datenschutzgesetzes sowie das Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste, das die Bereitstellung eines staatlich anerkannten elektronischen Identitätsnachweises erlauben wird, werden zum dritten Prinzip "Vertrauenswürdigkeit und Sicherheit", beitragen. In konkreten Vorhaben wie den Portalen Easygov (Online-Schalter für Unternehmen) oder Suisse Tax (Online-Portal für Dienstleistungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung) oder dem Transformationsprogramm Dazit der Eidgenössischen Zollverwaltung werden die Grundsätze umgesetzt. Die Schaffung neuer oder die Anpassung bestehender Rechtsgrundlagen könnten für das gemeinsame Datenmanagement bzw. für eine weiter gehende Regelung der Zusammenarbeit zwischen den institutionellen Ebenen im Bereich des E-Governments (siehe Antwort 3) notwendig sein. Die technischen, organisatorischen und finanziellen Massnahmen im Zusammenhang mit der digitalen Transformation der Bundesverwaltung sind in der Geschäftsplanung der Bundesämter vorzusehen und zu budgetieren. </p><p>2. Auch wenn mehrere Basisdienste im Sinne der Grundsätze der Erklärung von Tallinn bereits etabliert sind (z. B. sichere Datenübermittlungsplattform Sedex, Signatur-Validator), sind weitere noch in Abklärung (z. B. E-ID, nationale Adressdienste, gemeinsame Daten) beziehungsweise in Verabschiedung der entsprechenden Rechtsgrundlagen. Zudem obliegt der Vollzug dieser Grundsätze nicht allein dem Bund, sondern auch den Kantonen und den Gemeinden. Es ist deshalb nicht möglich, die Umsetzungsfristen und zusätzlichen Kosten abzuschätzen. </p><p>3. Seit 2008 verfolgen der Bundesrat, die Konferenz der Kantonsregierungen, der Schweizerische Gemeindeverband und der Schweizerische Städteverband eine gemeinsame E-Government-Strategie. Im Sommer 2019 gingen der Entwurf der E-Government-Strategie 2020-2023 und die damit verbundene öffentlich-rechtliche Rahmenvereinbarung über die E-Government-Zusammenarbeit zwischen den drei institutionellen Ebenen in Vernehmlassung. Diese Strategie - deren Grundzüge der Bundesrat am 14. November 2018 verabschiedet hatte - stützt sich weitgehend auf die Prinzipien der Erklärung von Tallinn. Konkretisiert wird diese Strategie in einem Umsetzungsplan. Zu diesem Zweck finanzieren Bund und Kantone seit 2016 paritätisch einen Fonds mit jährlich 5 Millionen Franken. Die im Umsetzungsplan vorgesehenen operativen Ziele werden ebenfalls den Grundsätzen der Erklärung von Tallinn folgen und diese einhalten. Organisatorisch ist die Zusammenarbeit mit der 2008 gegründeten Organisation E-Government Schweiz gut etabliert, aufgrund der Autonomie der Akteure jedoch nicht sehr verbindlich. Der Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartementes und der Präsident der Konferenz der Kantonsregierungen haben deshalb eine Arbeitsgruppe beauftragt, sich mit der Frage der Optimierung der Steuerung und Koordination im Bereich der Digitalisierung im Allgemeinen und des E-Governments im Besonderen zu befassen. Die Arbeitsgruppe wird im Herbst 2019 einen Bericht insbesondere auch zur Frage vorlegen, welche Rechtsgrundlagen für eine verbindlichere Zusammenarbeit notwendig und geeignet sind.</p><p>4. E-Government ist nicht in erster Linie eine Frage der Technologie, sondern der Organisation und der Kultur. Im Mittelpunkt stehen, insbesondere bei Projekten von nationaler Bedeutung, die Definition von Prozessen und deren Harmonisierung, die Entwicklung und Einhaltung von Standards, die Klärung von Zuständigkeiten und Wechselwirkungen sowie der Rechtsgrundlagen. Im Rahmen der E-Government-Strategie 2020-2023 werden Massnahmen für einen Kulturwandel in den öffentlichen Verwaltungen im Zeichen der Digitalisierung ins Auge gefasst, wie dies in der Personalstrategie 2020-2030 der Bundesverwaltung bereits heute der Fall ist. </p><p>Aus Sicht des Bundesrates besteht angesichts der verschiedenen laufenden Aktivitäten aktuell keine Notwendigkeit für einen zusätzlichen Bericht.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Die Schweiz schneidet mit Bezug auf E-Government im internationalen Vergleich schlecht ab (siehe etwa E-Government-Benchmark-Bericht der EU 2018). Umso erfreulicher ist, dass Herr Bundesrat Ueli Maurer 2017 die Tallinn Declaration on eGovernment, zusammen mit den Regierungen der EU und der Efta, unterzeichnet hat. Die Prinzipien von Tallinn lauten wie folgt: 1. Digital-by-Default, 2. Once-only, 3. Vertrauenswürdigkeit und Sicherheit, 4. Offenheit und Transparenz, 5. Interoperability-by-Default; sie sollen bis 2022 Realität werden. Eine konsequente Umsetzung dieser Prinzipien erneuert das schweizerische Staatswesen fundamental und bietet Bevölkerung und Wirtschaft eine zukunftsfähige, digitale öffentliche Infrastruktur. Fragen:</p><p>1. Für die Umsetzung sieht die Deklaration eine Frist bis 2022 vor. Welche Massnahmen sind auf Bundesebene noch erforderlich, um dieses Ziel zu erreichen, insbesondere: Welche gesetzlichen Grundlagen müssen noch geschaffen beziehungsweise welche Gesetze müssen harmonisiert werden? Welche zusätzlichen technischen und organisatorischen Massnahmen sind erforderlich? Welche finanziellen Mittel sind dafür bereitzustellen?</p><p>2. Falls eine vollständige Umsetzung bis 2022 nicht möglich sein sollte: Welche zusätzliche Frist ist dafür einzuplanen? Welche zusätzlichen Mittel sind erforderlich?</p><p>3. Im schweizerischen Staatswesen üben Kantone, Gemeinden, Zweckverbände, Staatsbetriebe usw. eine wichtige Rolle aus. Welche Massnahmen kann der Bund ergreifen, damit die Prinzipien der Tallinn-Deklaration auch in diesen Körperschaften und Organisationen gelebt werden, ohne ihre Hoheit zu tangieren? Wie sind allfällige Konflikte zu lösen?</p><p>4. Die Prinzipien der Tallinn-Deklaration erfordern teilweise eine grundsätzliche Neuinterpretation von Grundsätzen unserer Verfassung. Zu nennen wäre beispielsweise der Föderalismus und die Subsidiarität, die Organisation der Verwaltung in Departementen, der Schutz der Privatsphäre oder das Milizsystem. Zudem ist deren Umsetzung nur möglich, wenn sie von einem umfassenden Kulturwandel begleitet wird, der vom Gesamtbundesrat geführt wird. Ist der Bundesrat bereit, zu diesen Themen einen Bericht zu verfassen? Falls ja, bis wann? Falls nein, warum nicht?</p>
    • Tallinn-Deklaration zu E-Government. Wo steht die Schweiz heute, und was ist zu tun?

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