Mobbing an Schulen. Wie kann man es stoppen?

ShortId
20.4178
Id
20204178
Updated
28.07.2023 01:04
Language
de
Title
Mobbing an Schulen. Wie kann man es stoppen?
AdditionalIndexing
32;28;2841
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die Schule ist ein wichtiger Ort der Sozialisation. Die Art und Weise, wie diese verläuft, hat weitreichende Konsequenzen für das Zusammenleben und für das Leben in der Gesellschaft nach Ende der Schulzeit. Es kommt vor, dass sich Kinder gegenüber von bestimmten Klassenkameradinnen und Klassenkameraden unangemessen verhalten und diese als Opfer auswählen. Kommt dies wiederholt vor, so führt das zu Mobbing an der Schule, und dieses kann fürchterliche Folgen haben, die vom Schulabbruch bis hin zum Suizid reichen.</p><p>Die skandinavischen Länder sind Pioniere bei der Bekämpfung dieses Übels. So gibt es in Schweden seit 1994 ein Gesetz gegen Mobbing an der Schule. Hinzu kommen weitere Programme, etwa die Empathiekurse für 3- bis 16-Jährige in Dänemark oder der finnische Aktionsplan KiVa zur Bekämpfung von Mobbing, der von vielen anderen Ländern auf der ganzen Welt übernommen wurde.</p>
  • <p>1 / 2: Der Bund verfügt nicht über eigene Daten zum Mobbing an den Schweizer Schulen. Im Rahmen von PISA werden seit 2015 mittels einer Befragung der Schülerinnen und Schüler Daten zu ihren Mobbingerfahrungen erhoben. 2015 und 2018 ergab die Befragung, dass die Schülerinnen und Schüler in der Schweiz im Durchschnitt zwar eine hohe Lebenszufriedenheit und ein starkes Zugehörigkeitsgefühl zur Schule aufwiesen, dass sie im Durchschnitt aber häufiger von Mobbingerfahrungen berichteten als die Vergleichsländer. Der Bundesrat ist sich dieser Situation bewusst und zuversichtlich, dass die Schweizer Bildungsinstitutionen gegen diese Problematik vorgehen.</p><p>3: In den vergangenen Jahren wurden auf Kantons- und Bundesebene mehrere Präventionsinitiativen lanciert. Die Kantone und ihre Schulen sind zuständig für Themen wie das Wohlergehen der Schülerinnen und Schüler und Mobbing in der Schule. Deshalb hat die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren EDK die verschiedenen online vorhandenen Ressourcen der Kantone zusammengetragen (https://edudoc.ch/record/209670?ln=de). Auf Bundesebene wurden auf der Grundlage der Verordnung vom 11. Juni 2010 über Massnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie zur Stärkung der Kinderrechte (SR 311.039.1) das nationale Programm "Jugend und Gewalt 2011-2015" und das nationale Programm "Jugend und Medien 2011-2015" lanciert. Die Tätigkeiten des Letzteren werden seit 2016 im Rahmen der nationalen Plattform "Jugend und Medien" weitergeführt, die insbesondere Eltern und Bezugspersonen von Kindern und Jugendlichen für das Thema Cybermobbing sensibilisiert. In der Stellungnahme zur Motion 20.3687 Feri "Social-Media-Kampagne gegen Mobbing und Cybermobbing bei Kindern und Jugendlichen" hat sich der Bundesrat bereit erklärt, die Anliegen im Rahmen der genannten Plattform umzusetzen. Der Bund unterstützt auch die Notrufnummer 147 für Jugendliche, die von der Stiftung Pro Juventute betrieben wird. Seit dem 1. Januar 2020 ist zudem die Verordnung über Massnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (SR 311.039.7) in Kraft, auf deren Grundlage der Bund Finanzhilfen für Präventionsmassnahmen vergeben kann.</p><p>4 / 5: Angesichts der genannten Vorkehrungen hält es der Bundesrat derzeit nicht für notwendig, auf nationaler Ebene und namentlich in der Bundesgesetzgebung neue spezifische Massnahmen für den Schutz von Mobbingopfern in der Schule zu erlassen. Im Übrigen handelt es sich beim Bundesgesetz vom 14. Dezember 2018 über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen um einen Mantelerlass, mit dem mehrere Bundesgesetze abgeändert wurden, der aber formell selber nicht angepasst werden kann.</p><p>6: Im Zusammenhang mit Mobbing gegenüber von Kindern und Jugendlichen kommt der Schule eine Fürsorgepflicht zu. Sie wird von den Lehrpersonen und Schulleitungen wahrgenommen. Die Verfolgung konkreter Straftatbestände obliegt den Strafbehörden.</p><p>7: Die Ausbildung der Lehrkräfte für die Volksschule und die Gymnasien fällt grundsätzlich in die Zuständigkeit der Kantone. An den Pädagogischen Hochschulen wird in Zusammenarbeit mit Gleichstellungs- und Diversity-Stellen für das Thema Mobbing und Belästigung sensibilisiert. Im Bereich der Berufsbildung setzen die Rahmenlehrpläne des Bundes Standards; die Lehrpersonen und weiteren Berufsbildungsverantwortlichen werden in der Aus- und Weiterbildung sensibilisiert für Probleme der Lernenden, die im Zusammenhang mit Adoleszenz, Geschlechterrolle, Mobbingerfahrungen usw. entstehen.</p><p>8 / 9: Gemäss Art. 62 Abs. 1 u. 2 Bundesverfassung sind die Kantone für das Schulwesen zuständig und sorgen für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der allen Kindern in der Schweiz offensteht. Zudem verlangt die Bundesverfassung von Bund und Kantonen, bei der Erfüllung ihrer Aufgaben den besonderen Förderungs- und Schutzbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen Rechnung zu tragen (Art. 67 Abs. 1 BV). Artikel 11 BV gewährt Kindern und Jugendlichen bereits Anspruch auf besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit und auf Förderung ihrer Entwicklung. Ausserdem dient die Istanbul-Konvention des Europarats (SR 0.311.35) dem Schutz vor jeglicher Form von Gewalt gegen Frauen und Mädchen und häuslicher Gewalt. Auch psychische und sexuelle Gewalt gegen Mädchen in Form von Mobbing an Schulen fällt unter das Abkommen. Auf Bundes- und Kantonsebene werden zahlreiche Massnahmen umgesetzt. Einen zusätzlichen nationalen Aktionsplan erachtet der Bundesrat deshalb nicht als notwendig.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Mobbing an Schulen ist definiert als wiederkehrende Gewalt, die verbaler, physischer oder psychischer Art sein oder von den sozialen Netzwerken im schulischen Umfeld ausgehen kann. Es heisst, dass eine Schülerin oder ein Schüler von zehn betroffen ist. Eine solch schwierige und belastende Situation hat Auswirkungen auf den schulischen und gesellschaftlichen Alltag der Mobbingopfer, aber auch auf ihr künftiges Leben. Mobbing an der Schule führt manchmal bis hin zum Suizid - im Übrigen die häufigste Todesursache bei den über 16-jährigen jungen Erwachsenen.</p><p>1. Über welche Zahlen verfügt der Bundesrat in Bezug auf Mobbing an Schulen?</p><p>2. Wie beurteilt der Bundesrat die Ergebnisse der PISA-Studie betreffend das Wohlbefinden, bei denen sich die Schweiz auf den letzten Rängen klassiert hat?</p><p>3. Welche Schritte werden auf Bundesebene und durch die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren unternommen, um dieses Übel zu bekämpfen?</p><p>4. Sind die bestehenden Präventionsmassnahmen nach Ansicht des Bundesrates ausreichend und angemessen?</p><p>5. Ist vorgesehen, neue Massnahmen in das Bundesgesetz über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen aufzunehmen?</p><p>6. Wer ist rechtlich gesehen dafür verantwortlich, dass die Schülerinnen und Schüler vor Mobbing an der Schule geschützt werden?</p><p>7. Ist der Bundesrat nicht der Ansicht, dass die Lehrpersonen besser für den Umgang mit dieser Problematik geschult werden sollten?</p><p>8. Ist der Bundesrat nicht der Ansicht, dass es die Aufgabe der Schule ist, Wohlwollen, Toleranz und Empathie zu vermitteln?</p><p>9. Ist angesichts dieses Übels ein nationaler Aktionsplan gegen Mobbing an der Schule vorgesehen? Wäre es nach Ansicht des Bundesrates denkbar, das Programm KiVa zu übernehmen, wie dies andere Länder getan haben?</p>
  • Mobbing an Schulen. Wie kann man es stoppen?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die Schule ist ein wichtiger Ort der Sozialisation. Die Art und Weise, wie diese verläuft, hat weitreichende Konsequenzen für das Zusammenleben und für das Leben in der Gesellschaft nach Ende der Schulzeit. Es kommt vor, dass sich Kinder gegenüber von bestimmten Klassenkameradinnen und Klassenkameraden unangemessen verhalten und diese als Opfer auswählen. Kommt dies wiederholt vor, so führt das zu Mobbing an der Schule, und dieses kann fürchterliche Folgen haben, die vom Schulabbruch bis hin zum Suizid reichen.</p><p>Die skandinavischen Länder sind Pioniere bei der Bekämpfung dieses Übels. So gibt es in Schweden seit 1994 ein Gesetz gegen Mobbing an der Schule. Hinzu kommen weitere Programme, etwa die Empathiekurse für 3- bis 16-Jährige in Dänemark oder der finnische Aktionsplan KiVa zur Bekämpfung von Mobbing, der von vielen anderen Ländern auf der ganzen Welt übernommen wurde.</p>
    • <p>1 / 2: Der Bund verfügt nicht über eigene Daten zum Mobbing an den Schweizer Schulen. Im Rahmen von PISA werden seit 2015 mittels einer Befragung der Schülerinnen und Schüler Daten zu ihren Mobbingerfahrungen erhoben. 2015 und 2018 ergab die Befragung, dass die Schülerinnen und Schüler in der Schweiz im Durchschnitt zwar eine hohe Lebenszufriedenheit und ein starkes Zugehörigkeitsgefühl zur Schule aufwiesen, dass sie im Durchschnitt aber häufiger von Mobbingerfahrungen berichteten als die Vergleichsländer. Der Bundesrat ist sich dieser Situation bewusst und zuversichtlich, dass die Schweizer Bildungsinstitutionen gegen diese Problematik vorgehen.</p><p>3: In den vergangenen Jahren wurden auf Kantons- und Bundesebene mehrere Präventionsinitiativen lanciert. Die Kantone und ihre Schulen sind zuständig für Themen wie das Wohlergehen der Schülerinnen und Schüler und Mobbing in der Schule. Deshalb hat die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren EDK die verschiedenen online vorhandenen Ressourcen der Kantone zusammengetragen (https://edudoc.ch/record/209670?ln=de). Auf Bundesebene wurden auf der Grundlage der Verordnung vom 11. Juni 2010 über Massnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie zur Stärkung der Kinderrechte (SR 311.039.1) das nationale Programm "Jugend und Gewalt 2011-2015" und das nationale Programm "Jugend und Medien 2011-2015" lanciert. Die Tätigkeiten des Letzteren werden seit 2016 im Rahmen der nationalen Plattform "Jugend und Medien" weitergeführt, die insbesondere Eltern und Bezugspersonen von Kindern und Jugendlichen für das Thema Cybermobbing sensibilisiert. In der Stellungnahme zur Motion 20.3687 Feri "Social-Media-Kampagne gegen Mobbing und Cybermobbing bei Kindern und Jugendlichen" hat sich der Bundesrat bereit erklärt, die Anliegen im Rahmen der genannten Plattform umzusetzen. Der Bund unterstützt auch die Notrufnummer 147 für Jugendliche, die von der Stiftung Pro Juventute betrieben wird. Seit dem 1. Januar 2020 ist zudem die Verordnung über Massnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (SR 311.039.7) in Kraft, auf deren Grundlage der Bund Finanzhilfen für Präventionsmassnahmen vergeben kann.</p><p>4 / 5: Angesichts der genannten Vorkehrungen hält es der Bundesrat derzeit nicht für notwendig, auf nationaler Ebene und namentlich in der Bundesgesetzgebung neue spezifische Massnahmen für den Schutz von Mobbingopfern in der Schule zu erlassen. Im Übrigen handelt es sich beim Bundesgesetz vom 14. Dezember 2018 über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen um einen Mantelerlass, mit dem mehrere Bundesgesetze abgeändert wurden, der aber formell selber nicht angepasst werden kann.</p><p>6: Im Zusammenhang mit Mobbing gegenüber von Kindern und Jugendlichen kommt der Schule eine Fürsorgepflicht zu. Sie wird von den Lehrpersonen und Schulleitungen wahrgenommen. Die Verfolgung konkreter Straftatbestände obliegt den Strafbehörden.</p><p>7: Die Ausbildung der Lehrkräfte für die Volksschule und die Gymnasien fällt grundsätzlich in die Zuständigkeit der Kantone. An den Pädagogischen Hochschulen wird in Zusammenarbeit mit Gleichstellungs- und Diversity-Stellen für das Thema Mobbing und Belästigung sensibilisiert. Im Bereich der Berufsbildung setzen die Rahmenlehrpläne des Bundes Standards; die Lehrpersonen und weiteren Berufsbildungsverantwortlichen werden in der Aus- und Weiterbildung sensibilisiert für Probleme der Lernenden, die im Zusammenhang mit Adoleszenz, Geschlechterrolle, Mobbingerfahrungen usw. entstehen.</p><p>8 / 9: Gemäss Art. 62 Abs. 1 u. 2 Bundesverfassung sind die Kantone für das Schulwesen zuständig und sorgen für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der allen Kindern in der Schweiz offensteht. Zudem verlangt die Bundesverfassung von Bund und Kantonen, bei der Erfüllung ihrer Aufgaben den besonderen Förderungs- und Schutzbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen Rechnung zu tragen (Art. 67 Abs. 1 BV). Artikel 11 BV gewährt Kindern und Jugendlichen bereits Anspruch auf besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit und auf Förderung ihrer Entwicklung. Ausserdem dient die Istanbul-Konvention des Europarats (SR 0.311.35) dem Schutz vor jeglicher Form von Gewalt gegen Frauen und Mädchen und häuslicher Gewalt. Auch psychische und sexuelle Gewalt gegen Mädchen in Form von Mobbing an Schulen fällt unter das Abkommen. Auf Bundes- und Kantonsebene werden zahlreiche Massnahmen umgesetzt. Einen zusätzlichen nationalen Aktionsplan erachtet der Bundesrat deshalb nicht als notwendig.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Mobbing an Schulen ist definiert als wiederkehrende Gewalt, die verbaler, physischer oder psychischer Art sein oder von den sozialen Netzwerken im schulischen Umfeld ausgehen kann. Es heisst, dass eine Schülerin oder ein Schüler von zehn betroffen ist. Eine solch schwierige und belastende Situation hat Auswirkungen auf den schulischen und gesellschaftlichen Alltag der Mobbingopfer, aber auch auf ihr künftiges Leben. Mobbing an der Schule führt manchmal bis hin zum Suizid - im Übrigen die häufigste Todesursache bei den über 16-jährigen jungen Erwachsenen.</p><p>1. Über welche Zahlen verfügt der Bundesrat in Bezug auf Mobbing an Schulen?</p><p>2. Wie beurteilt der Bundesrat die Ergebnisse der PISA-Studie betreffend das Wohlbefinden, bei denen sich die Schweiz auf den letzten Rängen klassiert hat?</p><p>3. Welche Schritte werden auf Bundesebene und durch die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren unternommen, um dieses Übel zu bekämpfen?</p><p>4. Sind die bestehenden Präventionsmassnahmen nach Ansicht des Bundesrates ausreichend und angemessen?</p><p>5. Ist vorgesehen, neue Massnahmen in das Bundesgesetz über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen aufzunehmen?</p><p>6. Wer ist rechtlich gesehen dafür verantwortlich, dass die Schülerinnen und Schüler vor Mobbing an der Schule geschützt werden?</p><p>7. Ist der Bundesrat nicht der Ansicht, dass die Lehrpersonen besser für den Umgang mit dieser Problematik geschult werden sollten?</p><p>8. Ist der Bundesrat nicht der Ansicht, dass es die Aufgabe der Schule ist, Wohlwollen, Toleranz und Empathie zu vermitteln?</p><p>9. Ist angesichts dieses Übels ein nationaler Aktionsplan gegen Mobbing an der Schule vorgesehen? Wäre es nach Ansicht des Bundesrates denkbar, das Programm KiVa zu übernehmen, wie dies andere Länder getan haben?</p>
    • Mobbing an Schulen. Wie kann man es stoppen?

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