Die Initiative zur Verwahrung gefährlicher Straftäter effektiv umsetzen

ShortId
20.4224
Id
20204224
Updated
28.07.2023 01:09
Language
de
Title
Die Initiative zur Verwahrung gefährlicher Straftäter effektiv umsetzen
AdditionalIndexing
1216;28;1236;04;1221
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Am 8. Februar 2004 haben 56,2 Prozent der Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger und fast alle Kantone die Volksinitiative "Lebenslange Verwahrung für nicht therapierbare, extrem gefährliche Sexual- und Gewaltstraftäter" angenommen. Am 24. März 2006 verabschiedete die Bundesversammlung die Ausführungsbestimmungen (BBl 2006 3557), die seit dem 1. Januar 2007 in Kraft sind.</p><p>Anscheinend wurde die lebenslange Verwahrung bisher erst in einem einzigen Fall angewandt, in welchem ein Verurteilter darauf verzichtet hat, gegen das Urteil Berufung einzulegen. In allen anderen Fällen hat das Bundesgericht sämtliche kantonale Entscheide, die diese Massnahme aussprachen, systematisch annulliert, das letzte Mal am 26. Februar 2018 in einem Fall, der heftige Emotionen hervorrief: der Fall von Claude D. (BGE 6B_35/2017). Faktisch ist es demzufolge legitim zu schlussfolgern, dass sowohl der Volkswille als auch der vom Volk am 8. Februar 2004 (Art. 123a BV) angenommene Verfassungsartikel missachtet blieben.</p><p>Entgegen dem, wie der Bundesrat darüber zu denken scheint (zu schliessen aus seiner Antwort auf die Interpellation 18.3123 und aus seiner Stellungnahme zur Motion 18.3558, die, weil sie nicht innerhalb von zwei Jahren behandelt wurde, abgeschrieben wurde), ist dies inakzeptabel. Es ist in der Tat unvorstellbar, dass das Schweizer Volk eine solche Situation gewollt hätte und noch unvorstellbarer ist es, dass es sich damit abfindet. Damit steht die Glaubwürdigkeit unserer Institutionen auf dem Spiel.</p><p>Der Moment ist folglich gekommen, eine umfassende und dokumentierte Bilanz der Umsetzung (oder der Nicht-Umsetzung...) der Volksinitiative (und damit des Verfassungsrechts) zu ziehen und daraus abzuleiten, welche Gesetzesänderungen in Betracht gezogen werden müssen, um die öffentliche Sicherheit zu garantieren und den Willen des Volkes und der Verfassung zu respektieren.</p>
  • <p>Die Volksinitiative "Lebenslange Verwahrung für nicht therapierbare, extrem gefährliche Sexual- und Gewaltstraftäter" fand mit Artikel 123a Eingang in die Bundesverfassung (BV, SR 101) und wurde mit den Artikeln 64 Absatz 1bis und 64c des Strafgesetzbuchs (StGB, SR 311.0) umgesetzt. Die lebenslange Verwahrung ist äusserst gefährlichen Straftätern mit einem hohen Rückfallrisiko vorbehalten, die dauerhaft nicht therapierbar sind. Dies muss mit zwei psychiatrischen Gutachten bestätigt werden.</p><p>Seit der Einreichung der Interpellation Addor 18.3123 "Ist es nicht an der Zeit, die Initiative für die lebenslange Verwahrung gefährlicher Straftäter tatsächlich umzusetzen?" und des Postulats Addor 18.3558 "Die Initiative zur Verwahrung gefährlicher Straftäter effektiv umsetzen" zum selben Thema im Jahr 2018 hat sich die Situation nicht verändert. Der Bundesrat verweist folglich auf seine Antworten auf diese beiden parlamentarischen Vorstösse.</p><p>Der Bundesrat erinnert daran, dass die lebenslange Verwahrung gemäss dem Wortlaut der Initiative auf einen sehr beschränkten Kreis von Straftätern abzielt und dass die Voraussetzungen für deren Anordnung sehr restriktiv sind. Zudem kommentiert der Bundesrat aufgrund des Prinzips der Gewaltenteilung keine Gerichtsurteile.</p><p>Angesichts der sehr geringen Anzahl Fälle, in denen die Sanktion allenfalls anwendbar ist, und weil die Bedingungen im Strafgesetzbuch die im Initiativtext vorgesehenen Voraussetzungen wiederholen und es auch andere strafrechtliche Sanktionen erlauben, einer Person lebenslänglich die Freiheit zu entziehen, ist der Bundesrat der Ansicht, dass ein Bericht mit einer Bilanz zur Anwendung der lebenslänglichen Verwahrung keine zusätzlichen Erkenntnisse bringen würde.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
  • <p>Der Bundesrat wird aufgefordert, der Bundesversammlung einen Bericht vorzulegen: Darin soll zum einen mehr als dreizehn Jahre nach dem Inkrafttreten der Ausführungsgesetzgebung zur Volksinitiative "Lebenslange Verwahrung für nicht therapierbare, extrem gefährliche Sexual- und Gewaltstraftäter" Bilanz gezogen werden über die Umsetzung dieser Initiative. Und zum andern soll darin aufgezeigt werden, welche Gesetzesänderungen ins Auge zu fassen sind, damit dem Volkswillen und der Bundesverfassung effektiv Nachachtung verschafft werden kann.</p>
  • Die Initiative zur Verwahrung gefährlicher Straftäter effektiv umsetzen
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Am 8. Februar 2004 haben 56,2 Prozent der Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger und fast alle Kantone die Volksinitiative "Lebenslange Verwahrung für nicht therapierbare, extrem gefährliche Sexual- und Gewaltstraftäter" angenommen. Am 24. März 2006 verabschiedete die Bundesversammlung die Ausführungsbestimmungen (BBl 2006 3557), die seit dem 1. Januar 2007 in Kraft sind.</p><p>Anscheinend wurde die lebenslange Verwahrung bisher erst in einem einzigen Fall angewandt, in welchem ein Verurteilter darauf verzichtet hat, gegen das Urteil Berufung einzulegen. In allen anderen Fällen hat das Bundesgericht sämtliche kantonale Entscheide, die diese Massnahme aussprachen, systematisch annulliert, das letzte Mal am 26. Februar 2018 in einem Fall, der heftige Emotionen hervorrief: der Fall von Claude D. (BGE 6B_35/2017). Faktisch ist es demzufolge legitim zu schlussfolgern, dass sowohl der Volkswille als auch der vom Volk am 8. Februar 2004 (Art. 123a BV) angenommene Verfassungsartikel missachtet blieben.</p><p>Entgegen dem, wie der Bundesrat darüber zu denken scheint (zu schliessen aus seiner Antwort auf die Interpellation 18.3123 und aus seiner Stellungnahme zur Motion 18.3558, die, weil sie nicht innerhalb von zwei Jahren behandelt wurde, abgeschrieben wurde), ist dies inakzeptabel. Es ist in der Tat unvorstellbar, dass das Schweizer Volk eine solche Situation gewollt hätte und noch unvorstellbarer ist es, dass es sich damit abfindet. Damit steht die Glaubwürdigkeit unserer Institutionen auf dem Spiel.</p><p>Der Moment ist folglich gekommen, eine umfassende und dokumentierte Bilanz der Umsetzung (oder der Nicht-Umsetzung...) der Volksinitiative (und damit des Verfassungsrechts) zu ziehen und daraus abzuleiten, welche Gesetzesänderungen in Betracht gezogen werden müssen, um die öffentliche Sicherheit zu garantieren und den Willen des Volkes und der Verfassung zu respektieren.</p>
    • <p>Die Volksinitiative "Lebenslange Verwahrung für nicht therapierbare, extrem gefährliche Sexual- und Gewaltstraftäter" fand mit Artikel 123a Eingang in die Bundesverfassung (BV, SR 101) und wurde mit den Artikeln 64 Absatz 1bis und 64c des Strafgesetzbuchs (StGB, SR 311.0) umgesetzt. Die lebenslange Verwahrung ist äusserst gefährlichen Straftätern mit einem hohen Rückfallrisiko vorbehalten, die dauerhaft nicht therapierbar sind. Dies muss mit zwei psychiatrischen Gutachten bestätigt werden.</p><p>Seit der Einreichung der Interpellation Addor 18.3123 "Ist es nicht an der Zeit, die Initiative für die lebenslange Verwahrung gefährlicher Straftäter tatsächlich umzusetzen?" und des Postulats Addor 18.3558 "Die Initiative zur Verwahrung gefährlicher Straftäter effektiv umsetzen" zum selben Thema im Jahr 2018 hat sich die Situation nicht verändert. Der Bundesrat verweist folglich auf seine Antworten auf diese beiden parlamentarischen Vorstösse.</p><p>Der Bundesrat erinnert daran, dass die lebenslange Verwahrung gemäss dem Wortlaut der Initiative auf einen sehr beschränkten Kreis von Straftätern abzielt und dass die Voraussetzungen für deren Anordnung sehr restriktiv sind. Zudem kommentiert der Bundesrat aufgrund des Prinzips der Gewaltenteilung keine Gerichtsurteile.</p><p>Angesichts der sehr geringen Anzahl Fälle, in denen die Sanktion allenfalls anwendbar ist, und weil die Bedingungen im Strafgesetzbuch die im Initiativtext vorgesehenen Voraussetzungen wiederholen und es auch andere strafrechtliche Sanktionen erlauben, einer Person lebenslänglich die Freiheit zu entziehen, ist der Bundesrat der Ansicht, dass ein Bericht mit einer Bilanz zur Anwendung der lebenslänglichen Verwahrung keine zusätzlichen Erkenntnisse bringen würde.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
    • <p>Der Bundesrat wird aufgefordert, der Bundesversammlung einen Bericht vorzulegen: Darin soll zum einen mehr als dreizehn Jahre nach dem Inkrafttreten der Ausführungsgesetzgebung zur Volksinitiative "Lebenslange Verwahrung für nicht therapierbare, extrem gefährliche Sexual- und Gewaltstraftäter" Bilanz gezogen werden über die Umsetzung dieser Initiative. Und zum andern soll darin aufgezeigt werden, welche Gesetzesänderungen ins Auge zu fassen sind, damit dem Volkswillen und der Bundesverfassung effektiv Nachachtung verschafft werden kann.</p>
    • Die Initiative zur Verwahrung gefährlicher Straftäter effektiv umsetzen

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