Wieso sollte zugelassen werden, dass Dioxine auf Deponien abgelagert und nicht zerstört werden?

ShortId
23.3615
Id
20233615
Updated
26.03.2024 21:42
Language
de
Title
Wieso sollte zugelassen werden, dass Dioxine auf Deponien abgelagert und nicht zerstört werden?
AdditionalIndexing
52
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>In dem Bericht «Rückgewinnung von Metallen aus den Filteraschen von Kehrichtverbrennungsanlagen [KVA]» heisst es: «Sauer extrahierte KVA-Filteraschen können auf den Deponietypen C und D nur dann abgelagert werden, wenn der Dioxingrenzwert für den Gesamtgehalt an PCDD und PCDF [(Dioxine)] von 1 µg TEQ pro kg TS2 gemäss Anhang 5 Ziffer 3.3 und 4.2 VVEA nicht überschritten ist“.</p><p>Es ist eine Sache, wenn Abfälle, die man nicht zu entsorgen weiss, auf Deponien abgelagert werden. Aber wenn es eine einfache Technik (thermische Behandlung bei höherer Temperatur) gibt, um hochgiftige Moleküle wie Dioxine zu zerstören, ist es verwunderlich, dass der Bund einfach eine Ablagerung dieser Abfälle erlaubt. Im Bericht steht: «Eine regelmässige Überprüfung des Dioxingehaltes ist dazu erforderlich und wird von der zuständigen Vollzugsbehörde veranlasst“. Aber wie viele Jahre wird diese Kontrolle durchgeführt, wenn doch bekannt ist, dass diese Moleküle nicht biologisch abbaubar sind?</p><p>Sich auf einen niedrigen Dioxingehalt (&lt;1 Mikrogramm) oder die geringe Mobilität von Dioxinen – die Substanz ist unlöslich – zu berufen, ist nicht zulässig, wenn es eine relativ einfache Möglichkeit gibt, sie zu zerstören. Diese Argumente werden in Fällen verwendet, in denen es kostspielig und kompliziert ist, die Menge der Schadstoffe in einem Substrat zu verringern. Dies ist bei Dioxinen in den Filterkuchen von KVA nicht der Fall. Weiter wird erklärt: «Alternativ kann die sauer extrahierte Filterasche komplett oder in angereicherten Teilfraktionen in den KVA-Ofen zur Dioxinzerstörung zurückgeführt werden. Durch die Rückführung werden die PCDD und PCDF-Gehalte der resultierenden Schlacke nachweislich nicht erhöht“. Ausserdem steht im Bericht, dass «Rückstände aus der thermischen Behandlung von Abfällen so wenig an Dioxinen und Furanen enthalten [sollen], als nach dem Stand der Technik möglich ist». Nun ist es aber so, dass der Stand der Technik ihre vollständige Zerstörung ermöglicht.</p><p>Wir hatten in der Schweiz bereits den Skandal um Sondermülldeponien wie Bonfol und Kölliken. Wann erwartet uns der Skandal um Dioxinabfälle auf Deponien? Der Bundesrat muss sich trauen, jetzt zu handeln.</p><p>&nbsp;</p>
  • <p>Die Schweiz hat das Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe (POP-Konvention; SR&nbsp;0.814.03) ratifiziert. Gemäss diesem müssen Massnahmen zur Verringerung oder Verhinderung von Freisetzungen persistenter organischer Schadstoff aus Abfällen getroffen werden. Das Übereinkommen enthält Bestimmungen zu PCDD und PCDF (Dioxine und Furane, hier kurz Dioxin).</p><p>Die Bestimmungen der Abfallverordnung (VVEA; SR 814.600) zu den zulässigen Gesamtgehalten von Dioxin bei der Ablagerung auf inländischen Deponien der Typen D und E wurden 2022 geändert und der Grenzwert temporär auf 3 µg pro Kilogramm Abfall erhöht. Der Grenzwert wird ab 2027 wieder 1 µg pro Kilogramm Abfall betragen. Vor dieser Anpassung wurde der risikobasierte Grenzwert wissenschaftlich überprüft und hergeleitet. Der in der EU zurzeit geltende Grenzwert liegt deutlich über jenem der Schweiz.</p><p>Bei den technischen Verfahren zur Verminderung von Dioxinen von Verbrennungsrückständen gibt es derzeit noch keinen allgemein anwendbaren Stand der Technik. Es ist richtig, dass Grossversuche stattgefunden haben und Installationen im industriellen bis halbindustriellen Massstab existieren (z.B. Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) Bern Forsthaus). Es hat sich aber gezeigt, dass es beim Langzeitbetrieb dieser Anlagen zu einer Anreicherung von bestimmten chemischen Verbindungen kommt, die den Betrieb erschweren oder verunmöglichen. Hier sind Weiterentwicklungen und Nachfolgeinvestitionen notwendig. Der vorstehend erwähnte Grenzwert von 3 µg trägt diesem Umstand Rechnung.</p><p>In einer Abklärung der technisch möglichen Verfahren zur Dioxinreduktion hat das Bundesamt für Umwelt (BAFU) vier Methoden zur Behandlung von Filteraschen aus KVA verglichen. Diese vermögen die Dioxingehalte um 30 bis 99&nbsp;Prozent zu verringern. Das von den KVA aktuell favorisierte Verfahren «ReFire» kann zu einer Reduktion von rund 95&nbsp;Prozent führen. Es bedarf – damit dieses Verfahren im industriellen Alltag funktioniert – noch diverser Anpassungen und Optimierungen (vgl. Faktenblätter «Projektarbeit zur Reduktion des Dioxingehaltes in KVA-Flugaschen» und «Thermische Zerstörung von Dioxinen und Furanen in sauer gewaschenen KVA-Flugaschen (ReFire)», abrufbar unter: www.bafu.admin.ch &gt; Themen &gt; Abfall &gt; Fachinformationen &gt; Abfallentsorgung &gt; Dokumente).</p>
  • <p>Ist der Bundesrat bereit, die Verordnung über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen (VVEA) dahingehend zu ändern, dass Dioxine zerstört werden müssen und unabhängig von ihrem Gehalt nicht auf Deponien abgelagert werden dürfen?</p>
  • Wieso sollte zugelassen werden, dass Dioxine auf Deponien abgelagert und nicht zerstört werden?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>In dem Bericht «Rückgewinnung von Metallen aus den Filteraschen von Kehrichtverbrennungsanlagen [KVA]» heisst es: «Sauer extrahierte KVA-Filteraschen können auf den Deponietypen C und D nur dann abgelagert werden, wenn der Dioxingrenzwert für den Gesamtgehalt an PCDD und PCDF [(Dioxine)] von 1 µg TEQ pro kg TS2 gemäss Anhang 5 Ziffer 3.3 und 4.2 VVEA nicht überschritten ist“.</p><p>Es ist eine Sache, wenn Abfälle, die man nicht zu entsorgen weiss, auf Deponien abgelagert werden. Aber wenn es eine einfache Technik (thermische Behandlung bei höherer Temperatur) gibt, um hochgiftige Moleküle wie Dioxine zu zerstören, ist es verwunderlich, dass der Bund einfach eine Ablagerung dieser Abfälle erlaubt. Im Bericht steht: «Eine regelmässige Überprüfung des Dioxingehaltes ist dazu erforderlich und wird von der zuständigen Vollzugsbehörde veranlasst“. Aber wie viele Jahre wird diese Kontrolle durchgeführt, wenn doch bekannt ist, dass diese Moleküle nicht biologisch abbaubar sind?</p><p>Sich auf einen niedrigen Dioxingehalt (&lt;1 Mikrogramm) oder die geringe Mobilität von Dioxinen – die Substanz ist unlöslich – zu berufen, ist nicht zulässig, wenn es eine relativ einfache Möglichkeit gibt, sie zu zerstören. Diese Argumente werden in Fällen verwendet, in denen es kostspielig und kompliziert ist, die Menge der Schadstoffe in einem Substrat zu verringern. Dies ist bei Dioxinen in den Filterkuchen von KVA nicht der Fall. Weiter wird erklärt: «Alternativ kann die sauer extrahierte Filterasche komplett oder in angereicherten Teilfraktionen in den KVA-Ofen zur Dioxinzerstörung zurückgeführt werden. Durch die Rückführung werden die PCDD und PCDF-Gehalte der resultierenden Schlacke nachweislich nicht erhöht“. Ausserdem steht im Bericht, dass «Rückstände aus der thermischen Behandlung von Abfällen so wenig an Dioxinen und Furanen enthalten [sollen], als nach dem Stand der Technik möglich ist». Nun ist es aber so, dass der Stand der Technik ihre vollständige Zerstörung ermöglicht.</p><p>Wir hatten in der Schweiz bereits den Skandal um Sondermülldeponien wie Bonfol und Kölliken. Wann erwartet uns der Skandal um Dioxinabfälle auf Deponien? Der Bundesrat muss sich trauen, jetzt zu handeln.</p><p>&nbsp;</p>
    • <p>Die Schweiz hat das Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe (POP-Konvention; SR&nbsp;0.814.03) ratifiziert. Gemäss diesem müssen Massnahmen zur Verringerung oder Verhinderung von Freisetzungen persistenter organischer Schadstoff aus Abfällen getroffen werden. Das Übereinkommen enthält Bestimmungen zu PCDD und PCDF (Dioxine und Furane, hier kurz Dioxin).</p><p>Die Bestimmungen der Abfallverordnung (VVEA; SR 814.600) zu den zulässigen Gesamtgehalten von Dioxin bei der Ablagerung auf inländischen Deponien der Typen D und E wurden 2022 geändert und der Grenzwert temporär auf 3 µg pro Kilogramm Abfall erhöht. Der Grenzwert wird ab 2027 wieder 1 µg pro Kilogramm Abfall betragen. Vor dieser Anpassung wurde der risikobasierte Grenzwert wissenschaftlich überprüft und hergeleitet. Der in der EU zurzeit geltende Grenzwert liegt deutlich über jenem der Schweiz.</p><p>Bei den technischen Verfahren zur Verminderung von Dioxinen von Verbrennungsrückständen gibt es derzeit noch keinen allgemein anwendbaren Stand der Technik. Es ist richtig, dass Grossversuche stattgefunden haben und Installationen im industriellen bis halbindustriellen Massstab existieren (z.B. Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) Bern Forsthaus). Es hat sich aber gezeigt, dass es beim Langzeitbetrieb dieser Anlagen zu einer Anreicherung von bestimmten chemischen Verbindungen kommt, die den Betrieb erschweren oder verunmöglichen. Hier sind Weiterentwicklungen und Nachfolgeinvestitionen notwendig. Der vorstehend erwähnte Grenzwert von 3 µg trägt diesem Umstand Rechnung.</p><p>In einer Abklärung der technisch möglichen Verfahren zur Dioxinreduktion hat das Bundesamt für Umwelt (BAFU) vier Methoden zur Behandlung von Filteraschen aus KVA verglichen. Diese vermögen die Dioxingehalte um 30 bis 99&nbsp;Prozent zu verringern. Das von den KVA aktuell favorisierte Verfahren «ReFire» kann zu einer Reduktion von rund 95&nbsp;Prozent führen. Es bedarf – damit dieses Verfahren im industriellen Alltag funktioniert – noch diverser Anpassungen und Optimierungen (vgl. Faktenblätter «Projektarbeit zur Reduktion des Dioxingehaltes in KVA-Flugaschen» und «Thermische Zerstörung von Dioxinen und Furanen in sauer gewaschenen KVA-Flugaschen (ReFire)», abrufbar unter: www.bafu.admin.ch &gt; Themen &gt; Abfall &gt; Fachinformationen &gt; Abfallentsorgung &gt; Dokumente).</p>
    • <p>Ist der Bundesrat bereit, die Verordnung über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen (VVEA) dahingehend zu ändern, dass Dioxine zerstört werden müssen und unabhängig von ihrem Gehalt nicht auf Deponien abgelagert werden dürfen?</p>
    • Wieso sollte zugelassen werden, dass Dioxine auf Deponien abgelagert und nicht zerstört werden?

Back to List