Dringende Anpassung der Verordnung über die Festlegung der Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Bereich

ShortId
23.3700
Id
20233700
Updated
26.03.2024 22:23
Language
de
Title
Dringende Anpassung der Verordnung über die Festlegung der Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Bereich
AdditionalIndexing
2841;04
1
PriorityCouncil1
Ständerat
Texts
  • <p>Der Bundesrat hat im Juni 2021 die im Titel genannte Verordnung zwecks Limitierung der Höchstzahlen von Ärztinnen und Ärzten im ambulanten Bereich erlassen. Die aus finanzpolitischer Sicht gut gemeinte Verordnung entpuppt sich juristisch und gesundheitspolitisch als Farce. Nun, drei Jahre nach Erlass der Verordnung zeichnet sich folgendes Bild ab:</p><p>- Ein für die Verordnung vernichtendes Urteil des Kantonsgerichtes Basel-Landschaft vom 18. Januar 2023</p><p>- Klare Belege, dass die Erhebungsmethodik der OBSAN nicht bedarfsorientiert ist, sondern sich nach Umsatzzahlen der aktuellen Arztpraxen orientiert und damit zu einer Unterversorgung von Hausärzten in einigen Kantonen führt.</p><p>- Der Widerstand gegen die Verordnung landesweit sehr gross ist, da er die medizinische Versorgung mehr gefährdet als er sie sicherstellt und somit in ungerechtfertigter Weise in fundamentale Grundrechte eingreift.</p><p>Die offenkundig nicht rechtswidrige Verordnung kann weder sinnvoll und nachhaltig Kosten senken, noch die Versorgungssicherheit garantieren, was paradoxer Weise erklärtes Ziel dieser Verordnung war. Sie wird jedoch zu willkürlichen kantonalen Verordnungen führen. Betreffend des Urteils des Gerichtes Basel-Landschaft (vom 18.1.2023) ist zusammenfassend festzuhalten, dass es sich bei den kantonalen Regelungen zum revidierten KVG und zur HZV um selbständiges kantonales Recht handelt. Der Bund hat dem Kanton durch die revidierten Bestimmungen einen weitreichenden Gestaltungsspielraum erteilt. Im Rahmen der Regelung des Zulassungsverfahrens sowie der Umsetzung der Zulassungsbeschränkungen hat der Kanton grundlegende und wichtige Bestimmungen zu treffen, weshalb diese Bestimmungen in der Form eines Gesetzes zu erlassen sind. Sofern die notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind, kann das zu erlassende Gesetz die Kompetenz zum Erlass näherer Regelungen an den Regierungsrat delegieren. Demzufolge fehlt den Regierungsräten aktuell die Ermächtigung zum Erlass der angefochtenen Zulassungs-VO.</p><p>Bereits heute gibt es Kantone, wie bspw. den Kanton Wallis, welche die genannte Verordnung mit dem Gerichtsentscheid aus Basel-Landschaft irritiert. Noch irritierender sind die offensichtlichen Fehlinterpretation der Daten der OBSAN. Reine Umsatzzahlen aus ambulanten Praxen geben keinen adäquaten Aufschluss über eine korrekte regionale und kantonale Bedarfsabdeckung! Es liegt auf der Hand, dass bei der Bedarfseruierung Indikatoren wie Wartefristen, Prognosen zur Altersentwicklung und zukünftigem Bedarf der Bevölkerung oder etwa Analysen von "Shift-Phänomen" (Zuweisung an Spezialisten ähnlicher Fachrichtungen) usw. unerlässlich wären, um Fehlbeurteilungen mit dramatischer Tragweite für die Versorgungsqualität zu verhindern. Solche wichtigen Aspekte fehlen jedoch im Berechnungsmodell des OBSAN, auf dem die Kantone die Verordnung umzusetzen haben. Und dies, obwohl bereits im Februar 2021 anlässlich der Vernehmlassung zu ebendieser Verordnung Dutzende Stellungnahmen auf diese wichtige Problematik hingewiesen und entsprechend konkrete Korrekturen im Sinne von 'Data Literacy' gefordert hatten.</p><p>Der Handlungsbedarf ist akut.</p>
  • <p>1. Der Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 18. Januar 2023 ist ein formeller, nicht ein materieller Entscheid. Das Kantonsgericht ist der Ansicht, dass die betreffenden Bestimmungen angesichts ihres grundlegenden Charakters von der Legislative des Kantons in Gesetzesform und nicht von der Exekutive in Verordnungsform hätten erlassen werden müssen. Zumindest hätte eine ausdrückliche Delegation an die Exekutive auf kantonaler Gesetzesebene vorgesehen werden müssen. Dies wird nun von der Kantonsregierung so vorgeschlagen. Hierbei ist als Beispiel der Kanton Solothurn zu nennen, wo die Änderung des kantonalen Gesetzes bei der Volksabstimmung vom 18. Juni 2023 angenommen wurde. Der Entscheid des Kantonsgerichts stellt daher die methodischen Kriterien und Grundsätze, die der Bundesrat in der Verordnung über die Festlegung der Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Bereich (SR 832.107) festgelegt hat, nicht in Frage und erfordert daher keine entsprechende Reaktion.</p><p>&nbsp;</p><p>2. Die Höchstzahlenverordnung definiert einen methodisch soliden Ansatz, der unter starker Einbindung der Kantone und der Akteure in diesem Bereich (Versicherer und Leistungserbringer) erarbeitet wurde. Dabei ist zu beachten, dass die Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte nicht nur von den vom Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) publizierten Versorgungsgraden abhängen. Diese erfassen lediglich die regionalen Unterschiede bei der Inanspruchnahme von Leistungen unter Berücksichtigung der Bevölkerungsstruktur und der Patientenströme. Zur Festlegung der Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte müssen die Kantone auch das medizinische Angebot (Vollzeitäquivalente) miteinbeziehen und können Gewichtungsfaktoren, die die von den Versorgungsgraden nicht berücksichtigten regionalen oder fachspezifischen Eigenheiten widerspiegeln, vorsehen. Die Gewichtungsfaktoren müssen auf analytischen Elementen wie Indikatorensystemen oder Referenzwerten beruhen, was sich mit den Erwägungen des Interpellanten deckt. Zudem verfügen die Kantone auch über den nötigen Ermessensspielraum, da sie nicht alle Fachgebiete und Regionen beschränken müssen, sondern gezielt diejenigen angehen können, in denen von einer Überversorgung ausgegangen wird. Das Ziel ist, den Zugang der Versicherten zu zweckmässigen, qualitativ hochstehenden und gleichzeitig wirtschaftlichen Leistungen zu gewährleisten. In diesem Sinne hat der Bundesrat den föderalistischen Aspekt von Art. 55<i>a</i> des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) bei der Ausarbeitung der Höchstzahlenverordnung berücksichtigt.</p><p>&nbsp;</p><p>3. Die Bestandteile der Methode müssen anhand der neuesten Daten aktualisiert und die Methode in regelmässigen Abständen überprüft werden. So hat das EDI die erste Überprüfung der Versorgungsgrade eingeleitet, die bis 2024 abgeschlossen sein sollte. Diesbezüglich hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) im Frühsommer 2023 bereits einen ersten Austausch mit den Akteuren durchgeführt. Diese haben nun Gelegenheit erhalten, dem BAG die für sie prioritären Themenbereiche für die erste Überprüfung zu melden. Inhaltlich werden bei dieser Überprüfung insbesondere die von den Kantonen und den Akteuren geäusserten Prioritäten zur Verbesserung der Methode berücksichtigt.</p>
  • <p>Am 18. Januar 2023 hat das Kantonsgericht des Kantons Basel-Land eine für die Verordnung über die Festlegung der Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte 832.107 negatives Urteil gefällt.</p><p>1. Wie und wann reagiert der Bundesrat auf die klare Rechtssprechung des Urteils des Kantonsgerichtes Basel-Landschaft?</p><p>2. Wie erklärt sich der Bundesrat diese fehlerhafte Verordnung, welche der Bundesrat erlassen hat und die Kantone nun vor schwer lösbare Situationen stellt?</p><p>3. Wie und wann gedenkt der Bundesrat, den offensichtlichen Data-Literacy'-Problemen gerecht zu werden und die Datenanalysen und -modelle in diesem Bereich entsprechend anzupassen, sprich zu verbessern?</p>
  • Dringende Anpassung der Verordnung über die Festlegung der Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Bereich
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Der Bundesrat hat im Juni 2021 die im Titel genannte Verordnung zwecks Limitierung der Höchstzahlen von Ärztinnen und Ärzten im ambulanten Bereich erlassen. Die aus finanzpolitischer Sicht gut gemeinte Verordnung entpuppt sich juristisch und gesundheitspolitisch als Farce. Nun, drei Jahre nach Erlass der Verordnung zeichnet sich folgendes Bild ab:</p><p>- Ein für die Verordnung vernichtendes Urteil des Kantonsgerichtes Basel-Landschaft vom 18. Januar 2023</p><p>- Klare Belege, dass die Erhebungsmethodik der OBSAN nicht bedarfsorientiert ist, sondern sich nach Umsatzzahlen der aktuellen Arztpraxen orientiert und damit zu einer Unterversorgung von Hausärzten in einigen Kantonen führt.</p><p>- Der Widerstand gegen die Verordnung landesweit sehr gross ist, da er die medizinische Versorgung mehr gefährdet als er sie sicherstellt und somit in ungerechtfertigter Weise in fundamentale Grundrechte eingreift.</p><p>Die offenkundig nicht rechtswidrige Verordnung kann weder sinnvoll und nachhaltig Kosten senken, noch die Versorgungssicherheit garantieren, was paradoxer Weise erklärtes Ziel dieser Verordnung war. Sie wird jedoch zu willkürlichen kantonalen Verordnungen führen. Betreffend des Urteils des Gerichtes Basel-Landschaft (vom 18.1.2023) ist zusammenfassend festzuhalten, dass es sich bei den kantonalen Regelungen zum revidierten KVG und zur HZV um selbständiges kantonales Recht handelt. Der Bund hat dem Kanton durch die revidierten Bestimmungen einen weitreichenden Gestaltungsspielraum erteilt. Im Rahmen der Regelung des Zulassungsverfahrens sowie der Umsetzung der Zulassungsbeschränkungen hat der Kanton grundlegende und wichtige Bestimmungen zu treffen, weshalb diese Bestimmungen in der Form eines Gesetzes zu erlassen sind. Sofern die notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind, kann das zu erlassende Gesetz die Kompetenz zum Erlass näherer Regelungen an den Regierungsrat delegieren. Demzufolge fehlt den Regierungsräten aktuell die Ermächtigung zum Erlass der angefochtenen Zulassungs-VO.</p><p>Bereits heute gibt es Kantone, wie bspw. den Kanton Wallis, welche die genannte Verordnung mit dem Gerichtsentscheid aus Basel-Landschaft irritiert. Noch irritierender sind die offensichtlichen Fehlinterpretation der Daten der OBSAN. Reine Umsatzzahlen aus ambulanten Praxen geben keinen adäquaten Aufschluss über eine korrekte regionale und kantonale Bedarfsabdeckung! Es liegt auf der Hand, dass bei der Bedarfseruierung Indikatoren wie Wartefristen, Prognosen zur Altersentwicklung und zukünftigem Bedarf der Bevölkerung oder etwa Analysen von "Shift-Phänomen" (Zuweisung an Spezialisten ähnlicher Fachrichtungen) usw. unerlässlich wären, um Fehlbeurteilungen mit dramatischer Tragweite für die Versorgungsqualität zu verhindern. Solche wichtigen Aspekte fehlen jedoch im Berechnungsmodell des OBSAN, auf dem die Kantone die Verordnung umzusetzen haben. Und dies, obwohl bereits im Februar 2021 anlässlich der Vernehmlassung zu ebendieser Verordnung Dutzende Stellungnahmen auf diese wichtige Problematik hingewiesen und entsprechend konkrete Korrekturen im Sinne von 'Data Literacy' gefordert hatten.</p><p>Der Handlungsbedarf ist akut.</p>
    • <p>1. Der Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 18. Januar 2023 ist ein formeller, nicht ein materieller Entscheid. Das Kantonsgericht ist der Ansicht, dass die betreffenden Bestimmungen angesichts ihres grundlegenden Charakters von der Legislative des Kantons in Gesetzesform und nicht von der Exekutive in Verordnungsform hätten erlassen werden müssen. Zumindest hätte eine ausdrückliche Delegation an die Exekutive auf kantonaler Gesetzesebene vorgesehen werden müssen. Dies wird nun von der Kantonsregierung so vorgeschlagen. Hierbei ist als Beispiel der Kanton Solothurn zu nennen, wo die Änderung des kantonalen Gesetzes bei der Volksabstimmung vom 18. Juni 2023 angenommen wurde. Der Entscheid des Kantonsgerichts stellt daher die methodischen Kriterien und Grundsätze, die der Bundesrat in der Verordnung über die Festlegung der Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Bereich (SR 832.107) festgelegt hat, nicht in Frage und erfordert daher keine entsprechende Reaktion.</p><p>&nbsp;</p><p>2. Die Höchstzahlenverordnung definiert einen methodisch soliden Ansatz, der unter starker Einbindung der Kantone und der Akteure in diesem Bereich (Versicherer und Leistungserbringer) erarbeitet wurde. Dabei ist zu beachten, dass die Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte nicht nur von den vom Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) publizierten Versorgungsgraden abhängen. Diese erfassen lediglich die regionalen Unterschiede bei der Inanspruchnahme von Leistungen unter Berücksichtigung der Bevölkerungsstruktur und der Patientenströme. Zur Festlegung der Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte müssen die Kantone auch das medizinische Angebot (Vollzeitäquivalente) miteinbeziehen und können Gewichtungsfaktoren, die die von den Versorgungsgraden nicht berücksichtigten regionalen oder fachspezifischen Eigenheiten widerspiegeln, vorsehen. Die Gewichtungsfaktoren müssen auf analytischen Elementen wie Indikatorensystemen oder Referenzwerten beruhen, was sich mit den Erwägungen des Interpellanten deckt. Zudem verfügen die Kantone auch über den nötigen Ermessensspielraum, da sie nicht alle Fachgebiete und Regionen beschränken müssen, sondern gezielt diejenigen angehen können, in denen von einer Überversorgung ausgegangen wird. Das Ziel ist, den Zugang der Versicherten zu zweckmässigen, qualitativ hochstehenden und gleichzeitig wirtschaftlichen Leistungen zu gewährleisten. In diesem Sinne hat der Bundesrat den föderalistischen Aspekt von Art. 55<i>a</i> des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) bei der Ausarbeitung der Höchstzahlenverordnung berücksichtigt.</p><p>&nbsp;</p><p>3. Die Bestandteile der Methode müssen anhand der neuesten Daten aktualisiert und die Methode in regelmässigen Abständen überprüft werden. So hat das EDI die erste Überprüfung der Versorgungsgrade eingeleitet, die bis 2024 abgeschlossen sein sollte. Diesbezüglich hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) im Frühsommer 2023 bereits einen ersten Austausch mit den Akteuren durchgeführt. Diese haben nun Gelegenheit erhalten, dem BAG die für sie prioritären Themenbereiche für die erste Überprüfung zu melden. Inhaltlich werden bei dieser Überprüfung insbesondere die von den Kantonen und den Akteuren geäusserten Prioritäten zur Verbesserung der Methode berücksichtigt.</p>
    • <p>Am 18. Januar 2023 hat das Kantonsgericht des Kantons Basel-Land eine für die Verordnung über die Festlegung der Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte 832.107 negatives Urteil gefällt.</p><p>1. Wie und wann reagiert der Bundesrat auf die klare Rechtssprechung des Urteils des Kantonsgerichtes Basel-Landschaft?</p><p>2. Wie erklärt sich der Bundesrat diese fehlerhafte Verordnung, welche der Bundesrat erlassen hat und die Kantone nun vor schwer lösbare Situationen stellt?</p><p>3. Wie und wann gedenkt der Bundesrat, den offensichtlichen Data-Literacy'-Problemen gerecht zu werden und die Datenanalysen und -modelle in diesem Bereich entsprechend anzupassen, sprich zu verbessern?</p>
    • Dringende Anpassung der Verordnung über die Festlegung der Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Bereich

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