Zuwanderungsabgabe. Vor- und Nachteile, mögliche Ausgestaltungen sowie Einbettung

ShortId
23.4365
Id
20234365
Updated
26.03.2024 20:45
Language
de
Title
Zuwanderungsabgabe. Vor- und Nachteile, mögliche Ausgestaltungen sowie Einbettung
AdditionalIndexing
10;44;2446
1
PriorityCouncil1
Ständerat
Texts
  • <p>Zwar bringt die Zuwanderung – namentlich diejenige in den Arbeitsmarkt – der Schweiz zahlreiche Vorteile. Sie bringt aber auch Herausforderungen mit sich.</p><p>&nbsp;</p><p>Ein mögliches Instrument, die Zuwanderung auch langfristig in Einklang mit den Gesamtinteressen der Schweiz zu bringen, ist eine Zuwanderungsabgabe. Eine solche könnte die direkten Gewinner der Zuwanderung i.S. eines Einkaufs bzw. einer Kurtaxe an den Kosten der Zuwanderung beteiligen, somit die Zuwanderungsgewinne mit der Gesamtbevölkerung teilen und gleichzeitig die volkswirtschaftlich effizienten Anreize für eine optimale Zuwanderung setzen. Für Einzelheiten sei auf die entsprechenden wissenschaftlichen Beiträge (z.B. Sinn 2015, Eichenberger/Stadelmann 2017) verwiesen.</p><p>&nbsp;</p><p>Der Bundesrat hat eine solche Zuwanderungsabgabe bislang allerdings mit Verweis auf das Freizügigkeitsabkommen (FZA) erst oberflächlich geprüft (vgl. zuletzt seine Antwort vom 14.9.2020 auf die&nbsp;<a href="https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20205629">Fr 20.5629</a> Büchel). Auf eine Zuwanderungsabgabe für Einwanderer aus Drittstaaten ging er bislang gar nicht ein.</p><p>&nbsp;</p><p>Angesichts der wachsenden Bedeutung des Migrationsthemas ist der Moment da, dieses Instrument einmal umfassend zu analysieren. Im Bericht soll die mögliche Ausgestaltung eines Instruments (inkl. verwandter marktwirtschaftlicher Instrumente wie Auktionen) sowie deren Vor- und Nachteile dargestellt werden. Auch auf die verfassungsrechtliche Einbettung (namentlich mit Blick auf Art. 121a BV) soll eingegangen werden. Schliesslich ist auch die mögliche internationale Einbettung zu untersuchen (namentlich mit Blick auf das FZA, inklusive der Möglichkeit entsprechender Schutzklauseln). Ein besonderes Augenmerk soll auf die Zuwanderung ohne Erwerbstätigkeit gelegt werden, ebenso auf die Zuwanderung aus Drittstaaten, da die Schweiz hier autonom agieren kann.</p>
  • <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Die Einführung einer Abgabe oder vergleichbarer Instrumente zur Steuerung der Zuwanderung in die Schweiz wurde bereits mehrfach diskutiert, insbesondere in Expertengruppen im Rahmen der Umsetzung von Artikel 121a der Bundesverfassung. Diese Überlegungen wurden jedoch aus verschiedenen Gründen nicht weiterverfolgt. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; -aw-import:ignore">&#xa0;</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">In Bezug auf Bürgerinnen und Bürger von EU/EFTA-Mitgliedstaaten ist festzuhalten, dass solche Instrumente nicht mit dem Freizügigkeitsabkommen (FZA, SR 0.142.112.681) und dem EFTA-Übereinkommen (SR 0.632.31) vereinbar sind. Sie würden insbesondere zu einer direkten Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit führen, die durch diese Abkommen verboten ist. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; -aw-import:ignore">&#xa0;</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Die Einführung einer Zuwanderungsabgabe für Drittstaatsangehörige wurde vom Bundesrat ebenfalls geprüft, insbesondere in seinem Bericht vom 4. März 2022 in Erfüllung des Postulats 19.3651 Nantermod vom 19. Juni 2019 «Für eine Zuwanderungsregelung, die den Bedürfnissen der Schweiz entspricht». Der Bundesrat hat die vorgeschlagene Massnahme verworfen, da die Nachteile die Vorteile überwiegen. Gemäss diesem Bericht würde sich ein solches Instrument zwar eignen, um die Zuwanderung von Drittstaatsangehörigen zu steuern und allenfalls zu beschränken. Aufgrund der internationalen Verpflichtungen der Schweiz, die Aufenthaltsrechte begründen, wäre es aber kompliziert und nur beschränkt anwendbar. Solche Abgaben könnten bestenfalls nur für die Einstellung von Spezialistinnen und Spezialisten aus Drittstaaten erhoben werden, auf welche die Unternehmen besonders angewiesen sind. Da die Schweiz von dieser Zuwanderung profitiert, sind solche Abgaben aus wirtschaftlicher Sicht nicht wünschenswert. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; -aw-import:spaces">&#xa0;</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Der Bundesrat ist der Ansicht, dass das duale Zulassungssystem nach geltendem Recht eine wirksame Steuerung der Zuwanderung ermöglicht und den Bedürfnissen der Wirtschaft entspricht. Es stellt die Personenfreizügigkeit mit der EU/EFTA sicher und schränkt gleichzeitig die Zulassung von Drittstaatsangehörigen insbesondere durch Kontingente ein. Dieses Modell hat sich bewährt und gewährleistet, dass der Bedarf an qualifizierten wie auch weniger qualifizierten Arbeitskräften gedeckt werden kann.</span></p></div><br><br>Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, in einem Bericht die Vor- und Nachteile, die möglichen Ausgestaltungen sowie die verfassungsrechtliche und internationale Einbettung einer Zuwanderungsabgabe und verwandter Steuerungsinstrumente zu prüfen.</p>
  • Zuwanderungsabgabe. Vor- und Nachteile, mögliche Ausgestaltungen sowie Einbettung
State
Überwiesen an den Bundesrat
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Zwar bringt die Zuwanderung – namentlich diejenige in den Arbeitsmarkt – der Schweiz zahlreiche Vorteile. Sie bringt aber auch Herausforderungen mit sich.</p><p>&nbsp;</p><p>Ein mögliches Instrument, die Zuwanderung auch langfristig in Einklang mit den Gesamtinteressen der Schweiz zu bringen, ist eine Zuwanderungsabgabe. Eine solche könnte die direkten Gewinner der Zuwanderung i.S. eines Einkaufs bzw. einer Kurtaxe an den Kosten der Zuwanderung beteiligen, somit die Zuwanderungsgewinne mit der Gesamtbevölkerung teilen und gleichzeitig die volkswirtschaftlich effizienten Anreize für eine optimale Zuwanderung setzen. Für Einzelheiten sei auf die entsprechenden wissenschaftlichen Beiträge (z.B. Sinn 2015, Eichenberger/Stadelmann 2017) verwiesen.</p><p>&nbsp;</p><p>Der Bundesrat hat eine solche Zuwanderungsabgabe bislang allerdings mit Verweis auf das Freizügigkeitsabkommen (FZA) erst oberflächlich geprüft (vgl. zuletzt seine Antwort vom 14.9.2020 auf die&nbsp;<a href="https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20205629">Fr 20.5629</a> Büchel). Auf eine Zuwanderungsabgabe für Einwanderer aus Drittstaaten ging er bislang gar nicht ein.</p><p>&nbsp;</p><p>Angesichts der wachsenden Bedeutung des Migrationsthemas ist der Moment da, dieses Instrument einmal umfassend zu analysieren. Im Bericht soll die mögliche Ausgestaltung eines Instruments (inkl. verwandter marktwirtschaftlicher Instrumente wie Auktionen) sowie deren Vor- und Nachteile dargestellt werden. Auch auf die verfassungsrechtliche Einbettung (namentlich mit Blick auf Art. 121a BV) soll eingegangen werden. Schliesslich ist auch die mögliche internationale Einbettung zu untersuchen (namentlich mit Blick auf das FZA, inklusive der Möglichkeit entsprechender Schutzklauseln). Ein besonderes Augenmerk soll auf die Zuwanderung ohne Erwerbstätigkeit gelegt werden, ebenso auf die Zuwanderung aus Drittstaaten, da die Schweiz hier autonom agieren kann.</p>
    • <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Die Einführung einer Abgabe oder vergleichbarer Instrumente zur Steuerung der Zuwanderung in die Schweiz wurde bereits mehrfach diskutiert, insbesondere in Expertengruppen im Rahmen der Umsetzung von Artikel 121a der Bundesverfassung. Diese Überlegungen wurden jedoch aus verschiedenen Gründen nicht weiterverfolgt. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; -aw-import:ignore">&#xa0;</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">In Bezug auf Bürgerinnen und Bürger von EU/EFTA-Mitgliedstaaten ist festzuhalten, dass solche Instrumente nicht mit dem Freizügigkeitsabkommen (FZA, SR 0.142.112.681) und dem EFTA-Übereinkommen (SR 0.632.31) vereinbar sind. Sie würden insbesondere zu einer direkten Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit führen, die durch diese Abkommen verboten ist. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; -aw-import:ignore">&#xa0;</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Die Einführung einer Zuwanderungsabgabe für Drittstaatsangehörige wurde vom Bundesrat ebenfalls geprüft, insbesondere in seinem Bericht vom 4. März 2022 in Erfüllung des Postulats 19.3651 Nantermod vom 19. Juni 2019 «Für eine Zuwanderungsregelung, die den Bedürfnissen der Schweiz entspricht». Der Bundesrat hat die vorgeschlagene Massnahme verworfen, da die Nachteile die Vorteile überwiegen. Gemäss diesem Bericht würde sich ein solches Instrument zwar eignen, um die Zuwanderung von Drittstaatsangehörigen zu steuern und allenfalls zu beschränken. Aufgrund der internationalen Verpflichtungen der Schweiz, die Aufenthaltsrechte begründen, wäre es aber kompliziert und nur beschränkt anwendbar. Solche Abgaben könnten bestenfalls nur für die Einstellung von Spezialistinnen und Spezialisten aus Drittstaaten erhoben werden, auf welche die Unternehmen besonders angewiesen sind. Da die Schweiz von dieser Zuwanderung profitiert, sind solche Abgaben aus wirtschaftlicher Sicht nicht wünschenswert. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; -aw-import:spaces">&#xa0;</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Der Bundesrat ist der Ansicht, dass das duale Zulassungssystem nach geltendem Recht eine wirksame Steuerung der Zuwanderung ermöglicht und den Bedürfnissen der Wirtschaft entspricht. Es stellt die Personenfreizügigkeit mit der EU/EFTA sicher und schränkt gleichzeitig die Zulassung von Drittstaatsangehörigen insbesondere durch Kontingente ein. Dieses Modell hat sich bewährt und gewährleistet, dass der Bedarf an qualifizierten wie auch weniger qualifizierten Arbeitskräften gedeckt werden kann.</span></p></div><br><br>Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, in einem Bericht die Vor- und Nachteile, die möglichen Ausgestaltungen sowie die verfassungsrechtliche und internationale Einbettung einer Zuwanderungsabgabe und verwandter Steuerungsinstrumente zu prüfen.</p>
    • Zuwanderungsabgabe. Vor- und Nachteile, mögliche Ausgestaltungen sowie Einbettung

Back to List