Zu viele Grenzgängerinnen und Grenzgänger. Eine Schutzklausel zum Schutze des Tessiner Arbeitsmarktes einführen

ShortId
23.4409
Id
20234409
Updated
06.03.2024 11:11
Language
de
Title
Zu viele Grenzgängerinnen und Grenzgänger. Eine Schutzklausel zum Schutze des Tessiner Arbeitsmarktes einführen
AdditionalIndexing
08;44;2811
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Auch die jüngste Erhebung des Bundesamts für Statistik zeigt, dass die Zahl der Grenzgängerinnen und Grenzgänger im Tessin zugenommen hat; mittlerweile liegt sie bei 80&nbsp;000.&nbsp;</p><p>Es ist offensichtlich, dass eine solche Zahl bei einer Bevölkerung von rund 350&nbsp;000 Einwohnerinnen und Einwohner völlig unverhältnismässig ist und in keiner Weise den «Bedürfnissen der Wirtschaft» entspricht. Im Dienstleistungssektor ist eine explosionsartige Zunahme der Grenzgängerinnen und Grenzgänger erkennbar: Vor der Personenfreizügigkeit waren in diesem Sektor etwa 10&nbsp;000 Personen mit einem Ausweis G tätig, heute sind es fünfmal so viel.</p><p>Ähnliche Zahlen belegen, wenn es noch mehr Beweise braucht, die Nutzlosigkeit des «Inländervorrangs light», die aber geplant und gewollt war.</p><p><span style="background-color:white;color:black;">Italien versucht mit verschiedenen Massnahmen, die Abwanderung ins Tessin von Personen mit bestimmten Berufsprofilen zu verhindern, insbesondere im Pflegebereich.</span></p><p><span style="background-color:white;color:black;">Auf Bundesebene ist hingegen ein allgemeines Desinteresse bezüglich der Situation auf dem Tessiner Arbeitsmarkt festzustellen. Der Bundesrat versteckt sich hinter den Statistiken des Staatsekretariats für Wirtschaft über die Arbeitslosigkeit, die nur die Zahl der Arbeitslosen, die bei den regionalen Arbeitsvermittlungszentren gemeldet sind, enthalten, wodurch eine verzerrte Wahrnehmung der Realität vor Ort entsteht.</span></p><p><span style="background-color:white;color:black;">Das kürzlich vom Bundesrat unterzeichnete Übereinkommen über Telearbeit von Grenzgängerinnen und Grenzgängern wird zu weiteren Missbräuchen und Verzerrungen führen, da das Homeoffice der Personen mit einem Ausweis G sich jeglicher Kontrolle entzieht; darunter leiden werden die einheimischen Arbeitskräfte.</span></p><p><span style="background-color:white;color:black;">Die Notwendigkeit, eine Schutzklausel zum Schutz des Tessiner Arbeitsmarkts auszuarbeiten, ist daher ein aktuelles Thema und liegt im Interesse der schweizerischen und der italienischen Grenzregionen: Ein Austausch zu diesem Thema, insbesondere mit der Lombardei, ist gewiss möglich und notwendig.</span></p>
  • <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Die Einführung einer Schutzklausel gegenüber Grenzgängerinnen und Grenzgängern würde dem Freizügigkeitsabkommen (FZA, SR 0.142.112.681) widersprechen, da eine Einschrän-kung ihrer Rechte aus wirtschaftlichen Gründen nicht zulässig ist (vgl. Art. 4 FZA i. V. m. Art. 5 Anhang I FZA). </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Der Bundesrat ist sich der wachsenden Anzahl Grenzgängerinnen und Grenzgänger im Tes-sin bewusst. Er ist sich auch bewusst, dass wegen der Alterung der Schweizer Bevölkerung ein zunehmender Bedarf an ausländischen Arbeitskräften besteht. Das Tessin ist von dieser Entwicklung besonders betroffen. Hier kamen im Jahr 2021 in der Altersgruppe ab 15 Jahren auf 136 171 nicht erwerbstätige Personen lediglich 165 044 Erwerbstätige (einschliesslich Arbeitslose). </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Im Jahr 2021 beaufragte der Bundesrat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) – im Hinblick auf die weitere Umsetzung der Motion 16.4151 </span><span style="font-family:Arial; font-style:italic">Monitoring über die Wir-kung der Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative</span><span style="font-family:Arial"> und des gesetzlichen Auftrags nach Artikel 21a Absatz 8 des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG, SR 142.20) –, in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und For-schung (WBF) und unter Einbezug der Kantone und Sozialpartner bis Ende März 2024 eine Gesamtschau zu den bereits ergriffenen Massnahmen zu erarbeiten. Daher ist es noch zu früh, die Wirkung von Artikel 21a AIG zu beurteilen. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Die von der Schweizer Finanzministerin und dem italienischen Wirtschafts- und Finanzminis-ter am 10. November 2023 unterzeichnete Erklärung sieht vor, dass alle Grenzgängerinnen und Grenzgänger – im Sinne des Abkommens vom 23. Dezember 2020 zwischen der Schweiz und Italien über die Besteuerung der Grenzgängerinnen und Grenzgänger (SR 0.642.045.43) – ab dem 1. Januar 2024 bis zu 25 Prozent ihrer Arbeitszeit im Homeoffice leisten dürfen, ohne dass sich dies auf den Staat, der die Einkünfte aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit besteuern darf, oder auf den Grenzgängerstatus auswirkt. Der Grossteil der Arbeit muss also in der Schweiz verrichtet werden. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Durch das genannte Abkommen über die Besteuerung der Grenzgängerinnen und Grenzgänger, das von den Schweizer Behörden gewünscht und in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden der Kantone und insbesondere des Tessins erarbeitet worden ist, wird der Grenzgängerstatus in steuerlicher Hinsicht zunehmend an Attraktivität verlieren. Denn mit dem neuen Abkommen behält die Schweiz 80 Prozent der regulären Quellensteuer auf dem Einkommen von Grenzgängerinnen und Grenzgängern, die seit dem 17. Juli 2023 in den Arbeitsmarkt eingetreten sind. Diese werden auch in Italien ordentlich besteuert, wobei eine Doppelbesteuerung vermieden wird. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Aus all diesen Gründen erachtet der Bundesrat eine Schutzklausel für den Kanton Tessin derzeit als nicht angebracht.</span></p></div><br><br>Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, eine Schutzklausel zum Schutze des Tessiner Arbeitsmarktes auszuarbeiten und einzuführen, um dem stetigen Zuwachs an Grenzgängerinnen und Grenzgänger entgegenzuwirken, der schon zu lange untragbar für den Arbeitsmarkt und das soziale Gefüge im Kanton Tessin ist.</p>
  • Zu viele Grenzgängerinnen und Grenzgänger. Eine Schutzklausel zum Schutze des Tessiner Arbeitsmarktes einführen
State
Stellungnahme zum Vorstoss liegt vor
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Auch die jüngste Erhebung des Bundesamts für Statistik zeigt, dass die Zahl der Grenzgängerinnen und Grenzgänger im Tessin zugenommen hat; mittlerweile liegt sie bei 80&nbsp;000.&nbsp;</p><p>Es ist offensichtlich, dass eine solche Zahl bei einer Bevölkerung von rund 350&nbsp;000 Einwohnerinnen und Einwohner völlig unverhältnismässig ist und in keiner Weise den «Bedürfnissen der Wirtschaft» entspricht. Im Dienstleistungssektor ist eine explosionsartige Zunahme der Grenzgängerinnen und Grenzgänger erkennbar: Vor der Personenfreizügigkeit waren in diesem Sektor etwa 10&nbsp;000 Personen mit einem Ausweis G tätig, heute sind es fünfmal so viel.</p><p>Ähnliche Zahlen belegen, wenn es noch mehr Beweise braucht, die Nutzlosigkeit des «Inländervorrangs light», die aber geplant und gewollt war.</p><p><span style="background-color:white;color:black;">Italien versucht mit verschiedenen Massnahmen, die Abwanderung ins Tessin von Personen mit bestimmten Berufsprofilen zu verhindern, insbesondere im Pflegebereich.</span></p><p><span style="background-color:white;color:black;">Auf Bundesebene ist hingegen ein allgemeines Desinteresse bezüglich der Situation auf dem Tessiner Arbeitsmarkt festzustellen. Der Bundesrat versteckt sich hinter den Statistiken des Staatsekretariats für Wirtschaft über die Arbeitslosigkeit, die nur die Zahl der Arbeitslosen, die bei den regionalen Arbeitsvermittlungszentren gemeldet sind, enthalten, wodurch eine verzerrte Wahrnehmung der Realität vor Ort entsteht.</span></p><p><span style="background-color:white;color:black;">Das kürzlich vom Bundesrat unterzeichnete Übereinkommen über Telearbeit von Grenzgängerinnen und Grenzgängern wird zu weiteren Missbräuchen und Verzerrungen führen, da das Homeoffice der Personen mit einem Ausweis G sich jeglicher Kontrolle entzieht; darunter leiden werden die einheimischen Arbeitskräfte.</span></p><p><span style="background-color:white;color:black;">Die Notwendigkeit, eine Schutzklausel zum Schutz des Tessiner Arbeitsmarkts auszuarbeiten, ist daher ein aktuelles Thema und liegt im Interesse der schweizerischen und der italienischen Grenzregionen: Ein Austausch zu diesem Thema, insbesondere mit der Lombardei, ist gewiss möglich und notwendig.</span></p>
    • <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Die Einführung einer Schutzklausel gegenüber Grenzgängerinnen und Grenzgängern würde dem Freizügigkeitsabkommen (FZA, SR 0.142.112.681) widersprechen, da eine Einschrän-kung ihrer Rechte aus wirtschaftlichen Gründen nicht zulässig ist (vgl. Art. 4 FZA i. V. m. Art. 5 Anhang I FZA). </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Der Bundesrat ist sich der wachsenden Anzahl Grenzgängerinnen und Grenzgänger im Tes-sin bewusst. Er ist sich auch bewusst, dass wegen der Alterung der Schweizer Bevölkerung ein zunehmender Bedarf an ausländischen Arbeitskräften besteht. Das Tessin ist von dieser Entwicklung besonders betroffen. Hier kamen im Jahr 2021 in der Altersgruppe ab 15 Jahren auf 136 171 nicht erwerbstätige Personen lediglich 165 044 Erwerbstätige (einschliesslich Arbeitslose). </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Im Jahr 2021 beaufragte der Bundesrat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) – im Hinblick auf die weitere Umsetzung der Motion 16.4151 </span><span style="font-family:Arial; font-style:italic">Monitoring über die Wir-kung der Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative</span><span style="font-family:Arial"> und des gesetzlichen Auftrags nach Artikel 21a Absatz 8 des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG, SR 142.20) –, in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und For-schung (WBF) und unter Einbezug der Kantone und Sozialpartner bis Ende März 2024 eine Gesamtschau zu den bereits ergriffenen Massnahmen zu erarbeiten. Daher ist es noch zu früh, die Wirkung von Artikel 21a AIG zu beurteilen. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Die von der Schweizer Finanzministerin und dem italienischen Wirtschafts- und Finanzminis-ter am 10. November 2023 unterzeichnete Erklärung sieht vor, dass alle Grenzgängerinnen und Grenzgänger – im Sinne des Abkommens vom 23. Dezember 2020 zwischen der Schweiz und Italien über die Besteuerung der Grenzgängerinnen und Grenzgänger (SR 0.642.045.43) – ab dem 1. Januar 2024 bis zu 25 Prozent ihrer Arbeitszeit im Homeoffice leisten dürfen, ohne dass sich dies auf den Staat, der die Einkünfte aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit besteuern darf, oder auf den Grenzgängerstatus auswirkt. Der Grossteil der Arbeit muss also in der Schweiz verrichtet werden. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Durch das genannte Abkommen über die Besteuerung der Grenzgängerinnen und Grenzgänger, das von den Schweizer Behörden gewünscht und in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden der Kantone und insbesondere des Tessins erarbeitet worden ist, wird der Grenzgängerstatus in steuerlicher Hinsicht zunehmend an Attraktivität verlieren. Denn mit dem neuen Abkommen behält die Schweiz 80 Prozent der regulären Quellensteuer auf dem Einkommen von Grenzgängerinnen und Grenzgängern, die seit dem 17. Juli 2023 in den Arbeitsmarkt eingetreten sind. Diese werden auch in Italien ordentlich besteuert, wobei eine Doppelbesteuerung vermieden wird. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Aus all diesen Gründen erachtet der Bundesrat eine Schutzklausel für den Kanton Tessin derzeit als nicht angebracht.</span></p></div><br><br>Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, eine Schutzklausel zum Schutze des Tessiner Arbeitsmarktes auszuarbeiten und einzuführen, um dem stetigen Zuwachs an Grenzgängerinnen und Grenzgänger entgegenzuwirken, der schon zu lange untragbar für den Arbeitsmarkt und das soziale Gefüge im Kanton Tessin ist.</p>
    • Zu viele Grenzgängerinnen und Grenzgänger. Eine Schutzklausel zum Schutze des Tessiner Arbeitsmarktes einführen

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