Für einen Bericht über die Machbarkeit und Zweckmässigkeit einer obligatorischen eidgenössischen Krankentaggeldversicherung (EO) für Arbeitslose

ShortId
23.4474
Id
20234474
Updated
05.03.2024 15:15
Language
de
Title
Für einen Bericht über die Machbarkeit und Zweckmässigkeit einer obligatorischen eidgenössischen Krankentaggeldversicherung (EO) für Arbeitslose
AdditionalIndexing
2836;44
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Nach Schweizer Recht ist die EO bei Krankheit nicht obligatorisch. Sie ist darüber hinaus in zwei Gesetzen geregelt. Auf der einen Seite im Bundesgesetz über die Krankenversicherung, die eine Sozialversicherung ist, und auf der anderen Seite im Versicherungsvertragsgesetz, das zum Privatrecht gehört.</p><p>Dieses System mit zwei Versicherungen, die sich hinsichtlich der Bedingungen und Leistungen unterscheiden, erschwert das Verständnis für die Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller und schafft Lücken im Schutz eines Teils der Bevölkerung, insbesondere der sozial schwachen Gruppen, zu denen auch Arbeitslose gehören.</p><p>Während Personen, die Arbeitslosengeld beziehen, automatisch bei der Suva gegen Unfall versichert sind, und zwar mit einer Deckung, die 31 Tage nach dem Tag endet, an dem der Anspruch auf Arbeitslosengeld endet (z. B. wegen Aussteuerung), ist dies bei Krankheit nicht der Fall.</p><p>Für eine Person, die als arbeitslos gemeldet ist und nicht die finanzielle Möglichkeit hat, eine eigene Versicherung abzuschliessen, ist das Problem besonders heikel. Wenn diese Person zusätzlich zur Arbeitslosigkeit eine Krankheit erleidet, die zu Arbeitsunfähigkeit führt, wird die Arbeitslosenunterstützung bereits nach 30 Tagen eingestellt (Art. 28 AVIG).</p><p>Wenn das Gesuch um Unterstützung durch die Invalidenversicherung (IV) nicht angenommen wird oder auf seine Bearbeitung wartet, bleibt der Gang zur Sozialhilfe die einzige Möglichkeit, um das Existenzminimum zu sichern. Bei langwierigen Krankheiten stellen finanzielle Schwierigkeiten zudem eine zusätzliche Belastung dar, die den Heilungsprozess nicht erleichtert und die Gesundheitskosten direkt in die Höhe treibt.</p><p>Durch diese Deckungslücke werden der Sozialhilfe unnötigerweise Kosten aufgebürdet, die eigentlich von Arbeitgebern und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder aber von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder von Arbeitslosen allein solidarisch getragen werden sollten.</p><p>Wenn sich das Parlament und der Bundesrat seit mehr als dreissig Jahren systematisch weigern, ein Gesetz über eine obligatorische Krankentaggeldversicherung für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erlassen, wäre die Überlegung für eine auf Arbeitslose beschränkte Umsetzung bereits ein deutlicher und nützlicher Schritt nach vorn.</p>
  • <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:6pt; line-height:150%; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Wie der Bundesrat am 23. Februar 2022 zum gleich lautenden Postulat 21.4607 Amoos ausgeführt hat, kann der Erwerbsausfall bei Krankheit nach dem Krankenversicherungsgesetz (KVG; SR 832.10) und nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG; SR 221.229.1) freiwillig versichert werden. In der Praxis werden heute rund 95 Prozent aller Verträge nach dem VVG abgeschlossen. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:6pt; line-height:150%; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Das vorliegende Postulat verlangt einen Bericht über die Machbarkeit und Zweckmässigkeit einer obligatorischen Krankentaggeldversicherung für arbeitslose Personen. Der Bundesrat hat sich bereits in der Vergangenheit mit der Problematik des Erwerbsausfalls von kranken arbeitslosen Personen befasst (vgl. z.B. Stellungnahme des Bundesrates vom 3. Juni 2004 zum Postulat 04.3274 Rennwald «Verbesserung der Situation von kranken Arbeitslosen»). In seinem Bericht in Erfüllung des Postulats 01.3643 der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates «Erwerbsersatzordnung im Krankheitsfall» hat er verschiedene Lösungsansätze für die Einführung einer Krankentaggeldversicherung für arbeitslose Personen geprüft. Er kam damals zum Schluss, dass eine obligatorische Lösung nicht zweckmässig und mit unverhältnismässig hohen Kosten verbunden wäre. So zeigte der Bericht auf, dass weniger als 0,5</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">Prozent der Bezügerinnen und Bezüger von Arbeitslosenentschädigungen die ihnen gesetzlich zustehenden maximalen Taggelder ausschöpften. Um die mit einer obligatorischen Bundesversicherung verbundenen Kosten zu decken, wäre gemäss Bericht ein Beitragssatz von 5 bis 10</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">Prozent der Arbeitslosenentschädigung nötig</span><span style="font-family:Arial; color:#ff0000">. </span><span style="font-family:Arial; -aw-import:spaces">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial"> </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:6pt; line-height:150%; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Der Bundesrat bleibt aufgrund der obgennanten Gründe nach wie vor skeptisch gegenüber einer obligatorischen Krankentaggeldversicherung für arbeitslose Personen. </span><span style="font-family:Arial; -aw-import:spaces">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">Er geht auch davon aus, dass die notwendigen Erhebungen für die Erstellung des geforderten Berichtes einen erheblichen finanziellen und personellen Aufwand generieren würden. Dies, da die gewünschten Zahlen der Sozialhilfekosten nicht bundesweit erhoben und Unterstützungsleistungen sowohl auf Kantons- wie auf Gemeindeebene entrichtet werden. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:6pt; line-height:150%; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Hinzu kommt, dass der Nationalrat am 14. September 2023 die Motion Romano 21.4209 «Obligatorium für eine Krankentaggeldversicherung» angenommen hat. Der Ausgang der weiteren Beratungen ist offen. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:6pt; line-height:150%; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Aus den obigen Gründen lehnt der Bundesrat im jetzigen Zeitpunkt das Erstellen eines Berichts im Sinne des Postulates ab. </span></p></div><br><br>Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament einen Bericht zu unterbreiten, in dem er darlegt, ob die Einführung einer obligatorischen eidgenössischen Krankentaggeldversicherung (EO) für Arbeitslose machbar und sinnvoll wäre, wie hoch die geschätzten Kosten und der Beitragssatz wären, der von Arbeitgebern und Arbeitnehmerinnen oder aber allein von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder aber allein von Arbeitslosen finanziert werden soll.</p><p>Der Bericht soll zudem die Sozialhilfekosten darstellen, die über mehrere Jahre Gemeinden, Kantonen und Bund durch Arbeitslose mit krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit entstanden sind und entstehen.</p><p>Schliesslich soll der Bericht die Taggelder (Anzahl und Frankenbetrag) beziffern, die in den letzten Jahren innerhalb der für den Zeitraum des Krankentaggeldbezugs geltenden Rahmenfristen nicht ausgezahlt wurden.</p>
  • Für einen Bericht über die Machbarkeit und Zweckmässigkeit einer obligatorischen eidgenössischen Krankentaggeldversicherung (EO) für Arbeitslose
State
Stellungnahme zum Vorstoss liegt vor
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Nach Schweizer Recht ist die EO bei Krankheit nicht obligatorisch. Sie ist darüber hinaus in zwei Gesetzen geregelt. Auf der einen Seite im Bundesgesetz über die Krankenversicherung, die eine Sozialversicherung ist, und auf der anderen Seite im Versicherungsvertragsgesetz, das zum Privatrecht gehört.</p><p>Dieses System mit zwei Versicherungen, die sich hinsichtlich der Bedingungen und Leistungen unterscheiden, erschwert das Verständnis für die Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller und schafft Lücken im Schutz eines Teils der Bevölkerung, insbesondere der sozial schwachen Gruppen, zu denen auch Arbeitslose gehören.</p><p>Während Personen, die Arbeitslosengeld beziehen, automatisch bei der Suva gegen Unfall versichert sind, und zwar mit einer Deckung, die 31 Tage nach dem Tag endet, an dem der Anspruch auf Arbeitslosengeld endet (z. B. wegen Aussteuerung), ist dies bei Krankheit nicht der Fall.</p><p>Für eine Person, die als arbeitslos gemeldet ist und nicht die finanzielle Möglichkeit hat, eine eigene Versicherung abzuschliessen, ist das Problem besonders heikel. Wenn diese Person zusätzlich zur Arbeitslosigkeit eine Krankheit erleidet, die zu Arbeitsunfähigkeit führt, wird die Arbeitslosenunterstützung bereits nach 30 Tagen eingestellt (Art. 28 AVIG).</p><p>Wenn das Gesuch um Unterstützung durch die Invalidenversicherung (IV) nicht angenommen wird oder auf seine Bearbeitung wartet, bleibt der Gang zur Sozialhilfe die einzige Möglichkeit, um das Existenzminimum zu sichern. Bei langwierigen Krankheiten stellen finanzielle Schwierigkeiten zudem eine zusätzliche Belastung dar, die den Heilungsprozess nicht erleichtert und die Gesundheitskosten direkt in die Höhe treibt.</p><p>Durch diese Deckungslücke werden der Sozialhilfe unnötigerweise Kosten aufgebürdet, die eigentlich von Arbeitgebern und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder aber von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder von Arbeitslosen allein solidarisch getragen werden sollten.</p><p>Wenn sich das Parlament und der Bundesrat seit mehr als dreissig Jahren systematisch weigern, ein Gesetz über eine obligatorische Krankentaggeldversicherung für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erlassen, wäre die Überlegung für eine auf Arbeitslose beschränkte Umsetzung bereits ein deutlicher und nützlicher Schritt nach vorn.</p>
    • <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:6pt; line-height:150%; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Wie der Bundesrat am 23. Februar 2022 zum gleich lautenden Postulat 21.4607 Amoos ausgeführt hat, kann der Erwerbsausfall bei Krankheit nach dem Krankenversicherungsgesetz (KVG; SR 832.10) und nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG; SR 221.229.1) freiwillig versichert werden. In der Praxis werden heute rund 95 Prozent aller Verträge nach dem VVG abgeschlossen. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:6pt; line-height:150%; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Das vorliegende Postulat verlangt einen Bericht über die Machbarkeit und Zweckmässigkeit einer obligatorischen Krankentaggeldversicherung für arbeitslose Personen. Der Bundesrat hat sich bereits in der Vergangenheit mit der Problematik des Erwerbsausfalls von kranken arbeitslosen Personen befasst (vgl. z.B. Stellungnahme des Bundesrates vom 3. Juni 2004 zum Postulat 04.3274 Rennwald «Verbesserung der Situation von kranken Arbeitslosen»). In seinem Bericht in Erfüllung des Postulats 01.3643 der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates «Erwerbsersatzordnung im Krankheitsfall» hat er verschiedene Lösungsansätze für die Einführung einer Krankentaggeldversicherung für arbeitslose Personen geprüft. Er kam damals zum Schluss, dass eine obligatorische Lösung nicht zweckmässig und mit unverhältnismässig hohen Kosten verbunden wäre. So zeigte der Bericht auf, dass weniger als 0,5</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">Prozent der Bezügerinnen und Bezüger von Arbeitslosenentschädigungen die ihnen gesetzlich zustehenden maximalen Taggelder ausschöpften. Um die mit einer obligatorischen Bundesversicherung verbundenen Kosten zu decken, wäre gemäss Bericht ein Beitragssatz von 5 bis 10</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">Prozent der Arbeitslosenentschädigung nötig</span><span style="font-family:Arial; color:#ff0000">. </span><span style="font-family:Arial; -aw-import:spaces">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial"> </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:6pt; line-height:150%; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Der Bundesrat bleibt aufgrund der obgennanten Gründe nach wie vor skeptisch gegenüber einer obligatorischen Krankentaggeldversicherung für arbeitslose Personen. </span><span style="font-family:Arial; -aw-import:spaces">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">Er geht auch davon aus, dass die notwendigen Erhebungen für die Erstellung des geforderten Berichtes einen erheblichen finanziellen und personellen Aufwand generieren würden. Dies, da die gewünschten Zahlen der Sozialhilfekosten nicht bundesweit erhoben und Unterstützungsleistungen sowohl auf Kantons- wie auf Gemeindeebene entrichtet werden. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:6pt; line-height:150%; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Hinzu kommt, dass der Nationalrat am 14. September 2023 die Motion Romano 21.4209 «Obligatorium für eine Krankentaggeldversicherung» angenommen hat. Der Ausgang der weiteren Beratungen ist offen. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:6pt; line-height:150%; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Aus den obigen Gründen lehnt der Bundesrat im jetzigen Zeitpunkt das Erstellen eines Berichts im Sinne des Postulates ab. </span></p></div><br><br>Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament einen Bericht zu unterbreiten, in dem er darlegt, ob die Einführung einer obligatorischen eidgenössischen Krankentaggeldversicherung (EO) für Arbeitslose machbar und sinnvoll wäre, wie hoch die geschätzten Kosten und der Beitragssatz wären, der von Arbeitgebern und Arbeitnehmerinnen oder aber allein von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder aber allein von Arbeitslosen finanziert werden soll.</p><p>Der Bericht soll zudem die Sozialhilfekosten darstellen, die über mehrere Jahre Gemeinden, Kantonen und Bund durch Arbeitslose mit krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit entstanden sind und entstehen.</p><p>Schliesslich soll der Bericht die Taggelder (Anzahl und Frankenbetrag) beziffern, die in den letzten Jahren innerhalb der für den Zeitraum des Krankentaggeldbezugs geltenden Rahmenfristen nicht ausgezahlt wurden.</p>
    • Für einen Bericht über die Machbarkeit und Zweckmässigkeit einer obligatorischen eidgenössischen Krankentaggeldversicherung (EO) für Arbeitslose

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