Big Tech. Missbrauch von Marktmacht gegenüber KMU und Spitälern
- ShortId
-
23.4513
- Id
-
20234513
- Updated
-
15.02.2024 09:15
- Language
-
de
- Title
-
Big Tech. Missbrauch von Marktmacht gegenüber KMU und Spitälern
- AdditionalIndexing
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15;2841;32;34
- 1
-
- PriorityCouncil1
-
Nationalrat
- Texts
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- <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Vor dem Hintergrund der Vertragsfreiheit steht es generell jedem Unternehmen frei, seine Vertriebs- und Preispolitik nach eigenem Belieben zu gestalten. Dabei darf ein Unternehmen grundsätzlich auch Preis- und Konditionendifferenzierung betreiben, sofern dem keine gesetzliche Regelung entgegensteht. Neben dem allgemeinen Vertragsrecht, können sektorspezifische Regulierungen oder das Kartellrecht der Vertragsfreiheit der Unternehmen Grenzen setzen. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Das Kartellrecht gilt dabei insbesondere für alle in der Schweiz tätigen Unternehmen gleichermassen und erfasst somit auch die im Wortlaut der Interpellation genannten Unternehmen. Das Kartellgesetz (KG; SR 251) kennt kein allgemeines Diskriminierungsverbot. Eine Preis- oder Konditionendiskriminierung kann allerdings kartellrechtlich unzulässig sein, wenn sie von einem marktbeherrschenden oder relativ marktmächtigen Unternehmen ausgeht. Das Instrument der relativen Marktmacht wurde erst Anfang 2022 explizit ins KG aufgenommen (AS 2021 576). Damit hat der Gesetzgeber neue kartellrechtliche Eingriffsmöglichkeiten geschaffen für Fälle, in denen Unternehmen von anderen Unternehmen abhängig sind, auch wenn letztere nicht marktbeherrschend sind. Im Rahmen dieser Gesetzesrevision wurde darüber hinaus ein neues Regelbeispiel in Art. 7 Abs. 2 Bst. g KG aufgenommen, wonach ein Missbrauch einer marktbeherrschenden oder relativ marktmächtigen Stellung vorliegen kann, wenn Nachfrager in der Möglichkeit eingeschränkt werden, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen. Gemäss Art. 7 KG ist hierbei allerdings stets eine Einzelfallbetrachtung erforderlich. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Liegt ein mutmasslicher Verstoss gegen das Kartellrecht vor, können die Betroffenen eine Anzeige bei der WEKO einreichen. Dementsprechend untersucht das Sekretariat der WEKO namentlich derzeit im Rahmen einer Marktbeobachtung, ob im Zusammenhang mit der Vergabe von Lizenzen einer Softwareanbieterin an Universitätsspitäler ein mögliches Problem des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung oder von relativer Marktmacht vorliegt.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Zudem besteht für Unternehmen die Möglichkeit eines kartellzivilrechtlichen Vorgehens. Im Rahmen der laufenden Teilrevision des Kartellgesetzes (BBl 2023 1463) schlägt der Bundesrat unter anderem Verbesserungen des Kartellzivilrechtes vor. Diese sollen die zivilrechtliche Rechtsdurchsetzung vereinfachen, was auch für die vorliegend skizzierten Konstellationen von Bedeutung sein kann. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Im Ergebnis sind nach Ansicht des Bundesrates derzeit keine weiteren Anpassungen der kartellrechtlichen Regelungen erforderlich. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Darüber hinaus kann abschliessend angemerkt werden, dass nicht nur das KG bei marktmächtigen Unternehmen, welche ihre Stellung auf dem Markt missbrauchen, indem sie den Wettbewerb behindern, greift, sondern das Preisüberwachungsgesetz (PüG; SR 942.20) gerade dann zur Anwendung kommt, wenn eben der Wettbwerb nicht wirksam ist (Art. 12 PüG). Nicht zuletzt die beim PüG tiefer angelegte Eingriffsschwelle – Marktmacht genügt – hat dazu geführt, dass der Preisüberwacher auf dem Gebiet der (Medizinal-)Software entsprechend auch schon tätig geworden ist.</span></p></div>
- <p>Schweizer KMUs und Spitäler sind im Tech-Bereich im wesentlichen Umfang von wenigen Dienstleistungsanbieterinnen abhängig. Darunter befinden sich die diversen Cloud-Produkte des US-Unternehmen <i>Microsoft</i>. Der Presse ist zu entnehmen, dass Microsoft die Lizenzkonditionen beispielsweise gegenüber Schweizer Universitätsspitälern drastisch anhebt und weiter anzuheben gedenkt. Dies ist insbesondere aufgrund der sonst schon steigenden Gesundheitskosten befremdlich. Im Deutschen Kartellrecht kann die Wettbewerbsbehörde feststellen, dass die GAMAM (Google, Amazon, Microsoft, Apple und Meta) über eine „überragende marktübergreifende Bedeutung“ verfügen und damit automatisch der Missbrauchsaufsicht unterstehen.</p><p> </p><p>Ich bitte den Bundesrat in diesem Kontext zur Markmacht der GAMAM um die Beantwortung folgender Fragen:</p><p>1. Reicht das bestehende kartellrechtliche Instrumentarium um sicherzustellen, dass Big Tech die Unternehmen in der Schweiz zu den gleichen Konditionen beliefert wie Unternehmen in der EU?</p><p>2. Wie stellt der Bundesrat sicher, dass Schweizer Universitätsspitäler von Microsoft oder anderen grossen Softwareanbietern bei den Lizenzgebühren gegenüber ausländischen, namentlich deutschen Universitätsspitälern, nicht diskriminiert werden?</p><p>3. Braucht es eine Gesetzesanpassung bei der laufenden KG-Revision oder sind die bestehenden Gesetze ausreichend?</p>
- Big Tech. Missbrauch von Marktmacht gegenüber KMU und Spitälern
- State
-
Stellungnahme zum Vorstoss liegt vor
- Related Affairs
-
- Drafts
-
-
- Index
- 0
- Texts
-
- <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Vor dem Hintergrund der Vertragsfreiheit steht es generell jedem Unternehmen frei, seine Vertriebs- und Preispolitik nach eigenem Belieben zu gestalten. Dabei darf ein Unternehmen grundsätzlich auch Preis- und Konditionendifferenzierung betreiben, sofern dem keine gesetzliche Regelung entgegensteht. Neben dem allgemeinen Vertragsrecht, können sektorspezifische Regulierungen oder das Kartellrecht der Vertragsfreiheit der Unternehmen Grenzen setzen. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Das Kartellrecht gilt dabei insbesondere für alle in der Schweiz tätigen Unternehmen gleichermassen und erfasst somit auch die im Wortlaut der Interpellation genannten Unternehmen. Das Kartellgesetz (KG; SR 251) kennt kein allgemeines Diskriminierungsverbot. Eine Preis- oder Konditionendiskriminierung kann allerdings kartellrechtlich unzulässig sein, wenn sie von einem marktbeherrschenden oder relativ marktmächtigen Unternehmen ausgeht. Das Instrument der relativen Marktmacht wurde erst Anfang 2022 explizit ins KG aufgenommen (AS 2021 576). Damit hat der Gesetzgeber neue kartellrechtliche Eingriffsmöglichkeiten geschaffen für Fälle, in denen Unternehmen von anderen Unternehmen abhängig sind, auch wenn letztere nicht marktbeherrschend sind. Im Rahmen dieser Gesetzesrevision wurde darüber hinaus ein neues Regelbeispiel in Art. 7 Abs. 2 Bst. g KG aufgenommen, wonach ein Missbrauch einer marktbeherrschenden oder relativ marktmächtigen Stellung vorliegen kann, wenn Nachfrager in der Möglichkeit eingeschränkt werden, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen. Gemäss Art. 7 KG ist hierbei allerdings stets eine Einzelfallbetrachtung erforderlich. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Liegt ein mutmasslicher Verstoss gegen das Kartellrecht vor, können die Betroffenen eine Anzeige bei der WEKO einreichen. Dementsprechend untersucht das Sekretariat der WEKO namentlich derzeit im Rahmen einer Marktbeobachtung, ob im Zusammenhang mit der Vergabe von Lizenzen einer Softwareanbieterin an Universitätsspitäler ein mögliches Problem des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung oder von relativer Marktmacht vorliegt.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Zudem besteht für Unternehmen die Möglichkeit eines kartellzivilrechtlichen Vorgehens. Im Rahmen der laufenden Teilrevision des Kartellgesetzes (BBl 2023 1463) schlägt der Bundesrat unter anderem Verbesserungen des Kartellzivilrechtes vor. Diese sollen die zivilrechtliche Rechtsdurchsetzung vereinfachen, was auch für die vorliegend skizzierten Konstellationen von Bedeutung sein kann. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Im Ergebnis sind nach Ansicht des Bundesrates derzeit keine weiteren Anpassungen der kartellrechtlichen Regelungen erforderlich. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Darüber hinaus kann abschliessend angemerkt werden, dass nicht nur das KG bei marktmächtigen Unternehmen, welche ihre Stellung auf dem Markt missbrauchen, indem sie den Wettbewerb behindern, greift, sondern das Preisüberwachungsgesetz (PüG; SR 942.20) gerade dann zur Anwendung kommt, wenn eben der Wettbwerb nicht wirksam ist (Art. 12 PüG). Nicht zuletzt die beim PüG tiefer angelegte Eingriffsschwelle – Marktmacht genügt – hat dazu geführt, dass der Preisüberwacher auf dem Gebiet der (Medizinal-)Software entsprechend auch schon tätig geworden ist.</span></p></div>
- <p>Schweizer KMUs und Spitäler sind im Tech-Bereich im wesentlichen Umfang von wenigen Dienstleistungsanbieterinnen abhängig. Darunter befinden sich die diversen Cloud-Produkte des US-Unternehmen <i>Microsoft</i>. Der Presse ist zu entnehmen, dass Microsoft die Lizenzkonditionen beispielsweise gegenüber Schweizer Universitätsspitälern drastisch anhebt und weiter anzuheben gedenkt. Dies ist insbesondere aufgrund der sonst schon steigenden Gesundheitskosten befremdlich. Im Deutschen Kartellrecht kann die Wettbewerbsbehörde feststellen, dass die GAMAM (Google, Amazon, Microsoft, Apple und Meta) über eine „überragende marktübergreifende Bedeutung“ verfügen und damit automatisch der Missbrauchsaufsicht unterstehen.</p><p> </p><p>Ich bitte den Bundesrat in diesem Kontext zur Markmacht der GAMAM um die Beantwortung folgender Fragen:</p><p>1. Reicht das bestehende kartellrechtliche Instrumentarium um sicherzustellen, dass Big Tech die Unternehmen in der Schweiz zu den gleichen Konditionen beliefert wie Unternehmen in der EU?</p><p>2. Wie stellt der Bundesrat sicher, dass Schweizer Universitätsspitäler von Microsoft oder anderen grossen Softwareanbietern bei den Lizenzgebühren gegenüber ausländischen, namentlich deutschen Universitätsspitälern, nicht diskriminiert werden?</p><p>3. Braucht es eine Gesetzesanpassung bei der laufenden KG-Revision oder sind die bestehenden Gesetze ausreichend?</p>
- Big Tech. Missbrauch von Marktmacht gegenüber KMU und Spitälern
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