Elektronische Überwachung. Zwischenbilanz und Verbesserungsmassnahmen

ShortId
24.3670
Id
20243670
Updated
22.08.2024 08:18
Language
de
Title
Elektronische Überwachung. Zwischenbilanz und Verbesserungsmassnahmen
AdditionalIndexing
1211;1216;28
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Das Bundesgesetz über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen wurde am 14. Dezember 2018 vom Nationalrat nahezu einstimmig verabschiedet.</p><p>&nbsp;</p><p>Im Zentrum der Reform steht die Möglichkeit des Gerichts, zum Schutz gegen Gewalt, Drohungen oder Nachstellungen (Art. 28b ZGB) in Verbindung mit dem Verbot, sich in einem bestimmten Umkreis der klagenden Person aufzuhalten, sich an bestimmten Orten aufzuhalten oder mit der klagenden Person Kontakt aufzunehmen, das Tragen einer elektronischen Fussfessel anzuordnen (Art. 28c ZGB). Diese neue Bestimmung ist seit dem 1<sup>. Januar </sup> 2022 in Kraft.</p><p>&nbsp;</p><p>Die elektronische Fussfessel ist ein wichtiges Instrument der bundesweiten Strategie gegen häusliche Gewalt.</p><p>&nbsp;</p><p>Allerdings geht aus den Angaben der Kantone hervor, dass sie kaum eingesetzt wird. Gewisse Kantone haben die elektronische Fussfessel noch nie angewendet. Die statistische Realität häuslicher Gewalt ergibt jedoch ein anderes Bild. Im Jahr 2023 verzeichnete die Polizei 19&nbsp;918 Straftaten im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt; 2022 waren es 19&nbsp;978. 2023 gab es 11 479 geschädigte Personen, davon 70,1 Prozent weiblichen Geschlechts. Zudem wurden 25 Tötungsdelikte verzeichnet.</p><p>&nbsp;</p><p>Es gilt daher zu prüfen, welche Massnahmen ergriffen werden können, um die geltende Regelung zu verbessern.</p>
  • <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Mit dem Bundesgesetz vom 14. Dezember 2018 über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen (AS 2019 2273) ist am 1. Juli 2022 die neue Regelung von Artikel 28</span><span style="font-family:Arial; font-style:italic">c</span><span style="font-family:Arial"> Zivilgesetzbuch (ZGB; SR 210) in Kraft getreten. Gemäss dieser Bestimmung kann das Zivilgericht auf Antrag die elektronische Überwachung eines Kontakt- oder Rayonverbots anordnen. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Wie der Bundesrat im Rahmen der parlamentarischen Beratung der Vorlage (Geschäft des Bundesrates 17.062) ausgeführt hat, ist eine Evaluation insbesondere dieser neuen Bestimmung grundsätzlich richtig und wichtig. Damit eine solche Evaluation zielführend und aussagekräftig ist, braucht es jedoch eine genügend lange Zeit der Praxis. Mit diesem Argument wurde damals im Parlament auch ein Vorschlag für eine entsprechende Gesetzesbestimmung abgelehnt. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><a name="_Hlk172539822"><span style="font-family:Arial">In seinem Bericht vom 27. September 2019 in Erfüllung des Postulats Arslan 19.4369 (www.admin.ch &gt; Dokumentation &gt; Medienmitteilungen &gt; Medienmitteilung des Bundesrates &gt; Medienmitteilung vom 03.12.2021 &gt; Elektronische Hilfsmittel: Bundesrat will mehr Schutz für Opfer häuslicher Gewalt &gt; Bericht des Bundesrates) untersuchte der Bundesrat bereits die Möglichkeiten der aktiven elektronischen Überwachung zu einem wirksameren Opferschutz bei häuslicher Gewalt.</span></a><span style="font-family:Arial"> Er kam zum Schluss, dass eine solche Überwachung, kombiniert mit einem dem Opfer zur Verfügung gestellten Notfallknopf, den Opferschutz verstärken kann. Der Bundesrat erachtete damals aber ein schrittweises Vorgehen als sinnvoll. Er begrüsste daher auch die Lancierung von Pilotprojekten auf kantonaler Ebene im Rahmen der Umsetzung der Roadmap zur häuslichen Gewalt von Bund und Kantonen vom 30. April 2021. Über die Umsetzung dieser Roadmap wird 2026 eine Schlussbilanz gezogen und dabei werden namentlich die Ergebnisse und Erkenntnisse aus den Kantonen zum Einsatz der elektronischen Überwachung zur Verbesserung des Opferschutzes ausgewertet. Anzufügen ist, dass die Kantone unter dem Dach des gemeinsam gegründeten Vereins Electronic Monitoring (EM) bereits bestrebt sind, gemeinschaftlich ein elektronisches Überwachungssystem zu betreiben. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Angesichts dieser bereits laufenden Arbeiten erachtet der Bundesrat derzeit weitere Prüfaufträge, insbesondere zur gewünschten Zwischenbilanz, als noch zu früh.</span></p></div><br><br>Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, einen Bericht über elektronische Fussfesseln (Art. 28c ZGB) vorzulegen, der eine Zwischenbilanz zu deren Einsatz zieht, allfällige Verbesserungsmassnahmen präsentiert und insbesondere die folgenden Fragen beantwortet:</p><ul><li>Gemäss dem Dispositionsgrundsatz (Art. 58 Abs. 1 ZPO) obliegt es der klagenden Person, die Durchführung einer Überwachung zu beantragen. Nach diesem Grundsatz darf eine solche Massnahme nicht von Amtes wegen angeordnet werden. Behindert dies die Umsetzung einer solchen Massnahme?</li><li>Während der Vorentwurf des Bundesgesetzes über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen eine aktive Echtzeitüberwachung vorsah, bei der eine Überwachungszentrale die Standortdaten der überwachten Person rund um die Uhr auswertet, sieht die endgültige Fassung nur eine passive Überwachung vor. Dies lässt kein sofortiges Eingreifen der Polizei zu. Behindert dies die Umsetzung der elektronischen Überwachung auch? Würde die aktive Überwachung das Überwachungssystem sicherer und glaubwürdiger machen? Würde so die Nutzung der elektronischen Fussfessel gefördert?</li><li>Die Praxis hat die Zurückhaltung gewisser Behörden bei der Umsetzung dieser Grundsätze gezeigt. Ist das ein Grund für die geringe Nutzung der Fussfessel? Wie kann der Einsatz der Fussfessel gefördert werden?</li></ul>
  • Elektronische Überwachung. Zwischenbilanz und Verbesserungsmassnahmen
State
Stellungnahme zum Vorstoss liegt vor
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Das Bundesgesetz über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen wurde am 14. Dezember 2018 vom Nationalrat nahezu einstimmig verabschiedet.</p><p>&nbsp;</p><p>Im Zentrum der Reform steht die Möglichkeit des Gerichts, zum Schutz gegen Gewalt, Drohungen oder Nachstellungen (Art. 28b ZGB) in Verbindung mit dem Verbot, sich in einem bestimmten Umkreis der klagenden Person aufzuhalten, sich an bestimmten Orten aufzuhalten oder mit der klagenden Person Kontakt aufzunehmen, das Tragen einer elektronischen Fussfessel anzuordnen (Art. 28c ZGB). Diese neue Bestimmung ist seit dem 1<sup>. Januar </sup> 2022 in Kraft.</p><p>&nbsp;</p><p>Die elektronische Fussfessel ist ein wichtiges Instrument der bundesweiten Strategie gegen häusliche Gewalt.</p><p>&nbsp;</p><p>Allerdings geht aus den Angaben der Kantone hervor, dass sie kaum eingesetzt wird. Gewisse Kantone haben die elektronische Fussfessel noch nie angewendet. Die statistische Realität häuslicher Gewalt ergibt jedoch ein anderes Bild. Im Jahr 2023 verzeichnete die Polizei 19&nbsp;918 Straftaten im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt; 2022 waren es 19&nbsp;978. 2023 gab es 11 479 geschädigte Personen, davon 70,1 Prozent weiblichen Geschlechts. Zudem wurden 25 Tötungsdelikte verzeichnet.</p><p>&nbsp;</p><p>Es gilt daher zu prüfen, welche Massnahmen ergriffen werden können, um die geltende Regelung zu verbessern.</p>
    • <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Mit dem Bundesgesetz vom 14. Dezember 2018 über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen (AS 2019 2273) ist am 1. Juli 2022 die neue Regelung von Artikel 28</span><span style="font-family:Arial; font-style:italic">c</span><span style="font-family:Arial"> Zivilgesetzbuch (ZGB; SR 210) in Kraft getreten. Gemäss dieser Bestimmung kann das Zivilgericht auf Antrag die elektronische Überwachung eines Kontakt- oder Rayonverbots anordnen. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Wie der Bundesrat im Rahmen der parlamentarischen Beratung der Vorlage (Geschäft des Bundesrates 17.062) ausgeführt hat, ist eine Evaluation insbesondere dieser neuen Bestimmung grundsätzlich richtig und wichtig. Damit eine solche Evaluation zielführend und aussagekräftig ist, braucht es jedoch eine genügend lange Zeit der Praxis. Mit diesem Argument wurde damals im Parlament auch ein Vorschlag für eine entsprechende Gesetzesbestimmung abgelehnt. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><a name="_Hlk172539822"><span style="font-family:Arial">In seinem Bericht vom 27. September 2019 in Erfüllung des Postulats Arslan 19.4369 (www.admin.ch &gt; Dokumentation &gt; Medienmitteilungen &gt; Medienmitteilung des Bundesrates &gt; Medienmitteilung vom 03.12.2021 &gt; Elektronische Hilfsmittel: Bundesrat will mehr Schutz für Opfer häuslicher Gewalt &gt; Bericht des Bundesrates) untersuchte der Bundesrat bereits die Möglichkeiten der aktiven elektronischen Überwachung zu einem wirksameren Opferschutz bei häuslicher Gewalt.</span></a><span style="font-family:Arial"> Er kam zum Schluss, dass eine solche Überwachung, kombiniert mit einem dem Opfer zur Verfügung gestellten Notfallknopf, den Opferschutz verstärken kann. Der Bundesrat erachtete damals aber ein schrittweises Vorgehen als sinnvoll. Er begrüsste daher auch die Lancierung von Pilotprojekten auf kantonaler Ebene im Rahmen der Umsetzung der Roadmap zur häuslichen Gewalt von Bund und Kantonen vom 30. April 2021. Über die Umsetzung dieser Roadmap wird 2026 eine Schlussbilanz gezogen und dabei werden namentlich die Ergebnisse und Erkenntnisse aus den Kantonen zum Einsatz der elektronischen Überwachung zur Verbesserung des Opferschutzes ausgewertet. Anzufügen ist, dass die Kantone unter dem Dach des gemeinsam gegründeten Vereins Electronic Monitoring (EM) bereits bestrebt sind, gemeinschaftlich ein elektronisches Überwachungssystem zu betreiben. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Angesichts dieser bereits laufenden Arbeiten erachtet der Bundesrat derzeit weitere Prüfaufträge, insbesondere zur gewünschten Zwischenbilanz, als noch zu früh.</span></p></div><br><br>Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, einen Bericht über elektronische Fussfesseln (Art. 28c ZGB) vorzulegen, der eine Zwischenbilanz zu deren Einsatz zieht, allfällige Verbesserungsmassnahmen präsentiert und insbesondere die folgenden Fragen beantwortet:</p><ul><li>Gemäss dem Dispositionsgrundsatz (Art. 58 Abs. 1 ZPO) obliegt es der klagenden Person, die Durchführung einer Überwachung zu beantragen. Nach diesem Grundsatz darf eine solche Massnahme nicht von Amtes wegen angeordnet werden. Behindert dies die Umsetzung einer solchen Massnahme?</li><li>Während der Vorentwurf des Bundesgesetzes über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen eine aktive Echtzeitüberwachung vorsah, bei der eine Überwachungszentrale die Standortdaten der überwachten Person rund um die Uhr auswertet, sieht die endgültige Fassung nur eine passive Überwachung vor. Dies lässt kein sofortiges Eingreifen der Polizei zu. Behindert dies die Umsetzung der elektronischen Überwachung auch? Würde die aktive Überwachung das Überwachungssystem sicherer und glaubwürdiger machen? Würde so die Nutzung der elektronischen Fussfessel gefördert?</li><li>Die Praxis hat die Zurückhaltung gewisser Behörden bei der Umsetzung dieser Grundsätze gezeigt. Ist das ein Grund für die geringe Nutzung der Fussfessel? Wie kann der Einsatz der Fussfessel gefördert werden?</li></ul>
    • Elektronische Überwachung. Zwischenbilanz und Verbesserungsmassnahmen

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