Die Tiere in der schweizerischen Rechtsordnung
Details
- ID
- 19990467
- Title
- Die Tiere in der schweizerischen Rechtsordnung
- Description
- InitialSituation
- <p>Ständerat Dick Marty reichte im Dezember 1999 eine Parlamentarische Initiative mit dem Titel "Die Tiere in der schweizerischen Rechtsordnung" in der Form eines ausgearbeiteten Entwurfs ein. Mit der Initiative soll das Landesrecht so geändert werden, dass Tiere durch die Gesetzgebung des Bundes nicht mehr als Sachen im Rechtssinn behandelt werden, sondern eine eigene Kategorie bilden. Damit soll der veränderten Beziehung der Bevölkerung zu Tieren Rechnung getragen werden und der rechtliche Status des Tieres verbessert werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass ein Grossteil der Bevölkerung die aus dem römischen Recht stammende Auffassung, wonach das Tier als Sache gilt, nicht mehr teilt. So stösst zum Beispiel die geltende Regelung, nach der das Verletzen eines Tieres einer Sachbeschädigung gleichgesetzt wird, auf immer weniger Verständnis. Die veränderte Haltung gegenüber dem Tier findet Ausdruck im neuen Artikel 641a des Zivilgesetzbuches (ZGB), der vorsieht, dass Tiere nurmehr als Sachen behandelt werden können, wenn keine gegenteilige Regelung besteht.</p><p>Die Parlamentarische Initiative verlangt eine Reihe von Änderungen des Zivilgesetzbuches im Bereich des Erbrechts (Art. 482 ZGB), bei Fund (Art. 720a ZGB), im Zusammenhang mit Erwerb von Eigentum an einem Tier und dessen Besitz (Art. 722, 728 und 934 ZGB) sowie mit der richterlichen Zusprechung von Eigentum oder Besitz von Tieren (Art. 651a ZGB). Daneben sollen zwei Bestimmungen des Obligationenrechts geändert werden: Die Heilungskosten für ein verletztes Tier sollen als Schaden geltend gemacht werden können (Art. 42 OR) und dem gefühlsmässigen Wert des Tieres soll bei der Festlegung des Schadens Rechnung getragen werden (Art. 43 OR). Zudem soll die Liste der Legaldefinitionen im Strafgesetzbuch dahingehend geändert werden, dass die rechtliche Unterscheidung zwischen Tier und Sache sichtbar wird (Art. 110 StGB). Schliesslich sollen Tiere in bestimmten Fällen unpfändbar sein (Art. 92 SchKG).</p><p></p><p>Der Bundesrat stimmte in seiner Stellungnahme dem Entwurf zu.</p><p>Verwandtes Geschäft: 01.028 "Für eine bessere Rechtsstellung der Tiere (Tier-Initiative)" und "Tiere sind keine Sachen!". Volksinitiativen</p>
- Objectives
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- Number
- 0
- Text
- Resolutions
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Date Council Text 20.09.2000 2 Folge gegeben
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- Number
- 1
- Text
- Zivilgesetzbuch. Obligationenrecht. Strafgesetzbuch. Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (Grundsatzartikel Tiere)
- Resolutions
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Date Council Text 06.03.2002 2 Beschluss abweichend vom Entwurf der Kommission. 18.09.2002 1 Zustimmung 04.10.2002 2 Annahme in der Schlussabstimmung 04.10.2002 1 Annahme in der Schlussabstimmung
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- Proceedings
- <p></p><p>Mit 30 gegen 3 Stimmen beschloss der <b>Ständerat</b>, der Parlamentarischen Initiative Marty Dick Folge zu geben. In der Frühjahrssession 2002 erläuterte Dick Marty (R, TI) in der kleinen Kammer, weshalb heute eine Abkehr vom römischen Recht, das Tiere einfach als Sachen behandelt, notwendig sei. Man müsse zur Kenntnis nehmen, dass die Beziehung zwischen einem Menschen und einem Haustier weit über die Beziehung hinausgehe, die ein Mensch zu einem leblosen Gegenstand haben könne. Im Gegensatz zu den beiden Volksinitiativen "Für eine bessere Rechtsstellung der Tiere (Tier-Initiative)" und "Tiere sind keine Sachen!" (01.028), sollen die entsprechenden Normen nicht in der Verfassung, sondern auf Gesetzesstufe verankert werden. Der Ständerat stimmte der (sehr leicht veränderten) Initiative Marty, die auch von Bundesrätin Ruth Metzler unterstützt wurde, einstimmig (27 Ja-Stimmen) zu. Gleichzeitig wurden die beiden Volksinitiativen einstimmig (26 Stimmen) abgelehnt. </p><p>Im <b>Nationalrat</b> wiesen die Berichterstatter Ulrich Siegrist (V, AG) und Hubert Lauper (C, FR) darauf hin, dass Tiere zwar rechtlich einen anderen Status haben müssen als die anderen dem Sachenrecht unterstellten Gegenstände; sie können aber nicht gleiche Rechtssubjekte werden wie Menschen. Gleichzeitig würde eine Verankerung des Grundsatzes, wonach Tiere keine Sachen im Rechtssinn sind, in der Verfassung einem Aspekt des Sachenrechts im Verhältnis zu den anderen Aspekten dieses Gebietes ein unverhältnismässiges Gewicht verleihen. Grösstenteils überzeugt von der vorgeschlagenen Lösung folgte die grosse Kammer dem Entscheid des Ständerates mit 96 gegen 11 Stimmen ohne Änderungen. Sie hat ebenfalls die beiden Volksinitiativen (01.028) verworfen; die Initiative "Für eine bessere Rechtsstellung der Tiere (Tier-Initiative)" mit 112 gegen 1 Stimme, die Initiative "Tiere sind keine Sachen!" mit 107 gegen 3 Stimmen. Die Initiativen wurden in der Folge von den Initianten zurückgezogen. </p>
- Updated
- 10.04.2024 13:26