Änderung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (Anpassung der Hinterlassenenrenten)

Details

ID
20240078
Title
Änderung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (Anpassung der Hinterlassenenrenten)
Description
Botschaft vom 23. Oktober 2024 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (Anpassung der Hinterlassenenrenten)
InitialSituation
<h2 class="Titel_d"><strong>Medienmitteilung des Bundesrates vom 23.10.2024</strong></h2><p class="Standard_d"><strong>Witwen- und Witwerrente der AHV: Bundesrat verabschiedet Botschaft</strong></p><p><strong>Der Bundesrat will die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen bei den AHV-Hinterlassenenrenten beseitigen und das System an die gesellschaftliche Entwicklung anpassen. An seiner Sitzung vom 23. Oktober 2024 hat er die Ergebnisse der Vernehmlassung zur Änderung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) zur Kenntnis genommen und die Botschaft zuhanden des Parlaments verabschiedet. Die Vorlage sieht unter anderem vor, dass der hinterlassene Elternteil bis zum vollendeten 25. Altersjahr des jüngsten Kindes eine Hinterlassenenrente erhält, unabhängig vom Zivilstand der Eltern. Die laufenden Renten von über 55-jährigen Witwen und Witwern sowie jene für über 50-jährige Bezügerinnen und Bezüger von Ergänzungsleistungen werden weiter ausgerichtet. Bei jüngeren Personen bleibt der Anspruch noch zwei Jahre bestehen. Die Vorlage geht auch auf den Finanzierungsbedarf der AHV und den Auftrag zur Sanierung der Bundesfinanzen ein.&nbsp;</strong></p><p>Nach aktueller Gesetzgebung haben Witwen Anspruch auf eine lebenslange Rente, selbst wenn sie keine unterhaltsberechtigten Kinder haben, während Witwer diese nur bis zur Volljährigkeit des jüngsten Kindes erhalten. 2022 stellt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in einem Urteil diese Ungleichbehandlung der Geschlechter fest. Seither hat die Schweiz eine Übergangsregelung eingerichtet, die Witwern mit Kindern eine lebenslange Rente gewährt und so lange gilt, bis das System, das noch auf einer traditionellen Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen beruht, einer Reform unterzogen wird. Nun will der Bundesrat die Hinterlassenenrenten der Entwicklung der Familienstrukturen, zu denen auch Patchworkfamilien und unverheiratete Eltern gehören, anpassen. Vorgesehen sind vom Zivilstand unabhängige Hinterlassenenleistungen für Haushalte mit Kindern. Entsprechend hat er eine Anpassung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) vorgeschlagen. Nachdem der Bundesrat die Ergebnisse der Vernehmlassung zur Kenntnis genommen hat, hat er an seiner Sitzung vom 23. Oktober 2024 die Botschaft ans Parlament verabschiedet.</p><p>&nbsp;</p><p>Vorgeschlagene Massnahmen</p><p>Mit der Revision sollen Hinterbliebene nach einem Todesfall oder solange sie unterhaltsberechtigte Kinder haben, gezielt unterstützt werden. Die Revision berücksichtigt sowohl Personen, die durch die Verwitwung armutsgefährdet sind, als auch altersbedingte Umstände. Ausserhalb dieser schwierigen Zeiten ist es nicht mehr gerechtfertigt, unabhängig von der finanziellen Situation der Versicherten lebenslange Renten auszurichten.</p><p>&nbsp;</p><p>Anspruch von Personen, die nach dem Inkrafttreten der Reform verwitwen</p><ul><li>Hinterlassenenrente für Eltern bis zum vollendeten 25. Altersjahr des jüngsten Kindes, unabhängig von Zivilstand und Geschlecht; Ausrichtung über das vollendete 25. Altersjahr hinaus, wenn ein erwachsenes Kind mit Behinderung betreut wird und dafür ein Anspruch auf Betreuungsgutschriften der AHV besteht;</li><li>zweijährige Übergangsrente bei Verwitwung zur Unterstützung von Hinterbliebenen ohne unterhaltsberechtigte Kinder. Das gilt für verheiratete Paare sowie für geschiedene Personen, die von der verstorbenen Person einen Unterhaltsbeitrag erhielten.</li><li>Unterstützung im Rahmen der Ergänzungsleistungen für Witwen und Witwer, die das 58. Altersjahr vollendet und keine unterhaltsberechtigten Kinder mehr haben, sofern der Tod einen Armutsfaktor darstellt;</li><li>In der Unfallversicherung: Gewährung einer Rente auch für Witwer, wenn sie beim Tod der Ehefrau Kinder haben, die keinen Rentenanspruch mehr haben, oder wenn sie das 45. Altersjahr vollendet haben, wie dies aktuell für Witwen gilt.</li></ul><p>Anspruch von Personen, die bereits vor der Reform eine Witwen- oder Witwerrente beziehen</p><ul><li>Beibehaltung der laufenden Renten für Witwen und Witwer, die bei Inkrafttreten das 55. Altersjahr vollendet haben; Aufhebung der Renten für Personen unter 55 Jahren innerhalb von zwei Jahren ab Inkrafttreten der Änderung, sofern sie keine unterhaltsberechtigten Kinder mehr haben (Übergangsbestimmung);</li><li>Beibehaltung der laufenden Renten für Witwen und Witwer, die bei Inkrafttreten das 50. Altersjahr vollendet haben und Ergänzungsleistungen zur AHV und IV beziehen (Übergangsbestimmung).</li></ul><p>Von der Reform nicht betroffen ist der Anspruch auf eine Witwen- und Witwerrente der beruflichen Vorsorge, da in diesem Bereich keine Ungleichbehandlung zwischen Männern und Frauen besteht. Die Rente der beruflichen Vorsorge wird grundsätzlich bis zum Tod oder zur Wiederverheiratung der hinterlassenen Ehegattin oder des hinterlassenen Ehegatten ausbezahlt. Viele Vorsorgeeinrichtungen sehen bereits heute Hinterlassenenleistungen für Personen vor, die für den Unterhalt eines gemeinsamen Kindes aufkommen. Diese reglementarischen Leistungen erlauben es, die heutigen Lebensmodelle zu berücksichtigen.</p><p>Die Reform trägt überdies dem Finanzierungsbedarf der AHV und dem Bundeshaushalt Rechnung. Tritt sie 2026 in Kraft, wird sie bis 2030 eine Verringerung der AHV-Ausgaben um rund 350 Millionen Franken ermöglichen, davon Einsparungen für den Bund von 70 Millionen Franken. In diesen Zahlen sind die vom BSV am 16. September 2024 aktualisierten Finanzperspektiven und die Finanzierung der 13. AHV-Rente berücksichtigt.</p>
Objectives
  • Number
    0
    Text
    Botschaft vom 23. Oktober 2024 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (Anpassung der Hinterlassenenrenten)
    Resolutions
    Date Council Text
  • Number
    1
    Text
    Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) (Anpassung der Hinterlassenenrenten)
    Resolutions
    Date Council Text
    24.09.2025 1 Abweichung
Proceedings
<p>SDA-Meldung</p><h3 class="Debatte_sda_linksbündig_d"><strong>Debatte im Nationalrat, 24.09.2025</strong></h3><p class="Standard_d"><strong>Nationalrat will Ehepaar-Plafond in der AHV abschaffen</strong></p><p class="Standard_d"><strong>Nach dem Willen des Nationalrats soll es künftig keine lebenslangen Witwenrenten mehr geben. Auch der Ehepaar-Plafond soll laut der grossen Kammer fallen - jedenfalls bei neuen Renten. Nach heftiger Debatte hat sie am Mittwoch eine entsprechende Gesetzesänderung angenommen.</strong></p><p class="Standard_d">In der Gesamtabstimmung hiess der Nationalrat die Vorlage relativ knapp mit 102 zu 95 Stimmen ohne Enthaltungen gut. Die Nein-Stimmen kamen von SP, Grünen und Mitte. Das Geschäft geht an den Ständerat.</p><p class="Standard_d">Ursprüngliches Ziel des bundesrätlichen Entwurfs war, die Ungleichbehandlung von Witwen und Witwern bei den Hinterlassenenrenten zu beseitigen. Dies verlangte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) 2022 in einem Urteil von der Schweiz.</p><p class="Standard_d">Die Botschaft sieht vor, dass Witwen und Witwer neu eine Rente erhalten, bis ihr jüngstes Kind das 25. Altersjahr vollendet hat - unabhängig davon, ob sie mit ihrer Partnerin oder ihrem Partner verheiratet waren. Personen ohne Kinder sollen nach dem Willen der Landesregierung eine zweijährige Übergangsrente erhalten. Der Nationalrat sprach sich am Mittwoch knapp für eine dreijährige Übergangsrente aus. Ohnehin ausgenommen von der Reform sind Witwen und Witwer, die bei deren Inkrafttreten über 55 sind.</p><p class="Standard_d">&nbsp;</p><p class="Standard_d">Gegenvorschlag zu Mitte-Initiative</p><p class="Standard_d">Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK-N) baute die Vorlage bei deren Vorberatung zu einem indirekten Gegenvorschlag zur Initiative "Ja zu fairen AHV-Renten auch für Ehepaare" der Mitte-Partei aus. Sie beantragte, den Ehepaar-Plafond von 150 Prozent der AHV-Maximalrente für künftige Rentnerinnen und Rentner abzuschaffen - nicht aber bei den laufenden Renten. Der Rat schloss sich dieser Position an.</p><p class="Standard_d">Kommissionsminderheiten aus den Reihen von SP, Grünen und Mitte wollten die Vorlage zur Überarbeitung an den Bundesrat zurückweisen. Sie störten sich besonders daran, dass die Gesetzesrevision auch gewisse bereits laufende Witwenrenten betrifft. Zwei Rückweisungsgsanträge fanden im Rat allerdings keine Mehrheit. Ebenso scheiterte im Rat ein Antrag für eine Anhebung des Ehepaar-Plafonds auf 175 Prozent.</p><p class="Standard_d">Der Nationalrat wählte bei den bestehenden Renten einen Mittelweg. Laufende Renten sollen demnach nur dann nach zwei Jahren erlöschen, wenn die betroffene Person unter 55 ist, keine Kinder hat und keine Ergänzungsleistungen bezieht. Über die Auswirkungen der Vorlage insbesondere auf die Situation von Frauen bestand dennoch im Rat keine Einigkeit.</p><p class="Standard_d">&nbsp;</p><p class="Standard_d">"Umverteilung an Gutsituierte"</p><p class="Standard_d">Es gehe zum einen darum, dass die Hilfe bei jenen Familien ankomme, die sie tatsächlich benötigten, sagte Céline Amaudruz (SVP/GE) namens der Kommissionsmehrheit. Zum anderen helfe die Reform dabei, die AHV finanziell im Gleichgewicht zu halten.</p><p class="Standard_d">Barbara Gysi (SP/SG) kritisierte dagegen die Kombination der Reform der Hinterlassenenrenten mit der Aufhebung des Ehepaar-Plafonds. In der Form, wie es die Kommissionsmehrheit vorschlage, resultiere daraus eine Umverteilung von den Witwen zu gutsituierten Ehepaaren. Dies sei das Gegenteil sozialer Gerechtigkeit, befand auch Léonore Porchet (Grüne/VD).</p><p class="Standard_d">Im Urteil des EGMR stehe explizit, dass die Schweiz den Richterspruch nicht zum Anlass nehmen solle, die Leistungen an Witwen zu kürzen, kritisierte Mattea Meyer (SP/ZH). Genau dies tue die Vorlage aber: "Die 100 Millionen Franken, die hier eingespart werden sollen, die bezahlt jemand." Wenn jemand Kinder betreut habe, wirke sich das auch längerfristig finanziell aus.</p><p class="Standard_d">Frauen hätten noch immer deutlich tiefere Löhne als Männer, gab Katharina Prelicz-Huber (Grüne/ZH) zu bedenken. Zudem leisteten sie immer noch deutlich mehr Betreuungsarbeit. Ohne Witwenrente kämen die Betroffenen häufig kaum durch.</p><p class="Standard_d">&nbsp;</p><p class="Standard_d">"Nicht mehr zeitgemäss"</p><p class="Standard_d">So wie die Hinterlassenenrente heute ausgestaltet sei, stamme sie aus dem 19. Jahrhundert, sagte dagegen Andri Silberschmidt (FDP/ZH). Sie gehe davon aus, dass der Mann Erwerbsarbeit leiste, die Frau aber nicht. Die geltende Regelung sei nicht mehr zeitgemäss, befand auch Patrick Hässig (GLP/ZH). Er bezeichnete die Reform als wichtigen Schritt in Richtung Gleichstellung.</p><p class="Standard_d">Die Reform nehme niemandem etwas weg, sagte auch Diana Gutjahr (SVP/TG) namens der SVP-Fraktion. Es sei richtig, darauf abzustellen, ob Betreuungspflichten bestünden. "Wer keine Kinder betreut, kann und soll wieder ins Erwerbsleben zurückkehren." Das sei zumutbar.</p><p class="Standard_d">Die Mitte-Fraktion sei irritiert von den Vorschlägen, sagte hingegen Benjamin Roduit (Mitte/VS). Die Übergangsbestimmungen bei den Witwenrenten seien ungenügend. Die Gesetzesrevision trage den Lebenswegen der betroffenen Frauen, die wegen Betreuungspflichten oft keine hohen Einkommen hätten erzielen können, zu wenig Rechnung. "Witwe zu sein, war noch nie ein Privileg." Roduit störte sich ausserdem daran, dass man die Initiative seiner Partei und den Gegenvorschlag nicht gemeinsam berate.</p><p class="Standard_d">&nbsp;</p><p class="Standard_d">Änderungsanträge scheitern</p><p class="Standard_d">Eine ganze Reihe von weiteren Punkten waren in der Detailberatung umstritten. Der Rat folgte im Wesentlichen den Anträgen der Mehrheit. Unter anderem wollte eine Kommissionsminderheit aus SVP und Mitte die Renten für Hinterlassene weiterhin nur an Ehegatten ausrichten, fand dafür aber keine Mehrheit.</p><p class="Standard_d">Die Ratslinke wollte bei allen laufenden Renten den Besitzstand garantieren, drang damit aber nicht durch. Erfolg hatte sie mit dem Antrag, wonach künftig die Übergangsrente für kinderlose Verwitwete während drei statt nur zwei Jahren ausgerichtet werden soll.</p><p class="Standard_d">Sie wehrte sich jedoch erfolglos gegen die von der Kommissionsmehrheit gewollte Streichung des Verwitwetenzuschlags bei neuen AHV- und IV-Renten sowie die Abschaffung der Alterskinderrenten von AHV und beruflicher Vorsorge. Auch diese Massnahme betrifft bereits Pensionierte nicht. Die Befürworterseite argumentierte, schaffe man den Ehepaar-Plafond ab, müsse man auch jene bisherigen Vorteile von Ehepaaren abschaffen.</p><p class="Standard_d">&nbsp;</p><h2 class="Titel_d"><strong>Auskünfte</strong></h2><p class="Auskünfte_d">Sekretariat der Kommissionen für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK)</p><p class="Auskünfte_d"><a href="mailto:sgk.csss@parl.admin.ch">sgk.csss@parl.admin.ch</a></p><p class="Auskünfte_d"><a href="https://www.parlament.ch/de/organe/kommissionen/sachbereichskommissionen/kommissionen-sgk">Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK)</a></p>
Updated
10.10.2025 17:08

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