Verbot von Presseartikeln (Artikel 28c ZGB)
- ShortId
-
93.455
- Id
-
19930455
- Updated
-
10.04.2024 09:00
- Language
-
de
- Title
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Verbot von Presseartikeln (Artikel 28c ZGB)
- AdditionalIndexing
-
freie Schlagwörter: Staatspolitik;freie Schlagwörter: Pressefreiheit;freie Schlagwörter: Presse;freie Schlagwörter: Recht;freie Schlagwörter: ZGB;freie Schlagwörter: Zivilgesetzbuch
- 1
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- PriorityCouncil1
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Nationalrat
- Texts
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- <p>In ihrer geltenden Fassung datieren die Bestimmungen über den Persönlichkeitsschutz aus dem Jahre 1985. In der Botschaft zu deren Einführung hatte der Bundesrat betont, eine Medienzensur durch die Gerichte müsse vermieden werden (siehe BBl 1982 II 636). Dieses Ziel ist weitgehend erreicht worden, aber gewisse Vorfälle aus jüngster Zeit - insbesondere das Verbot einer deutschschweizerischen Monatszeitschrift - zeigen, dass der Text von Artikel 28c Absatz 3 ZGB ergänzt werden muss, damit Auslegungsprobleme beseitigt werden.</p><p>Die Sache ist die: Wird in einem Medium eine Person in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt, so kann sie auf Schadenersatz klagen. Mein Vorschlag stellt diesen Grundsatz nicht in Frage.</p><p>Steht jedoch eine besonders schwere Verletzung bevor, so kann der Richter sie vorsorglich verbieten. Allerdings ist in diesem Fall grosse Vorsicht geboten, denn mit dem Verbot eines Presseartikels läuft man Gefahr, dass wichtige Tatsachen gar nicht an die Öffentlichkeit gelangen. In seiner Botschaft von 1982 hob der Bundesrat deshalb zu Recht hervor, wie gefährlich die Schaffung einer richterlichen Pressezensur für die Öffentlichkeit und für die Pressefreiheit wäre. Mit anderen Worten: Grundsätzlich muss die Sanktion nach der Veröffentlichung - mithilfe der Schadenersatzklage oder gar der Strafverfolgung - die Regel sein und bleiben; das vorsorgliche Verbot muss eine Ausnahme bleiben, denn andernfalls würde man eine eigentliche Vorzensur schaffen, und dies wäre selbstverständlich unannehmbar.</p><p>Artikel 28c Absatz 3 ZGB trägt den soeben in Erinnerung gerufenen Forderungen Rechnung. Denn er sieht vor, dass ein Artikel in einem periodisch erscheinenden Medium nur dann vorsorglich verboten werden kann, wenn dieser Artikel einen besonders schweren Nachteil verursachen kann, wenn dafür offensichtlich kein Rechtfertigungsgrund vorliegt und wenn die Massnahme nicht unverhältnismässig erscheint.</p><p>Der Richter, dem ein Verbotsantrag unterbreitet wird, ist geneigt, sich an das betroffene Medienunternehmen zu wenden und es aufzufordern, ihm den Entwurf des betreffenden Artikels zur Prüfung vorzulegen. Diese Neigung wird von manchen Klägern bedenkenlos ausgenützt: Um den Richter einem möglichst starken Druck auszusetzen, gelangen sie in letzter Minute mit einer "dringlichen" Klage an ihn; diese Klage beruht oft auf Behauptungen, die der Prüfung in einem ordentlichen Verfahren nicht standhalten würden. Unter einem solchen Druck bleibt dem Richter oft kaum etwas anderes übrig, als sich an die andere Partei - das Medienunternehmen - zu wenden, und der Kläger erreicht auf diese Weise, was er eigentlich erreichen wollte, nämlich die Bekanntgabe des Textes vor der Veröffentlichung, wodurch er die Möglichkeit erhält, auf eine Änderung des Textinhalts hinzuwirken! Diese Art von Missbrauch, an die die eidgenössischen Räte bei der Verabschiedung von Artikel 28c Absatz 3 ZGB nicht gedacht haben, wird immer häufiger und schafft in der Schweiz die echte Gefahr einer Medienzensur, also gerade das, was der Bundesrat mit seiner Botschaft von 1982 verhindern wollte.</p><p>Es muss also verhindert werden, dass bösgläubige Kläger die geltende Fassung des Textes missbrauchen und auf diese Weise sowohl die Arbeit der Gerichte erschweren als auch die Information der Öffentlichkeit gefährden. Deshalb ist es notwendig, die bestehende Zweideutigkeit zu beheben und klarzustellen, dass es dem Gesuchsteller - und ihm allein - obliegt, seine Behauptungen zu beweisen; andernfalls muss die beantragte Massnahme verweigert werden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Veröffentlichung die geschädigte Person nicht ihrer rechtlichen Mittel (Schadenersatzklage, Strafklage) beraubt; dagegen bringt ein Veröffentlichungsverbot die Öffentlichkeit um die Information, auf die sie einen Anspruch hat.</p>
- <p>Gestützt auf Artikel 21bis GVG reiche ich folgende parlamentarische Initiative in der Form eines ausgearbeiteten Entwurfs ein:</p><p>Artikel 28c Absatz 3 des Zivilgesetzbuches soll wie folgt ergänzt werden:</p><p>... nicht unverhältnismässig erscheint. Die Beweislast liegt ausschliesslich beim Gesuchsteller, und das betroffene Medienunternehmen kann nicht zur Mitwirkung bei der Beweisaufnahme gezwungen werden.</p>
- Verbot von Presseartikeln (Artikel 28c ZGB)
- State
-
Erledigt
- Related Affairs
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- Drafts
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- Index
- 0
- Texts
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- <p>In ihrer geltenden Fassung datieren die Bestimmungen über den Persönlichkeitsschutz aus dem Jahre 1985. In der Botschaft zu deren Einführung hatte der Bundesrat betont, eine Medienzensur durch die Gerichte müsse vermieden werden (siehe BBl 1982 II 636). Dieses Ziel ist weitgehend erreicht worden, aber gewisse Vorfälle aus jüngster Zeit - insbesondere das Verbot einer deutschschweizerischen Monatszeitschrift - zeigen, dass der Text von Artikel 28c Absatz 3 ZGB ergänzt werden muss, damit Auslegungsprobleme beseitigt werden.</p><p>Die Sache ist die: Wird in einem Medium eine Person in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt, so kann sie auf Schadenersatz klagen. Mein Vorschlag stellt diesen Grundsatz nicht in Frage.</p><p>Steht jedoch eine besonders schwere Verletzung bevor, so kann der Richter sie vorsorglich verbieten. Allerdings ist in diesem Fall grosse Vorsicht geboten, denn mit dem Verbot eines Presseartikels läuft man Gefahr, dass wichtige Tatsachen gar nicht an die Öffentlichkeit gelangen. In seiner Botschaft von 1982 hob der Bundesrat deshalb zu Recht hervor, wie gefährlich die Schaffung einer richterlichen Pressezensur für die Öffentlichkeit und für die Pressefreiheit wäre. Mit anderen Worten: Grundsätzlich muss die Sanktion nach der Veröffentlichung - mithilfe der Schadenersatzklage oder gar der Strafverfolgung - die Regel sein und bleiben; das vorsorgliche Verbot muss eine Ausnahme bleiben, denn andernfalls würde man eine eigentliche Vorzensur schaffen, und dies wäre selbstverständlich unannehmbar.</p><p>Artikel 28c Absatz 3 ZGB trägt den soeben in Erinnerung gerufenen Forderungen Rechnung. Denn er sieht vor, dass ein Artikel in einem periodisch erscheinenden Medium nur dann vorsorglich verboten werden kann, wenn dieser Artikel einen besonders schweren Nachteil verursachen kann, wenn dafür offensichtlich kein Rechtfertigungsgrund vorliegt und wenn die Massnahme nicht unverhältnismässig erscheint.</p><p>Der Richter, dem ein Verbotsantrag unterbreitet wird, ist geneigt, sich an das betroffene Medienunternehmen zu wenden und es aufzufordern, ihm den Entwurf des betreffenden Artikels zur Prüfung vorzulegen. Diese Neigung wird von manchen Klägern bedenkenlos ausgenützt: Um den Richter einem möglichst starken Druck auszusetzen, gelangen sie in letzter Minute mit einer "dringlichen" Klage an ihn; diese Klage beruht oft auf Behauptungen, die der Prüfung in einem ordentlichen Verfahren nicht standhalten würden. Unter einem solchen Druck bleibt dem Richter oft kaum etwas anderes übrig, als sich an die andere Partei - das Medienunternehmen - zu wenden, und der Kläger erreicht auf diese Weise, was er eigentlich erreichen wollte, nämlich die Bekanntgabe des Textes vor der Veröffentlichung, wodurch er die Möglichkeit erhält, auf eine Änderung des Textinhalts hinzuwirken! Diese Art von Missbrauch, an die die eidgenössischen Räte bei der Verabschiedung von Artikel 28c Absatz 3 ZGB nicht gedacht haben, wird immer häufiger und schafft in der Schweiz die echte Gefahr einer Medienzensur, also gerade das, was der Bundesrat mit seiner Botschaft von 1982 verhindern wollte.</p><p>Es muss also verhindert werden, dass bösgläubige Kläger die geltende Fassung des Textes missbrauchen und auf diese Weise sowohl die Arbeit der Gerichte erschweren als auch die Information der Öffentlichkeit gefährden. Deshalb ist es notwendig, die bestehende Zweideutigkeit zu beheben und klarzustellen, dass es dem Gesuchsteller - und ihm allein - obliegt, seine Behauptungen zu beweisen; andernfalls muss die beantragte Massnahme verweigert werden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Veröffentlichung die geschädigte Person nicht ihrer rechtlichen Mittel (Schadenersatzklage, Strafklage) beraubt; dagegen bringt ein Veröffentlichungsverbot die Öffentlichkeit um die Information, auf die sie einen Anspruch hat.</p>
- <p>Gestützt auf Artikel 21bis GVG reiche ich folgende parlamentarische Initiative in der Form eines ausgearbeiteten Entwurfs ein:</p><p>Artikel 28c Absatz 3 des Zivilgesetzbuches soll wie folgt ergänzt werden:</p><p>... nicht unverhältnismässig erscheint. Die Beweislast liegt ausschliesslich beim Gesuchsteller, und das betroffene Medienunternehmen kann nicht zur Mitwirkung bei der Beweisaufnahme gezwungen werden.</p>
- Verbot von Presseartikeln (Artikel 28c ZGB)
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