Gesetz über das Massen-Screening

ShortId
93.456
Id
19930456
Updated
10.04.2024 18:36
Language
de
Title
Gesetz über das Massen-Screening
AdditionalIndexing
freie Schlagwörter: Gesundheit;freie Schlagwörter: AIDS;freie Schlagwörter: HIV;freie Schlagwörter: Recht;freie Schlagwörter: Datenschutz
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die Verordnung über epidemiologische Studien zur Erfassung von Daten über das HIV-Virus vom 5. Juli 1993 sieht vor, dass die Einwilligung des Spenders vermutet wird, wenn er nicht erklärt, mit einem HIV-Nachweis im Rahmen einer anonymen Studie nicht einverstanden ist. Zur Wahrung höchstpersönlicher Rechte müssen die Betroffenen danach sich bei jeder Blutentnahme erkundigen, welche Tests mit diesem Blut vorgesehen sind und allenfalls den HIV-Test resp. die Weitergabe der Daten verbieten.</p><p>Diese Verordnungsbestimmung widerspricht dem geltenden Recht. Nur wenn die Betroffenen zuvor eingewilligt haben, oder wenn ein Gesetz aus überwiegenden öffentlichen Interessen in verhältnismässiger Weise und ohne Verletzung des Wesenskerns zur Duldung des Eingriffs verpflichtet, darf ein solcher Eingriff in die persönliche Freiheit zugelassen werden. Kurz: Dieser Verordnung fehlt die gesetzliche Grundlage in Form eines Massen-Screening Gesetzes.</p><p>Die Klärung der Rechtslage ist dringend notwendig: Eine vom Berner Inselspital und dem BAG durchgeführte Umfrage hat ergeben, dass knapp die Hälfte der befragten Aerzte es als nicht notwendig erachtet, das Einverständnis der Patienten und Patientinnen einzuholen, bevor ein HIV-Test durchgeführt wird (BZ vom 29. Juni 1992). Daraus ist zu schliessen, dass verhältnismässig viele Tests ohne Einwilligung der Betroffenen durchgeführt werden.</p><p>Nicht nur die Durchführung der Studien zur Verbreitung des HIV-Virus entbehrt der gesetzlichen Grundlage. Ein Massen-Screening ist an der medizinischen Fakultät der Universität Genf für die Ermittlung der Träger und Trägerinnen des Gens für die Cystische Fibrose geplant (WoZ vom 15. Mai 1992). Mit dem Vormarsch der somatischen Gentherapie stellt sich immer dringender die Frage nach genetischen Reihenuntersuchungen - zum Beispiel bei Neugeborenen - für die eine Rechtsgrundlage geschaffen werden muss.</p><p>Die kürzlich verabschiedeten medizinisch-ethischen Richtlinien für genetische Untersuchungen am Menschen der Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften sehen im besonders umstrittenen Bereich der Genomanalyse ausdrücklich vor, dass Ergebnisse von anonymen genetischen Untersuchungen auch ohne Zustimmung der Betroffenen für genetischepidemiologische Erhebungen genutzt werden können. Diese Durchlöcherung des Persönlichkeitsschutzes ist bedenklich. Der Gefahr des eugenischen Missbrauchs sowie der Beschleunigung gesellschaftlicher Ausgrenzungstendenzen muss entschieden begegnet werden.</p>
  • <p>Gestützt auf Artikel 21bis des Geschäftsverkehrsgesetzes und Artikel 30 des Geschäftsreglementes des Nationalrates reiche ich folgende Initiative in der Form der allgemeinen Anregung ein:</p><p>Ein Gesetz über das Massen-Screening ist zu erlassen. Folgende Punkte sind besonders zu berücksichtigen:</p><p>- Das Erfordernis der vorgängigen, informierten Einwilligung ist sowohl für die Entnahme von Körperzellen als auch für die Verwendung der zu gewinnenden Daten in jedem Fall - d.h. auch bei anonymen Studien - zu gewährleisten.- Die Weiterleitung von erhobenen Daten ohne Zustimmung der Betroffenen ist zu verbieten.</p><p>- Screeningprogramme sind auf behandelbare Krankheiten zu beschränken.</p><p>- Im Interesse des Datenschutzes sind klare Kriterien für die Durchführung und für die Kontrolle zu entwickeln. Die Durchführung ist bewilligungspflichtig.</p><p>- Die Mitsprache von Patientinnen- und Patientenorganisationen ist zu gewährleisten.</p>
  • Gesetz über das Massen-Screening
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die Verordnung über epidemiologische Studien zur Erfassung von Daten über das HIV-Virus vom 5. Juli 1993 sieht vor, dass die Einwilligung des Spenders vermutet wird, wenn er nicht erklärt, mit einem HIV-Nachweis im Rahmen einer anonymen Studie nicht einverstanden ist. Zur Wahrung höchstpersönlicher Rechte müssen die Betroffenen danach sich bei jeder Blutentnahme erkundigen, welche Tests mit diesem Blut vorgesehen sind und allenfalls den HIV-Test resp. die Weitergabe der Daten verbieten.</p><p>Diese Verordnungsbestimmung widerspricht dem geltenden Recht. Nur wenn die Betroffenen zuvor eingewilligt haben, oder wenn ein Gesetz aus überwiegenden öffentlichen Interessen in verhältnismässiger Weise und ohne Verletzung des Wesenskerns zur Duldung des Eingriffs verpflichtet, darf ein solcher Eingriff in die persönliche Freiheit zugelassen werden. Kurz: Dieser Verordnung fehlt die gesetzliche Grundlage in Form eines Massen-Screening Gesetzes.</p><p>Die Klärung der Rechtslage ist dringend notwendig: Eine vom Berner Inselspital und dem BAG durchgeführte Umfrage hat ergeben, dass knapp die Hälfte der befragten Aerzte es als nicht notwendig erachtet, das Einverständnis der Patienten und Patientinnen einzuholen, bevor ein HIV-Test durchgeführt wird (BZ vom 29. Juni 1992). Daraus ist zu schliessen, dass verhältnismässig viele Tests ohne Einwilligung der Betroffenen durchgeführt werden.</p><p>Nicht nur die Durchführung der Studien zur Verbreitung des HIV-Virus entbehrt der gesetzlichen Grundlage. Ein Massen-Screening ist an der medizinischen Fakultät der Universität Genf für die Ermittlung der Träger und Trägerinnen des Gens für die Cystische Fibrose geplant (WoZ vom 15. Mai 1992). Mit dem Vormarsch der somatischen Gentherapie stellt sich immer dringender die Frage nach genetischen Reihenuntersuchungen - zum Beispiel bei Neugeborenen - für die eine Rechtsgrundlage geschaffen werden muss.</p><p>Die kürzlich verabschiedeten medizinisch-ethischen Richtlinien für genetische Untersuchungen am Menschen der Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften sehen im besonders umstrittenen Bereich der Genomanalyse ausdrücklich vor, dass Ergebnisse von anonymen genetischen Untersuchungen auch ohne Zustimmung der Betroffenen für genetischepidemiologische Erhebungen genutzt werden können. Diese Durchlöcherung des Persönlichkeitsschutzes ist bedenklich. Der Gefahr des eugenischen Missbrauchs sowie der Beschleunigung gesellschaftlicher Ausgrenzungstendenzen muss entschieden begegnet werden.</p>
    • <p>Gestützt auf Artikel 21bis des Geschäftsverkehrsgesetzes und Artikel 30 des Geschäftsreglementes des Nationalrates reiche ich folgende Initiative in der Form der allgemeinen Anregung ein:</p><p>Ein Gesetz über das Massen-Screening ist zu erlassen. Folgende Punkte sind besonders zu berücksichtigen:</p><p>- Das Erfordernis der vorgängigen, informierten Einwilligung ist sowohl für die Entnahme von Körperzellen als auch für die Verwendung der zu gewinnenden Daten in jedem Fall - d.h. auch bei anonymen Studien - zu gewährleisten.- Die Weiterleitung von erhobenen Daten ohne Zustimmung der Betroffenen ist zu verbieten.</p><p>- Screeningprogramme sind auf behandelbare Krankheiten zu beschränken.</p><p>- Im Interesse des Datenschutzes sind klare Kriterien für die Durchführung und für die Kontrolle zu entwickeln. Die Durchführung ist bewilligungspflichtig.</p><p>- Die Mitsprache von Patientinnen- und Patientenorganisationen ist zu gewährleisten.</p>
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