Einkommensabbau in der Berglandwirtschaft

ShortId
93.3394
Id
19933394
Updated
10.04.2024 12:29
Language
de
Title
Einkommensabbau in der Berglandwirtschaft
AdditionalIndexing
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die Landwirtschaft sollte heute fast unerträgliche Opfer bringen. Im verflossenen Jahr musste sie einen Einkommensverlust von 13 Prozent erleiden. Neu kommt die Milchpreissenkung um zehn Rappen pro Liter dazu. Die erwähnte Änderung der Begriffsverordnung enthält in ihrem Kern einen weiteren Ansatz für einen Einkommensabbau. Es ist weder volkswirtschaftlich erwünscht noch staatspolitisch klug, einer Berufssparte derartige Belastungen zuzumuten, während man sich in den meisten anderen selbst in der Rezession bemüht, den Teuerungsausgleich noch einigermassen auszurichten.</p><p>Durch die GVE-Änderung werden besonders die sich der Aufzucht von Jung- und Kleinvieh widmenden Bergbauern betroffen.</p><p>Die erheblichen Herabsetzungen der GVE-Anteile (ein Rind von 0,8 auf 0,6, eine Mese von 0,6 auf 0,4, ein Kalb von 0,4 auf 0,2, ein Schaf von 0,2 auf 0,1) zeitigen zum einen psychologische Negativwirkungen und haben zweitens indirekt Einkommenseinbussen zur Folge. Es gibt heute schon genügend "natürliche" Erschwerungen für die Berglandwirtschaft, ohne dass auf dem Verordnungsweg der Schrumpfungsprozess der kleinen und mittleren Betriebe noch gefördert wird. Der Bundesrat kann durch Aufschub der vorgesehenen GVE-Änderung über das Datum vom 1. Januar 1994 hinaus einen Beitrag zur Entspannung leisten.</p>
  • <p>Mit der Verordnung vom 26. April 1993 über landwirtschaftliche Begriffe und die Anerkennung von Betriebsformen wurden die Umrechnungsfaktoren der einzelnen Tiergattungen in Grossvieh- und Düngergrossvieheinheiten zwecks Harmonisierung und Vereinfachung des Vollzugs bestehender und neuer Massnahmen (Art. 31a und 31b LwG) vereinheitlicht. Diese Faktoren wurden nach den neuesten Erkenntnissen von Wissenschaft und Praxis in Anlehnung an die bestehenden Düngergrossvieheinheiten festgelegt. Die in der Vernehmlassung angefragten Kantone und Verbände begrüssten grossmehrheitlich die Vereinheitlichung der Faktoren.</p><p>1. Die Harmonisierung der Umrechnungsfaktoren auf nur eine einzige, allgemeingültige Grossvieheinheit (GVE) hat in der Tat zur Folge, dass je nach Struktur der Betriebe die Anzahl GVE und somit auch die Kostenbeiträge sinken können. Der Bundesrat war sich dieser Tatsache bewusst. Er hat daher im Rahmen der Beschlüsse zu den bäuerlichen Begehren vom Herbst 1993 die Beitragsansätze derart angepasst, dass die Berglandwirtschaft 1994 gesamthaft betrachtet keiner Beiträge verlustig geht.</p><p>2. Die Tendenz zur Aufstockung bestand bereits bisher, da mehr als die Hälfte aller beitragsberechtigten Betriebe weniger als 15 GVE aufwies. Mit der neuen Regelung dürften einige weitere Betriebe dazukommen. Wie bisher werden flankierende Massnahmen, wie die Bindung des Tierbestandes an die Rauhfuttergrundlage und die Vorschriften des Gewässerschutzgesetzes, die Möglichkeit zur Aufstockung begrenzen. Zum Teil limitieren die vorhandenen Stallkapazitäten die Ausdehnung des Tierbestandes. Die Gefahr einer übermässigen inneren Aufstockung und einer daraus resultierenden Überproduktion ist deshalb als eher gering einzustufen.</p><p>3. Die GVE-Ansätze für Schafe und Ziegen wurden nicht halbiert. Bei Schaf- und Ziegenhaltern mit einem gemischten Tierbestand ergibt sich eine durchschnittliche GVE-Reduktion von etwa 7 Prozent. Da für diese Tierkategorien eigene Beitragsansätze bestehen, kann die Reduktion der GVE mit der Erhöhung der Beitragsansätze ziemlich genau ausgeglichen werden. Die neuen Umrechnungsfaktoren dürften daher für die Kleinviehhalter keine nachteiligen Folgen haben.</p><p>4. Mit der Harmonisierung der Grossvieheinheiten werden bei den Kostenbeiträgen keine substantiellen Änderungen vorgenommen. Die vom Gesetzgeber vorgegebenen Ziele werden weiterhin unverändert erreicht, insbesondere findet dadurch kein Einkommensabbau in der Berglandwirtschaft statt.</p><p>5. Die Einkommenssituation dürfte sich 1993 für die Berglandwirtschaft erheblich verbessert haben. Nach Schätzungen des Bundesamtes für Landwirtschaft erzielten die bei der zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten erfassten Testbetriebe des Berggebietes 1993 im Durchschnitt ein landwirtschaftliches Einkommen von etwa 63 500 Franken oder 83 Prozent desjenigen der Testbetriebe im Talgebiet. Das wären etwa 9000 Franken oder rund 16 Prozent mehr als 1992. Diese Einkommensverbesserung ist vor allem das Ergebnis der neuen Direktzahlungen, die für das Berggebiet sehr vorteilhaft sind. Aus diesem Grund und aus den Erwägungen zu den Fragen 1 bis 4 sah der Bundesrat keinen Anlass, die in der Kostenbeitragsverordnung auf den 1. Januar 1994 in Kraft getretene Änderung der Grossvieheinheiten aufzuschieben.</p>
  • <p>Am 26. April 1993 hat der Bundesrat eine neue Landwirtschaftliche Begriffsverordnung erlassen. Darin hat er auch die Zusammensetzung der Grossvieheinheiten neu geordnet, d. h., die Faktorenanteile je Tier herabgesetzt. Dadurch wird materiell in das System der Kostenbeiträge an Viehhalter im Berggebiet und in der voralpinen Hügelzone eingegriffen. Es ist zu befürchten, dass damit ein weiterer Einkommensabbau in der Landwirtschaft einhergeht.</p><p>Der Bundesrat wird um folgende Auskünfte gebeten:</p><p>1. Die Herabsetzung der Grossvieheinheiten-Anteile hat zur Folge, dass zum Beispiel ein Betrieb mit heute 15 GVE in Zukunft nur 12,5 GVE aufweist und entsprechend nur für diese Kostenbeiträge erhält. Ist Gewähr geboten, dass ihm durch einen erhöhten Ansatz Kostenbeitrag pro GVE kein Verlust gegenüber heute entsteht?</p><p>2. Die Verordnungsänderung kann zwei Tendenzen Vorschub leisten: entweder dass ein Betriebsinhaber seine Tiere bis 15 GVE neu aufstockt oder dass er seinen Betrieb aufgibt. Strebte der Bundesrat solche Entwicklungen an? Wie beurteilt er die Folgen?</p><p>3. Hart wirken sich die Reduktionen auch auf die Kleinviehhalter aus, wo zum Beispiel die GVE-Anteile für Schafe und Ziegen halbiert wurden. Hier trifft es vor allem die Nebenerwerbsbauern. Nimmt der Bundesrat in Kauf, dass viele Nebenerwerbsbetriebe, welche die Kleintierhaltung auch im Landesinteresse betreiben und nicht in der Lage sind, wesentlich aufzustocken, aufgeben müssen?</p><p>4. Wie begründet der Bundesrat seinen Schritt, mittels Verordnungsänderung inhaltlich und substantiell am Gefüge der Kostenbeiträge zu rütteln und damit gesetzliche Ziele in Frage zu stellen?</p><p>5. Ist der Bundesrat bereit, angesichts der angespannten Einkommenssituation in der Landwirtschaft, die auf den 1. Januar 1994 vorgesehene Änderung der Grossvieheinheiten aufzuschieben, bis Gewissheit besteht, inwieweit die zusätzlichen Direktzahlungen eventuelle Verluste ausgleichen werden?</p>
  • Einkommensabbau in der Berglandwirtschaft
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die Landwirtschaft sollte heute fast unerträgliche Opfer bringen. Im verflossenen Jahr musste sie einen Einkommensverlust von 13 Prozent erleiden. Neu kommt die Milchpreissenkung um zehn Rappen pro Liter dazu. Die erwähnte Änderung der Begriffsverordnung enthält in ihrem Kern einen weiteren Ansatz für einen Einkommensabbau. Es ist weder volkswirtschaftlich erwünscht noch staatspolitisch klug, einer Berufssparte derartige Belastungen zuzumuten, während man sich in den meisten anderen selbst in der Rezession bemüht, den Teuerungsausgleich noch einigermassen auszurichten.</p><p>Durch die GVE-Änderung werden besonders die sich der Aufzucht von Jung- und Kleinvieh widmenden Bergbauern betroffen.</p><p>Die erheblichen Herabsetzungen der GVE-Anteile (ein Rind von 0,8 auf 0,6, eine Mese von 0,6 auf 0,4, ein Kalb von 0,4 auf 0,2, ein Schaf von 0,2 auf 0,1) zeitigen zum einen psychologische Negativwirkungen und haben zweitens indirekt Einkommenseinbussen zur Folge. Es gibt heute schon genügend "natürliche" Erschwerungen für die Berglandwirtschaft, ohne dass auf dem Verordnungsweg der Schrumpfungsprozess der kleinen und mittleren Betriebe noch gefördert wird. Der Bundesrat kann durch Aufschub der vorgesehenen GVE-Änderung über das Datum vom 1. Januar 1994 hinaus einen Beitrag zur Entspannung leisten.</p>
    • <p>Mit der Verordnung vom 26. April 1993 über landwirtschaftliche Begriffe und die Anerkennung von Betriebsformen wurden die Umrechnungsfaktoren der einzelnen Tiergattungen in Grossvieh- und Düngergrossvieheinheiten zwecks Harmonisierung und Vereinfachung des Vollzugs bestehender und neuer Massnahmen (Art. 31a und 31b LwG) vereinheitlicht. Diese Faktoren wurden nach den neuesten Erkenntnissen von Wissenschaft und Praxis in Anlehnung an die bestehenden Düngergrossvieheinheiten festgelegt. Die in der Vernehmlassung angefragten Kantone und Verbände begrüssten grossmehrheitlich die Vereinheitlichung der Faktoren.</p><p>1. Die Harmonisierung der Umrechnungsfaktoren auf nur eine einzige, allgemeingültige Grossvieheinheit (GVE) hat in der Tat zur Folge, dass je nach Struktur der Betriebe die Anzahl GVE und somit auch die Kostenbeiträge sinken können. Der Bundesrat war sich dieser Tatsache bewusst. Er hat daher im Rahmen der Beschlüsse zu den bäuerlichen Begehren vom Herbst 1993 die Beitragsansätze derart angepasst, dass die Berglandwirtschaft 1994 gesamthaft betrachtet keiner Beiträge verlustig geht.</p><p>2. Die Tendenz zur Aufstockung bestand bereits bisher, da mehr als die Hälfte aller beitragsberechtigten Betriebe weniger als 15 GVE aufwies. Mit der neuen Regelung dürften einige weitere Betriebe dazukommen. Wie bisher werden flankierende Massnahmen, wie die Bindung des Tierbestandes an die Rauhfuttergrundlage und die Vorschriften des Gewässerschutzgesetzes, die Möglichkeit zur Aufstockung begrenzen. Zum Teil limitieren die vorhandenen Stallkapazitäten die Ausdehnung des Tierbestandes. Die Gefahr einer übermässigen inneren Aufstockung und einer daraus resultierenden Überproduktion ist deshalb als eher gering einzustufen.</p><p>3. Die GVE-Ansätze für Schafe und Ziegen wurden nicht halbiert. Bei Schaf- und Ziegenhaltern mit einem gemischten Tierbestand ergibt sich eine durchschnittliche GVE-Reduktion von etwa 7 Prozent. Da für diese Tierkategorien eigene Beitragsansätze bestehen, kann die Reduktion der GVE mit der Erhöhung der Beitragsansätze ziemlich genau ausgeglichen werden. Die neuen Umrechnungsfaktoren dürften daher für die Kleinviehhalter keine nachteiligen Folgen haben.</p><p>4. Mit der Harmonisierung der Grossvieheinheiten werden bei den Kostenbeiträgen keine substantiellen Änderungen vorgenommen. Die vom Gesetzgeber vorgegebenen Ziele werden weiterhin unverändert erreicht, insbesondere findet dadurch kein Einkommensabbau in der Berglandwirtschaft statt.</p><p>5. Die Einkommenssituation dürfte sich 1993 für die Berglandwirtschaft erheblich verbessert haben. Nach Schätzungen des Bundesamtes für Landwirtschaft erzielten die bei der zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten erfassten Testbetriebe des Berggebietes 1993 im Durchschnitt ein landwirtschaftliches Einkommen von etwa 63 500 Franken oder 83 Prozent desjenigen der Testbetriebe im Talgebiet. Das wären etwa 9000 Franken oder rund 16 Prozent mehr als 1992. Diese Einkommensverbesserung ist vor allem das Ergebnis der neuen Direktzahlungen, die für das Berggebiet sehr vorteilhaft sind. Aus diesem Grund und aus den Erwägungen zu den Fragen 1 bis 4 sah der Bundesrat keinen Anlass, die in der Kostenbeitragsverordnung auf den 1. Januar 1994 in Kraft getretene Änderung der Grossvieheinheiten aufzuschieben.</p>
    • <p>Am 26. April 1993 hat der Bundesrat eine neue Landwirtschaftliche Begriffsverordnung erlassen. Darin hat er auch die Zusammensetzung der Grossvieheinheiten neu geordnet, d. h., die Faktorenanteile je Tier herabgesetzt. Dadurch wird materiell in das System der Kostenbeiträge an Viehhalter im Berggebiet und in der voralpinen Hügelzone eingegriffen. Es ist zu befürchten, dass damit ein weiterer Einkommensabbau in der Landwirtschaft einhergeht.</p><p>Der Bundesrat wird um folgende Auskünfte gebeten:</p><p>1. Die Herabsetzung der Grossvieheinheiten-Anteile hat zur Folge, dass zum Beispiel ein Betrieb mit heute 15 GVE in Zukunft nur 12,5 GVE aufweist und entsprechend nur für diese Kostenbeiträge erhält. Ist Gewähr geboten, dass ihm durch einen erhöhten Ansatz Kostenbeitrag pro GVE kein Verlust gegenüber heute entsteht?</p><p>2. Die Verordnungsänderung kann zwei Tendenzen Vorschub leisten: entweder dass ein Betriebsinhaber seine Tiere bis 15 GVE neu aufstockt oder dass er seinen Betrieb aufgibt. Strebte der Bundesrat solche Entwicklungen an? Wie beurteilt er die Folgen?</p><p>3. Hart wirken sich die Reduktionen auch auf die Kleinviehhalter aus, wo zum Beispiel die GVE-Anteile für Schafe und Ziegen halbiert wurden. Hier trifft es vor allem die Nebenerwerbsbauern. Nimmt der Bundesrat in Kauf, dass viele Nebenerwerbsbetriebe, welche die Kleintierhaltung auch im Landesinteresse betreiben und nicht in der Lage sind, wesentlich aufzustocken, aufgeben müssen?</p><p>4. Wie begründet der Bundesrat seinen Schritt, mittels Verordnungsänderung inhaltlich und substantiell am Gefüge der Kostenbeiträge zu rütteln und damit gesetzliche Ziele in Frage zu stellen?</p><p>5. Ist der Bundesrat bereit, angesichts der angespannten Einkommenssituation in der Landwirtschaft, die auf den 1. Januar 1994 vorgesehene Änderung der Grossvieheinheiten aufzuschieben, bis Gewissheit besteht, inwieweit die zusätzlichen Direktzahlungen eventuelle Verluste ausgleichen werden?</p>
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