UVG. Leistungen wegen Grobfahrlässigkeit bei Nichtberufsunfällen

ShortId
94.427
Id
19940427
Updated
10.04.2024 11:58
Language
de
Title
UVG. Leistungen wegen Grobfahrlässigkeit bei Nichtberufsunfällen
AdditionalIndexing
freie Schlagwörter: Nichtberufsunfall;freie Schlagwörter: NBU;freie Schlagwörter: Sozialversicherung;freie Schlagwörter: Unfallversicherungsgesetz;freie Schlagwörter: soziale Fragen
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Laut Art. 32 Ziff. 1 Bst. e des Übereinkommens Nr. 128 OIT über Leistungen bei Invalidität und Alter und an Hinterbliebene vom 29. 06.1967, für die Schweiz in Kraft seit dem 13. September 1978 (AS 1978 II 1493), und Art. 68 Bst. f der Europäischen Ordnung der Sozialen Sicherheit (CESS) vom 16.04.1964, für unser Land in Kraft seit dem 17.09.1978 (AS 1978 II 1518), können die Sozialversicherungen, auf welche jemand Anspruch hätte, verweigert, gekürzt oder entzogen werden, wenn der Versicherungsfall "vorsätzlich durch eine grobe Verfehlung" verursacht wurde (gem. Übereinkommen Nr. 128 OIT) oder "wenn die betreffende Person den Fall vorsätzlich herbeigeführt hat" (nach der CESS). Das Bundesgericht hat nun in Vornahme einer Praxisänderung entschieden, dass diese Staatsvertragsbestimmungen direkt anwendbar ("self-executing") sind; demzufolge werden die bisherigen Leistungskürzungen bei Grobfahrlässigkeit des Versicherten in der Invaliden- und Unfallversicherung ausgeschlossen (BGE 119 V 171 ff, 241 ff und 410 ff sowie unveröffentlichter EVG-Entscheid vom 21.02.1994), obschon die Normen des Bundesrechts (Art. 7 Abs. 1 IVG und Art. 37 Abs. 2 UVG) die Kürzung der Leistungen bei grober Fahrlässigkeit erlauben. Wegen der direkten Anwendung der übergeordneten Staatsvertragsbestimmungen, die den Normen des Landesrechts vorgehen, sind diese Kürzungsbestimmungen wegen Grobfahrlässigkeit mithin grundsätzlich ausser Kraft gesetzt. </p><p>Im Bereich der Unfallversicherung beziehen sich die direkt anwendbaren internationalen Bestimmungen allerdings nur auf die Berufsunfälle und haben somit keine Gültigkeit für die Nichtberufsunfälle. Die neue Rechtssprechung ist also kein Hindernis für die Vornahme von Leistungskürzungen wegen grober Fahrlässigkeit bei Nichtberufsunfällen (BGE 119 V 171 E. 4d). Die Folge dieser neuen Rechtssprechung ist ein Auseinanderklaffen in der Behandlung von grobfahrlässig herbeigeführten Unfällen, je nach dem ob es sich um einen während der Berufstätigkeit oder während der Freizeit erlittenen Unfall handelt. Damit wird eine sachlich nicht gerechtfertigte Unterscheidung zwischen Opfern von Berufs- und Nichtberufsunfällen getroffen. Diese Konsequenz schafft neue Ungerechtigkeiten und widerspricht einem tragenden Grundsatz des schweizerischen Unfallversicherungsrechts, das von Anbeginn weg nie zwischen Berufs- und Nichtberufsunfällen unterschieden hat. Es zählt vielmehr zu den Errungenschaften unseres Sozialversicherungsrechts, dass die vom Versicherten in der Freizeit erlittenen Unfälle von jeher in die Deckung der obligatorischen Unfallversicherung einbezogen waren (vgl. Art. 34bis BV sowie KUVG vom 13.06.1911, BBI 1906 VI 213, 1908 III 463, 1909 VI 512). </p><p>Mit der beantragten Streichung von Art. 37 Abs. 2 UVG wird diese traditionelle Gleichstellung wieder hergestellt. Diese Streichung hätte mit andern Worten zur Folge, dass die bisherigen Kürzungsmöglichkeiten bei grobfahrlässig in der Freizeit verschuldeten Unfällen dahinfielen. Der früher im Bundessozialversicherungsrecht verankerte Grundsatz der Kürzung infolge grober Fahrlässigkeit hat nicht nur wegen der abweichenden Regelung im übergeordneten Staatsvertragsrecht seine Berechtigung verloren. Auch im innerstaatlichen Recht ist diese Neuausrichtung bereits eingeleitet worden. Der Gesetzesentwurf zum Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG), der vom Ständerat in der Herbstsession 1991 genehmigt wurde und gegenwärtig durch die nationalrätliche Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit vorberaten wird, sieht - ganz im Sinne der staatsvertraglichen Regelung - vor, dass Leistungen nur gekürzt werden, wenn der "Versicherte den Versicherungsfall absichtlich oder bei Ausübung eines Verbrechens oder Vergehens herbeigeführt oder verschlimmert" hat (Art. 27 Abs. ATSG; vgl. Amtl. Bull. StR 1991 S. 775 ff sowie BBI 1991 II S. 193). Aus derselben Überlegung enthält das neue Militärversicherungsgesetz vom 19.06.1992 (BBI 1992 III S. 910 ff) eine ähnliche Einschränkung der Kürzungsmöglichkeiten für grobfahrlässig herbeigeführte Unfälle (Art. 65 MilVG).</p><p>Von erheblicher praktischer Bedeutung ist der nach wie vor geltende und mit den Satzungen des internationalen Rechts der sozialen Sicherheit konforme Grundsatz, wonach Leistungskürzungen zulässig sind, wenn die Invalidität in Ausübung eines Verbrechens oder Vergehens herbeigeführt wurde. Die grobe Verletzung von Verkehrsregeln gemäss Art. 90 Abs. 2 des Strassenverkehrsgesetzes SVG gilt beispielsweise als Vergehen, weshalb die Leistungskürzung bei Strassenverkehrsunfällen infolge grober Verkehrsregelverletzungen (im Sinne des "reckless driving") weiterhin nach Massgabe von Art. 37 Abs. 3 UVG zum Tragen kommt (vgl. bspw. BGE 119 V 241 ff). </p><p>Es rechtfertigt sich im übrigen, die beantragte Gesetzesänderung rasch vorzunehmen und weder die ohnehin gebotene formelle Anpassung von Art. 7 Abs. 1 IVG noch die Verabschiedung des ATSG abzuwarten. Ansonsten entstünden in der Zwischenzeit unnötig Härtefälle, weil die Gerichte gegenwärtig nicht umhin kommen, Art. 37 Abs. 2 UVG weiterhin auf Nichtberufsunfälle anzuwenden. Immerhin fallen die Nichtberufsunfälle quantitativ und kostenmässig sogar etwas stärker ins Gewicht als die im Zusammenhang mit dem Beruf erlittenen Unfälle (vgl. Galliker, Unfallgeschehen und Unfallfolgen, in Schweiz. Arbeitgeber-Zeitung 1994 S 591 ff). Letztlich geht es darum, alle Unfälle im Sozialversicherungsrecht gleich zu behandeln und damit einem tragenden Gedanken des Bundesrechts auch im Rahmen der Anpassung an das internationale Recht der sozialen Sicherheit Nachachtung zu verschaffen.</p>
  • <p>Artikel 37 Absatz 2 des Unfallversicherungsgesetzes UVG (SR 832.20) sei ersatzlos zu streichen .</p><p>Damit fällt die Kürzung von Versicherungsleistungen bei Unfällen, die grobfahrlässig herbeigeführt worden sind, auch bei Nichtberufsunfällen, dahin, nachdem die Grobfahrlässigkeitskürzung infolge Anwendung des übergeordneten Staatsvertragsrechts gemäss Gerichtspraxis bereits für Berufsunfälle ausgeschlossen ist. Mit der beantragten Streichung wird daher die Gleichbehandlung von Berufs- und Nichtberufsunfällen, wie sie seit Bestehen der obligatorischen Unfallversicherung (1911) gegeben war, wiederum hergestellt.</p>
  • UVG. Leistungen wegen Grobfahrlässigkeit bei Nichtberufsunfällen
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Laut Art. 32 Ziff. 1 Bst. e des Übereinkommens Nr. 128 OIT über Leistungen bei Invalidität und Alter und an Hinterbliebene vom 29. 06.1967, für die Schweiz in Kraft seit dem 13. September 1978 (AS 1978 II 1493), und Art. 68 Bst. f der Europäischen Ordnung der Sozialen Sicherheit (CESS) vom 16.04.1964, für unser Land in Kraft seit dem 17.09.1978 (AS 1978 II 1518), können die Sozialversicherungen, auf welche jemand Anspruch hätte, verweigert, gekürzt oder entzogen werden, wenn der Versicherungsfall "vorsätzlich durch eine grobe Verfehlung" verursacht wurde (gem. Übereinkommen Nr. 128 OIT) oder "wenn die betreffende Person den Fall vorsätzlich herbeigeführt hat" (nach der CESS). Das Bundesgericht hat nun in Vornahme einer Praxisänderung entschieden, dass diese Staatsvertragsbestimmungen direkt anwendbar ("self-executing") sind; demzufolge werden die bisherigen Leistungskürzungen bei Grobfahrlässigkeit des Versicherten in der Invaliden- und Unfallversicherung ausgeschlossen (BGE 119 V 171 ff, 241 ff und 410 ff sowie unveröffentlichter EVG-Entscheid vom 21.02.1994), obschon die Normen des Bundesrechts (Art. 7 Abs. 1 IVG und Art. 37 Abs. 2 UVG) die Kürzung der Leistungen bei grober Fahrlässigkeit erlauben. Wegen der direkten Anwendung der übergeordneten Staatsvertragsbestimmungen, die den Normen des Landesrechts vorgehen, sind diese Kürzungsbestimmungen wegen Grobfahrlässigkeit mithin grundsätzlich ausser Kraft gesetzt. </p><p>Im Bereich der Unfallversicherung beziehen sich die direkt anwendbaren internationalen Bestimmungen allerdings nur auf die Berufsunfälle und haben somit keine Gültigkeit für die Nichtberufsunfälle. Die neue Rechtssprechung ist also kein Hindernis für die Vornahme von Leistungskürzungen wegen grober Fahrlässigkeit bei Nichtberufsunfällen (BGE 119 V 171 E. 4d). Die Folge dieser neuen Rechtssprechung ist ein Auseinanderklaffen in der Behandlung von grobfahrlässig herbeigeführten Unfällen, je nach dem ob es sich um einen während der Berufstätigkeit oder während der Freizeit erlittenen Unfall handelt. Damit wird eine sachlich nicht gerechtfertigte Unterscheidung zwischen Opfern von Berufs- und Nichtberufsunfällen getroffen. Diese Konsequenz schafft neue Ungerechtigkeiten und widerspricht einem tragenden Grundsatz des schweizerischen Unfallversicherungsrechts, das von Anbeginn weg nie zwischen Berufs- und Nichtberufsunfällen unterschieden hat. Es zählt vielmehr zu den Errungenschaften unseres Sozialversicherungsrechts, dass die vom Versicherten in der Freizeit erlittenen Unfälle von jeher in die Deckung der obligatorischen Unfallversicherung einbezogen waren (vgl. Art. 34bis BV sowie KUVG vom 13.06.1911, BBI 1906 VI 213, 1908 III 463, 1909 VI 512). </p><p>Mit der beantragten Streichung von Art. 37 Abs. 2 UVG wird diese traditionelle Gleichstellung wieder hergestellt. Diese Streichung hätte mit andern Worten zur Folge, dass die bisherigen Kürzungsmöglichkeiten bei grobfahrlässig in der Freizeit verschuldeten Unfällen dahinfielen. Der früher im Bundessozialversicherungsrecht verankerte Grundsatz der Kürzung infolge grober Fahrlässigkeit hat nicht nur wegen der abweichenden Regelung im übergeordneten Staatsvertragsrecht seine Berechtigung verloren. Auch im innerstaatlichen Recht ist diese Neuausrichtung bereits eingeleitet worden. Der Gesetzesentwurf zum Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG), der vom Ständerat in der Herbstsession 1991 genehmigt wurde und gegenwärtig durch die nationalrätliche Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit vorberaten wird, sieht - ganz im Sinne der staatsvertraglichen Regelung - vor, dass Leistungen nur gekürzt werden, wenn der "Versicherte den Versicherungsfall absichtlich oder bei Ausübung eines Verbrechens oder Vergehens herbeigeführt oder verschlimmert" hat (Art. 27 Abs. ATSG; vgl. Amtl. Bull. StR 1991 S. 775 ff sowie BBI 1991 II S. 193). Aus derselben Überlegung enthält das neue Militärversicherungsgesetz vom 19.06.1992 (BBI 1992 III S. 910 ff) eine ähnliche Einschränkung der Kürzungsmöglichkeiten für grobfahrlässig herbeigeführte Unfälle (Art. 65 MilVG).</p><p>Von erheblicher praktischer Bedeutung ist der nach wie vor geltende und mit den Satzungen des internationalen Rechts der sozialen Sicherheit konforme Grundsatz, wonach Leistungskürzungen zulässig sind, wenn die Invalidität in Ausübung eines Verbrechens oder Vergehens herbeigeführt wurde. Die grobe Verletzung von Verkehrsregeln gemäss Art. 90 Abs. 2 des Strassenverkehrsgesetzes SVG gilt beispielsweise als Vergehen, weshalb die Leistungskürzung bei Strassenverkehrsunfällen infolge grober Verkehrsregelverletzungen (im Sinne des "reckless driving") weiterhin nach Massgabe von Art. 37 Abs. 3 UVG zum Tragen kommt (vgl. bspw. BGE 119 V 241 ff). </p><p>Es rechtfertigt sich im übrigen, die beantragte Gesetzesänderung rasch vorzunehmen und weder die ohnehin gebotene formelle Anpassung von Art. 7 Abs. 1 IVG noch die Verabschiedung des ATSG abzuwarten. Ansonsten entstünden in der Zwischenzeit unnötig Härtefälle, weil die Gerichte gegenwärtig nicht umhin kommen, Art. 37 Abs. 2 UVG weiterhin auf Nichtberufsunfälle anzuwenden. Immerhin fallen die Nichtberufsunfälle quantitativ und kostenmässig sogar etwas stärker ins Gewicht als die im Zusammenhang mit dem Beruf erlittenen Unfälle (vgl. Galliker, Unfallgeschehen und Unfallfolgen, in Schweiz. Arbeitgeber-Zeitung 1994 S 591 ff). Letztlich geht es darum, alle Unfälle im Sozialversicherungsrecht gleich zu behandeln und damit einem tragenden Gedanken des Bundesrechts auch im Rahmen der Anpassung an das internationale Recht der sozialen Sicherheit Nachachtung zu verschaffen.</p>
    • <p>Artikel 37 Absatz 2 des Unfallversicherungsgesetzes UVG (SR 832.20) sei ersatzlos zu streichen .</p><p>Damit fällt die Kürzung von Versicherungsleistungen bei Unfällen, die grobfahrlässig herbeigeführt worden sind, auch bei Nichtberufsunfällen, dahin, nachdem die Grobfahrlässigkeitskürzung infolge Anwendung des übergeordneten Staatsvertragsrechts gemäss Gerichtspraxis bereits für Berufsunfälle ausgeschlossen ist. Mit der beantragten Streichung wird daher die Gleichbehandlung von Berufs- und Nichtberufsunfällen, wie sie seit Bestehen der obligatorischen Unfallversicherung (1911) gegeben war, wiederum hergestellt.</p>
    • UVG. Leistungen wegen Grobfahrlässigkeit bei Nichtberufsunfällen
  • Index
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    Texts
    • <p>Laut Art. 32 Ziff. 1 Bst. e des Übereinkommens Nr. 128 OIT über Leistungen bei Invalidität und Alter und an Hinterbliebene vom 29. 06.1967, für die Schweiz in Kraft seit dem 13. September 1978 (AS 1978 II 1493), und Art. 68 Bst. f der Europäischen Ordnung der Sozialen Sicherheit (CESS) vom 16.04.1964, für unser Land in Kraft seit dem 17.09.1978 (AS 1978 II 1518), können die Sozialversicherungen, auf welche jemand Anspruch hätte, verweigert, gekürzt oder entzogen werden, wenn der Versicherungsfall "vorsätzlich durch eine grobe Verfehlung" verursacht wurde (gem. Übereinkommen Nr. 128 OIT) oder "wenn die betreffende Person den Fall vorsätzlich herbeigeführt hat" (nach der CESS). Das Bundesgericht hat nun in Vornahme einer Praxisänderung entschieden, dass diese Staatsvertragsbestimmungen direkt anwendbar ("self-executing") sind; demzufolge werden die bisherigen Leistungskürzungen bei Grobfahrlässigkeit des Versicherten in der Invaliden- und Unfallversicherung ausgeschlossen (BGE 119 V 171 ff, 241 ff und 410 ff sowie unveröffentlichter EVG-Entscheid vom 21.02.1994), obschon die Normen des Bundesrechts (Art. 7 Abs. 1 IVG und Art. 37 Abs. 2 UVG) die Kürzung der Leistungen bei grober Fahrlässigkeit erlauben. Wegen der direkten Anwendung der übergeordneten Staatsvertragsbestimmungen, die den Normen des Landesrechts vorgehen, sind diese Kürzungsbestimmungen wegen Grobfahrlässigkeit mithin grundsätzlich ausser Kraft gesetzt. </p><p>Im Bereich der Unfallversicherung beziehen sich die direkt anwendbaren internationalen Bestimmungen allerdings nur auf die Berufsunfälle und haben somit keine Gültigkeit für die Nichtberufsunfälle. Die neue Rechtssprechung ist also kein Hindernis für die Vornahme von Leistungskürzungen wegen grober Fahrlässigkeit bei Nichtberufsunfällen (BGE 119 V 171 E. 4d). Die Folge dieser neuen Rechtssprechung ist ein Auseinanderklaffen in der Behandlung von grobfahrlässig herbeigeführten Unfällen, je nach dem ob es sich um einen während der Berufstätigkeit oder während der Freizeit erlittenen Unfall handelt. Damit wird eine sachlich nicht gerechtfertigte Unterscheidung zwischen Opfern von Berufs- und Nichtberufsunfällen getroffen. Diese Konsequenz schafft neue Ungerechtigkeiten und widerspricht einem tragenden Grundsatz des schweizerischen Unfallversicherungsrechts, das von Anbeginn weg nie zwischen Berufs- und Nichtberufsunfällen unterschieden hat. Es zählt vielmehr zu den Errungenschaften unseres Sozialversicherungsrechts, dass die vom Versicherten in der Freizeit erlittenen Unfälle von jeher in die Deckung der obligatorischen Unfallversicherung einbezogen waren (vgl. Art. 34bis BV sowie KUVG vom 13.06.1911, BBI 1906 VI 213, 1908 III 463, 1909 VI 512). </p><p>Mit der beantragten Streichung von Art. 37 Abs. 2 UVG wird diese traditionelle Gleichstellung wieder hergestellt. Diese Streichung hätte mit andern Worten zur Folge, dass die bisherigen Kürzungsmöglichkeiten bei grobfahrlässig in der Freizeit verschuldeten Unfällen dahinfielen. Der früher im Bundessozialversicherungsrecht verankerte Grundsatz der Kürzung infolge grober Fahrlässigkeit hat nicht nur wegen der abweichenden Regelung im übergeordneten Staatsvertragsrecht seine Berechtigung verloren. Auch im innerstaatlichen Recht ist diese Neuausrichtung bereits eingeleitet worden. Der Gesetzesentwurf zum Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG), der vom Ständerat in der Herbstsession 1991 genehmigt wurde und gegenwärtig durch die nationalrätliche Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit vorberaten wird, sieht - ganz im Sinne der staatsvertraglichen Regelung - vor, dass Leistungen nur gekürzt werden, wenn der "Versicherte den Versicherungsfall absichtlich oder bei Ausübung eines Verbrechens oder Vergehens herbeigeführt oder verschlimmert" hat (Art. 27 Abs. ATSG; vgl. Amtl. Bull. StR 1991 S. 775 ff sowie BBI 1991 II S. 193). Aus derselben Überlegung enthält das neue Militärversicherungsgesetz vom 19.06.1992 (BBI 1992 III S. 910 ff) eine ähnliche Einschränkung der Kürzungsmöglichkeiten für grobfahrlässig herbeigeführte Unfälle (Art. 65 MilVG).</p><p>Von erheblicher praktischer Bedeutung ist der nach wie vor geltende und mit den Satzungen des internationalen Rechts der sozialen Sicherheit konforme Grundsatz, wonach Leistungskürzungen zulässig sind, wenn die Invalidität in Ausübung eines Verbrechens oder Vergehens herbeigeführt wurde. Die grobe Verletzung von Verkehrsregeln gemäss Art. 90 Abs. 2 des Strassenverkehrsgesetzes SVG gilt beispielsweise als Vergehen, weshalb die Leistungskürzung bei Strassenverkehrsunfällen infolge grober Verkehrsregelverletzungen (im Sinne des "reckless driving") weiterhin nach Massgabe von Art. 37 Abs. 3 UVG zum Tragen kommt (vgl. bspw. BGE 119 V 241 ff). </p><p>Es rechtfertigt sich im übrigen, die beantragte Gesetzesänderung rasch vorzunehmen und weder die ohnehin gebotene formelle Anpassung von Art. 7 Abs. 1 IVG noch die Verabschiedung des ATSG abzuwarten. Ansonsten entstünden in der Zwischenzeit unnötig Härtefälle, weil die Gerichte gegenwärtig nicht umhin kommen, Art. 37 Abs. 2 UVG weiterhin auf Nichtberufsunfälle anzuwenden. Immerhin fallen die Nichtberufsunfälle quantitativ und kostenmässig sogar etwas stärker ins Gewicht als die im Zusammenhang mit dem Beruf erlittenen Unfälle (vgl. Galliker, Unfallgeschehen und Unfallfolgen, in Schweiz. Arbeitgeber-Zeitung 1994 S 591 ff). Letztlich geht es darum, alle Unfälle im Sozialversicherungsrecht gleich zu behandeln und damit einem tragenden Gedanken des Bundesrechts auch im Rahmen der Anpassung an das internationale Recht der sozialen Sicherheit Nachachtung zu verschaffen.</p>
    • <p>Artikel 37 Absatz 2 des Unfallversicherungsgesetzes UVG (SR 832.20) sei ersatzlos zu streichen .</p><p>Damit fällt die Kürzung von Versicherungsleistungen bei Unfällen, die grobfahrlässig herbeigeführt worden sind, auch bei Nichtberufsunfällen, dahin, nachdem die Grobfahrlässigkeitskürzung infolge Anwendung des übergeordneten Staatsvertragsrechts gemäss Gerichtspraxis bereits für Berufsunfälle ausgeschlossen ist. Mit der beantragten Streichung wird daher die Gleichbehandlung von Berufs- und Nichtberufsunfällen, wie sie seit Bestehen der obligatorischen Unfallversicherung (1911) gegeben war, wiederum hergestellt.</p>
    • UVG. Leistungen wegen Grobfahrlässigkeit bei Nichtberufsunfällen

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