Den Zugang zu Ergänzungsleistungen für alle gleichermassen gewährleisten

ShortId
23.3571
Id
20233571
Updated
26.09.2023 08:31
Language
de
Title
Den Zugang zu Ergänzungsleistungen für alle gleichermassen gewährleisten
AdditionalIndexing
2836;28;2841
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Altersarmut gibt es auch in einem reichen Land wie der Schweiz Schweiz: 2022 hatten 14 Prozent der Senior:innen monatlich weniger als 2400 Franken zu Verfügung. Hauptbetroffen davon: Frauen und Personen mit Migrationshintergrund. Es ist bekannt, dass zahlreiche Personen, die Anspruch auf Ergänzungsleistungen hätten, diese nicht beantragen. Eine kürzlich publizierte Studie der ZHAW spricht von 15,75 Prozent - weitere Forschungsberichte beziffern die Zahl gar auf bis zu 30 Prozent. Mit der konservativeren Schätzung entspricht das rund 230 000 Personen über 65 Jahre, welche keine Ergänzungsleistungen beziehen, obwohl sie Anspruch darauf hätten. Hauptgründe dafür sind die Angst vor sozialen Konsequenzen wie Scham, aber auch die Angst vor einem Landesverweis bei Personen mit Migrationshintergrund oder aber auch schlicht und einfach das Unwissen darüber, dass überhaupt erst Anspruch auf Ergänzungsleistungen besteht. </p><p>Mit vorgeschlagener Kommissionsmotion sollen Anspruchsberechtigte von den Kantonen proaktiv über eine mögliche Bezugsberechtigung informiert werden. Die Kantone können sich hierbei auf bereits etablierte Prozesse wie etwa die Bestimmung zur Berechtigung von individuellen Prämienverbilligungen stützen. Die Steuerverwaltungen der Kantone verfügen zudem über sämtliche Angaben wie Einkommen und Vermögen, um die (potenzielle) Anspruchsberechtigung für Ergänzungsleistungen abzuschätzen und die betroffenen Personen entsprechend zu informieren. </p>
  • <p>Im Sozialversicherungsrecht gilt nach dem Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) das allgemeine Prinzip, dass die versicherte Person ihren Anspruch auf eine Leistung in der für die jeweilige Sozialversicherung gültigen Form zu beantragen hat. Die Versicherungsorgane ihrerseits sind verpflichtet, die versicherte Person über deren Rechte und Pflichten korrekt zu informieren. Diese Grundsätze gelten auch für die Ergänzungsleistungen (EL), für deren Organisation und Durchführung die Kantone zuständig sind.</p><p>Demzufolge müssen die Kantone die Rentnerinnen und Rentner in angemessener und systematischer Weise über deren Rechte auf EL informieren. Dazu setzen die Kantone verschiedene Instrumente ein: So werden die Rentnerinnen und Rentner mit jeder ersten AHV- und IV-Rentenverfügung über das Recht auf EL und den Anmeldungsprozess orientiert. Weitere Informationen erfolgen danach mindestens alle zwei Jahre zusammen mit der Rentenanpassung. Die Kantone können auch andere Informationskanäle nutzen, wie zum Beispiel gedruckte Informationen in Amtsblattpublikationen, Inserate in Tageszeitungen und Aushänge in den Gemeinden. Ergänzende Informationen, Merkblätter, FAQ und Berechnungshilfen stehen interessierten Personen auch im Internet zur Verfügung. Es steht den Kantonen zudem offen, auf der Grundlage der bereits bestehenden Vereinbarungen mit Organisationen wie Pro Senectute oder Pro Infirmis (Pro-Werke), eine enge Zusammenarbeit zu pflegen. Letztere erhalten aus dem AHV- oder IV-Fonds zur Finanzierung ihrer Tätigkeiten finanzielle Zuschüsse.&nbsp;</p><p>Ergänzend dazu stellt die kostenlose Beratung von Versicherten und ihren Angehörigen durch die kantonalen EL-Stellen, der einfache Zugang zu den lokalen AHV-Zweigstellen in den Gemeinden sowie die Sozialberatungsstellen der Gemeinden und der Pro-Werke sicher, dass auch eine individuell-konkrete Beratung und Unterstützung, beispielsweise für das Ausfüllen der Anmeldungsformulare oder weiteren administrativen Aufgaben im Bereich der EL, garantiert ist.&nbsp;</p><p>Der Bundesrat ist deshalb der Auffassung, dass die Kantone ihren Informationsauftrag aktiv und umfassend wahrnehmen. Er ist zudem der Meinung, dass AHV- und IV-Rentnerinnen und -Rentner im Allgemeinen gut und regelmässig über ihre Rechte informiert sind.<strong>&nbsp;</strong>Diese gute Wahrnehmung des Informationsauftrages durch die Kantone wurde bereits in der Evaluation der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) im Jahre 2006 im Bericht „Ergänzungsleistungen zur AHV und IV - Evaluation der Informationspolitik und der Gesuchsprüfung“ (abrufbar unter www.efk.admin.ch &gt; Publikationen &gt; Sozialversicherung und Altersvorsorge &gt; Archiv Sozialversicherung &amp; Altersvorsorge &gt; 2006) festgestellt. In der von der Motionärin zitierten Studie werden die bestehenden Informationsinstrumente und -werkzeuge sowie deren Wirksamkeit nicht untersucht, und sie liefert diesbezüglich auch keine neuen Erkenntnisse.&nbsp;</p><p>Trotz der guten Umsetzung des Informationsauftrages durch die Kantone ist der Bundesrat bereit, im Rahmen der Ausübung der Aufsicht (Art. 28 Abs. 1 ELG) die bestehenden Verfahren in den Kantonen zu evaluieren und zu prüfen, inwiefern diese verbessert werden könnten. Er ist jedoch der Ansicht, dass die proaktive Identifikation von potentiell EL-anspruchsberechtigten Personen nicht zuletzt aufgrund der komplexen persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen kaum möglich und sehr aufwändig wäre. Die einzige Möglichkeit, um die wirtschaftlichen Verhältnisse von Rentnerinnen und Rentner zu erfassen, könnte über die kantonalen Steuerdaten erreicht werden. Die Nutzung und Bearbeitung von Steuerdaten liegt jedoch in der kantonalen Zuständigkeit, weshalb der Bundesrat den Kantonen für diesen Bereich keine Vorschriften auferlegen will.</p>
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, eine Regelung einzuführen, mit der die Kantone potenzielle Bezüger:innen von Ergänzungsleistungen proaktiv angehen müssen, um die Bezugsberechtigung abzuklären. Mit einer entsprechenden Regelung auf Gesetzesebene soll der Zugang zu Ergänzungsleistungen niederschwellig und für alle Betroffenen gleich ausgestaltet werden. Zudem können die Betroffenen dadurch endlich von der Holschuld befreit werden. </p>
  • Den Zugang zu Ergänzungsleistungen für alle gleichermassen gewährleisten
State
Stellungnahme zum Vorstoss liegt vor
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Altersarmut gibt es auch in einem reichen Land wie der Schweiz Schweiz: 2022 hatten 14 Prozent der Senior:innen monatlich weniger als 2400 Franken zu Verfügung. Hauptbetroffen davon: Frauen und Personen mit Migrationshintergrund. Es ist bekannt, dass zahlreiche Personen, die Anspruch auf Ergänzungsleistungen hätten, diese nicht beantragen. Eine kürzlich publizierte Studie der ZHAW spricht von 15,75 Prozent - weitere Forschungsberichte beziffern die Zahl gar auf bis zu 30 Prozent. Mit der konservativeren Schätzung entspricht das rund 230 000 Personen über 65 Jahre, welche keine Ergänzungsleistungen beziehen, obwohl sie Anspruch darauf hätten. Hauptgründe dafür sind die Angst vor sozialen Konsequenzen wie Scham, aber auch die Angst vor einem Landesverweis bei Personen mit Migrationshintergrund oder aber auch schlicht und einfach das Unwissen darüber, dass überhaupt erst Anspruch auf Ergänzungsleistungen besteht. </p><p>Mit vorgeschlagener Kommissionsmotion sollen Anspruchsberechtigte von den Kantonen proaktiv über eine mögliche Bezugsberechtigung informiert werden. Die Kantone können sich hierbei auf bereits etablierte Prozesse wie etwa die Bestimmung zur Berechtigung von individuellen Prämienverbilligungen stützen. Die Steuerverwaltungen der Kantone verfügen zudem über sämtliche Angaben wie Einkommen und Vermögen, um die (potenzielle) Anspruchsberechtigung für Ergänzungsleistungen abzuschätzen und die betroffenen Personen entsprechend zu informieren. </p>
    • <p>Im Sozialversicherungsrecht gilt nach dem Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) das allgemeine Prinzip, dass die versicherte Person ihren Anspruch auf eine Leistung in der für die jeweilige Sozialversicherung gültigen Form zu beantragen hat. Die Versicherungsorgane ihrerseits sind verpflichtet, die versicherte Person über deren Rechte und Pflichten korrekt zu informieren. Diese Grundsätze gelten auch für die Ergänzungsleistungen (EL), für deren Organisation und Durchführung die Kantone zuständig sind.</p><p>Demzufolge müssen die Kantone die Rentnerinnen und Rentner in angemessener und systematischer Weise über deren Rechte auf EL informieren. Dazu setzen die Kantone verschiedene Instrumente ein: So werden die Rentnerinnen und Rentner mit jeder ersten AHV- und IV-Rentenverfügung über das Recht auf EL und den Anmeldungsprozess orientiert. Weitere Informationen erfolgen danach mindestens alle zwei Jahre zusammen mit der Rentenanpassung. Die Kantone können auch andere Informationskanäle nutzen, wie zum Beispiel gedruckte Informationen in Amtsblattpublikationen, Inserate in Tageszeitungen und Aushänge in den Gemeinden. Ergänzende Informationen, Merkblätter, FAQ und Berechnungshilfen stehen interessierten Personen auch im Internet zur Verfügung. Es steht den Kantonen zudem offen, auf der Grundlage der bereits bestehenden Vereinbarungen mit Organisationen wie Pro Senectute oder Pro Infirmis (Pro-Werke), eine enge Zusammenarbeit zu pflegen. Letztere erhalten aus dem AHV- oder IV-Fonds zur Finanzierung ihrer Tätigkeiten finanzielle Zuschüsse.&nbsp;</p><p>Ergänzend dazu stellt die kostenlose Beratung von Versicherten und ihren Angehörigen durch die kantonalen EL-Stellen, der einfache Zugang zu den lokalen AHV-Zweigstellen in den Gemeinden sowie die Sozialberatungsstellen der Gemeinden und der Pro-Werke sicher, dass auch eine individuell-konkrete Beratung und Unterstützung, beispielsweise für das Ausfüllen der Anmeldungsformulare oder weiteren administrativen Aufgaben im Bereich der EL, garantiert ist.&nbsp;</p><p>Der Bundesrat ist deshalb der Auffassung, dass die Kantone ihren Informationsauftrag aktiv und umfassend wahrnehmen. Er ist zudem der Meinung, dass AHV- und IV-Rentnerinnen und -Rentner im Allgemeinen gut und regelmässig über ihre Rechte informiert sind.<strong>&nbsp;</strong>Diese gute Wahrnehmung des Informationsauftrages durch die Kantone wurde bereits in der Evaluation der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) im Jahre 2006 im Bericht „Ergänzungsleistungen zur AHV und IV - Evaluation der Informationspolitik und der Gesuchsprüfung“ (abrufbar unter www.efk.admin.ch &gt; Publikationen &gt; Sozialversicherung und Altersvorsorge &gt; Archiv Sozialversicherung &amp; Altersvorsorge &gt; 2006) festgestellt. In der von der Motionärin zitierten Studie werden die bestehenden Informationsinstrumente und -werkzeuge sowie deren Wirksamkeit nicht untersucht, und sie liefert diesbezüglich auch keine neuen Erkenntnisse.&nbsp;</p><p>Trotz der guten Umsetzung des Informationsauftrages durch die Kantone ist der Bundesrat bereit, im Rahmen der Ausübung der Aufsicht (Art. 28 Abs. 1 ELG) die bestehenden Verfahren in den Kantonen zu evaluieren und zu prüfen, inwiefern diese verbessert werden könnten. Er ist jedoch der Ansicht, dass die proaktive Identifikation von potentiell EL-anspruchsberechtigten Personen nicht zuletzt aufgrund der komplexen persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen kaum möglich und sehr aufwändig wäre. Die einzige Möglichkeit, um die wirtschaftlichen Verhältnisse von Rentnerinnen und Rentner zu erfassen, könnte über die kantonalen Steuerdaten erreicht werden. Die Nutzung und Bearbeitung von Steuerdaten liegt jedoch in der kantonalen Zuständigkeit, weshalb der Bundesrat den Kantonen für diesen Bereich keine Vorschriften auferlegen will.</p>
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, eine Regelung einzuführen, mit der die Kantone potenzielle Bezüger:innen von Ergänzungsleistungen proaktiv angehen müssen, um die Bezugsberechtigung abzuklären. Mit einer entsprechenden Regelung auf Gesetzesebene soll der Zugang zu Ergänzungsleistungen niederschwellig und für alle Betroffenen gleich ausgestaltet werden. Zudem können die Betroffenen dadurch endlich von der Holschuld befreit werden. </p>
    • Den Zugang zu Ergänzungsleistungen für alle gleichermassen gewährleisten

Back to List