Eigenkapital- und Fremdfinanzierung gleich behandeln. Krisenrobustheit stärken

ShortId
23.3632
Id
20233632
Updated
26.03.2024 21:36
Language
de
Title
Eigenkapital- und Fremdfinanzierung gleich behandeln. Krisenrobustheit stärken
AdditionalIndexing
2446;24;15
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die aufeinanderfolgenden Krisen der letzten Jahre (z.B. Covid-19-Krise, Inflation, Energiekrise) zeigen auf, wie wichtig es ist, dass Unternehmen ein finanzielles Polster aufbauen können. In diesem Sinne muss der Eigenkapitalaufbau gefördert werden. Das geltende Steuerrecht der juristischen Personen, welches Elemente kennt, die Fremdkapital gegenüber Eigenkapital bevorzugen und Anreize zur Schaffung von Schulden setzen, muss folglich angepasst werden. Fremd- und Eigenkapitalbildung sollen künftig steuerlich gleichbehandelt werden. Damit sollen Unternehmen Anreize erhalten, vorzusorgen und sich für die nächste Krise zu wappnen. Ohne den geltenden steuerlichen Nachteil würden Banken vielleicht auch freiwillig ihre Eigenmittelunterlegung erhöhen. Im am 16. Dezember 2022 erschienenen Berichts in Erfüllung des Postulates 20.3544 Noser identifizierte der Bundesrat die Steigerung der Attraktivität des Eigenkapitals als mögliche Massnahme zur Stärkung der Resilienz.</p>
  • <p>Der Bundesrat teilt das Ziel eines Steuersystems, das Eigenkapital und Fremdkapital gleich behandelt und die betrieblichen Entscheide über die Kapitalstruktur nicht verzerrt. Das geltende Recht kennt Bestimmungen, die dieses Postulat der Kapitalstrukturneutralität verletzen.</p><p>Bei der Gewinnsteuer sind Fremdkapitalzinsen abzugsfähig. Die Eigenkapitalkosten sind es grundsätzlich nicht. Ein Abzug eines kalkulatorischen Eigenkapitalzinses war in der am 12. Februar 2017 in der Volkabstimmung gescheiterten Unternehmenssteuerreform III (USR III) vorgesehen. Die stark eingeschränkte Abzugsfähigkeit des Eigenkapitalzinses im Nachfolgeprojekt Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF) war Teil des erzielten politischen Kompromisses. Selbst die in der USR III vorgesehene Massnahme hätte jedoch die Kapitalstrukturneutralität nur teilweise verwirklicht, weil sich der Abzug bloss auf einen Teil des Eigenkapitals bezog.</p><p>Auch die Emissionsabgabe und die Kapitalsteuer belasten ausschliesslich das Eigenkapital und benachteiligen es damit gegenüber Fremdkapital. Die Abschaffung der Emissionsabgabe scheiterte am 13. Februar 2022 in der Volksabstimmung. Die Kapitalsteuer muss von den Kantonen kraft Steuerharmonisierungsgesetz (SR 642.14) erhoben werden. Seit 2009 können die Kantone die Gewinn- an die Kapitalsteuer anrechnen, womit die Kapitalsteuer ab einer gewissen Profitabilität des Unternehmens entfällt. Der Bund erhebt seit 1998 keine Kapitalsteuer mehr.</p><p>Eine Beseitigung der erwähnten steuerlichen Benachteiligungen von Eigenkapital würde Mindereinnahmen von mehreren Milliarden Franken bei Bund und Kantonen mit sich bringen. Es würde sich die Frage einer Gegenfinanzierung stellen. Denkbar wäre hierfür grundsätzlich die Einführung einer Kapitalgewinnsteuer. Die fehlende Besteuerung von privaten Kapitalgewinnen aus Wertpapieren bevorzugt allerdings just die Finanzierung mit Eigenkapital, weil Wertsteigerungen auf Beteiligungspapieren steuerfrei bleiben. Der Bundesrat hatte 2014 in der Vernehmlassung zur USR III die Einführung einer Kapitalgewinnsteuer auf Wertschriften vorgeschlagen. Die Massnahme stiess auf Ablehnung und fand keinen Eingang in die Botschaft des Bundesrates.</p><p>Für grosse Unternehmensgruppen ist ferner auch die mögliche Einführung der OECD-Mindestbesteuerung von 15% zu beachten. Die der OECD-Mindestbesteuerung zugrunde liegende Bemessungsgrundlage sieht keinen Abzug für Eigenkapitalkosten vor. Entsprechend würde ein solcher Abzug bei den von der OECD-Mindestbesteuerung betroffenen Unternehmen mindestens teilweise ins Leere fallen, sofern die Besteuerung nach Eigenkapitalkostenabzug unter dem Mindeststeuersatz von 15% liegt.</p><p>Fazit: Sowohl die genannten Benachteiligungen von Eigen- gegenüber Fremdfinanzierung wie auch die Einführung einer Kapitalgewinnsteuer waren vor nicht langer Zeit Gegenstand von Gesetzgebungsprojekten und sind teilweise in Volksabstimmungen gescheitert. Weiter wären die Auswirkungen eines Abzugs der Eigenkapitalkosten vor dem Hintergrund der Einführung der OECD-Mindestbesteuerung neu zu beurteilen. Aus diesen Gründen erachtet es der Bundesrat zum jetzigen Zeitpunkt nicht als opportun, ein Gesetzgebungsprojekt zu lancieren.</p>
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die Steuergesetze des Bundes so anzupassen, dass die Eigenkapitalbildung gegenüber der Fremdkapitalaufnahme nicht benachteiligt, sondern steuerlich gleichbehandelt wird. Analog zum Steuerabzug der Zinsen für Fremdkapital soll ein auf den Eigenmitteln berechneter Zins abgezogen werden.</p>
  • Eigenkapital- und Fremdfinanzierung gleich behandeln. Krisenrobustheit stärken
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die aufeinanderfolgenden Krisen der letzten Jahre (z.B. Covid-19-Krise, Inflation, Energiekrise) zeigen auf, wie wichtig es ist, dass Unternehmen ein finanzielles Polster aufbauen können. In diesem Sinne muss der Eigenkapitalaufbau gefördert werden. Das geltende Steuerrecht der juristischen Personen, welches Elemente kennt, die Fremdkapital gegenüber Eigenkapital bevorzugen und Anreize zur Schaffung von Schulden setzen, muss folglich angepasst werden. Fremd- und Eigenkapitalbildung sollen künftig steuerlich gleichbehandelt werden. Damit sollen Unternehmen Anreize erhalten, vorzusorgen und sich für die nächste Krise zu wappnen. Ohne den geltenden steuerlichen Nachteil würden Banken vielleicht auch freiwillig ihre Eigenmittelunterlegung erhöhen. Im am 16. Dezember 2022 erschienenen Berichts in Erfüllung des Postulates 20.3544 Noser identifizierte der Bundesrat die Steigerung der Attraktivität des Eigenkapitals als mögliche Massnahme zur Stärkung der Resilienz.</p>
    • <p>Der Bundesrat teilt das Ziel eines Steuersystems, das Eigenkapital und Fremdkapital gleich behandelt und die betrieblichen Entscheide über die Kapitalstruktur nicht verzerrt. Das geltende Recht kennt Bestimmungen, die dieses Postulat der Kapitalstrukturneutralität verletzen.</p><p>Bei der Gewinnsteuer sind Fremdkapitalzinsen abzugsfähig. Die Eigenkapitalkosten sind es grundsätzlich nicht. Ein Abzug eines kalkulatorischen Eigenkapitalzinses war in der am 12. Februar 2017 in der Volkabstimmung gescheiterten Unternehmenssteuerreform III (USR III) vorgesehen. Die stark eingeschränkte Abzugsfähigkeit des Eigenkapitalzinses im Nachfolgeprojekt Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF) war Teil des erzielten politischen Kompromisses. Selbst die in der USR III vorgesehene Massnahme hätte jedoch die Kapitalstrukturneutralität nur teilweise verwirklicht, weil sich der Abzug bloss auf einen Teil des Eigenkapitals bezog.</p><p>Auch die Emissionsabgabe und die Kapitalsteuer belasten ausschliesslich das Eigenkapital und benachteiligen es damit gegenüber Fremdkapital. Die Abschaffung der Emissionsabgabe scheiterte am 13. Februar 2022 in der Volksabstimmung. Die Kapitalsteuer muss von den Kantonen kraft Steuerharmonisierungsgesetz (SR 642.14) erhoben werden. Seit 2009 können die Kantone die Gewinn- an die Kapitalsteuer anrechnen, womit die Kapitalsteuer ab einer gewissen Profitabilität des Unternehmens entfällt. Der Bund erhebt seit 1998 keine Kapitalsteuer mehr.</p><p>Eine Beseitigung der erwähnten steuerlichen Benachteiligungen von Eigenkapital würde Mindereinnahmen von mehreren Milliarden Franken bei Bund und Kantonen mit sich bringen. Es würde sich die Frage einer Gegenfinanzierung stellen. Denkbar wäre hierfür grundsätzlich die Einführung einer Kapitalgewinnsteuer. Die fehlende Besteuerung von privaten Kapitalgewinnen aus Wertpapieren bevorzugt allerdings just die Finanzierung mit Eigenkapital, weil Wertsteigerungen auf Beteiligungspapieren steuerfrei bleiben. Der Bundesrat hatte 2014 in der Vernehmlassung zur USR III die Einführung einer Kapitalgewinnsteuer auf Wertschriften vorgeschlagen. Die Massnahme stiess auf Ablehnung und fand keinen Eingang in die Botschaft des Bundesrates.</p><p>Für grosse Unternehmensgruppen ist ferner auch die mögliche Einführung der OECD-Mindestbesteuerung von 15% zu beachten. Die der OECD-Mindestbesteuerung zugrunde liegende Bemessungsgrundlage sieht keinen Abzug für Eigenkapitalkosten vor. Entsprechend würde ein solcher Abzug bei den von der OECD-Mindestbesteuerung betroffenen Unternehmen mindestens teilweise ins Leere fallen, sofern die Besteuerung nach Eigenkapitalkostenabzug unter dem Mindeststeuersatz von 15% liegt.</p><p>Fazit: Sowohl die genannten Benachteiligungen von Eigen- gegenüber Fremdfinanzierung wie auch die Einführung einer Kapitalgewinnsteuer waren vor nicht langer Zeit Gegenstand von Gesetzgebungsprojekten und sind teilweise in Volksabstimmungen gescheitert. Weiter wären die Auswirkungen eines Abzugs der Eigenkapitalkosten vor dem Hintergrund der Einführung der OECD-Mindestbesteuerung neu zu beurteilen. Aus diesen Gründen erachtet es der Bundesrat zum jetzigen Zeitpunkt nicht als opportun, ein Gesetzgebungsprojekt zu lancieren.</p>
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die Steuergesetze des Bundes so anzupassen, dass die Eigenkapitalbildung gegenüber der Fremdkapitalaufnahme nicht benachteiligt, sondern steuerlich gleichbehandelt wird. Analog zum Steuerabzug der Zinsen für Fremdkapital soll ein auf den Eigenmitteln berechneter Zins abgezogen werden.</p>
    • Eigenkapital- und Fremdfinanzierung gleich behandeln. Krisenrobustheit stärken

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