Unsere Krankenversicherung muss auf dem neuesten Stand der Technologie und gleichzeitig erschwinglich bleiben

ShortId
23.3768
Id
20233768
Updated
26.09.2023 08:28
Language
de
Title
Unsere Krankenversicherung muss auf dem neuesten Stand der Technologie und gleichzeitig erschwinglich bleiben
AdditionalIndexing
2841
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Das KVG hat eines seiner ursprünglichen Ziele klar verfehlt: Das Ziel, das Kostenwachstum zu bremsen, wurde, nett gesagt, bei Weitem verpasst. Es braucht darum neue Ansätze, um die Prämien- und die Steuerzahlerinnen und -zahler vor ungerechtfertigten Zusatzkosten, die keinen Mehrwert bringen, zu schützen. Die Ursache des Problems liegt bei einem alles in Allem zu ungenauen Leistungskatalog, der es den Leistungserbringern ermöglicht, fast alles zu tun, was sie wollen, auch wenn die gewählte Behandlung nichts nützt, nur in ganz seltenen Fällen geeignet ist oder auf veralteten Techniken beruht. Einige Beispiele: der exponentiell zunehmende Einsatz von Bildgebungsverfahren in der Radiologie, das wahllose Implantieren von Stents in der Kardiologie, die extrem häufige Verschreibung von weitgehend unwirksamen Magensäureblockern oder die Verwendung von völlig ungenauen Tests zur Erkennung von Prostatakrebs.</p><p>Mit dem neuen Programm wurde ein erster Grundstein dafür gelegt, dass unsere Krankenversicherung dauerhaft ein modernes und bedarfsgerechtes Leistungsangebot beibehält, sich aber von veralteten, ineffizienten oder gar kontraproduktiven Eingriffen verabschiedet. So werden neben den medizinischen Problemen, die sich aus solchen unnötigen Eingriffen ergeben, auch ungerechtfertigte Kosten vermieden, denn nichts ist teurer als überflüssige und schlechte Leistungen, die zudem immer mit Risiken für die Patientinnen und Patienten verbunden sind. Dank der systematischen Bewertung medizinischer Verfahren und Technologien (Health Technology Assessment, HTA) und den ausserparlamentarischen Fachkommissionen, die bereits geschaffen wurden, verfügt der Bundesrat über die Instrumente, die er benötigt, um seine Empfehlungen so zu aktualisieren, dass die wirksamen medizinischen Massnahmen berücksichtigt werden, während für Eingriffe, die nicht wirklich medizinisch gerechtfertigt sind, viel strengere Voraussetzungen gelten werden. Die verschiedenen Kostendämpfungsprogramme hingegen, die während der laufenden Legislatur beraten wurden oder noch beraten werden, werden grösstenteils keine Wirkung entfalten und werden womöglich den wirksameren Massnahmen den Wind aus den Segeln nehmen. Sie werden das Kostenwachstum nur marginal und bei Weitem nicht ausreichend bremsen können.</p><p>&nbsp;</p>
  • <p>Das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) beinhaltet mit den Artikeln 32 bis 34 genügende rechtliche Grundlagen für die Steuerung des Leistungskatalogs, insbesondere die Überprüfung der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW), sowie den Ausschluss von nicht WZW-konformen Leistungen. Wie der Bundesrat in seiner Antwort auf 22.4394 Postulat Herzog «Kostensenkung im Gesundheitswesen durch die Überprüfung des Leistungskatalogs in der Grundversicherung» und 21.4442 Motion Nantermod «Obligatorische Krankenpflegeversicherung. Keine Rückerstattung mehr für Behandlungen ohne nachgewiesene Wirksamkeit», bereits dargelegt hat, wurden die Prozesse zur WZW-Überprüfung in den letzten Jahren ausgebaut.</p><p>&nbsp;</p><p>Durch die Überprüfung der Aufnahmebedingungen alle drei Jahre aller Arzneimittel wurden seit 2012 Einsparungen zu Gunsten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) in der Höhe von rund 1.3 Milliarden Franken erreicht. Im Rahmen des HTA-Programms (Health Technology Assessment, HTA) wurden seit 2017 insgesamt 17 Entscheide zur Vergütungsvoraussetzung OKP-pflichtiger Leistungen gefällt und damit jährliche direkte Einsparungen von rund 75 Millionen Franken erzielt, nicht eingerechnet die schwer bezifferbaren indirekten Einsparungen aufgrund der Verbesserung der Behandlungs- und Versorgungsqualität. Aktuell werden in der zweiten Phase des Projektes transAL-2 die Tarife aller Positionen der Analysenliste (AL; Liste der ambulant durchgeführten Laboranalysen) neu berechnet. Eine periodische Überprüfung der AL wird nach Abschluss von transAL-2 initiiert. Zudem ist die periodische Überprüfung ärztlicher Leistungen in Anhang 1 der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV; SR 832.112.31) und der Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL) im Aufbau. Des Weiteren startet das Bundesamt für Gesundheit (BAG) voraussichtlich im vierten Quartal 2023 im Sinne der gesundheitspolitischen Strategie Gesundheit2030 ein spezifisches Projekt hinsichtlich Förderung der angemessenen Versorgung sowie möglicher Massnahmen für gezielte Verbesserungen in Leistungsbereichen mit Über-, Unter- und Fehlversorgung.</p><p>&nbsp;</p><p>Die Kostenzunahme in der OKP ist durch mehrere, angebots- und nachfrageseitige Faktoren wie demographische Entwicklung, medizinisch-technologischer Fortschritt, Mengenentwicklungen und Überversorgung bedingt. Die Ermittlung des Kostenanteils, der allein durch neue Leistungen bedingt ist, ist nur eingeschränkt möglich, da die neuen Leistungen meist andere Leistungen ersetzen und den gesamten Behandlungspfad verändern. Die Kostenauswirkungen können nur in (meist aufwändigen) Modellierungen geschätzt werden, was im Allgemeinen bei der WZW-Prüfung erfolgt, nicht aber über die vorhandenen statistischen Kostendaten fortlaufend ermittelt werden kann. Eine direkte Kompensation von Kostenzunahmen, welche wie oben dargelegt, multifaktoriell bedingt sind, ist über eine Regulierung der Leistungspflicht neuer Leistungen und Streichung bestehender Leistungen nicht möglich.</p>
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) so anzupassen, dass die zusätzlichen Ausgaben für neue Behandlungen im Laufe der Jahre ausgeglichen werden durch eine strikte Begrenzung oder gar die Streichung von Behandlungen, die wenig wirksam oder veraltet sind oder die WZW-Kriterien nicht erfüllen. Der Bundesrat erstattet dem Parlament zweimal pro Legislatur Bericht über den Fortschritt des Programms.</p>
  • Unsere Krankenversicherung muss auf dem neuesten Stand der Technologie und gleichzeitig erschwinglich bleiben
State
Stellungnahme zum Vorstoss liegt vor
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Das KVG hat eines seiner ursprünglichen Ziele klar verfehlt: Das Ziel, das Kostenwachstum zu bremsen, wurde, nett gesagt, bei Weitem verpasst. Es braucht darum neue Ansätze, um die Prämien- und die Steuerzahlerinnen und -zahler vor ungerechtfertigten Zusatzkosten, die keinen Mehrwert bringen, zu schützen. Die Ursache des Problems liegt bei einem alles in Allem zu ungenauen Leistungskatalog, der es den Leistungserbringern ermöglicht, fast alles zu tun, was sie wollen, auch wenn die gewählte Behandlung nichts nützt, nur in ganz seltenen Fällen geeignet ist oder auf veralteten Techniken beruht. Einige Beispiele: der exponentiell zunehmende Einsatz von Bildgebungsverfahren in der Radiologie, das wahllose Implantieren von Stents in der Kardiologie, die extrem häufige Verschreibung von weitgehend unwirksamen Magensäureblockern oder die Verwendung von völlig ungenauen Tests zur Erkennung von Prostatakrebs.</p><p>Mit dem neuen Programm wurde ein erster Grundstein dafür gelegt, dass unsere Krankenversicherung dauerhaft ein modernes und bedarfsgerechtes Leistungsangebot beibehält, sich aber von veralteten, ineffizienten oder gar kontraproduktiven Eingriffen verabschiedet. So werden neben den medizinischen Problemen, die sich aus solchen unnötigen Eingriffen ergeben, auch ungerechtfertigte Kosten vermieden, denn nichts ist teurer als überflüssige und schlechte Leistungen, die zudem immer mit Risiken für die Patientinnen und Patienten verbunden sind. Dank der systematischen Bewertung medizinischer Verfahren und Technologien (Health Technology Assessment, HTA) und den ausserparlamentarischen Fachkommissionen, die bereits geschaffen wurden, verfügt der Bundesrat über die Instrumente, die er benötigt, um seine Empfehlungen so zu aktualisieren, dass die wirksamen medizinischen Massnahmen berücksichtigt werden, während für Eingriffe, die nicht wirklich medizinisch gerechtfertigt sind, viel strengere Voraussetzungen gelten werden. Die verschiedenen Kostendämpfungsprogramme hingegen, die während der laufenden Legislatur beraten wurden oder noch beraten werden, werden grösstenteils keine Wirkung entfalten und werden womöglich den wirksameren Massnahmen den Wind aus den Segeln nehmen. Sie werden das Kostenwachstum nur marginal und bei Weitem nicht ausreichend bremsen können.</p><p>&nbsp;</p>
    • <p>Das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) beinhaltet mit den Artikeln 32 bis 34 genügende rechtliche Grundlagen für die Steuerung des Leistungskatalogs, insbesondere die Überprüfung der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW), sowie den Ausschluss von nicht WZW-konformen Leistungen. Wie der Bundesrat in seiner Antwort auf 22.4394 Postulat Herzog «Kostensenkung im Gesundheitswesen durch die Überprüfung des Leistungskatalogs in der Grundversicherung» und 21.4442 Motion Nantermod «Obligatorische Krankenpflegeversicherung. Keine Rückerstattung mehr für Behandlungen ohne nachgewiesene Wirksamkeit», bereits dargelegt hat, wurden die Prozesse zur WZW-Überprüfung in den letzten Jahren ausgebaut.</p><p>&nbsp;</p><p>Durch die Überprüfung der Aufnahmebedingungen alle drei Jahre aller Arzneimittel wurden seit 2012 Einsparungen zu Gunsten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) in der Höhe von rund 1.3 Milliarden Franken erreicht. Im Rahmen des HTA-Programms (Health Technology Assessment, HTA) wurden seit 2017 insgesamt 17 Entscheide zur Vergütungsvoraussetzung OKP-pflichtiger Leistungen gefällt und damit jährliche direkte Einsparungen von rund 75 Millionen Franken erzielt, nicht eingerechnet die schwer bezifferbaren indirekten Einsparungen aufgrund der Verbesserung der Behandlungs- und Versorgungsqualität. Aktuell werden in der zweiten Phase des Projektes transAL-2 die Tarife aller Positionen der Analysenliste (AL; Liste der ambulant durchgeführten Laboranalysen) neu berechnet. Eine periodische Überprüfung der AL wird nach Abschluss von transAL-2 initiiert. Zudem ist die periodische Überprüfung ärztlicher Leistungen in Anhang 1 der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV; SR 832.112.31) und der Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL) im Aufbau. Des Weiteren startet das Bundesamt für Gesundheit (BAG) voraussichtlich im vierten Quartal 2023 im Sinne der gesundheitspolitischen Strategie Gesundheit2030 ein spezifisches Projekt hinsichtlich Förderung der angemessenen Versorgung sowie möglicher Massnahmen für gezielte Verbesserungen in Leistungsbereichen mit Über-, Unter- und Fehlversorgung.</p><p>&nbsp;</p><p>Die Kostenzunahme in der OKP ist durch mehrere, angebots- und nachfrageseitige Faktoren wie demographische Entwicklung, medizinisch-technologischer Fortschritt, Mengenentwicklungen und Überversorgung bedingt. Die Ermittlung des Kostenanteils, der allein durch neue Leistungen bedingt ist, ist nur eingeschränkt möglich, da die neuen Leistungen meist andere Leistungen ersetzen und den gesamten Behandlungspfad verändern. Die Kostenauswirkungen können nur in (meist aufwändigen) Modellierungen geschätzt werden, was im Allgemeinen bei der WZW-Prüfung erfolgt, nicht aber über die vorhandenen statistischen Kostendaten fortlaufend ermittelt werden kann. Eine direkte Kompensation von Kostenzunahmen, welche wie oben dargelegt, multifaktoriell bedingt sind, ist über eine Regulierung der Leistungspflicht neuer Leistungen und Streichung bestehender Leistungen nicht möglich.</p>
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) so anzupassen, dass die zusätzlichen Ausgaben für neue Behandlungen im Laufe der Jahre ausgeglichen werden durch eine strikte Begrenzung oder gar die Streichung von Behandlungen, die wenig wirksam oder veraltet sind oder die WZW-Kriterien nicht erfüllen. Der Bundesrat erstattet dem Parlament zweimal pro Legislatur Bericht über den Fortschritt des Programms.</p>
    • Unsere Krankenversicherung muss auf dem neuesten Stand der Technologie und gleichzeitig erschwinglich bleiben

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