Wie verhindert der Bundesrat, dass mit Sklavenarbeit produzierte Kleider in die Schweiz gelangen?

ShortId
23.3782
Id
20233782
Updated
26.03.2024 21:46
Language
de
Title
Wie verhindert der Bundesrat, dass mit Sklavenarbeit produzierte Kleider in die Schweiz gelangen?
AdditionalIndexing
15;44;1236
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>1. Der Bundesrat erwartet von in der Schweiz ansässigen und/oder tätigen Unternehmen, dass sie ihre menschenrechtliche Verantwortung angemessen wahrnehmen. Dies gilt auch für diejenigen, die in der Textil- und Bekleidungsindustrie tätig sind. Um die betroffenen Unternehmen bei der Umsetzung einer Sorgfaltsprüfung entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu unterstützen, organisiert die Bundesverwaltung im Rahmen des Nationalen Aktionsplans «Wirtschaft und Menschenrechte» 2020−2023 (NAP) regelmässig Workshops, namentlich mit den Branchenverbänden der Textilindustrie, so auch den Mitgliedern der Swiss Retail Federation. Den Unternehmen und Vergabebehörden stehen auch zahlreiche Leitfäden und Instrumente zur Verfügung, um die Risiken in den Wertschöpfungsketten zu erkennen. Ausserdem finanziert die Schweiz das Programm <i>Better Work&nbsp;</i>der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und der Internationalen Finanz-Korporation (IFC). Durch die Einbindung aller betroffenen Akteure trägt dieses Programm zur Förderung der Einhaltung der nationalen Gesetze und der Kernarbeitsnormen, u.&nbsp;a. zur Zwangsarbeit und zur Gewerkschaftsfreiheit, entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Textilindustrie bei. Das Programm strebt auch eine Sensibilisierung der Schweizer Unternehmen an. Ferner unterstützt der Bund die Initiative <i>Sustainable Textiles Switzerland 2030,&nbsp;</i>ein Multi-Stakeholder-Programm, das einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Ziele der Agenda&nbsp;2030 für nachhaltige Entwicklung im Schweizer Textil- und Bekleidungssektor leisten will.</p><p>2. Es wurde eine Studie zur Umsetzung der Sorgfaltsprüfung durch die Schweizer Unternehmen gemäss den UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen und dem OECD-Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln durchgeführt. Gleichzeitig wurde der Nationale Aktionsplan «Wirtschaft und Menschenrechte» 2020−2023 (NAP) evaluiert. Die Ergebnisse werden zurzeit analysiert und sollen als Grundlage für die Aktualisierung des NAP dienen. Auch alle Programme der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit werden regelmässig evaluiert. Das Programm <i>Better Work&nbsp;</i>stützt sich auf solide Indikatoren für das Monitoring und die Evaluation ab und unterhält Hochschulpartnerschaften, um seine Wirkung auf Arbeitnehmende und Unternehmen unabhängig zu messen.</p><p>3. Die Aktivitäten zur Sensibilisierung von Unternehmen im Bereich der Menschenrechte werden laufend ausgebaut. Ein Beispiel ist das vom Bund organisierte Schweizer Forum «Wirtschaft und Menschenrechte», das am 18.&nbsp;Oktober&nbsp;2023 stattfindet.</p><p>4. Das Verbot von Zwangsarbeit und das Recht auf Gewerkschaftsfreiheit gehören zu den grundlegenden Prinzipien und Rechten bei der Arbeit der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO), der für Arbeitsfragen zuständigen Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Das Überwachungssystem der IAO identifiziert Fälle, in denen sich Mitgliedstaaten nicht an die internationalen Arbeitsnormen halten. Die Schweiz beteiligt sich aktiv am Überwachungssystem und äussert sich an der Internationalen Arbeitskonferenz zu diesen Fällen.</p><p>5. Der Bericht wurde am 2.&nbsp;Dezember 2022 veröffentlicht (<a href="https://www.bj.admin.ch/dam/bj/de/data/wirtschaft/gesetzgebung/verantwortungsvolle-unternehmen/bericht-entwuerfe-nachhaltigkeitspflichten-eu.pdf">https://www.bj.admin.ch/dam/bj/de/data/wirtschaft/gesetzgebung/verantwortungsvolle-unternehmen/bericht-entwuerfe-nachhaltigkeitspflichten-eu.pdf</a>). Er zeigt auf, inwiefern sich das Schweizer Recht vom Vorschlag für eine EU-Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen unterscheidet und gibt eine erste Einschätzung, welche Auswirkungen für die Schweizer Wirtschaft zu erwarten wären. Der Bundesrat beschloss am 2.&nbsp;Dezember&nbsp;2022 u.&nbsp;a., bis Ende 2023 die Auswirkungen der künftigen EU-Richtlinie vertieft zu analysieren, damit für Schweizer Unternehmen keine Wettbewerbsnachteile entstehen. Die Analyse ist im Gang und wird durch ein externes Beratungsunternehmen durchgeführt.</p>
  • <p>Die Textilbranche ist eine der grössten und globalisiertesten Industrien weltweit. Leider sind in vielen Produktionsländern die Arbeits- und Sozialstandards ungenügend, was zu Ausbeutung, Niedriglöhnen, menschenunwürdigen Arbeitsverhältnissen bis hin zu Zwangsarbeit führt. Insbesondere in China, das mit einem Anteil von 25-30 Prozent nach wie vor an der Spitze der Importstatistik bei Textilien steht, ist Zwangsarbeit in verschiedenen Regionen durch das Uno-Hochkommissariat für Menschenrechte und Nichtregierungsorganisationen dokumentiert. Die Schweizer Bevölkerung erwartet zu Recht, dass Kleider und Schuhe auf dem Schweizer Markt nicht unter Verletzung der Gewerkschaftsfreiheit oder gar durch Sklavenarbeit hergestellt wurden. Dennoch setzt die Schweiz im Gegensatz zu anderen Staaten einzig auf die Selbstregulierung der Unternehmen und führt Sensibilisierungsaktivitäten durch, um die menschen- und arbeitsrechtliche Qualität von importierten Kleidern zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang bitte ich den Bundesrat um die Beantwortung folgender Fragen:</p><p>1. Welche Massnahmen hat der Bundesrat ergriffen, um die auf dem Bekleidungs- und Textilmarkt tätigen Mitglieder der "Swiss Retail Federation" oder des Handelsverbandes auf die Problematik von staatlich organisierter Zwangsarbeit und die Beschränkung der Gewerkschaftsfreiheit zu sensibilisieren?</p><p>2. Wie evaluiert der Bundesrat, ob die bislang durchgeführten Sensibilisierungsaktivitäten zur Anpassung der Praktiken der oben erwähnten Unternehmen führten?</p><p>3. Ist eine Ausweitung dieser Sensibilisierungsaktivitäten vorgesehen? </p><p>4. Was wird unternommen, wenn in den Bereichen Zwangsarbeit und Beschränkung der Gewerkschaftsfreiheit keine Fortschritte erzielt werden?</p><p>5. Wo steht die in der bundesrätlichen Antwort auf die Interpellation Ryser 22.3783 angekündigte Analyse des EU-Vorschlags zu Sorgfaltsprüfung durch das Bundesamt für Justiz?</p>
  • Wie verhindert der Bundesrat, dass mit Sklavenarbeit produzierte Kleider in die Schweiz gelangen?
State
Stellungnahme zum Vorstoss liegt vor
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>1. Der Bundesrat erwartet von in der Schweiz ansässigen und/oder tätigen Unternehmen, dass sie ihre menschenrechtliche Verantwortung angemessen wahrnehmen. Dies gilt auch für diejenigen, die in der Textil- und Bekleidungsindustrie tätig sind. Um die betroffenen Unternehmen bei der Umsetzung einer Sorgfaltsprüfung entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu unterstützen, organisiert die Bundesverwaltung im Rahmen des Nationalen Aktionsplans «Wirtschaft und Menschenrechte» 2020−2023 (NAP) regelmässig Workshops, namentlich mit den Branchenverbänden der Textilindustrie, so auch den Mitgliedern der Swiss Retail Federation. Den Unternehmen und Vergabebehörden stehen auch zahlreiche Leitfäden und Instrumente zur Verfügung, um die Risiken in den Wertschöpfungsketten zu erkennen. Ausserdem finanziert die Schweiz das Programm <i>Better Work&nbsp;</i>der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und der Internationalen Finanz-Korporation (IFC). Durch die Einbindung aller betroffenen Akteure trägt dieses Programm zur Förderung der Einhaltung der nationalen Gesetze und der Kernarbeitsnormen, u.&nbsp;a. zur Zwangsarbeit und zur Gewerkschaftsfreiheit, entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Textilindustrie bei. Das Programm strebt auch eine Sensibilisierung der Schweizer Unternehmen an. Ferner unterstützt der Bund die Initiative <i>Sustainable Textiles Switzerland 2030,&nbsp;</i>ein Multi-Stakeholder-Programm, das einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Ziele der Agenda&nbsp;2030 für nachhaltige Entwicklung im Schweizer Textil- und Bekleidungssektor leisten will.</p><p>2. Es wurde eine Studie zur Umsetzung der Sorgfaltsprüfung durch die Schweizer Unternehmen gemäss den UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen und dem OECD-Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln durchgeführt. Gleichzeitig wurde der Nationale Aktionsplan «Wirtschaft und Menschenrechte» 2020−2023 (NAP) evaluiert. Die Ergebnisse werden zurzeit analysiert und sollen als Grundlage für die Aktualisierung des NAP dienen. Auch alle Programme der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit werden regelmässig evaluiert. Das Programm <i>Better Work&nbsp;</i>stützt sich auf solide Indikatoren für das Monitoring und die Evaluation ab und unterhält Hochschulpartnerschaften, um seine Wirkung auf Arbeitnehmende und Unternehmen unabhängig zu messen.</p><p>3. Die Aktivitäten zur Sensibilisierung von Unternehmen im Bereich der Menschenrechte werden laufend ausgebaut. Ein Beispiel ist das vom Bund organisierte Schweizer Forum «Wirtschaft und Menschenrechte», das am 18.&nbsp;Oktober&nbsp;2023 stattfindet.</p><p>4. Das Verbot von Zwangsarbeit und das Recht auf Gewerkschaftsfreiheit gehören zu den grundlegenden Prinzipien und Rechten bei der Arbeit der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO), der für Arbeitsfragen zuständigen Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Das Überwachungssystem der IAO identifiziert Fälle, in denen sich Mitgliedstaaten nicht an die internationalen Arbeitsnormen halten. Die Schweiz beteiligt sich aktiv am Überwachungssystem und äussert sich an der Internationalen Arbeitskonferenz zu diesen Fällen.</p><p>5. Der Bericht wurde am 2.&nbsp;Dezember 2022 veröffentlicht (<a href="https://www.bj.admin.ch/dam/bj/de/data/wirtschaft/gesetzgebung/verantwortungsvolle-unternehmen/bericht-entwuerfe-nachhaltigkeitspflichten-eu.pdf">https://www.bj.admin.ch/dam/bj/de/data/wirtschaft/gesetzgebung/verantwortungsvolle-unternehmen/bericht-entwuerfe-nachhaltigkeitspflichten-eu.pdf</a>). Er zeigt auf, inwiefern sich das Schweizer Recht vom Vorschlag für eine EU-Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen unterscheidet und gibt eine erste Einschätzung, welche Auswirkungen für die Schweizer Wirtschaft zu erwarten wären. Der Bundesrat beschloss am 2.&nbsp;Dezember&nbsp;2022 u.&nbsp;a., bis Ende 2023 die Auswirkungen der künftigen EU-Richtlinie vertieft zu analysieren, damit für Schweizer Unternehmen keine Wettbewerbsnachteile entstehen. Die Analyse ist im Gang und wird durch ein externes Beratungsunternehmen durchgeführt.</p>
    • <p>Die Textilbranche ist eine der grössten und globalisiertesten Industrien weltweit. Leider sind in vielen Produktionsländern die Arbeits- und Sozialstandards ungenügend, was zu Ausbeutung, Niedriglöhnen, menschenunwürdigen Arbeitsverhältnissen bis hin zu Zwangsarbeit führt. Insbesondere in China, das mit einem Anteil von 25-30 Prozent nach wie vor an der Spitze der Importstatistik bei Textilien steht, ist Zwangsarbeit in verschiedenen Regionen durch das Uno-Hochkommissariat für Menschenrechte und Nichtregierungsorganisationen dokumentiert. Die Schweizer Bevölkerung erwartet zu Recht, dass Kleider und Schuhe auf dem Schweizer Markt nicht unter Verletzung der Gewerkschaftsfreiheit oder gar durch Sklavenarbeit hergestellt wurden. Dennoch setzt die Schweiz im Gegensatz zu anderen Staaten einzig auf die Selbstregulierung der Unternehmen und führt Sensibilisierungsaktivitäten durch, um die menschen- und arbeitsrechtliche Qualität von importierten Kleidern zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang bitte ich den Bundesrat um die Beantwortung folgender Fragen:</p><p>1. Welche Massnahmen hat der Bundesrat ergriffen, um die auf dem Bekleidungs- und Textilmarkt tätigen Mitglieder der "Swiss Retail Federation" oder des Handelsverbandes auf die Problematik von staatlich organisierter Zwangsarbeit und die Beschränkung der Gewerkschaftsfreiheit zu sensibilisieren?</p><p>2. Wie evaluiert der Bundesrat, ob die bislang durchgeführten Sensibilisierungsaktivitäten zur Anpassung der Praktiken der oben erwähnten Unternehmen führten?</p><p>3. Ist eine Ausweitung dieser Sensibilisierungsaktivitäten vorgesehen? </p><p>4. Was wird unternommen, wenn in den Bereichen Zwangsarbeit und Beschränkung der Gewerkschaftsfreiheit keine Fortschritte erzielt werden?</p><p>5. Wo steht die in der bundesrätlichen Antwort auf die Interpellation Ryser 22.3783 angekündigte Analyse des EU-Vorschlags zu Sorgfaltsprüfung durch das Bundesamt für Justiz?</p>
    • Wie verhindert der Bundesrat, dass mit Sklavenarbeit produzierte Kleider in die Schweiz gelangen?

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