Bestandesaufnahme Schwangerschaftsabbruch in der Schweiz

ShortId
23.3789
Id
20233789
Updated
26.09.2023 08:28
Language
de
Title
Bestandesaufnahme Schwangerschaftsabbruch in der Schweiz
AdditionalIndexing
2841;1216;08
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>In der Schweiz wurde die Fristenregelung am 1. Oktober 2002 eingeführt. Gut 20 Jahre später ist es an der Zeit, zu untersuchen, wie die Versorgungslage ist, d.h. wie es um den Zugang zu Angeboten rund um den Schwangerschaftsabbruch in der Praxis steht. Erfahrungen aus der Praxis lassen vermuten, dass Betroffene und das Gesundheitspersonal belastenden Prozesshürden ausgesetzt sind und teilweise Angebotslücken bestehen.</p><p>So weist die Statistik zum Schwangerschaftsabbruch auf Unterschiede in Bezug auf die Angebote in den Kantonen hin, die sich nicht einzig mit der Nachfrage begründen lassen. Bei Artikel 119 Absatz 1 StGB gibt es Ungleichbehandlungen bezüglich der Indikation. Rein psychosoziale Gründe werden bei einer fortgeschrittenen Schwangerschaft anders gewichtet als Gründe basierend auf pränataldiagnostischen Resultaten. Auch die Stigmatisierung des SABs wirkt belastend auf die Betroffenen und kann zu Stress und psychosozialen Problemen führen. Zudem entsprechen die Versorgung und der Umgang mit den Betroffenen in den öffentlichen Spitälern und Leistungserbringenden nicht überall den professionellen Qualitätsstandards, was auch dazu führen kann, dass ein Schwangerschaftsabbruch verzögert oder gar verhindert wird. Schliesslich bilden auch die Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs für armutsbetroffene oder junge Frauen finanzielle Hürden.</p>
  • <p>Wie in der Stellungnahme zum fast gleichlautenden Postulat 23.3823 Porchet «<span style="color:#1E1E1E;">Barrieren für den Schwangerschaftsabbruch in der Schweiz abbauen»</span> erwähnt, erachtet der Bundesrat es als wichtig, dass der Zugang zur Beratung bei unerwünschten Schwangerschaften gemäss Bundesgesetz über die Schwangerschaftsberatungsstellen (SR 857.5) und der Zugang zum Schwangerschaftsabbruch gemäss Regelungen im Strafgesetzbuch (StGB; SR 311.0; Art. 119) für alle Frauen in der Schweiz gewährleistet ist. Zuständig für die Umsetzung sind die Kantone. Frauen und ihren Begleitpersonen stehen schweizweit Angebote für fachlich anerkannte medizinische und psychosoziale Beratung zur Verfügung (vgl. Stellungnahme zur Motion 20.3301 von Siebenthal «Optimierung der Informations- und Beratungstätigkeit für Frauen mit Problemschwangerschaften»).</p><p>&nbsp;</p><p>Für die Durchführung der Schwangerschaftsabbrüche sind die Leistungserbringer in der Gesundheitsversorgung zuständig. Die Praxen und Spitäler sind, wie bereits in der Antwort auf die Interpellationen 16.4043 von Siebenthal «Abtreibungen in der Schweiz» und 19.3754 von Siebenthal «Petition des Vereins "Marsch fürs Läbe". Information und Beratung über die Risiken von Abtreibungen» erläutert, durch die Kantone zu bezeichnen. Auf der Website von APAC-Suisse (Arbeitskreis Abruptio und Kontrazeption) sind Listen der Stellen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, öffentlich zugänglich. Auch die in allen Kantonen kostenlos zugänglichen Schwangerschaftsberatungsstellen informieren die ratsuchenden Frauen über die Möglichkeiten. Guidelines rund um Schwangerschaftsabbrüche werden von der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) erstellt und den medizinischen Fachpersonen zugänglich gemacht.</p><p>&nbsp;</p><p>Dank den regelmässig veröffentlichten Statistiken des Bundesamts für Statistik sind bereits Informationen zur Situation in der Schweiz verfügbar, beispielsweise zu kantonalen Unterschieden oder zu den angewandten Abbruchmethoden. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass ein zusätzlicher Bericht keine grundsätzlich neuen Erkenntnisse bringen würde. Die Umsetzung allfälliger Massnahmen würde zudem den Kantonen und Leistungserbringer obliegen.&nbsp;</p><p>&nbsp;</p><p>Der Bundesrat weist hingegen darauf hin, dass er die gleichlautenden Postulate 23.3762&nbsp;Vincenz und 23.3805 Marti Min Li «Evaluation der Fristenregelung» zur Annahme empfiehlt. Falls das Parlament diese Vorstösse überweist, werden Fragen rund um die bestehende Regelung des Schwangerschaftsabbruchs im Strafgesetzbuch in einem Bericht erörtert.</p>
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, in einem Bericht aufzuzeigen, wie die Abläufe zum Schwangerschaftsabbruch in der Praxis funktionieren, wie das den Zugang zum Schwangerschaftsabbruch beeinflusst, ob Hürden bestehen und welche Massnahmen es braucht, um den Zugang zum Schwangerschaftsabbruch und die Versorgung sicherzustellen. Der Bericht soll insbesondere:</p><p>- Angebots- und Prozesshürden identifizieren (wer bietet Abbrüche an, bis wann, mit welcher Methode, zu welchen Kosten, aufgrund welcher Indikation, wer ist ausgeschlossen, gibt es Qualitätssicherung bei der Versorgung und bei Beratungs- und Informationsangebote) und Empfehlungen abgeben, um diese abzubauen,</p><p>- Best practices präsentieren,</p><p>- basierend auf den WHO-Leitlinien zum Schwangerschaftsabbruch von 2022 Empfehlungen abgeben, wie in der Schweiz der Zugang zum Schwangerschaftsabbruch verbessert werden kann.</p>
  • Bestandesaufnahme Schwangerschaftsabbruch in der Schweiz
State
Stellungnahme zum Vorstoss liegt vor
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>In der Schweiz wurde die Fristenregelung am 1. Oktober 2002 eingeführt. Gut 20 Jahre später ist es an der Zeit, zu untersuchen, wie die Versorgungslage ist, d.h. wie es um den Zugang zu Angeboten rund um den Schwangerschaftsabbruch in der Praxis steht. Erfahrungen aus der Praxis lassen vermuten, dass Betroffene und das Gesundheitspersonal belastenden Prozesshürden ausgesetzt sind und teilweise Angebotslücken bestehen.</p><p>So weist die Statistik zum Schwangerschaftsabbruch auf Unterschiede in Bezug auf die Angebote in den Kantonen hin, die sich nicht einzig mit der Nachfrage begründen lassen. Bei Artikel 119 Absatz 1 StGB gibt es Ungleichbehandlungen bezüglich der Indikation. Rein psychosoziale Gründe werden bei einer fortgeschrittenen Schwangerschaft anders gewichtet als Gründe basierend auf pränataldiagnostischen Resultaten. Auch die Stigmatisierung des SABs wirkt belastend auf die Betroffenen und kann zu Stress und psychosozialen Problemen führen. Zudem entsprechen die Versorgung und der Umgang mit den Betroffenen in den öffentlichen Spitälern und Leistungserbringenden nicht überall den professionellen Qualitätsstandards, was auch dazu führen kann, dass ein Schwangerschaftsabbruch verzögert oder gar verhindert wird. Schliesslich bilden auch die Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs für armutsbetroffene oder junge Frauen finanzielle Hürden.</p>
    • <p>Wie in der Stellungnahme zum fast gleichlautenden Postulat 23.3823 Porchet «<span style="color:#1E1E1E;">Barrieren für den Schwangerschaftsabbruch in der Schweiz abbauen»</span> erwähnt, erachtet der Bundesrat es als wichtig, dass der Zugang zur Beratung bei unerwünschten Schwangerschaften gemäss Bundesgesetz über die Schwangerschaftsberatungsstellen (SR 857.5) und der Zugang zum Schwangerschaftsabbruch gemäss Regelungen im Strafgesetzbuch (StGB; SR 311.0; Art. 119) für alle Frauen in der Schweiz gewährleistet ist. Zuständig für die Umsetzung sind die Kantone. Frauen und ihren Begleitpersonen stehen schweizweit Angebote für fachlich anerkannte medizinische und psychosoziale Beratung zur Verfügung (vgl. Stellungnahme zur Motion 20.3301 von Siebenthal «Optimierung der Informations- und Beratungstätigkeit für Frauen mit Problemschwangerschaften»).</p><p>&nbsp;</p><p>Für die Durchführung der Schwangerschaftsabbrüche sind die Leistungserbringer in der Gesundheitsversorgung zuständig. Die Praxen und Spitäler sind, wie bereits in der Antwort auf die Interpellationen 16.4043 von Siebenthal «Abtreibungen in der Schweiz» und 19.3754 von Siebenthal «Petition des Vereins "Marsch fürs Läbe". Information und Beratung über die Risiken von Abtreibungen» erläutert, durch die Kantone zu bezeichnen. Auf der Website von APAC-Suisse (Arbeitskreis Abruptio und Kontrazeption) sind Listen der Stellen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, öffentlich zugänglich. Auch die in allen Kantonen kostenlos zugänglichen Schwangerschaftsberatungsstellen informieren die ratsuchenden Frauen über die Möglichkeiten. Guidelines rund um Schwangerschaftsabbrüche werden von der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) erstellt und den medizinischen Fachpersonen zugänglich gemacht.</p><p>&nbsp;</p><p>Dank den regelmässig veröffentlichten Statistiken des Bundesamts für Statistik sind bereits Informationen zur Situation in der Schweiz verfügbar, beispielsweise zu kantonalen Unterschieden oder zu den angewandten Abbruchmethoden. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass ein zusätzlicher Bericht keine grundsätzlich neuen Erkenntnisse bringen würde. Die Umsetzung allfälliger Massnahmen würde zudem den Kantonen und Leistungserbringer obliegen.&nbsp;</p><p>&nbsp;</p><p>Der Bundesrat weist hingegen darauf hin, dass er die gleichlautenden Postulate 23.3762&nbsp;Vincenz und 23.3805 Marti Min Li «Evaluation der Fristenregelung» zur Annahme empfiehlt. Falls das Parlament diese Vorstösse überweist, werden Fragen rund um die bestehende Regelung des Schwangerschaftsabbruchs im Strafgesetzbuch in einem Bericht erörtert.</p>
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, in einem Bericht aufzuzeigen, wie die Abläufe zum Schwangerschaftsabbruch in der Praxis funktionieren, wie das den Zugang zum Schwangerschaftsabbruch beeinflusst, ob Hürden bestehen und welche Massnahmen es braucht, um den Zugang zum Schwangerschaftsabbruch und die Versorgung sicherzustellen. Der Bericht soll insbesondere:</p><p>- Angebots- und Prozesshürden identifizieren (wer bietet Abbrüche an, bis wann, mit welcher Methode, zu welchen Kosten, aufgrund welcher Indikation, wer ist ausgeschlossen, gibt es Qualitätssicherung bei der Versorgung und bei Beratungs- und Informationsangebote) und Empfehlungen abgeben, um diese abzubauen,</p><p>- Best practices präsentieren,</p><p>- basierend auf den WHO-Leitlinien zum Schwangerschaftsabbruch von 2022 Empfehlungen abgeben, wie in der Schweiz der Zugang zum Schwangerschaftsabbruch verbessert werden kann.</p>
    • Bestandesaufnahme Schwangerschaftsabbruch in der Schweiz

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