Barrieren für den Schwangerschaftsabbruch in der Schweiz abbauen

ShortId
23.3823
Id
20233823
Updated
12.09.2023 08:37
Language
de
Title
Barrieren für den Schwangerschaftsabbruch in der Schweiz abbauen
AdditionalIndexing
2841;1216
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Am 1. Oktober 2002 wurde in der Schweiz die Fristenregelung eingeführt. Etwas mehr als 20 Jahre später ist es an der Zeit, den Zugang zu Angeboten rund um den selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruch zu überprüfen. Rückmeldungen aus der Praxis zeigen zum Beispiel, dass es immer noch Hindernisse gibt, die für die Betroffenen und das Gesundheitspersonal belastend sind. So existieren laut Statistiken zum Schwangerschaftsabbruch Unterschiede zwischen den Kantonen, die nicht nur mit der Nachfrage begründet werden können. In Bezug auf Artikel 119 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs wird die Indikation unterschiedlich gehandhabt. Bei einer fortgeschrittenen Schwangerschaft werden rein psychosoziale Gründe anders gewichtet als Gründe, die auf den Ergebnissen der Pränataldiagnostik beruhen. Hier stellen sich Fragen im Zusammenhang mit dem Ziel des Bundes, die psychische Gesundheit der Bevölkerung zu fördern. Die Stigmatisierung des selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruchs wirkt sich ebenfalls negativ auf die Betroffenen aus und kann zu Stress und psychosozialen Problemen führen. Weiter entsprechen die Versorgung und Behandlung der Betroffenen in öffentlichen Spitälern und im ärztlichen Setting nicht überall den anerkannten Qualitätsstandards, was ebenfalls dazu führen kann, dass Frauen einen selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruch hinauszögern oder ganz davon abgehalten werden. Schliesslich stellen die Kosten eines selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruchs und der Selbstbehalt finanzielle Hürden dar, unter anderem für junge Frauen oder für jene, die von Armut betroffen sind.</p><p>&nbsp;</p>
  • <p>Wie in der Stellungnahme zum fast gleichlautenden Postulat 23.3789 Mettler «<span style="color:#1E1E1E;">Bestandesaufnahme Schwangerschaftsabbruch in der Schweiz»</span> erwähnt, erachtet der Bundesrat es als wichtig, dass der Zugang zur Beratung bei unerwünschten Schwangerschaften gemäss Bundesgesetz über die Schwangerschaftsberatungsstellen (SR 857.5) und der Zugang zum Schwangerschaftsabbruch gemäss Regelungen im Strafgesetzbuch (StGB; SR 311.0; Art. 119) für alle Frauen in der Schweiz gewährleistet ist. Zuständig für die Umsetzung sind die Kantone. Frauen und ihren Begleitpersonen stehen schweizweit Angebote für fachlich anerkannte medizinische und psychosoziale Beratung zur Verfügung (vgl. Stellungnahme zur Motion 20.3301 von Siebenthal «Optimierung der Informations- und Beratungstätigkeit für Frauen mit Problemschwangerschaften»).</p><p>&nbsp;</p><p>Für die Durchführung der Schwangerschaftsabbrüche sind die Leistungserbringer in der Gesundheitsversorgung zuständig. Die Praxen und Spitäler sind, wie bereits in der Antwort auf die Interpellationen 16.4043 von Siebenthal «Abtreibungen in der Schweiz» und 19.3754 von Siebenthal «Petition des Vereins "Marsch fürs Läbe". Information und Beratung über die Risiken von Abtreibungen» erläutert, durch die Kantone zu bezeichnen. Auf der Website von APAC-Suisse (Arbeitskreis Abruptio und Kontrazeption) sind Listen der Stellen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, öffentlich zugänglich. Auch die in allen Kantonen kostenlos zugänglichen Schwangerschaftsberatungsstellen informieren die ratsuchenden Frauen über die Möglichkeiten. Guidelines rund um Schwangerschaftsabbrüche werden von der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) erstellt und den medizinischen Fachpersonen zugänglich gemacht.</p><p>&nbsp;</p><p>Dank den regelmässig veröffentlichten Statistiken des Bundesamts für Statistik sind bereits Informationen zur Situation in der Schweiz verfügbar, beispielsweise zu kantonalen Unterschieden oder zu den angewandten Abbruchmethoden. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass ein zusätzlicher Bericht keine grundsätzlich neuen Erkenntnisse bringen würde. Die Umsetzung allfälliger Massnahmen würde zudem den Kantonen und Leistungserbringer obliegen.&nbsp;</p><p>&nbsp;</p><p>Der Bundesrat weist hingegen darauf hin, dass er die gleichlautenden Postulate 23.3762 Vincenz und 23.3805 Marti Min Li «Evaluation der Fristenregelung» zur Annahme empfiehlt. Falls das Parlament diese Vorstösse überweist, werden Fragen rund um die bestehende Regelung des Schwangerschaftsabbruchs im Strafgesetzbuch in einem Bericht erörtert.</p>
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, in einem Bericht darzulegen, wie der Zugang zum Schwangerschaftsabbruch und die entsprechende Versorgung in der Praxis in der Schweiz funktionieren, welche Hindernisse bestehen und welche Massnahmen notwendig sind, um den Zugang zum Schwangerschaftsabbruch und die Versorgung zu gewährleisten. Der Bericht soll vor allem:&nbsp;</p><p>- aufzeigen, welche Hindernisse bei den Angeboten bestehen (wer bietet Abtreibungen an, innerhalb welcher Fristen, mit welcher Methode, zu welchen Kosten, auf der Grundlage welcher Indikation, wer ist ausgeschlossen, gibt es eine Qualitätssicherung für die Versorgung sowie Beratungs- und Informationsangebote usw.), und Empfehlungen zu deren Beseitigung abgeben;&nbsp;</p><p>- Best Practices aufzeigen;</p><p>- auf der Grundlage der WHO-Richtlinien zu Schwangerschaftsabbrüchen aus dem Jahr 2022 Empfehlungen abgeben, wie der Zugang zum Schwangerschaftsabbruch in der Schweiz verbessert werden kann.</p>
  • Barrieren für den Schwangerschaftsabbruch in der Schweiz abbauen
State
Stellungnahme zum Vorstoss liegt vor
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Am 1. Oktober 2002 wurde in der Schweiz die Fristenregelung eingeführt. Etwas mehr als 20 Jahre später ist es an der Zeit, den Zugang zu Angeboten rund um den selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruch zu überprüfen. Rückmeldungen aus der Praxis zeigen zum Beispiel, dass es immer noch Hindernisse gibt, die für die Betroffenen und das Gesundheitspersonal belastend sind. So existieren laut Statistiken zum Schwangerschaftsabbruch Unterschiede zwischen den Kantonen, die nicht nur mit der Nachfrage begründet werden können. In Bezug auf Artikel 119 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs wird die Indikation unterschiedlich gehandhabt. Bei einer fortgeschrittenen Schwangerschaft werden rein psychosoziale Gründe anders gewichtet als Gründe, die auf den Ergebnissen der Pränataldiagnostik beruhen. Hier stellen sich Fragen im Zusammenhang mit dem Ziel des Bundes, die psychische Gesundheit der Bevölkerung zu fördern. Die Stigmatisierung des selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruchs wirkt sich ebenfalls negativ auf die Betroffenen aus und kann zu Stress und psychosozialen Problemen führen. Weiter entsprechen die Versorgung und Behandlung der Betroffenen in öffentlichen Spitälern und im ärztlichen Setting nicht überall den anerkannten Qualitätsstandards, was ebenfalls dazu führen kann, dass Frauen einen selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruch hinauszögern oder ganz davon abgehalten werden. Schliesslich stellen die Kosten eines selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruchs und der Selbstbehalt finanzielle Hürden dar, unter anderem für junge Frauen oder für jene, die von Armut betroffen sind.</p><p>&nbsp;</p>
    • <p>Wie in der Stellungnahme zum fast gleichlautenden Postulat 23.3789 Mettler «<span style="color:#1E1E1E;">Bestandesaufnahme Schwangerschaftsabbruch in der Schweiz»</span> erwähnt, erachtet der Bundesrat es als wichtig, dass der Zugang zur Beratung bei unerwünschten Schwangerschaften gemäss Bundesgesetz über die Schwangerschaftsberatungsstellen (SR 857.5) und der Zugang zum Schwangerschaftsabbruch gemäss Regelungen im Strafgesetzbuch (StGB; SR 311.0; Art. 119) für alle Frauen in der Schweiz gewährleistet ist. Zuständig für die Umsetzung sind die Kantone. Frauen und ihren Begleitpersonen stehen schweizweit Angebote für fachlich anerkannte medizinische und psychosoziale Beratung zur Verfügung (vgl. Stellungnahme zur Motion 20.3301 von Siebenthal «Optimierung der Informations- und Beratungstätigkeit für Frauen mit Problemschwangerschaften»).</p><p>&nbsp;</p><p>Für die Durchführung der Schwangerschaftsabbrüche sind die Leistungserbringer in der Gesundheitsversorgung zuständig. Die Praxen und Spitäler sind, wie bereits in der Antwort auf die Interpellationen 16.4043 von Siebenthal «Abtreibungen in der Schweiz» und 19.3754 von Siebenthal «Petition des Vereins "Marsch fürs Läbe". Information und Beratung über die Risiken von Abtreibungen» erläutert, durch die Kantone zu bezeichnen. Auf der Website von APAC-Suisse (Arbeitskreis Abruptio und Kontrazeption) sind Listen der Stellen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, öffentlich zugänglich. Auch die in allen Kantonen kostenlos zugänglichen Schwangerschaftsberatungsstellen informieren die ratsuchenden Frauen über die Möglichkeiten. Guidelines rund um Schwangerschaftsabbrüche werden von der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) erstellt und den medizinischen Fachpersonen zugänglich gemacht.</p><p>&nbsp;</p><p>Dank den regelmässig veröffentlichten Statistiken des Bundesamts für Statistik sind bereits Informationen zur Situation in der Schweiz verfügbar, beispielsweise zu kantonalen Unterschieden oder zu den angewandten Abbruchmethoden. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass ein zusätzlicher Bericht keine grundsätzlich neuen Erkenntnisse bringen würde. Die Umsetzung allfälliger Massnahmen würde zudem den Kantonen und Leistungserbringer obliegen.&nbsp;</p><p>&nbsp;</p><p>Der Bundesrat weist hingegen darauf hin, dass er die gleichlautenden Postulate 23.3762 Vincenz und 23.3805 Marti Min Li «Evaluation der Fristenregelung» zur Annahme empfiehlt. Falls das Parlament diese Vorstösse überweist, werden Fragen rund um die bestehende Regelung des Schwangerschaftsabbruchs im Strafgesetzbuch in einem Bericht erörtert.</p>
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, in einem Bericht darzulegen, wie der Zugang zum Schwangerschaftsabbruch und die entsprechende Versorgung in der Praxis in der Schweiz funktionieren, welche Hindernisse bestehen und welche Massnahmen notwendig sind, um den Zugang zum Schwangerschaftsabbruch und die Versorgung zu gewährleisten. Der Bericht soll vor allem:&nbsp;</p><p>- aufzeigen, welche Hindernisse bei den Angeboten bestehen (wer bietet Abtreibungen an, innerhalb welcher Fristen, mit welcher Methode, zu welchen Kosten, auf der Grundlage welcher Indikation, wer ist ausgeschlossen, gibt es eine Qualitätssicherung für die Versorgung sowie Beratungs- und Informationsangebote usw.), und Empfehlungen zu deren Beseitigung abgeben;&nbsp;</p><p>- Best Practices aufzeigen;</p><p>- auf der Grundlage der WHO-Richtlinien zu Schwangerschaftsabbrüchen aus dem Jahr 2022 Empfehlungen abgeben, wie der Zugang zum Schwangerschaftsabbruch in der Schweiz verbessert werden kann.</p>
    • Barrieren für den Schwangerschaftsabbruch in der Schweiz abbauen

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