Bei häuslicher Gewalt die Härtefallpraxis nach Artikel 50 AIG garantieren

Details

ID
20210504
Title
Bei häuslicher Gewalt die Härtefallpraxis nach Artikel 50 AIG garantieren
Description
InitialSituation
<h2 class="Titel_d"><strong>Medienmitteilung der&nbsp;Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 13.10.2023</strong></h2><p class="Standard_d"><strong>Werden Angehörige von Drittstaaten Opfer häuslicher Gewalt, droht Ihnen bei der Auflösung der Ehe oder Familiengemeinschaft oftmals der Verlust ihrer Aufenthaltsrechte. Durch die Erweiterung und Präzisierung der Härtefallregelung im Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) will die Staatspolitische Kommission (SPK) des Nationalrates die Gewaltbetroffenen besser schützen.</strong></p><p class="Standard_d">Die Härtefallregelung im AIG soll so geändert werden, dass im Falle von häuslicher Gewalt nicht weiter nur die Aufenthaltsrechte von Ehepartnerinnen und -partner von Schweizerinnen und Schweizern und von Personen mit einer Niederlassungsbewilligung gewährleistet sind. Neu sollen auch Personen mit einer Aufenthalts- oder einer Kurzaufenthaltsbewilligung sowie vorläufig Aufgenommene einen besseren Schutz erhalten. Neben Personen in einer ehelichen Gemeinschaft betrifft die Regelung auch Personen in einer eingetragenen Partnerschaft sowie Konkubinatspartnerinnen und -partner.</p><p class="Standard_d">Mit ihrer Vorlage will die Kommission gleichzeitig den Begriff der häuslichen Gewalt konkretisieren, indem im Gesetz Hinweise und Merkmale häuslicher Gewalt bespielhaft aufgeführt werden. Für die Anwendung der neuen Regelung sollen die Kantone zuständig sein. Wie bei der bestehenden Regelung zur Zulassung schwerwiegender persönlicher Härtefälle benötigen sie auch für die Anwendung der erweiterten Regelung die Zustimmung der Bundesbehörden.</p><p class="Standard_d">Bereits an ihrer Sitzung vom 17. August 2023 hatte die Kommission die überwiegend positiven Stellungnahmen der Vernehmlassung (24.11.22 – 15.3.23) zur Kenntnis genommen, an ihrem Entwurf einige Präzisierungen vorgenommen und diesen in der Gesamtabstimmung mit 16 gegen 7 Stimmen angenommen. Mit der Zustimmung zum überarbeiteten Bericht hat die SPK ihre Vorlage nun definitiv zuhanden ihres Rates verabschiedet und unterbreitet sie gleichzeitig dem Bundesrat zur Stellungnahme. Der Nationalrat wird sich voraussichtlich in der Wintersession mit dem Geschäft befassen.</p><p class="Standard_d">Gegnerische Stimmen befürchten, dass die beabsichtigten Erweiterungen der Aufenthaltsrechte ein Missbrauchspotenzial bergen. Durch den Gesetzesentwurf sei die Objektivierbarkeit von häuslicher Gewalt nicht gewährleistet.</p><p class="Standard_d">&nbsp;</p><h2 class="Titel_d"><strong>Medienmitteilung des Bundesrates vom 29.11.2023</strong></h2><p class="Standard_d"><strong>Die ausländerrechtliche Situation von Opfern häuslicher Gewalt soll verbessert werden. Das will die Staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK-N) mit einer Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG) erreichen. In seiner Stellungnahme vom 29. November 2023 unterstützt der Bundesrat die Vorlage.</strong></p><p class="Standard_d">Der Gesetzesentwurf der SPK-N erweitert die Härtefallregelung im AIG für Opfer häuslicher Gewalt. Bei Auflösung der familiären Gemeinschaft sollen neu Familienangehörige von Personen mit einer Aufenthaltsbewilligung (Ausweis B), einer Kurzaufenthaltsbewilligung (Ausweis L) sowie von vorläufig Aufgenommenen (Ausweis F) Anspruch auf eine Aufenthaltsregelung haben, wenn sie Opfer häuslicher Gewalt geworden sind. Bisher konnten diese Personengruppen zwar eine Aufenthaltsregelung beantragen, sie hatten aber keinen rechtlichen Anspruch darauf. Anspruch hatten nur ausländische Familienangehörige von Schweizerinnen und Schweizern sowie von Personen mit einer Niederlassungsbewilligung (Ausweis C).</p><p class="Standard_d">Weiter soll der Begriff «eheliche Gewalt» durch «häusliche Gewalt» ersetzt werden. Damit will die SPK-N verdeutlichen, dass der neue Rechtsanspruch nicht nur für Ehegatten, sondern auch für deren Kinder, Personen in einer eingetragenen Partnerschaft sowie neu auch für Konkubinatspartnerinnen und -partner gilt. Zudem soll die Aufzählung der möglichen Hinweise auf häusliche Gewalt ergänzt und auf Gesetzesstufe gehoben werden. Bisher ist dies in einer Verordnung geregelt.</p><p class="Standard_d"><br>Bundesrat unterstützt das Anliegen</p><p class="Standard_d">Die grosse Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden begrüsste die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen. Der Bundesrat beantragt dem Parlament in seiner Stellungnahme, auf die Vorlage einzutreten und diese anzunehmen.</p><p class="Standard_d">Um Auslegungsprobleme zu vermeiden, schlägt er jedoch die Streichung eines Absatzes vor, der eine Ausnahme von den Anforderungen an die Erfüllung der Integrationskriterien in jenen Fällen vorsieht, in welchen das Aufenthaltsrecht eines Opfers häuslicher Gewalt verlängert wird. Das AIG enthält bereits eine Ausnahmebestimmung für solche Fälle. Nach Ansicht des Bundesrats ist eine neue Regelung daher nicht erforderlich. Zudem bleibt damit der Spielraum erhalten, auch bei Opfern häuslicher Gewalt notwendige und zumutbare Integrationsmassnahmen vorzusehen.&nbsp;</p>
Objectives
  • Number
    0
    Text
    Resolutions
    Date Council Text
    05.11.2021 0 Beschluss, einen Erlassentwurf auszuarbeiten
    05.11.2021 0 Beschluss, einen Erlassentwurf auszuarbeiten
    10.01.2022 0 Zustimmung
    10.01.2022 0 Zustimmung
  • Number
    1
    Text
    Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz) (Bei häuslicher Gewalt die Härtefallpraxis nach Art. 50 AIG garantieren)
    Resolutions
    Date Council Text
    19.12.2023 1 Beschluss gemäss Entwurf
    28.02.2024 2 Abweichung
    27.05.2024 1 Abweichung
    29.05.2024 2 Zustimmung
    14.06.2024 1 Annahme in der Schlussabstimmung
    14.06.2024 2 Annahme in der Schlussabstimmung
Proceedings
<h4 class="SDA_Meldung_d">SDA-Meldung</h4><h3 class="Debatte_sda_linksbündig_d"><span style="color:#221E1F;"><strong>Debatte im Nationalrat, 19.12.2023</strong></span></h3><p class="Standard_d"><strong>Erstes Ja zu mehr Schutz für ausländische Opfer häuslicher Gewalt</strong><br><strong>Ausländische Opfer von häuslicher Gewalt sollen in der Schweiz besser geschützt werden. Denn den Opfern mit Aufenthalts- oder Kurzaufenthaltsbewilligung respektive vorläufig Aufgenommenen droht heute bei einer Auflösung der Ehe der Verlust der Aufenthaltspapiere.</strong></p><p class="Standard_d">Mit 129 zu 65 Stimmen hat der Nationalrat am Dienstag Ja gesagt zu Änderungen im Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG). Er will bei häuslicher Gewalt künftig die Härtefallpraxis garantieren und den Aufenthalt der Opfer in der Schweiz regeln. Als nächstes ist der Ständerat am Zug.</p><p class="Standard_d">Die SVP wollte nicht auf die Vorlage eintreten, unterlag aber mit ihrem Antrag ebenso wie danach mit Minderheitsanträgen, mit denen sie die Voraussetzungen für die Härtefallpraxis enger fassen wollte. Denn alle anderen Fraktionen und ebenso der Bundesrat unterstützten die vorgeschlagenen Änderungen im AIG.</p><p class="Standard_d">&nbsp;</p><p class="Standard_d">Verharren in Beziehung</p><p class="Standard_d">Ausgearbeitet hatte die Vorlage die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK-N). Die Mehrheit stellte laut Sprecherin Samira Marti (SP/BL) fest, dass Gewaltopfer oft in ihrer Beziehung verharren, um die Aufenthaltsberechtigung nicht zu verlieren.</p><p class="Standard_d">Es gehe um grundlegende Menschenrechte jener, die sich nicht selbst schützen könnten, sagte Andri Silberschmidt (FDP/ZH). Viele von Gewalt betroffene Frauen seien Migrantinnen, doppelte Irène Kälin (Grüne/AG) nach. Die aktuelle Rechtslage gäbe Tätern ein Machtmittel, das diese systematisch einsetzen könnten.</p><p class="Standard_d">Gerichte schützten von Gewalt betroffene Ausländerinnen bereits heute vor Ausweisung, entgegnete Barbara Steinemann (SVP/ZH). Die Vorlage, die von Integration und Erwerbsarbeit unabhängige Aufenthaltsgenehmigungen für Gewaltopfer verlange, gehe viel zu weit und schaffe Anreiz für Missbrauch, kritisierte sie.</p><p class="Standard_d">Der Nationalrat will mit der Vorlage auch den Begriff der häuslichen Gewalt konkretisieren und im Gesetz Hinweise und Merkmale häuslicher Gewalt beispielhaft auflisten. Umsetzen sollen die neuen Regeln die Kantone. Wie bei persönlichen Härtefällen sollen sie aber die Regel nur mit dem Einverständnis des Bundes anwenden dürfen.</p><p class="Standard_d">&nbsp;</p><p class="Standard_d">Auch für Konkubinatspartner</p><p class="Standard_d">Der Nationalrat will die neuen Regeln zudem nicht nur wie heute für Verheiratete anwenden, sondern auch für deren Kinder, für Menschen in eingetragener Partnerschaft und - unter gewissen Voraussetzungen - für Konkubinatspartner und -partnerinnen. Einen Antrag der SVP, diese aus der Vorlage zu streichen, lehnte der Rat ab.</p><p class="Standard_d">Die SVP und der Bundesrat beantragten erfolglos die Streichung des Absatzes, der eine Ausnahme von den Integrationskriterien in Fällen vorsieht, in welchen das Aufenthaltsrecht eines Opfers häuslicher Gewalt verlängert wird.</p><p class="Standard_d">Das verhindere Interpretationsschwierigkeiten, denn das geltende Recht enthalte bereits eine Ausnahmebestimmung in diesem Sinn, sagte Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider dazu.</p><p class="Standard_d">&nbsp;</p><h4 class="SDA_Meldung_d">SDA-Meldung</h4><h3 class="Debatte_sda_linksbündig_d"><strong>Debatte im Ständerat, 28.02.2024</strong></h3><p><strong>Opfer häuslicher Gewalt verlieren Aufenthaltsstatus nicht mehr</strong><br><strong>Das Parlament schützt ausländische Opfer häuslicher Gewalt besser. Wer eine gewalttätige Beziehung verlässt, gilt künftig als Härtefall und verliert seinen Aufenthaltsstatus nicht mehr.</strong></p><p>Nach dem Nationalrat hat am Mittwoch auch der Ständerat einer entsprechenden Gesetzesänderung zugestimmt. Die kleine Kammer fällte ihren Entscheid mit 32 zu 8 Stimmen. Der Nationalrat hatte die Vorlage bereits in der Wintersession gutgeheissen. Wegen zweier Differenzen muss er sich nun nochmals mit der Sache befassen.</p><p>Nach heutiger Rechtslage droht Gewaltopfern mit Aufenthalts- oder Kurzaufenthaltsbewilligung respektive vorläufig Aufgenommenen bei einer Auflösung der Ehe der Verlust der Aufenthaltspapiere. Mit einer Reihe von Änderungen im Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) will das Parlament dies ändern. Ziel ist, die Härtefallpraxis zu garantieren.</p><p>&nbsp;</p><p>Einzelfall wird geprüft</p><p>Erarbeitet hatte die Vorlage die Staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK-N). In ihr wird der Begriff der häuslichen Gewalt konkretisiert. Kriterien für das Feststellen häuslicher Gewalt werden im Gesetz beispielhaft aufgelistet.</p><p>Zu den genannten Hinweisen auf häusliche Gewalt zählt unter anderem, dass jemand als Opfer gemäss Opferhilfegesetz anerkannt wurde, sich ärztlich behandeln lassen musste, oder dass in einem Fall die Polizei eingreifen musste.</p><p>Umsetzen sollen die neuen Regeln die Kantone. Wie bei persönlichen Härtefällen sollen sie aber die Regeln nur mit dem Einverständnis des Bundes anwenden dürfen.</p><p>Der Opferstatus führe nicht automatisch dazu, dass die Härtefallregelung zur Anwendung komme, erklärte Marianne Binder-Keller (Mitte/AG) namens der vorberatenden Kommission. Es bleibe bei einer Einzelfallprüfung.</p><p>&nbsp;</p><p>SVP befürchtet Missbrauch</p><p>Gelten sollen die neuen Regeln nicht nur wie heute für Verheiratete, sondern auch für deren Kinder, für Menschen in eingetragener Partnerschaft und - unter gewissen Voraussetzungen - für Konkubinatspartner und -partnerinnen.</p><p>Ein Antrag der St. Galler SVP-Ständerätin Esther Friedli, nicht auf die Vorlage einzutreten, fand keine Mehrheit. Schon bei der heutigen Härtefallregelung gebe es Missbrauch, argumentierte Friedli. Die Vorlage senke die Hürde für den Nachweis häuslicher Gewalt zu stark - faktisch reiche der Besuch einer Opferhilfestelle.</p><p>Friedlis Parteikollege Jakob Stark (TG) beantragte erfolglos die Rückweisung der Vorlage an die Kommission. Da die Kantone das Gesetz zu vollziehen hätten, müssten sie auch einbezogen werden, sagte Stark. Wie Friedli war er der Ansicht, es bestehe mit den neuen Regeln ein erhöhtes Missbrauchspotenzial: "Hier ist zu wenig abgeklärt worden."</p><p>Es gehe in erster Linie um eine Präzisierung der schon heute bestehenden Härtefallregelung, nicht um eine grundsätzliche Änderung des Migrationsrechts, widersprach der Präsident der SPK-S, Daniel Fässler (Mitte/AI). Er wies den Vorwurf zurück, die Kommission habe die Vorlage im Schnellzugstempo behandelt.</p><p>&nbsp;</p><p>Strittige Ausnahmen</p><p>Angenommen wurde der Antrag einer Kommissionsminderheit und des Bundesrates, einen Absatz zu streichen, der eine Ausnahme von den Integrationskriterien in Fällen vorsieht, in welchen das Aufenthaltsrecht eines Opfers häuslicher Gewalt verlängert wird.</p><p>Darüber muss nun nochmals der Nationalrat befinden. Bei der ersten Beratung des Geschäfts im Dezember hatte er gegen die Streichung der Bestimmung votiert.</p><p>Weiter strich der Ständerat auf Antrag von Beat Rieder (Mitte/VS) einen Absatz, wonach die Inanspruchnahme einer Beratung durch eine Fachstelle als Hinweis auf häusliche Gewalt gewertet werden soll.</p><p>Mit der Bestimmung überlasse man es privaten Organisationen, häusliche Gewalt zu beweisen, sagte Rieder. Dies gehe zu weit.</p><p>Häusliche Gewalt schlage sich oft nicht in Urteilen, Polizeiprotokollen oder medizinischen Unterlagen nieder, gab Mathilde Crevoisier Crelier (SP/JU) zu bedenken. Den Absatz zu streichen, bedeute, ein Kernstück herauszubrechen.</p><p>Zu den spezialisierten Fachstellen gehörten auch die Frauenhäuser, sagte auch Justizminister Beat Jans. Sie seien sehr nah an den Betroffenen - und oft die Einzigen, die von Gewalttaten erführen.</p><p>&nbsp;</p><h4 class="SDA_Meldung_d">SDA-Meldung</h4><h3 class="Debatte_sda_linksbündig_d"><span style="color:#221E1F;"><strong>Debatte im Nationalrat, 27.05.2024</strong></span></h3><p class="Standard_d"><strong>Der Nationalrat hat sich beim Schutz ausländischer Opfer häuslicher Gewalt dem Ständerat angenähert. Weiterhin strittig sind aber die Kriterien, auf die sich die Behörden bei der Feststellung des Opferstatus stützen sollen. In diesem Punkt schlägt der Nationalrat einen Kompromiss vor. Eine zweite Differenz räumte er aus.</strong></p><p class="Standard_d">Bereits in der Wintersession 2023 respektive in der Frühjahrssession hatten National- und Ständerat beschlossen, dass künftig als Härtefall gelten soll, wer eine gewalttätige Beziehung verlässt. Dies bedeutet, dass Betroffene ihren Aufenthaltsstatus nicht mehr verlieren.</p><p class="Standard_d">Erarbeitet hatte die Vorlage die Staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK-N). In ihr wird der Begriff der häuslichen Gewalt konkretisiert. Kriterien für das Feststellen häuslicher Gewalt werden im Gesetz beispielhaft aufgelistet.</p><p class="Standard_d">Zu den genannten Hinweisen auf häusliche Gewalt zählt unter anderem, dass jemand als Opfer gemäss Opferhilfegesetz anerkannt wurde, sich ärztlich behandeln lassen musste, oder dass in einem Fall die Polizei eingreifen musste.</p><p class="Standard_d">Uneinig waren die Räte vor der Nationalratsdebatte am Montag zum einen noch darüber, ob auch die Inanspruchnahme einer Beratung durch eine Fachstelle als Hinweis auf häusliche Gewalt gelten soll. Der Ständerat hatte im Februar die entsprechende Bestimmung aus dem Gesetzestext gestrichen. Mit der Bestimmung überlasse man es privaten Organisationen, häusliche Gewalt zu beweisen, sagte damals etwa der Walliser Mitte-Ständerat Beat Rieder. Dies gehe zu weit.</p><p class="Standard_d">Mit 126 zu 62 Stimmen ohne Enthaltungen votierte der Nationalrat nun am Montag für einen Kompromissvorschlag. Demnach soll als Gewaltopfer gelten, wer von einer Fachstelle betreut wird oder in einer spezialisierten Einrichtung, beispielsweise einem Frauenhaus, Schutz sucht. Die Inanspruchnahme einer Beratung soll dagegen nicht mehr ausreichen.</p><p class="Standard_d">Eine SVP-Minderheit der SPK-N beantragte, der Nationalrat solle sich dem Ständerat in der Sache anschliessen, vermochte sich jedoch nicht durchzusetzen.</p><p class="Standard_d">In einem zweiten Punkt schwenkte der Nationalrat auf die Linie des Ständerats ein. Er erklärte sich einverstanden, eine Bestimmung zu streichen, die für Opfer häuslicher Gewalt vorübergehende Ausnahmen von den im Ausländer- und Integrationsgesetz vorgesehenen Integrationskriterien vorsah. Eine linke Kommissionsminderheit, die an der Ausnahmebestimmung festhalten wollte, fand für ihr Anliegen keine Mehrheit.</p><p class="Standard_d">&nbsp;</p><h4 class="SDA_Meldung_d">SDA-Meldung</h4><h3 class="Debatte_sda_linksbündig_d"><strong>Debatte im Ständerat, 29.05.2024</strong></h3><p class="Standard_d"><strong>Räte einigen sich bei Schutz ausländischer Gewaltopfer</strong><br><strong>Ausländische Opfer häuslicher Gewalt sind in der Schweiz künftig besser geschützt. Sie verlieren ihren Aufenthaltsstatus nicht mehr, wenn sie eine gewalttätige Beziehung verlassen. Vielmehr gilt für sie die Härtefallregelung. Der Ständerat hat am Mittwoch die letzte Differenz zum Nationalrat bei der Vorlage ausgeräumt.</strong></p><p class="Standard_d">Strittig waren zuletzt nur noch die genauen Kriterien, auf die sich die Behörden bei der Feststellung des Opferstatus stützen sollen.</p><p class="Standard_d">Der Nationalrat wollte ursprünglich, dass es als Hinweis auf häusliche Gewalt gelten soll, wenn sich jemand von einer Fachstelle beraten lässt. Eine Mehrheit im Ständerat befand aber, damit werde die Hürde für den Nachweis häuslicher Gewalt zu stark gesenkt.</p><p class="Standard_d">&nbsp;</p><p class="Standard_d">Kompromiss zugestimmt</p><p class="Standard_d">Mit 36 zu 7 Stimmen bei fünf Enthaltungen akzeptierte die kleine Kammer nun am Mittwoch einen Kompromissvorschlag des Nationalrats. Demnach soll als Gewaltopfer gelten, wer von einer Fachstelle betreut wird oder in einer spezialisierten Einrichtung, beispielsweise einem Frauenhaus, Schutz sucht. Die Inanspruchnahme einer Beratung dagegen reicht nicht aus.</p><p class="Standard_d">Nach dem Ständeratsentscheid ist das Geschäft bereit für die Schlussabstimmung. Erarbeitet hatte die Vorlage die Staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK-N). In ihr wird der Begriff der häuslichen Gewalt konkretisiert. Kriterien für das Feststellen häuslicher Gewalt werden im Gesetz beispielhaft aufgelistet. Die zuletzt noch bestehende Differenz betraf ebenjene Auflistung.</p><p class="Standard_d">Zu den genannten Hinweisen auf häusliche Gewalt zählt unter anderem, dass jemand als Opfer gemäss Opferhilfegesetz anerkannt wurde, sich ärztlich behandeln lassen musste, oder dass in einem Fall die Polizei eingreifen musste.</p><p class="Standard_d">&nbsp;</p><p class="Standard_d">Gesellschaftlicher Wandel</p><p class="Standard_d">Eine weitere Neuerung trägt dem gesellschaftlichen Wandel Rechnung. Die neuen Bestimmungen gelten nicht nur wie die zuvor bestehenden Härtefallregeln für Verheiratete, sondern auch für deren Kinder, für Menschen in eingetragener Partnerschaft und - unter gewissen Voraussetzungen - für Konkubinatspartner und -partnerinnen.</p><p class="Standard_d">Umsetzen müssen die neuen Regeln die Kantone. Wie bei persönlichen Härtefällen sollen sie aber die Regeln nur mit dem Einverständnis des Bundes anwenden dürfen. Dabei führt der Opferstatus nicht automatisch zu einem Bleiberecht. Vielmehr sieht das Gesetz nach wie vor eine Einzelfallprüfung vor.</p>
Updated
15.05.2025 13:30

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