Schweizerisches Zivilgesetzbuch. Änderung (Besitzesschutz bei verbotener Eigenmacht an Grundstücken)

Details

ID
20230085
Title
Schweizerisches Zivilgesetzbuch. Änderung (Besitzesschutz bei verbotener Eigenmacht an Grundstücken)
Description
Botschaft vom 15. Dezember 2023 zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Besitzesschutz bei verbotener Eigenmacht an Grundstücken)
InitialSituation
<h2 class="Titel_d"><strong>Medienmitteilung des Bundesrates vom 15.12.2023</strong></h2><p class="Standard_d"><strong>Bundesrat will Position von Grundstückbesitzern bei Hausbesetzungen stärken</strong></p><p class="Standard_d"><strong>Der Bundesrat will die Position von Grundstückbesitzerinnen und Grundstückbesitzern bei Hausbesetzungen verbessern. Er hat an seiner Sitzung vom 15. Dezember 2023 die entsprechende Botschaft verabschiedet. Insbesondere soll das Selbsthilferecht gestärkt werden. Im Gesetz soll präzisiert werden, ab welchem Zeitpunkt die Frist läuft, innert welcher die Besitzerin oder der Besitzer die Hausbesetzer mittels verhältnismässiger Gewalt wegweisen und sich des Grundstücks wieder bemächtigen darf. Neu soll ausserdem die Möglichkeit einer gerichtlichen Verfügung die Räumung gegen unbekannte Hausbesetzerinnen und Hausbesetzer vereinfachen.&nbsp;</strong></p><p class="Standard_d">Besitzerinnen und Besitzer von unrechtmässig besetzten Grundstücken dürfen sich nach geltendem Recht unter bestimmten Voraussetzungen ihres Besitzes wieder bemächtigen. In der Praxis stossen sie dabei aber regelmässig auf Hindernisse. So können im Zivilverfahren prozessuale Probleme auftreten und für Besitzerinnen und Besitzer ist es oft schwierig, sich Zutritt zum besetzten Grundstück zu verschaffen. In Erfüllung der Motion Feller 15.3531 hat der Bundesrat Änderungen des Zivilgesetzbuches (ZGB) und der Zivilprozessordnung (ZPO) vorgeschlagen, um die Position von Grundstückbesitzerinnen und Grundstückbesitzern bei Hausbesetzungen zu verbessern.</p><p class="Standard_d">&nbsp;</p><p class="Standard_d">Punktuelle Anpassung bei der Selbsthilfefrist</p><p class="Standard_d">Am 29. Juni 2022 hat der Bundesrat die überwiegend positiven Rückmeldungen auf die vorgeschlagenen Änderungen aus der Vernehmlassung zur Kenntnis genommen. In einzelnen Punkten fordert eine Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden allerdings Anpassungen. So wird insbesondere gewünscht, dass die Reaktionsfrist, innert welcher sich die Besitzerin oder der Besitzer des Grundstückes durch Selbsthilfe wieder bemächtigen darf, durch Streichung oder Ersetzen des unbestimmten Rechtsbegriffs «sofort» gelockert wird. Ausserdem soll auch das Einspracheverfahren noch besitzerfreundlicher ausgestaltet wird.</p><p class="Standard_d">Nach erneuter Prüfung kommt der Bundesrat zum Schluss, dass er an der Reaktionsfrist «sofort» festhalten will. Würde die Reaktionsfrist gestrichen, könnte die Grundstückbesitzerin oder der Grundstückbesitzer alleine entscheiden, wie rasch sie oder er eigenmächtig gegen die Hausbesetzung vorgeht. Dies würde zu Rechtsunsicherheit führen und das staatliche Gewaltmonopol aufweichen. Hingegen will der Bundesrat mit Bezug auf den Beginn der Selbsthilfefrist Klarheit schaffen. Massgebend soll jener Zeitpunkt sein, in welchem die Besitzerin oder der Besitzer von der Hausbesetzung erfährt. Allerdings nur dann, wenn sie oder er bei gebotener Sorgfalt nicht bereits früher von der Besetzung hätte Kenntnis erlangen können.</p><p class="Standard_d">Ob die Anwendung von Selbsthilfe zulässig ist, wird jeweils im Einzelfall nach den Gesamtumständen zu bestimmen sein. In jedem Fall wird aber vorausgesetzt, dass amtliche Hilfe nicht rechtzeitig verfügbar ist. Aufgrund der bestehenden Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen kann der Bundesrat nicht unmittelbar – wie in der Vernehmlassung gefordert – auf eine einheitliche und effizientere Praxis bei der Räumung von Hausbesetzungen hinwirken.</p><p class="Standard_d">&nbsp;</p><p class="Standard_d">Gerichtliche Verfügung soll Durchsetzung erleichtern</p><p class="Standard_d">Die vorgeschlagenen Änderungen sollen jedoch die künftige Praxis bei Hausbesetzungen indirekt beeinflussen, indem die prozessualen Hindernisse zur Räumung von Liegenschaften abgebaut werden. Dazu will der Bundesrat den Besitzerinnen und Besitzern ermöglichen, rascher eine Zwangsräumung des Grundstücks zu erwirken: Analog zum bestehenden gerichtlichen Verbot sollen sie die Räumung und Rückgabe des Grundstücks gegenüber namentlich nicht bekannten Personen künftig durch eine gerichtliche Verfügung erwirken können. Im Vergleich zum Vorentwurf sieht der Bundesrat nun ausserdem vor, dass die Einsprache gegen eine solche Verfügung begründet werden muss. Weiter soll das Gericht zum Schutz der Besitzerinnen und Besitzer auf Antrag anordnen können, dass sie oder er die gerichtliche Verfügung nicht selbst am Grundstück anbringen muss, sondern dass dies durch eine Behörde erledigt wird.</p>
Objectives
  • Number
    0
    Text
    Botschaft vom 15. Dezember 2023 zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Besitzesschutz bei verbotener Eigenmacht an Grundstücken)
    Resolutions
    Date Council Text
  • Number
    1
    Text
    Schweizerisches Zivilgesetzbuch (Besitzesschutz bei verbotener Eigenmacht an Grundstücken)
    Resolutions
    Date Council Text
    10.03.2025 1 Beschluss abweichend vom Entwurf
    02.06.2025 2 Abweichung
    10.06.2025 1 Zustimmung
    20.06.2025 2 Annahme in der Schlussabstimmung
    20.06.2025 1 Annahme in der Schlussabstimmung
Proceedings
<p>SDA-Meldung</p><h3 class="Debatte_sda_linksbündig_d"><strong>Debatte im Nationalrat, 10.03.2025</strong>&nbsp;</h3><p class="Standard_d"><strong>Nationalrat will restriktivere Regeln gegen Hausbesetzer</strong></p><p class="Standard_d"><strong>Der Nationalrat will Liegenschaftsbesitzerinnen und -besitzern mehr Mittel gegen Hausbesetzungen geben. Er hat am Montag einer entsprechenden Gesetzesänderung zugestimmt.</strong></p><p class="Standard_d">Die grosse Kammer nahm die Änderung des Zivilgesetzbuches mit 123 zu 64 Stimmen bei zwei Enthaltungen an. Das Geschäft geht an den Ständerat.</p><p class="Standard_d">Im Detail geht es unter anderem darum, wann die Frist zu laufen beginnt, innert derer Hausbesitzer Besetzer mittels verhältnismässiger Gewalt selbst wegweisen dürfen: Nämlich innert angemessener Frist, sobald der Betroffene von der Besetzung erfährt. Voraussetzung ist, dass amtliche Hilfe nicht rechtzeitig verfügbar ist. Nach geltendem Recht ist die sogenannte Selbsthilfe nur sofort nach Beginn einer Besetzung zulässig.</p><p class="Standard_d">Der Bundesrat wollte einen Mittelweg: Er wollte zum einen festhalten, dass eine Reaktion sofort zu erfolgen hat, sobald jemand von einer Besetzung erfährt - und nicht nur innert angemessener Frist.</p><p class="Standard_d">Das Recht auf Selbsthilfe sollte nach dem Willen der Landesregierung zudem auch dann erlöschen, wenn ein Hausbesitzer in Anwendung der zumutbaren Sorgfalt früher von einer Besetzung hätte erfahren können. Ausnahmen vom staatlichen Gewaltmonopol seien restriktiv zu handhaben, appellierte Justizminister Beat Jans ohne Erfolg an den Rat.</p><p class="Standard_d">Die Vorlage sieht weiter einen Anspruch auf rechtzeitige Hilfe durch die Behörden vor. Zudem soll es einfacher werden, eine Besetzung mittels einer gerichtlichen Verfügung zu beenden. Hier geht es insbesondere um Fälle, in denen Zahl und Identität der Besetzerinnen und Besetzer unbekannt ist.</p><p class="Standard_d">Die Linke und die GLP wollten nicht auf die Vorlage eintreten, unterlagen aber der bürgerlichen Mehrheit im Rat. Sie bezeichneten die Vorlage als unnötig. Es gehe um relativ wenige Fälle und das heutige Recht reiche aus. Christian Dandrès (SP/GE) warnte in der Debatte vor einer Aushöhlung des staatlichen Gewaltmonopols.</p><p class="Standard_d">Die Bürgerlichen argumentierten dagegen, die Eigentumsrechte von Liegenschaftsbesitzerinnen und -besitzern seien heute zu wenig geschützt. Insbesondere die SVP warf zudem links-grünen Regierungen in grösseren Städten vor, ihr Umgang mit Hausbesetzern sei zu lax.</p><p class="Standard_d">Jacqueline Badran (SP/ZH) konterte, hier solle eine jahrzehntelange, bewährte Praxis in den Städten übersteuert werden.</p><p>&nbsp;</p><p>SDA-Meldung</p><h3 class="Debatte_sda_linksbündig_d"><strong>Debatte im Ständerat, 02.06.2025</strong></h3><p class="Standard_d"><strong>Hauseigentümer sollen besser gegen Besetzungen vorgehen können</strong><br><strong>Bei Hausbesetzungen sollen künftig in der Schweiz Hauseigentümerinnen und -eigentümer besser dastehen als bisher. Das wollen die eidgenössischen Räte. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einer entsprechenden Änderung des Zivilgesetzbuchs zugestimmt.</strong></p><p class="Standard_d">Der Ständerat genehmigte einen vom Bundesrat vorgelegten Entwurf am Montag mit 35 zu 4 Stimmen bei 4 Enthaltungen. Die Nein-Stimmen respektive Enthaltungen kamen von Links-Grün. Der Nationalrat hatte die Gesetzesänderung schon im März gutgeheissen.</p><p class="Standard_d">Zwei Änderungen sieht das Projekt vor: Erstens sollen sich künftig Hauseigentümer ihres Grundstücks "innert angemessener Frist" nach Kenntnisnahme der Besetzung wieder bemächtigen können. Dies durch Vertreibung der Besetzerinnen und Besetzer. Derzeit muss dies "sofort" geschehen.</p><p class="Standard_d">Damit setzte sich eine Forderung des Nationalrats durch, welcher sich die Mehrheit des Ständerats anschloss. Der Bundesrat wollte bei "sofort" bleiben. Diese Selbsthilfe-Bestimmung wird durch weitere Elemente präzisiert.</p><p class="Standard_d">Bei der zweiten Änderung geht es darum, dass Hausbesitzerinnen und -besitzer rascher eine Zwangsräumung des Grundstücks erwirken können sollen. Im Fokus stehen laut Parlamentsunterlagen insbesondere Fälle, in denen Zahl und Identität der Besetzerinnen und Besetzer unbekannt ist.</p><p class="Standard_d">Noch verbleibt bei diesem Geschäft eine kleine Differenz zwischen Stände- und Nationalrat, so dass die Vorlage zurück in die grosse Kammer geht.</p><p class="Standard_d">Im Namen einer Kommissionsminderheit sagte am Montag im Ständerat der Genfer SP-Ständerat Carlo Sommaruga, die Gesetzesverschärfung sei unnötig. Meist schlössen Hausbesitzer und Besetzer eine Vereinbarung für eine Zwischennutzung des Geländes ab, nach deren Ende die Besetzer von selber gingen.</p><p class="Standard_d">Viel wichtiger in diesem Zusammenhang seien die "Explosion" der Mietzinse in der Schweiz und der Wohnungsmangel.</p><p>&nbsp;</p><p>SDA-Meldung</p><h3 class="Debatte_sda_linksbündig_d"><strong>Debatte im Nationalrat, 10.06.2025</strong></h3><p class="Standard_d"><strong>Eigentümer erhalten mehr Mittel gegen Hausbesetzungen</strong><br><strong>Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer in der Schweiz können künftig leichter gegen Besetzungen vorgehen. Der Nationalrat hat am Dienstag die letzte Differenz zum Ständerat bei der entsprechenden Vorlage ausgeräumt.</strong></p><p class="Standard_d">Die grosse Kammer fällte ihren Entscheid mit 110 zu 72 Stimmen ohne Enthaltungen. Damit setze sich im Rat eine Mehrheit aus SVP, FDP und Mitte durch. Das Geschäft ist bereit für die Schlussabstimmung.</p><p class="Standard_d">Die Vorlage sieht im Wesentlichen zwei Änderungen des Zivilgesetzbuches vor. Zum einen dürfen Hauseigentümer Besetzer künftig innert angemessener Frist, nachdem sie von einer Besetzung erfahren haben, selbst vertreiben. Nach geltendem Recht ist solche Selbsthilfe nur zulässig, wenn sie sofort erfolgt.</p><p class="Standard_d">Bei der zweiten Änderung geht es darum, dass Hauseigentümerinnen und -eigentümer rascher eine Zwangsräumung des Grundstücks erwirken können sollen. Im Fokus stehen laut Parlamentsunterlagen insbesondere Fälle, in denen Zahl und Identität der Besetzerinnen und Besetzer unbekannt ist.</p><p class="Standard_d">Christian Dandrès (SP/GE) bekräftigte in der Debatte die grundsätzliche Kritik der Linken an der Vorlage. Sie sei unnötig und schaffe für Hauseigentümer ein ungerechtfertigtes Privileg. Dies, weil deren Handeln von gerichtlicher Kontrolle ausgenommen werde. Eigentümer könnten auch dann Fakten schaffen, wenn sich jemand rechtmässig in einer Wohnung befinde - einfach, indem sie nach einer Räumung eine Wohnung neu vermieteten.</p><p class="Standard_d">Der Nationalrat hatte am Dienstag nur noch über einen untergeordneten Punkt zu entscheiden. Dabei ging es um Fälle, in denen ein Gericht eine Räumung für vorzeitig vollstreckbar erklärt. Eine Minderheit um Dandrès wollte diese Möglichkeit ganz aus dem Gesetz streichen, setzte sich damit aber nicht durch.</p><p class="Standard_d">&nbsp;</p>
Updated
01.07.2025 11:22

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