Erklärung des Ständerates. Urteil des EGMR « Verein KlimaSeniorinnen Schweiz u.a. vs Schweiz»

Details

ID
20240053
Title
Erklärung des Ständerates. Urteil des EGMR « Verein KlimaSeniorinnen Schweiz u.a. vs Schweiz»
Description
InitialSituation
<p><span style="color:black;"><strong>Effektiver Grundrechtsschutz durch internationale Gerichte statt gerichtlicher Aktivismus&nbsp;</strong></span></p><p>&nbsp;</p><p><span style="color:black;">Der Ständerat,</span></p><ul><li><span style="color:black;">würdigt die historische Bedeutung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und respektiert den zentralen Beitrag, den der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in der Vergangenheit zu der Entwicklung eines wirksamen Grundrechtsschutzes in Europe und in der Schweiz geleistet hat;</span></li><li><span style="color:black;">anerkennt, dass sich der Grundrechtsschutz prinzipiell in einem Spannungsfeld zwischen Rechtsstaats- und Demokratieprinzip bewegt;</span></li><li><span style="color:black;">unterstreicht die grundsätzliche Funktion des Konsensprinzips als Geltungsgrund des Völkerrechts;</span></li><li><span style="color:black;">erinnert an die durch das 15. Zusatzprotokoll ergänzte Präambel der EMRK, wonach es «nach dem Grundsatz der Subsidiarität in erster Linie Aufgabe der Hohen Vertragsparteien ist, die Achtung der in dieser Konvention und den Protokollen dazu bestimmten Rechte und Freiheiten zu gewährleisten, und dass sie dabei über einen Ermessensspielraum verfügen, welcher der Kontrolle des durch diese Konvention errichteten Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte untersteht»;</span></li><li><span style="color:black;">nimmt Kenntnis vom Urteil des Gerichtshofs i.S. «Verein KlimaSeniorinnen Schweiz vs. Schweiz» vom 09. April 2024;</span></li><li><span style="color:black;">und stellt besorgt fest,&nbsp;</span><ul><li>dass das Urteil als Ergebnis der Auslegungsmethode der Konvention als <i>«instrument vivant»&nbsp;</i>die Grenzen der dynamischen Auslegung überschreitet;&nbsp;</li><li>dass der Gerichtshof dadurch<i>&nbsp;</i>die Grenzen der zulässigen Rechtsfortentwicklung durch ein internationales Gericht überstrapaziert<span style="color:black;">;</span></li><li><span style="color:black;">dass sich der Gerichtshof durch diese Art der Vertragsauslegung dem Vorwurf eines unzulässigen und unangemessenen gerichtlichen Aktivismus aussetzt;</span></li><li><span style="color:black;">dass der Gerichtshof dadurch in Kauf nimmt, dass seine Legitimität nicht nur von der Staatengemeinschaft des Europarats, sondern auch von den innerstaatlichen politischen Akteuren in den Vertragsstaaten in Frage gestellt wird;</span></li><li><span style="color:black;">dass eine Schwächung der Legitimationsbasis des Gerichtshofs zu einer Schwächung des effektiven Schutzes der Menschenrechte in Europa führen könnte.</span></li></ul></li></ul><p><span style="color:black;">Er appelliert an den Gerichtshof, bei der Anwendung seiner Auslegungsmethode der Konvention als «<i>instrument vivant</i>» zukünftig</span></p><ul><li><span style="color:black;">den in der Konvention verankerten Grundsatz der Subsidiarität zu respektieren;</span></li><li><span style="color:black;">dem Wortlaut der Konvention und ihrer historischen Entstehungsbedingungen wieder erhöhte Beachtung zu schenken;</span></li><li><span style="color:black;">der staatlichen Souveränität und dem völkerrechtlichen Konsensprinzip die ihm auch heute noch gebührende Bedeutung beizumessen;</span></li><li><span style="color:black;">die demokratischen Prozesse der Vertragsstaaten zu achten.</span></li></ul><p><span style="color:black;">Er fordert den Bundesrat dazu auf, sich mit Blick auf die Schweizer Interessenwahrung ebenfalls im Sinne dieser Erklärung in den entsprechenden Gremien des Europarats aktiv einzubringen und das Ministerkomitee im Aktionsplan der Schweiz gemäss Art. 46 EMRK zudem inhaltlich wie folgt zu informieren:</span></p><ul><li><span style="color:black;">dass die Schweizer Stimmbevölkerung das Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit vom 30. September 2022 angenommen hat, das ein Netto-Null-Ziel für 2050, ein Zwischenziel für 2040 sowie Durchschnittsziele für die Jahre 2031-2040 und 2041-2050 festlegt;</span></li><li><span style="color:black;">dass die Bundesversammlung – in Umsetzung der internationalen Verpflichtungen im Rahmen des Übereinkommens von Paris – die klimapolitischen Ziele und Massnahmen bis 2030 am 15. März 2024 beschlossen hat (Änderung des CO2-Gesetzes), sodass keine Regelungslücke besteht;</span></li><li><span style="color:black;">dass das Übereinkommen von Paris den Vertragsparteien nicht vorschreibt, nationale Treibhausgasbudgets auszuweisen, dass sich aber aus den bis 2050 festgelegten Durchschnittszielen der Schweiz letztlich ein Treibhausgasbudget ableiten liesse;</span></li><li><span style="color:black;">dass die Schweiz ihre internationalen, völkerrechtlich verbindlichen Klima-Verpflichtungen, bislang eingehalten hat, insbesondere jene gemäss Kyoto-Protokoll;</span></li></ul><p><span style="color:black;">dass die Schweiz daher keinen Anlass sieht, dem Urteil des Gerichtshofs vom 09. April 2024 weitere Folge zu geben, da durch die bisherigen und laufenden klimapolitischen Bestrebungen der Schweiz die menschenrechtlichen Anforderungen des Urteils erfüllt sind.</span></p><p>&nbsp;</p><p>Minderheit der Kommission (Sommaruga, Crevoisier Crelier, Vara):</p><p>Ablehnung der Erklärung</p>
Objectives
  • Number
    0
    Text
    Resolutions
    Date Council Text
    05.06.2024 2 Annahme des Antrags auf Abgabe der Erklärung
Proceedings
Updated
27.02.2025 08:48

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