Zivilgesetzbuch (Gewaltfreie Erziehung). Änderung
Details
- ID
- 20240077
- Title
- Zivilgesetzbuch (Gewaltfreie Erziehung). Änderung
- Description
- Botschaft vom 13. September 2024 zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (Gewaltfreie Erziehung)
- InitialSituation
- <h2 class="Titel_d"><strong>Medienmitteilung des Bundesrates vom 13.09.2024</strong></h2><p class="Standard_d"><strong>Kinder besser vor Gewalt in der Erziehung schützen</strong></p><p class="Standard_d"><strong>Der Bundesrat will den Grundsatz der gewaltfreien Erziehung ausdrücklich im Gesetz verankern. An seiner Sitzung vom 13. September 2024 hat er die Vernehmlassungsergebnisse zu einer Änderung des Zivilgesetzbuches (ZGB) zur Kenntnis genommen und zuhanden des Parlaments die entsprechende Botschaft verabschiedet. Die vorgeschlagene Bestimmung verpflichtet die Eltern explizit, Kinder ohne Anwendung von Gewalt zu erziehen. Ausserdem soll der Zugang zu Beratungsangeboten für Eltern und Kinder verbessert werden. </strong></p><p class="Standard_d">Gewalt gegenüber Kindern im Rahmen der elterlichen Erziehung ist bereits nach geltendem Recht nicht erlaubt. Namentlich das Strafrecht und der zivilrechtliche Kindesschutz schützen Kinder vor Gewalt in der Familie. Bundesrat und Parlament wollen nun den Grundsatz der gewaltfreien Erziehung zusätzlich explizit im Gesetz verankern (Motion 19.4632 Bulliard-Marbach).</p><p class="Standard_d">Im Sommer 2023 hat der Bundesrat die Vernehmlassung für eine entsprechende Änderung des Zivilgesetzbuches (ZGB) eröffnet. An seiner Sitzung vom 13. September 2024 hat er nun die mehrheitlich positiven Rückmeldungen aus der Vernehmlassung zur Kenntnis genommen und zuhanden des Parlaments die Botschaft verabschiedet.</p><p class="Standard_d">Die neue Bestimmung im ZGB hat Leitbildcharakter. Sie ist ein klares Signal an die Gesellschaft: Gewalt in der Erziehung, namentlich körperliche Bestrafungen und andere Formen erniedrigender Behandlung von Kindern werden nicht toleriert. Gleichzeitig betont der Bundesrat, dass die Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder auch in Zukunft autonom bleiben sollen. Eine bestimmte Erziehungsmethode schlägt er nicht vor.</p><p> </p><p class="Standard_d">Zugang zu Beratungs- und Hilfsangeboten verbessern</p><p class="Standard_d">Hingegen schlägt der Bundesrat vor, die Prävention zu stärken. Bereits bestehende, aber teilweise regional unterschiedliche und niederschwellige Beratungs- und Hilfsangebote für Eltern und Kinder sollen ausgebaut bzw. der Zugang dazu verbessert werden. Die Kantone sorgen dafür, dass bei Schwierigkeiten in der Erziehung für die Betroffenen ausreichend Beratungsstellen sowie weitere Unterstützungsangebote zur Verfügung stehen. Dies mit dem Ziel, Familien bei Erziehungsfragen zu beraten und bei Bedarf zur Bewältigung eines Konfliktes Unterstützung zu bieten.</p><p class="Standard_d">Das Inkrafttreten der vorgeschlagenen Gesetzesänderung soll durch Aufklärungs- und Sensibilisierungsmassnahmen auf nationaler Ebene begleitet werden, um die gewünschte präventive Wirkung entfalten zu können. Der Bund wird sich daran beteiligen.</p>
- Objectives
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- Number
- 0
- Text
- Botschaft vom 13. September 2024 zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (Gewaltfreie Erziehung)
- Resolutions
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Date Council Text
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- Number
- 1
- Text
- Schweizerisches Zivilgesetzbuch (Gewaltfreie Erziehung)
- Resolutions
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Date Council Text 05.05.2025 1 Beschluss gemäss Entwurf 09.09.2025 2 Zustimmung 26.09.2025 1 Annahme in der Schlussabstimmung 26.09.2025 2 Annahme in der Schlussabstimmung
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- Proceedings
- <p>SDA-Meldung</p><h3 class="Debatte_sda_linksbündig_d"><strong>Debatte im Nationalrat, 05.05.2025</strong></h3><p class="Standard_d"><strong>Nationalrat will gewaltfreie Erziehung gesetzlich verankern</strong></p><p class="Standard_d"><strong>Der Nationalrat will das Prinzip der gewaltfreien Erziehung von Kindern ausdrücklich im Schweizer Zivilgesetzbuch verankern. Als Erstrat hat er am Montag in seiner Sondersession eine entsprechende Bundesratsvorlage gutgeheissen.</strong></p><p class="Standard_d">Mit 134 zu 56 Stimmen bei 2 Enthaltungen sagte er Ja zur Gesetzesanpassung, welche nun in den Ständerat geht. Nicht auf die Vorlage eintreten wollte eine SVP-Minderheit, deren Sprecher Manfred Bühler (BE) die ausdrückliche Erwähnung einer gewaltfreien Erziehung im Zivilgesetzbuch als unnötig bezeichnete.</p><p class="Standard_d">Alle nötigen Bestimmungen fänden sich bereits im Strafgesetzbuch. Bühler sagte auch, der Staat solle den Familien kein bestimmtes Erziehungskonzept aufzwingen. Entgleisungen seien klar unzulässig, doch manchmal helfe es, wenn man einen physischen Zwang auch nur androhen könne.</p><p class="Standard_d">Die grosse Mehrheit des Nationalrats ging hingegen mit dem Bundesrat einig, der im Vorfeld gesagt hatte, die explizite Erwähnung des Prinzips der gewaltfreien Erziehung im Gesetz hätte Leitbildcharakter. Sie würde klar signalisieren, dass beispielsweise körperliche Bestrafungen und andere Formen von erniedrigender Behandlung von Kindern nicht toleriert würden.</p><p> </p><p class="Standard_d">Grenzen setzen: Das geht weiterhin</p><p class="Standard_d">Gleicher Meinung wie der Bundesrat war unter anderem die Mitte-Fraktion, deren Sprecherin Maya Bally (AG) von einem "eminent wichtigen Schritt" sprach in einem Land, in dem immer noch zu viele Kinder in der Erziehung Gewalt erlebten. Jessica Jaccoud (VD) sagte namens der SP-Fraktion, die Erziehung von Kindern sei Privatsache - nicht aber Gewalt in dieser Erziehung.</p><p class="Standard_d">Bestrafungen von Kindern blieben auch künftig möglich, doch Strafen dürften eben nicht Gewalt enthalten oder erniedrigend sein, sagte Patricia von Falkenstein (BS) im Namen der FDP-Fraktion.</p><p class="Standard_d">Eine explizite Verankerung des Gewaltverbots im Gesetz könne etwa Lehrerinnen oder Trainern eines Sportclubs helfen, Familien auf Verhaltensweisen anzusprechen, welche für die kindliche Entwicklung schädlich seien: Das sagte Florence Brenzikofer (Grüne/BL) als Berichterstatterin der vorberatenden Rechtskommission des Nationalrats (RK-N).</p><p class="Standard_d">Diese hatte nach der Vorberatung die Vorlage ganz klar befürwortet. Bundesrat Beat Jans sagte im Rat, Kinder ohne Gewalt zu erziehen, bedeute nicht, dass man ihnen nicht auch Grenzen setzen könne. Die Frage sei, wie man das tue. Die Erziehungsverantwortung bleibe bei den Eltern.</p><p class="Standard_d">Die Vorlage geht auf eine Motion der Freiburger Mitte-Nationalrätin Christine Bulliard-Marbach zurück, welcher National- und Ständerat 2021 respektive 2022 zustimmten. Im Sommer 2023 eröffnete dann der Bundesrat die Vernehmlassung für die geplante Änderung des Zivilgesetzbuchs.</p><p class="Standard_d">Kantone und Organisationen, die an der Vernehmlassung teilnahmen, begrüssten laut Parlamentsunterlagen den Vorentwurf im Grundsatz. Die Organisation Pro Juventute sprach in einer Mitteilung vom Montag von einem "historischen Schritt".</p><p class="Standard_d"> </p><p class="Standard_d">Studie zeigt: Gewalt ist häufig</p><p class="Standard_d">Jedes fünfte Kind in der Schweiz erfährt regelmässig psychische Gewalt und jedes dritte war bereits Zeuge psychischer Gewalt zwischen Eltern. Das zeigte eine im November 2024 von der Organisation Kinderschutz Schweiz vorgestellte Studie, die sich auf die Befragung von 1264 Eltern stützt.</p><p class="Standard_d">Laut dieser Studie haben Kinder, die unter regelmässig angewendeter psychischer Gewalt leiden, ein stark erhöhtes Risiko für Depressionen, Lernstörungen, aggressives und gewalttätiges Verhalten oder Bindungsstörungen.</p><p class="Standard_d">Die Bundesratsvorlage sieht zwei neue Sätze im Zivilgesetzbuch vor. Im zweiten Satz steht, die Kantone hätten dafür zu sorgen, dass sich die Eltern und das Kind bei Schwierigkeiten in der Erziehung gemeinsam oder einzeln an Beratungsstellen wenden könnten.</p><p class="Standard_d">Diese Hilfsangebote seien regional unterschiedlich, schrieb der Bundesrat dazu. Das Inkrafttreten der vorgeschlagenen Gesetzesänderung solle durch Aufklärungs- und Sensibilisierungsmassnahmen auf nationaler Ebene begleitet werden, um die gewünschte präventive Wirkung entfalten zu können. Der Bund werde sich daran beteiligen.</p><p> </p><p>SDA-Meldung</p><h3 class="Debatte_sda_linksbündig_d"><strong>Debatte im Ständerat, 09.09.2025</strong></h3><p class="Standard_d"><strong>Prinzip der gewaltfreien Erziehung wird gesetzlich verankert</strong></p><p class="Standard_d"><strong>Eltern haben Kinder ohne Anwendung von Gewalt zu erziehen. Dieses Prinzip wird jetzt ausdrücklich im Schweizer Zivilgesetzbuch (ZGB) verankert. Nach dem Nationalrat hat sich auch der Ständerat dafür ausgesprochen.</strong></p><p class="Standard_d">Die kleine Kammer hiess am Dienstag ohne grosse Diskussion und mit 33 zu 4 Stimmen bei 7 Enthaltungen eine vom Bundesrat eingebrachte Ergänzung des Zivilgesetzbuchs gut. Der Nationalrat hatte der Vorlage schon im Mai zugestimmt. Die Änderung muss noch in die Schlussabstimmungen der beiden Räte am Ende der Herbstsession, bevor sie in Kraft treten kann.</p><p class="Standard_d">Im Ständerat sagte Heidi Z'graggen (Mitte/UR), die Sprecherin der vorberatenden Rechtskommission, zu viele Kinder erführen in der Schweiz körperliche oder psychische Gewalt in der Familie. Diese Gewalt beeinträchtige sie in ihrer Entwicklung massiv.</p><p class="Standard_d">"Das ist unhaltbar. Wir müssen aktiv für die Gesundheit unserer Kinder sorgen." Die Vorlage sende ein klares Signal: "Gewalt ist keine Erziehungsmethode", so Z'graggen.</p><p class="Standard_d"> </p><p class="Standard_d">Im Nationalrat opponierte die SVP</p><p class="Standard_d">Im Mai stiess die Vorlage im Nationalrat bei der SVP-Fraktion auf Widerstand: Sie sei unnötig, weil sich alle nötigen Bestimmungen bereits im Strafgesetzbuch befänden, hiess es aus deren Reihen. Die SVP-Fraktion wollte nicht auf die Vorlage eintreten.</p><p class="Standard_d">Wie SVP-Vertreter sagte auch der Bundesrat im Vorfeld der Debatten, eigentlich sei Gewalt gegenüber Kindern im Rahmen der elterlichen Erziehung bereits nach geltendem Recht nicht erlaubt. Namentlich das Strafrecht und der zivilrechtliche Kindesschutz schützten Kinder vor Gewalt in der Familie.</p><p class="Standard_d">Der Bundesrat sagte aber auch, die explizite Erwähnung des Prinzips der gewaltfreien Erziehung im Gesetz hätte Leitbildcharakter. Sie würde klar signalisieren, dass beispielsweise körperliche Bestrafungen und andere Formen von erniedrigender Behandlung von Kindern nicht toleriert würden.</p><p class="Standard_d">Das bekräftigte Bundesrat Beat Jans im Ständerat. Mit der Vorlage gehe es darum, vorzubeugen und zu verhindern, dass Eltern Gewalt in der Erziehung einsetzten. "Vorbeugen ist besser als heilen", so Jans.</p><p class="Standard_d">Im Ständerat sprach niemand der SVP-Vertreter gegen die Vorlage, doch zeigte ein Blick auf die Abstimmungstafel, dass drei der Nein-Stimmen und drei Enthaltungen von SVP-Vertreterinnen und -Vertretern stammten.</p><p class="Standard_d">Die Bundesratsvorlage sieht zwei neue Sätze im Zivilgesetzbuch vor. Im ersten wird die Gewaltfreiheit im Gesetz verankert. Laut dem zweiten müssen die Kantone dafür sorgen, dass sich die Eltern und das Kind bei Schwierigkeiten in der Erziehung gemeinsam oder einzeln an Beratungsstellen wenden können.</p><p class="Standard_d">Pirmin Schwander (SVP/SZ) und Mauro Poggia (MCG/GE) scheiterten mit dem Antrag, ausser Eltern auch "die weiteren sorge- und obhutsberechtigten Personen" von der ZGB-Änderung zu erfassen.</p><p class="Standard_d"> </p><p class="Standard_d">Jedes fünfte Kind betroffen</p><p class="Standard_d">Jedes fünfte Kind in der Schweiz erfährt regelmässig psychische Gewalt und jedes dritte war bereits Zeuge psychischer Gewalt zwischen Eltern. Das zeigte eine im November 2024 von der Organisation Kinderschutz Schweiz vorgestellte Studie, die sich auf die Befragung von 1264 Eltern stützt.</p><p class="Standard_d">Laut dieser Studie haben Kinder, die unter regelmässig angewendeter psychischer Gewalt leiden, ein stark erhöhtes Risiko für Depressionen, Lernstörungen, aggressives und gewalttätiges Verhalten oder Bindungsstörungen. Mit Verweis auf solche Erkenntnisse bezeichnete die Organisation Pro Juventute in einer Mitteilung den Entscheid des Ständerats als "überfälligen Durchbruch" und "historischen Schritt".</p><p class="Standard_d">Ursprung: Motion aus der Mitte</p><p class="Standard_d">Die Vorlage geht auf eine Motion der Freiburger Mitte-Nationalrätin Christine Bulliard-Marbach zurück, welcher National- und Ständerat 2021 respektive 2022 zustimmten. Im Sommer 2023 eröffnete dann der Bundesrat die Vernehmlassung für die geplante Änderung des Zivilgesetzbuchs.</p><p class="Standard_d">Kantone und Organisationen, die an der Vernehmlassung teilnahmen, begrüssten laut Parlamentsunterlagen den Vorentwurf im Grundsatz.</p><p class="Standard_d"> </p>
- Updated
- 08.10.2025 09:07