Bundesgesetz über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen. Änderung (Allgemeinverbindlicherklärung von Mindestlöhnen, die unter kantonalen Mindestlöhnen liegen)

Details

ID
20240096
Title
Bundesgesetz über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen. Änderung (Allgemeinverbindlicherklärung von Mindestlöhnen, die unter kantonalen Mindestlöhnen liegen)
Description
Botschaft vom 13. Dezember 2024 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (Allgemeinverbindlicherklärung von Mindestlöhnen, die unter kantonalen Mindestlöhnen liegen)
InitialSituation
<h2 class="Titel_d"><strong>Medienmitteilung des Bundesrates vom 13.12.2024</strong></h2><p class="Standard_d"><strong>Bundesrat unterbreitet Vorlage zur Regelung des Verhältnisses zwischen unterschiedlichen Mindestlöhnen</strong></p><p class="Standard_d"><strong>Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 13. Dezember 2024 die Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (AVEG) verabschiedet. Diese sieht die Möglichkeit zur Allgemeinverbindlicherklärung von Mindestlöhnen in Gesamtarbeitsverträgen vor, auch wenn sie unter kantonalen Mindestlöhnen liegen.&nbsp;</strong></p><p class="Standard_d">Heute darf ein Gesamtarbeitsvertrag (GAV) nur allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn seine Bestimmungen Bundes- oder kantonalem Recht nicht widersprechen. Folglich ist momentan eine Allgemeinverbindlicherklärung von Mindestlöhnen in einem GAV nicht möglich, wenn diese niedriger sind als die in kantonalen Gesetzen festgelegten Mindestlöhne.</p><p class="Standard_d">Die Motion&nbsp;20.4738 Ettlin «Sozialpartnerschaft vor umstrittenen Eingriffen schützen» fordert eine Änderung des AVEG, sodass den Mindestlöhnen in allgemeinverbindlich erklärten GAV Vorrang gegeben würde. Das Parlament hatte diese Motion am 14.&nbsp;Dezember&nbsp;2022 angenommen und somit den Bundesrat mit ihrer Umsetzung beauftragt.</p><p class="Standard_d">Der Bundesrat schlägt eine Änderung des AVEG vor, damit eine Allgemeinverbindlicherklärung von Mindestlöhnen in GAV möglich wird, auch wenn diese unter den in kantonalen Gesetzen festgelegten Mindestlöhnen liegen. In seiner Botschaft zeigt er jedoch auf, dass eine solche Änderung mehreren Grundsätzen der Schweizer Rechtsordnung widerspricht. So verstösst sie beispielsweise gegen die Kompetenzverteilung zwischen dem Bund und den Kantonen, insofern im Rahmen der Sozialpolitik die Kantone für die Festlegung der Mindestlöhne zuständig sind. Der Bundesrat empfiehlt daher wie auch schon in der Vernehmlassungvorlage, diese Änderung nicht anzunehmen.</p><p class="Standard_d">Angesichts der Vernehmlassungsergebnisse und des Widerstands der überwiegenden Mehrheit der Kantone, die ihre verfassungsmässige Kompetenz zum Erlass von Mindestlöhnen als sozialpolitische Massnahmen betonen, hat der Bundesrat die Vorlage gegenüber der zur Vernehmlassung unterbreiteten Version nicht weiter angepasst.</p>
Objectives
  • Number
    0
    Text
    Botschaft vom 13. Dezember 2024 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (Allgemeinverbindlicherklärung von Mindestlöhnen, die unter kantonalen Mindestlöhnen liegen)
    Resolutions
    Date Council Text
  • Number
    1
    Text
    Bundesgesetz über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (Allgemeinverbindlicherklärung von Mindestlöhnen, die unter kantonalen Mindestlöhnen liegen)
    Resolutions
    Date Council Text
    17.06.2025 1 Beschluss abweichend vom Entwurf
Proceedings
<p>SDA-Meldung</p><h3 class="Debatte_sda_linksbündig_d"><strong>Debatte im Nationalrat, 17.06.2025</strong></h3><p class="Standard_d"><strong>Nationalrat übersteuert vom Volk gutgeheissene Mindestlöhne</strong><br><strong>Arbeitnehmende in den fünf Kantonen mit vom Volk gutgeheissenen Mindestlöhnen müssen eventuell mit Lohnverlusten rechnen. Der Nationalrat hat am Dienstag mit 109 zu 76 Stimmen die kantonalen Löhne allgemein verbindlichen Gesamtarbeitsverträgen unterstellt.</strong></p><p class="Standard_d">Der Bundesrat hatte das Bundesgesetz über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (GAV) gegen seinen Willen aufgrund einer Motion von Ständerat Erich Ettlin (Mitte/OW) geändert. Bundesrat Guy Parmelin plädierte eindringlich dafür, nicht auf die Vorlage einzutreten.</p><p class="Standard_d">Sie sei verfassungswidrig, indem sie in die Kompetenz der Kantone zur Gestaltung ihrer Sozialpolitik eingreife. Privatrechtliche Verträge - und das seien GAV - würden über kantonale Gesetze und legitim gefasste Volksentscheide gestellt.</p><p class="Standard_d">Die bürgerliche Ratsseite hingegen lobte in der Debatte die Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften. Mit den kantonalen Mindestlöhnen entstehe ein Flickenteppich, und die GAV würden mit kantonal höheren Mindestlöhnen unterlaufen.</p><p class="Standard_d">&nbsp;</p><p class="Standard_d">Druck auf Sozialpartner</p><p class="Standard_d">Thomas Burgherr (SVP/AG) sagte für die Kommissionsmehrheit, kantonale Mindestlöhne würden die Sozialpartnerschaft einseitig unter Druck setzen. Die Schweiz sei ein einheitlicher Wirtschaftsraum, was auch für Lohnregelungen gelten sollte.</p><p class="Standard_d">Die Sozialpartner könnten bei den GAV-Löhnen durchaus über kantonal festgelegte Beträge hinausgehen und dies auf Antrag durch den Bundesrat für allgemein verbindlich erklären lassen. So würden diese landesweit gelten. Marcel Dobler (FDP/SG) erklärte, Mindestlöhne seien Arbeitsplatzvernichter und behinderten den Berufseinstieg.</p><p class="Standard_d">Die Vorlage stärke die GAV und damit die Sozialpartnerschaft, sagte Philipp Matthias Bregy (Mitte/VS). Durch den Beschluss entstehe zwar ein Spannungsfeld zwischen Demokratie und Sozialpartnerschaft. Es sei aber verfassungsmässig und entspreche dem Normengeflecht, dass das Parlament hier befinden könne. Es entscheide nicht über Volksentscheide, setze aber Schranken.</p><p class="Standard_d">&nbsp;</p><p class="Standard_d">Attacke auf direkte Demokratie</p><p class="Standard_d">Links-Grün verwies auf die Volkssouveränität, die Verfassung, den Föderalismus und ein Bundesgerichtsurteil. Die Vorlage sei eine Attacke auf die direkte Demokratie. Die Armutsbekämpfung sei gemäss Verfassung eine Aufgabe der Kantone, was das Bundesgericht bei den Mindestlöhnen Neuenburgs bestätigt hatte.</p><p class="Standard_d">Alle Kantone - mit Ausnahme Obwaldens - und jede Gewerkschaft - immerhin die Hälfte der Sozialpartnerschaft - hätten sich in der Vernehmlassung gegen die Vorlage ausgesprochen. Letztlich seien GAV privatrechtliche Verträge und könnten rechtshierarchisch nicht über Volksentscheiden stehen.</p><p class="Standard_d">SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (AG) bezeichnete das Gesetz als einen "parlamentarischer Putsch gegen die Lohnabhängigen". Es zeige, dass ein Volksentscheid nur gelte, wenn er der bürgerlichen Mehrheit passe. Unzureichende Löhne würden die negativen Folgen einfach der Allgemeinheit aufbürden.</p><p class="Standard_d">Von einem Angriff auf die Armutsbekämpfung sprach Céline Widmer (SP/ZH). Löhne könnten nicht nur auf nationaler Ebene geregelt werden. Ob sie zum Leben reichten, hänge auch von regionalen Gegebenheiten ab. Letztlich würden solche regionalen Mindestlöhne auch gleich lange Spiesse zwischen ehrlichen Arbeitgebern und Ausbeutern schaffen. Die Vorlage geht an den Ständerat.</p><p class="Standard_d">Bisher kennen die fünf Kantone Basel-Stadt, Genf, Neuenburg, Jura und Tessin kantonale Mindestlöhne. Einzig in Genf und Neuenburg richten sie sich nicht nach den GAV. Die Stadtbevölkerungen von Zürich und Winterthur sprachen sich mit Mehrheiten von über zwei Dritteln für lokale Mindestlöhne aus. Diese hob das Verwaltungsgericht auf.</p><p>&nbsp;</p><h2 class="Titel_d"><strong>Medienmitteilung der Kommission&nbsp;für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates vom 29.08.2025</strong></h2><p class="Standard_d">Sollen Bestimmungen von Gesamtarbeitsverträgen allgemeinverbindlich erklärt werden können, die niedrigere Mindestlöhne vorsehen als jene, die in den kantonalen Gesetzen festgelegt sind? Die WAK-S hat noch keinen Entscheid in dieser umstrittenen Frage gefällt. Sie hat die Verwaltung im Hinblick auf ihre Beratung der Vorlage <a href="https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20240096">24.096</a> beauftragt, die Frage der verfassungsmässigen Kompetenzen der verschiedenen Staatsebenen im Bereich der Mindestlöhne noch einmal aufzubereiten und die Möglichkeit von Übergangs- und Besitzstandregeln zu prüfen. Damit will die Kommission ausdrücklich auch den Sozialpartnern mehr Zeit geben, den aufgenommenen Dialog über Mindestlöhne weiterzuführen.</p><p class="Standard_d">&nbsp;</p><h2 class="Titel_d"><strong>Auskünfte</strong></h2><p class="Auskünfte_d">Sekretariat der Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben (WAK)</p><p class="Auskünfte_d"><a href="mailto:wak.cer@parl.admin.ch">wak.cer@parl.admin.ch</a></p><p class="Auskünfte_d"><a href="https://www.parlament.ch/de/organe/kommissionen/sachbereichskommissionen/kommissionen-wak">Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK)</a></p>
Updated
01.09.2025 09:50

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