Ueberwachung von Telekommunikationen mit BerufsgeheimnistrÀgern

ShortId
93.3477
Id
19933477
Updated
27.07.2023 19:45
Language
de
Title
Ueberwachung von Telekommunikationen mit Berufsgeheimnisträgern
AdditionalIndexing
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die einfache Anfrage Rechsteiner vom 9. Dezember 1986 und die Motion Stucky vom 22. Juni 1988 haben beide nicht zum anvisierten Ziel geführt, nämlich zum Schutz des Berufsgeheimnisses gemäss Artikel 321 StGB.</p><p>In Ergänzung der Begründung meiner Motion vom 22. Juni 1988 ist festzuhalten, dass im Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates an den Bundesrat über ihre Inspektion vom 9. November 1992 betreffend Telefonüberwachung im Bund und in der entsprechenden Stellungnahme des Bundesrates vom 17. Februar 1993 und vom 19. April 1993 lediglich in der Ziffer 5.2.4 der Schutz von Drittpersonen gewährt wird. Dabei wird zu meiner Enttäuschung nur vom Zeugnisverweigerungsrecht gesprochen. Implizite wird dieses damit dem Berufsgeheimnis gemäss Artikel 321 StGB gleichgestellt, was weder dogmatisch noch sachlich richtig ist. Das Zeugnisverweigerungsrecht ist ein prozessuales Instrument; die Wahrung des Berufsgeheimnisses aber stellt die materielle Voraussetzung der Berufsausübung dar durch jene Berufsangehörigen, welche in Artikel 321 StGB aufgeführt sind. Im weiteren ist zu beachten, dass das Zeugnisverweigerungsrecht eben ein Recht, das Berufsgeheimnis aber dessen korrelate Pflicht ist. Tatsache bleibt, dass durch die Abhörung eines Telefongespräches eines Beschuldigten mit einem Berufsgeheimnisträger das Berufsgeheimnis bereits verletzt ist und diese Verletzung nicht geheilt werden kann durch die Zeugnisverweigerung des Geheimnisträgers.</p><p>Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates führt aus: "Über das Mittel der Telefonabhörung gelangen die Polizei- und Strafverfolgungsbehörden somit zu Auskünften, die ihnen im offenen Umgang mit Bürgern nicht zustehen. Der Beamte kann die so erlangten Kenntnisse nicht aus seinem Gedächtnis entfernen, weshalb damit zu rechnen ist, dass er in seinem Verhalten dadurch unweigerlich beeinflusst wird. Dies gilt auch dann, wenn ein Verwertungsverbot für Aussagen von Drittpersonen mit Zeugnisverweigerungsrecht erlassen wird."</p><p>Diese Begründung ist ambivalent. Sie deckt sich zum Teil mit der Begründung meiner Motion vom 22. Juni 1988. Sie verschweigt aber, dass ich</p><p>- damals kein Verwertungsverbot gefordert, sondern verlangt habe, dass Gespräche zwischen Beschuldigten oder Verdächtigten und Berufsgeheimnisträgern nicht aufgezeichnet werden dürfen;</p><p>- selbst bei Durchführung der Schlussfolgerungen (Einführung einer Kontrollinstanz) die betreffenden Behörden oder der betreffende Beamte vom Gespräch Kenntnis hat, dieses aber nicht aus seinem Gedächtnis streichen kann und somit in seinem künftigen Verhalten dem Abgehörten gegenüber unweigerlich beeinflusst ist.</p><p>Es gibt deshalb nur eine Lösung dieses Problems: Gespräche zwischen Beschuldigten oder/und Verdächtigten und Berufsgeheimnisträgern dürfen in keinem Fall überwacht und aufgezeichnet werden. Entsprechend ist der Bundesrat im Sinne meiner heutigen Motion zu beauftragen, die Revision der entsprechenden Gesetzesbestimmungen vorzunehmen, damit durch technische und administrative Massnahmen derartige Überwachungen und Aufzeichnungen verunmöglicht werden.</p>
  • <p>Die Motion ist nahezu identisch mit dem Wortlaut der Motion Stucky vom 22. Juni 1988 (88.511 Überwachung von Telekommunikationen mit Berufsgeheimnisträgern), deren Umwandlung in ein Postulat der Bundesrat beantragte, die jedoch am 22. Juni 1990 ohne Behandlung abgeschrieben wurde, "weil mehr als zwei Jahre hängig".</p><p>Die Stellungnahme des Bundesrates vom 7. September 1988 trifft auch heute noch zu (Zusammenfassung): Die Respektierung der Berufsgeheimnisse ist auch bei Telefonüberwachungen zu gewährleisten. Das damit verbundene Verwertungsverbot wird heute strikte beachtet, doch kann das nicht dazu führen, dass für Berufsgeheimnisträger die Kenntnisnahme ihrer Telekommunikationen gesetzlich ausgeschlossen wird: Sie können auch als Beschuldigte oder als Privatpersonen überwacht werden, wenn sie nicht in der beruflichen Funktion Mitteilungen der verdächtigen Person entgegennehmen oder weitergeben.</p><p>Dieser Umstand verbietet es, generell technische Massnahmen vorzusehen, die zudem mit einem Aufwand verbunden wären, den die PTT-Betriebe nur bei Abgeltung der sehr hohen Kosten übernehmen könnten.</p><p>Administrative Massnahmen seitens der Strafverfolgungsbehörden sind jedoch möglich. Es kann geprüft werden, ob es sinnvoll ist, die bisherigen vom Verfahrensleiter im Einzelfall getroffenen Sicherungen der Berufsgeheimnisse durch eine gesetzliche Vorschrift zu regeln und damit justiziabel zu gestalten.</p><p>Gegenwärtig bearbeitet eine Studiengruppe des EJPD die Umsetzung der Motion GPK NR - Telefonüberwachung (93.3250 vom 24. Mai 1993). Sie kann ebenfalls die Anliegen der Motion genauer prüfen und allenfalls Vorschläge ausarbeiten.</p> Der Bundesrat beantragt, die Motion in ein Postulat umzuwandeln.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die Revision der entsprechenden Gesetzesbestimmungen vorzunehmen, damit durch technische und administrative Massnahmen die Überwachung und Aufzeichnung von Telefongesprächen und andern Telekommunikationen (Telex, Telefax) zwischen Beschuldigten oder Verdächtigten und Berufsgeheimnisträgern (Geistliche, Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Hebammen, Rechtsanwälte, Notare, Revisoren sowie ihre Hilfspersonen) ausgeschlossen sind.</p>
  • Ueberwachung von Telekommunikationen mit Berufsgeheimnisträgern
State
Überwiesen an den Bundesrat
Related Affairs
  • 19953202
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die einfache Anfrage Rechsteiner vom 9. Dezember 1986 und die Motion Stucky vom 22. Juni 1988 haben beide nicht zum anvisierten Ziel geführt, nämlich zum Schutz des Berufsgeheimnisses gemäss Artikel 321 StGB.</p><p>In Ergänzung der Begründung meiner Motion vom 22. Juni 1988 ist festzuhalten, dass im Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates an den Bundesrat über ihre Inspektion vom 9. November 1992 betreffend Telefonüberwachung im Bund und in der entsprechenden Stellungnahme des Bundesrates vom 17. Februar 1993 und vom 19. April 1993 lediglich in der Ziffer 5.2.4 der Schutz von Drittpersonen gewährt wird. Dabei wird zu meiner Enttäuschung nur vom Zeugnisverweigerungsrecht gesprochen. Implizite wird dieses damit dem Berufsgeheimnis gemäss Artikel 321 StGB gleichgestellt, was weder dogmatisch noch sachlich richtig ist. Das Zeugnisverweigerungsrecht ist ein prozessuales Instrument; die Wahrung des Berufsgeheimnisses aber stellt die materielle Voraussetzung der Berufsausübung dar durch jene Berufsangehörigen, welche in Artikel 321 StGB aufgeführt sind. Im weiteren ist zu beachten, dass das Zeugnisverweigerungsrecht eben ein Recht, das Berufsgeheimnis aber dessen korrelate Pflicht ist. Tatsache bleibt, dass durch die Abhörung eines Telefongespräches eines Beschuldigten mit einem Berufsgeheimnisträger das Berufsgeheimnis bereits verletzt ist und diese Verletzung nicht geheilt werden kann durch die Zeugnisverweigerung des Geheimnisträgers.</p><p>Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates führt aus: "Über das Mittel der Telefonabhörung gelangen die Polizei- und Strafverfolgungsbehörden somit zu Auskünften, die ihnen im offenen Umgang mit Bürgern nicht zustehen. Der Beamte kann die so erlangten Kenntnisse nicht aus seinem Gedächtnis entfernen, weshalb damit zu rechnen ist, dass er in seinem Verhalten dadurch unweigerlich beeinflusst wird. Dies gilt auch dann, wenn ein Verwertungsverbot für Aussagen von Drittpersonen mit Zeugnisverweigerungsrecht erlassen wird."</p><p>Diese Begründung ist ambivalent. Sie deckt sich zum Teil mit der Begründung meiner Motion vom 22. Juni 1988. Sie verschweigt aber, dass ich</p><p>- damals kein Verwertungsverbot gefordert, sondern verlangt habe, dass Gespräche zwischen Beschuldigten oder Verdächtigten und Berufsgeheimnisträgern nicht aufgezeichnet werden dürfen;</p><p>- selbst bei Durchführung der Schlussfolgerungen (Einführung einer Kontrollinstanz) die betreffenden Behörden oder der betreffende Beamte vom Gespräch Kenntnis hat, dieses aber nicht aus seinem Gedächtnis streichen kann und somit in seinem künftigen Verhalten dem Abgehörten gegenüber unweigerlich beeinflusst ist.</p><p>Es gibt deshalb nur eine Lösung dieses Problems: Gespräche zwischen Beschuldigten oder/und Verdächtigten und Berufsgeheimnisträgern dürfen in keinem Fall überwacht und aufgezeichnet werden. Entsprechend ist der Bundesrat im Sinne meiner heutigen Motion zu beauftragen, die Revision der entsprechenden Gesetzesbestimmungen vorzunehmen, damit durch technische und administrative Massnahmen derartige Überwachungen und Aufzeichnungen verunmöglicht werden.</p>
    • <p>Die Motion ist nahezu identisch mit dem Wortlaut der Motion Stucky vom 22. Juni 1988 (88.511 Überwachung von Telekommunikationen mit Berufsgeheimnisträgern), deren Umwandlung in ein Postulat der Bundesrat beantragte, die jedoch am 22. Juni 1990 ohne Behandlung abgeschrieben wurde, "weil mehr als zwei Jahre hängig".</p><p>Die Stellungnahme des Bundesrates vom 7. September 1988 trifft auch heute noch zu (Zusammenfassung): Die Respektierung der Berufsgeheimnisse ist auch bei Telefonüberwachungen zu gewährleisten. Das damit verbundene Verwertungsverbot wird heute strikte beachtet, doch kann das nicht dazu führen, dass für Berufsgeheimnisträger die Kenntnisnahme ihrer Telekommunikationen gesetzlich ausgeschlossen wird: Sie können auch als Beschuldigte oder als Privatpersonen überwacht werden, wenn sie nicht in der beruflichen Funktion Mitteilungen der verdächtigen Person entgegennehmen oder weitergeben.</p><p>Dieser Umstand verbietet es, generell technische Massnahmen vorzusehen, die zudem mit einem Aufwand verbunden wären, den die PTT-Betriebe nur bei Abgeltung der sehr hohen Kosten übernehmen könnten.</p><p>Administrative Massnahmen seitens der Strafverfolgungsbehörden sind jedoch möglich. Es kann geprüft werden, ob es sinnvoll ist, die bisherigen vom Verfahrensleiter im Einzelfall getroffenen Sicherungen der Berufsgeheimnisse durch eine gesetzliche Vorschrift zu regeln und damit justiziabel zu gestalten.</p><p>Gegenwärtig bearbeitet eine Studiengruppe des EJPD die Umsetzung der Motion GPK NR - Telefonüberwachung (93.3250 vom 24. Mai 1993). Sie kann ebenfalls die Anliegen der Motion genauer prüfen und allenfalls Vorschläge ausarbeiten.</p> Der Bundesrat beantragt, die Motion in ein Postulat umzuwandeln.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die Revision der entsprechenden Gesetzesbestimmungen vorzunehmen, damit durch technische und administrative Massnahmen die Überwachung und Aufzeichnung von Telefongesprächen und andern Telekommunikationen (Telex, Telefax) zwischen Beschuldigten oder Verdächtigten und Berufsgeheimnisträgern (Geistliche, Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Hebammen, Rechtsanwälte, Notare, Revisoren sowie ihre Hilfspersonen) ausgeschlossen sind.</p>
    • Ueberwachung von Telekommunikationen mit Berufsgeheimnisträgern

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