Betriebspensionskassen. Diskriminierung des Arbeitgebers
- ShortId
-
93.3494
- Id
-
19933494
- Updated
-
10.04.2024 14:14
- Language
-
de
- Title
-
Betriebspensionskassen. Diskriminierung des Arbeitgebers
- AdditionalIndexing
-
- 1
-
- PriorityCouncil1
-
Nationalrat
- Texts
-
- <p>Die Beziehung zwischen der Pensionskasse und dem Arbeitgeber der darin Versicherten ist ein besonders delikates Verhältnis in rechtlicher, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht. Der schweizerische Gesetzgeber hat aus diesem Grund - im Unterschied zu anderen Staaten wie etwa den USA und der BRD - eine klare Trennung zwischen dem Rechtsträger der beruflichen Vorsorge der Versicherten und jenem des Unternehmens des Arbeitgebers vorgenommen.</p><p>In der letzten Zeit ist es angesichts der wirtschaftlich schwieriger gewordenen Lage für zahlreiche Unternehmungen vorgekommen, dass diese Beziehungen einer besonderen Belastung ausgesetzt worden sind, indem beispielsweise dem Arbeitgeber in einem zu hohen Mass Darlehen gewährt oder dafür zu günstige Konditionen eingeräumt worden sind, was sich erst im Laufe eines Konkursverfahrens herausstellte. Ferner zeigen sich in der Praxis immer mehr Fälle, wo die Pensionskasse die Gelder in einem relativ grossen Umfang in Geschäftsliegenschaften des betreffenden Unternehmens investiert hat, das in wirtschaftliche und finanzielle Schwierigkeiten geraten ist.</p><p>Die vom Bundesrat auf den 1. Juli 1993 in Kraft gesetzten Massnahmen reagieren auf die in der Praxis in den letzten Jahren und Monaten vermehrt aufgetretenen und auch in Zukunft auftretenden Probleme im Bereich der Vermögensanlage beim Arbeitgeber. Die getroffene Regelung wurde von der Eidgenössischen Kommission für die berufliche Vorsorge, in der vor allem auch die Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer mitwirken, dem Bundesrat empfohlen.</p><p>Der Bundesrat ist nicht der Ansicht, dass mit der Änderung der Anlagevorschriften für Pensionskassen eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Anlagen beim Arbeitgeber im Vergleich zu den Anlagen bei Dritten geschaffen worden ist. Die besondere Zurückhaltung gegenüber der Verpfändung einer Geschäftsliegenschaft des Arbeitgebers als Sicherheit für die Anlage des Vermögens der Pensionskasse bei ihm rechtfertigt sich mit dem höheren Risiko. In einem Konkursfall sind solche Liegenschaften in der Regel mit weit höheren Verlusten betroffen als Wohnliegenschaften. Dazu kommt, dass zwischen der Möglichkeit der Darlehensrückzahlung und dem Wert des vom Arbeitgeber genutzten Grundstücks ein enger Zusammenhang besteht. Mit der Schwierigkeit eines Arbeitgebers zur Rückzahlung von Darlehen geht in der Regel der Wertverlust seiner Geschäftsliegenschaften einher. Diese Korrelation ist bei der Verpfändung der Liegenschaft eines Dritten nicht der Fall, so dass sich diesbezüglich nicht dieselbe Zurückhaltung aufdrängt.</p><p>Es ist nicht einzusehen, inwiefern die besondere Limitierung der die Sicherstellung der Vermögensanlage bezweckenden Verpfändung der dem Arbeitgeber dienenden Geschäftsliegenschaften den Ertrag der Vorsorgeeinrichtung schmälern soll. Eine Überschreitung der aus sachlichen Gründen eingeführten Limitierung bezüglich der Anlage des Vermögens beim Arbeitgeber würde diese Anlage und damit auch deren Ertrag gefährden. Dabei ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass die Vorsorgeeinrichtungen ihr Vermögen langfristig anlegen und auch deshalb dem Aspekt der Sicherheit gemäss Artikel 71 BVG Vorrang zukommt. Der Bundesrat ist zweifellos zum Erlass der für die Anwendung des Gesetzes notwendigen Vollzugsvorschriften berechtigt (Art. 102 Ziff. 5 BV). Dass der Interpellant dies in Frage stellt, mag am Wortlaut von Artikel 97 BVG liegen. Dieser kann tatsächlich den Eindruck erwecken, die Kantone und nicht der Bund hätten die Vollzugsvorschriften zu erlassen. Aus den Materialien (vgl. Botschaft vom 19. Dezember 1975, BBl 1976 I 279) geht jedoch klar hervor, dass die Kompetenz der Kantone für den Erlass von Vollzugsvorschriften beschränkt ist. Die Kantone haben sich auf die notwendigen Organisations- und Verfahrensvorschriften zu beschränken. Es bestand nie die Idee, sie auch für den Erlass materieller Ausführungsvorschriften zu ermächtigen und damit im Obligatorium der beruflichen Vorsorge föderalistische Regelungen zuzulassen (BBl 1976 I 217, Ziff. 442; 279).</p> Antwort des Bundesrates.
- <p>Per 1. Juni 1993 hat der Bundesrat die Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2) geändert.</p><p>Danach sind gemäss Artikel 58 Absatz 2 Buchstabe b zur Sicherstellung der Ansprüche des Arbeitnehmers Grundstücke bis zu zwei Dritteln ihres Verkehrswerts verpfändbar.</p><p>Neu können jedoch Grundstücke des Arbeitgebers, welche ihm als Industrie-, Gewerbe- oder Geschäftsliegenschaft dienen, höchstens bis zur Hälfte des Verkehrswerts verpfändet werden statt wie bisher bis zu zwei Dritteln.</p><p>Diese Verfügung hat bei zahlreichen Betriebspensionskassen zu Erstaunen und Verärgerung geführt. Es ist in der Tat nicht einzusehen, weshalb Geschäftsliegenschaften des Arbeitgebers höchstens bis zur Hälfte des Verkehrswerts, Grundstücke Dritter (auch solche für geschäftliche Nutzung) jedoch weiterhin bis zu zwei Dritteln des Verkehrswerts verpfändet werden können.</p><p>Ich frage den Bundesrat:</p><p>1. Aus welchem Grund dürfen Geschäftsgrundstücke des Arbeitgebers nur noch bis zu 50 Prozent des Verkehrswerts verpfändet werden statt wie bisher zu zwei Dritteln?</p><p>2. Weshalb ist die Verpfändung von Geschäftsgrundstücken eines Dritten bis zu zwei Dritteln des Verkehrswerts weiterhin möglich?</p><p>3. Ist der Bundesrat nicht auch der Ansicht, dass diese Bestimmung den Arbeitgeber als Hauptleistungserbringer an seine Betriebspensionskasse unnötig diskriminiert und ausserdem deren Ertrag schmälert?</p><p>4. Nach Artikel 97 (Vollzug und Inkrafttreten) des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge haben die Kantone die Ausführungsbestimmungen zu erlassen, und der Bundesrat hat die Anwendung des Gesetzes zu überwachen. Die Kantone sind jedoch nicht verpflichtet, die Ausführungsvorschriften dem Departement zur Genehmigung zu unterbreiten, sondern haben diese lediglich zur Kenntnis zu bringen.</p><p>Ist der Bundesrat folglich überhaupt zum Erlass einer solchen Verordnungsänderung zuständig?</p>
- Betriebspensionskassen. Diskriminierung des Arbeitgebers
- State
-
Erledigt
- Related Affairs
-
- Drafts
-
-
- Index
- 0
- Texts
-
- <p>Die Beziehung zwischen der Pensionskasse und dem Arbeitgeber der darin Versicherten ist ein besonders delikates Verhältnis in rechtlicher, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht. Der schweizerische Gesetzgeber hat aus diesem Grund - im Unterschied zu anderen Staaten wie etwa den USA und der BRD - eine klare Trennung zwischen dem Rechtsträger der beruflichen Vorsorge der Versicherten und jenem des Unternehmens des Arbeitgebers vorgenommen.</p><p>In der letzten Zeit ist es angesichts der wirtschaftlich schwieriger gewordenen Lage für zahlreiche Unternehmungen vorgekommen, dass diese Beziehungen einer besonderen Belastung ausgesetzt worden sind, indem beispielsweise dem Arbeitgeber in einem zu hohen Mass Darlehen gewährt oder dafür zu günstige Konditionen eingeräumt worden sind, was sich erst im Laufe eines Konkursverfahrens herausstellte. Ferner zeigen sich in der Praxis immer mehr Fälle, wo die Pensionskasse die Gelder in einem relativ grossen Umfang in Geschäftsliegenschaften des betreffenden Unternehmens investiert hat, das in wirtschaftliche und finanzielle Schwierigkeiten geraten ist.</p><p>Die vom Bundesrat auf den 1. Juli 1993 in Kraft gesetzten Massnahmen reagieren auf die in der Praxis in den letzten Jahren und Monaten vermehrt aufgetretenen und auch in Zukunft auftretenden Probleme im Bereich der Vermögensanlage beim Arbeitgeber. Die getroffene Regelung wurde von der Eidgenössischen Kommission für die berufliche Vorsorge, in der vor allem auch die Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer mitwirken, dem Bundesrat empfohlen.</p><p>Der Bundesrat ist nicht der Ansicht, dass mit der Änderung der Anlagevorschriften für Pensionskassen eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Anlagen beim Arbeitgeber im Vergleich zu den Anlagen bei Dritten geschaffen worden ist. Die besondere Zurückhaltung gegenüber der Verpfändung einer Geschäftsliegenschaft des Arbeitgebers als Sicherheit für die Anlage des Vermögens der Pensionskasse bei ihm rechtfertigt sich mit dem höheren Risiko. In einem Konkursfall sind solche Liegenschaften in der Regel mit weit höheren Verlusten betroffen als Wohnliegenschaften. Dazu kommt, dass zwischen der Möglichkeit der Darlehensrückzahlung und dem Wert des vom Arbeitgeber genutzten Grundstücks ein enger Zusammenhang besteht. Mit der Schwierigkeit eines Arbeitgebers zur Rückzahlung von Darlehen geht in der Regel der Wertverlust seiner Geschäftsliegenschaften einher. Diese Korrelation ist bei der Verpfändung der Liegenschaft eines Dritten nicht der Fall, so dass sich diesbezüglich nicht dieselbe Zurückhaltung aufdrängt.</p><p>Es ist nicht einzusehen, inwiefern die besondere Limitierung der die Sicherstellung der Vermögensanlage bezweckenden Verpfändung der dem Arbeitgeber dienenden Geschäftsliegenschaften den Ertrag der Vorsorgeeinrichtung schmälern soll. Eine Überschreitung der aus sachlichen Gründen eingeführten Limitierung bezüglich der Anlage des Vermögens beim Arbeitgeber würde diese Anlage und damit auch deren Ertrag gefährden. Dabei ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass die Vorsorgeeinrichtungen ihr Vermögen langfristig anlegen und auch deshalb dem Aspekt der Sicherheit gemäss Artikel 71 BVG Vorrang zukommt. Der Bundesrat ist zweifellos zum Erlass der für die Anwendung des Gesetzes notwendigen Vollzugsvorschriften berechtigt (Art. 102 Ziff. 5 BV). Dass der Interpellant dies in Frage stellt, mag am Wortlaut von Artikel 97 BVG liegen. Dieser kann tatsächlich den Eindruck erwecken, die Kantone und nicht der Bund hätten die Vollzugsvorschriften zu erlassen. Aus den Materialien (vgl. Botschaft vom 19. Dezember 1975, BBl 1976 I 279) geht jedoch klar hervor, dass die Kompetenz der Kantone für den Erlass von Vollzugsvorschriften beschränkt ist. Die Kantone haben sich auf die notwendigen Organisations- und Verfahrensvorschriften zu beschränken. Es bestand nie die Idee, sie auch für den Erlass materieller Ausführungsvorschriften zu ermächtigen und damit im Obligatorium der beruflichen Vorsorge föderalistische Regelungen zuzulassen (BBl 1976 I 217, Ziff. 442; 279).</p> Antwort des Bundesrates.
- <p>Per 1. Juni 1993 hat der Bundesrat die Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2) geändert.</p><p>Danach sind gemäss Artikel 58 Absatz 2 Buchstabe b zur Sicherstellung der Ansprüche des Arbeitnehmers Grundstücke bis zu zwei Dritteln ihres Verkehrswerts verpfändbar.</p><p>Neu können jedoch Grundstücke des Arbeitgebers, welche ihm als Industrie-, Gewerbe- oder Geschäftsliegenschaft dienen, höchstens bis zur Hälfte des Verkehrswerts verpfändet werden statt wie bisher bis zu zwei Dritteln.</p><p>Diese Verfügung hat bei zahlreichen Betriebspensionskassen zu Erstaunen und Verärgerung geführt. Es ist in der Tat nicht einzusehen, weshalb Geschäftsliegenschaften des Arbeitgebers höchstens bis zur Hälfte des Verkehrswerts, Grundstücke Dritter (auch solche für geschäftliche Nutzung) jedoch weiterhin bis zu zwei Dritteln des Verkehrswerts verpfändet werden können.</p><p>Ich frage den Bundesrat:</p><p>1. Aus welchem Grund dürfen Geschäftsgrundstücke des Arbeitgebers nur noch bis zu 50 Prozent des Verkehrswerts verpfändet werden statt wie bisher zu zwei Dritteln?</p><p>2. Weshalb ist die Verpfändung von Geschäftsgrundstücken eines Dritten bis zu zwei Dritteln des Verkehrswerts weiterhin möglich?</p><p>3. Ist der Bundesrat nicht auch der Ansicht, dass diese Bestimmung den Arbeitgeber als Hauptleistungserbringer an seine Betriebspensionskasse unnötig diskriminiert und ausserdem deren Ertrag schmälert?</p><p>4. Nach Artikel 97 (Vollzug und Inkrafttreten) des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge haben die Kantone die Ausführungsbestimmungen zu erlassen, und der Bundesrat hat die Anwendung des Gesetzes zu überwachen. Die Kantone sind jedoch nicht verpflichtet, die Ausführungsvorschriften dem Departement zur Genehmigung zu unterbreiten, sondern haben diese lediglich zur Kenntnis zu bringen.</p><p>Ist der Bundesrat folglich überhaupt zum Erlass einer solchen Verordnungsänderung zuständig?</p>
- Betriebspensionskassen. Diskriminierung des Arbeitgebers
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