Presseartikel in der Bundesverfassung
- ShortId
-
93.3558
- Id
-
19933558
- Updated
-
28.07.2023 08:40
- Language
-
de
- Title
-
Presseartikel in der Bundesverfassung
- AdditionalIndexing
-
- 1
-
- PriorityCouncil1
-
Nationalrat
- Texts
-
- <p>Dieser Vorstoss ist in wesentlichen Teilen eine Wiederauflage einer zwischenzeitlich verjährten Motion aus dem Jahre 1991 vom gleichen Motionär. Er ist eine logische Fortsetzung zweier Vorstösse zur gleichen Sache:</p><p>- Interpellation Zbinden zur Konzentration im Pressewesen vom 20. Juni 1991;</p><p>- Postulat Zbinden zum Auftrag an die Kartellkommission betreffend Pressekonzentration vom 19. September 1991.</p><p>In der Zwischenzeit ist dieser Auftrag von der Kartellkommission erfüllt worden. Sie hat einen entsprechenden Bericht veröffentlicht, der widersprüchlich beurteilt worden ist. Kurzfazit: "Die heutige Konzentration hat besorgniserregende Folgen für das Informationsangebot." Die Zahl den Zeitungstitel schrumpft; letztes Jahr beispielsweise allein um 8 Prozent. Für die Kommission ist der Konzentrationsprozess "unvermeidlich". Sie schlägt aber Massnahmen zu dessen Abfederung vor.</p><p>Der staatspolitische Stellenwert von lebendigen und farbigen Printmedien für die demokratische und freiheitliche Kultur unserer Gesellschaft ist deklamatorisch nach wie vor unbestritten. Um so beängstigender ist deshalb die Äusserung eines offiziellen Gremiums, dass dieses notwendige Informationsinstrument unvermeidlicherweise nur noch eingeschränkt funktionieren kann. Es wird damit quasi akzeptiert, dass die Konzentration (Text, Bild, intermediär), Kommerzialisierung, Internationalisierung und Banalisierung der Presse politisch-öffentlich weitgehend unbeeinflussbar geworden ist.</p><p>Wir arbeiten hier an der Regierungs-, Verwaltungs- und Parlamentsreform, d. h. wir revidieren mit Mühe und Not zwei staatliche Gewalten, während sich gleichzeitig ein wichtiger Teil der "vierten Gewalt" unter Ausschluss der Öffentlichkeit selbst revidiert. Und zwar mit grossen Konsequenzen für das Funktionieren aller anderen Gewalten. Das ist gesamtgesellschaftlich nicht zu verantworten.</p>
- <p>Die Kartellkommission hat in ihrem Bericht "Pressekonzentration in der Schweiz" (Veröffentlichungen der Schweizerischen Kartellkommission und des Preisüberwachers, Nr. 4, 1993, Seite 1ff. und 21ff.) tatsächlich Schwächen im Pressebereich festgestellt und kartellrechtliche wie auch strukturelle Massnahmen zur Vorbeugung und Begrenzung der negativen Auswirkungen der Pressekonzentration aufgezeigt. Zurzeit bemüht sich die Kartellkommission darum, mit grösseren Medienunternehmen Verhaltenskodizes auszuhandeln. Mit der Frage, ob in die Bundesverfassung ein Presseartikel aufgenommen werden soll, hat sich die Kartellkommission nicht befasst; diese Frage war auch nicht Gegenstand ihrer Untersuchung.</p><p>Der Bundesrat ist sich der grundlegenden Bedeutung einer vielfältigen und unabhängigen Presse für einen demokratischen und pluralistischen Staat bewusst. Deshalb hat er auch den in jüngerer Zeit im Pressewesen stattfindenden Konzentrationsprozess aufmerksam verfolgt. Bereits 1983 schlug der Bundesrat in seiner Stellungnahme zu einer parlamentarischen Initiative über die Verfassungsgrundlagen im Bereich des Presserechts und der Presseförderung einen Verfassungsartikel vor, wonach der Bund Massnahmen hätte treffen können für eine vielfältige und unabhängige Presse und gegen den Missbrauch von Vormachtstellungen (vgl. BBl 1983 III 799ff.). Der Nationalrat trat jedoch nicht auf die Vorlage ein (vgl. AB 1986 N 135).</p><p>In seinem Bericht über die Legislaturplanung 1991--1995 hat der Bundesrat festgehalten, dass er die Konzentrationserscheinungen im Pressewesen beobachten und untersuchen wird; gestützt auf die entsprechenden Erkenntnisse werde er nötigenfalls Massnahmen für die Erhaltung der Vielfalt und Unabhängigkeit der Presse und der Information treffen (vgl. BBl 1992 III 119). Eine positive Auswirkung auf das Pressewesen wird insbesondere von der eingeleiteten Revision des Kartellrechts erwartet, mit der eine wirksame Fusionskontrolle geschaffen werden soll. Der Bundesrat ist auch bereit, im Rahmen der nun laufenden Arbeiten an der Totalrevision der Bundesverfassung die Notwendigkeit eines Presseartikels zu prüfen und eine entsprechende Verfassungsbestimmung zur Diskussion zu stellen oder zu beantragen. Eine vorgängige Partialrevision der Bundesverfassung wäre zeitlich nicht opportun.</p> Der Bundesrat beantragt, die Motion in ein Postulat umzuwandeln.
- <p>Der Bundesrat wird beauftragt, den eidgenössischen Räten eine Vorlage zu einem Presseartikel in der Bundesverfassung und zu einem Anschlussgesetz zu unterbreiten.</p><p>Damit sollen öffentliche Massnahmen möglich werden, welche eine vielfältige, qualitativ anspruchsvolle und unabhängige Presse direkt und indirekt unterstützen helfen, die ihrerseits staatspolitisch und demokratisch für unsere offene Gesellschaft unverzichtbar ist. Zum Beispiel durch:</p><p>- direkte und indirekte Fördermassnahmen;</p><p>- Fusionskontrollen;</p><p>- Wissenschaftliche Presseforschung;</p><p>- Ausbildung von Journalisten und Journalistinnen;</p><p>- Offenlegungspflichten;</p><p>- Schutz der Redaktionsfreiheit;</p><p>- Garantierte "Fenster" für Minderheiten in Monopolregionen.</p>
- Presseartikel in der Bundesverfassung
- State
-
Überwiesen an den Bundesrat
- Related Affairs
-
- Drafts
-
-
- Index
- 0
- Texts
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- <p>Dieser Vorstoss ist in wesentlichen Teilen eine Wiederauflage einer zwischenzeitlich verjährten Motion aus dem Jahre 1991 vom gleichen Motionär. Er ist eine logische Fortsetzung zweier Vorstösse zur gleichen Sache:</p><p>- Interpellation Zbinden zur Konzentration im Pressewesen vom 20. Juni 1991;</p><p>- Postulat Zbinden zum Auftrag an die Kartellkommission betreffend Pressekonzentration vom 19. September 1991.</p><p>In der Zwischenzeit ist dieser Auftrag von der Kartellkommission erfüllt worden. Sie hat einen entsprechenden Bericht veröffentlicht, der widersprüchlich beurteilt worden ist. Kurzfazit: "Die heutige Konzentration hat besorgniserregende Folgen für das Informationsangebot." Die Zahl den Zeitungstitel schrumpft; letztes Jahr beispielsweise allein um 8 Prozent. Für die Kommission ist der Konzentrationsprozess "unvermeidlich". Sie schlägt aber Massnahmen zu dessen Abfederung vor.</p><p>Der staatspolitische Stellenwert von lebendigen und farbigen Printmedien für die demokratische und freiheitliche Kultur unserer Gesellschaft ist deklamatorisch nach wie vor unbestritten. Um so beängstigender ist deshalb die Äusserung eines offiziellen Gremiums, dass dieses notwendige Informationsinstrument unvermeidlicherweise nur noch eingeschränkt funktionieren kann. Es wird damit quasi akzeptiert, dass die Konzentration (Text, Bild, intermediär), Kommerzialisierung, Internationalisierung und Banalisierung der Presse politisch-öffentlich weitgehend unbeeinflussbar geworden ist.</p><p>Wir arbeiten hier an der Regierungs-, Verwaltungs- und Parlamentsreform, d. h. wir revidieren mit Mühe und Not zwei staatliche Gewalten, während sich gleichzeitig ein wichtiger Teil der "vierten Gewalt" unter Ausschluss der Öffentlichkeit selbst revidiert. Und zwar mit grossen Konsequenzen für das Funktionieren aller anderen Gewalten. Das ist gesamtgesellschaftlich nicht zu verantworten.</p>
- <p>Die Kartellkommission hat in ihrem Bericht "Pressekonzentration in der Schweiz" (Veröffentlichungen der Schweizerischen Kartellkommission und des Preisüberwachers, Nr. 4, 1993, Seite 1ff. und 21ff.) tatsächlich Schwächen im Pressebereich festgestellt und kartellrechtliche wie auch strukturelle Massnahmen zur Vorbeugung und Begrenzung der negativen Auswirkungen der Pressekonzentration aufgezeigt. Zurzeit bemüht sich die Kartellkommission darum, mit grösseren Medienunternehmen Verhaltenskodizes auszuhandeln. Mit der Frage, ob in die Bundesverfassung ein Presseartikel aufgenommen werden soll, hat sich die Kartellkommission nicht befasst; diese Frage war auch nicht Gegenstand ihrer Untersuchung.</p><p>Der Bundesrat ist sich der grundlegenden Bedeutung einer vielfältigen und unabhängigen Presse für einen demokratischen und pluralistischen Staat bewusst. Deshalb hat er auch den in jüngerer Zeit im Pressewesen stattfindenden Konzentrationsprozess aufmerksam verfolgt. Bereits 1983 schlug der Bundesrat in seiner Stellungnahme zu einer parlamentarischen Initiative über die Verfassungsgrundlagen im Bereich des Presserechts und der Presseförderung einen Verfassungsartikel vor, wonach der Bund Massnahmen hätte treffen können für eine vielfältige und unabhängige Presse und gegen den Missbrauch von Vormachtstellungen (vgl. BBl 1983 III 799ff.). Der Nationalrat trat jedoch nicht auf die Vorlage ein (vgl. AB 1986 N 135).</p><p>In seinem Bericht über die Legislaturplanung 1991--1995 hat der Bundesrat festgehalten, dass er die Konzentrationserscheinungen im Pressewesen beobachten und untersuchen wird; gestützt auf die entsprechenden Erkenntnisse werde er nötigenfalls Massnahmen für die Erhaltung der Vielfalt und Unabhängigkeit der Presse und der Information treffen (vgl. BBl 1992 III 119). Eine positive Auswirkung auf das Pressewesen wird insbesondere von der eingeleiteten Revision des Kartellrechts erwartet, mit der eine wirksame Fusionskontrolle geschaffen werden soll. Der Bundesrat ist auch bereit, im Rahmen der nun laufenden Arbeiten an der Totalrevision der Bundesverfassung die Notwendigkeit eines Presseartikels zu prüfen und eine entsprechende Verfassungsbestimmung zur Diskussion zu stellen oder zu beantragen. Eine vorgängige Partialrevision der Bundesverfassung wäre zeitlich nicht opportun.</p> Der Bundesrat beantragt, die Motion in ein Postulat umzuwandeln.
- <p>Der Bundesrat wird beauftragt, den eidgenössischen Räten eine Vorlage zu einem Presseartikel in der Bundesverfassung und zu einem Anschlussgesetz zu unterbreiten.</p><p>Damit sollen öffentliche Massnahmen möglich werden, welche eine vielfältige, qualitativ anspruchsvolle und unabhängige Presse direkt und indirekt unterstützen helfen, die ihrerseits staatspolitisch und demokratisch für unsere offene Gesellschaft unverzichtbar ist. Zum Beispiel durch:</p><p>- direkte und indirekte Fördermassnahmen;</p><p>- Fusionskontrollen;</p><p>- Wissenschaftliche Presseforschung;</p><p>- Ausbildung von Journalisten und Journalistinnen;</p><p>- Offenlegungspflichten;</p><p>- Schutz der Redaktionsfreiheit;</p><p>- Garantierte "Fenster" für Minderheiten in Monopolregionen.</p>
- Presseartikel in der Bundesverfassung
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