Konsequenzen der Annahme der Alpeninitiative

ShortId
94.3066
Id
19943066
Updated
10.04.2024 14:47
Language
de
Title
Konsequenzen der Annahme der Alpeninitiative
AdditionalIndexing
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>1. In der Botschaft zur Alpen-Initiative machte der Bundesrat auf die Problematik der offenen Begriffe in Absatz 3 von Artikel 36sexies BV aufmerksam. Die Anwendung bereitet nun in der Tat die erwarteten Schwierigkeiten. Es wird unumgänglich sein, insbesondere die Begriffe "Alpengebiet", "Transitstrasse", "Kapazitätserhöhung" und "Ortsumfahrung" zu definieren. Formelles Vorgehen und zeitlicher Fahrplan sind aber noch nicht bekannt.</p><p>Auch Treibstoffzollgelder sind Mittel, welche das Volk dem Staat zur Verfügung stellt. Es ist entsprechend vorsichtig und sorgfältig mit diesen Mitteln umzugehen. Eine weitere Investition in die Planung von Projekten, welche mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit infolge von Artikel 36sexies Absatz 3 BV gar nie realisiert werden können, ist daher nicht zu vertreten. Die logische Folge ist der durch das Bundesamt für Strassenbau im Auftrag des EVED erlassene vorläufige Planungs- und Projektierungsstopp als provisorische Massnahme.</p><p>Die angewendeten Kriterien beruhen teils auf Definitionen aus ähnlich gelagerten Bereichen (Alpengebietsabgrenzung entsprechend dem Übereinkommen vom 7. November 1991 zum Schutz der Alpen, von der Schweiz unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert), teils aus allgemeiner Verfassungsinterpretation (Transitverkehr als Verkehr durch den Schutzperimeter als Gegensatz zu Ziel- und Quellverkehr).</p><p>Der provisorische Planungs- und Projektierungsstopp betrifft demnach ein weit gefasstes Gebiet, ungefähr südlich der Achse Bulle--Luzern--St. Margrethen. Von der provisorischen Massnahme betroffen sind sämtliche Natonalstrassen in diesem Gebiet, dazu besteht ein Genehmigungs- und Beitragszusicherungsstopp für praktisch alle Hauptstrassenstrecken in diesem Gebiet.</p><p>2. Der Bundesrat will alles daran setzen, die Verlagerung des Schwerverkehrs fristgerecht abzuwickeln. Gemäss Verfassungsauftrag wird eine Verordnung geschaffen, welche die notwendigen Massnahmen festlegt. Es handelt sich hier insbesondere um die technische und praktische Umsetzung des Auftrags. Es gilt, Lösungen zu finden, welche sowohl dem Verfassungsauftrag als auch den bestehenden internationalen Verpflichtungen Rechnung tragen. Es ist jedoch aufgrund der Komplexität der anstehenden Probleme zurzeit nicht möglich, Details über die vom Bundesrat verfolgte Strategie bekanntzugeben.</p><p>3. Gemäss den bisherigen Verlautbarungen beabsichtigt nun die EU, die Bedeutung des Entscheids des eidgenössischen Souveräns für die Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz, und besonders für die Frage der Aufnahme bilateraler Verhandlungen, zu analysieren. Mit anderen Worten gewährt sich die EU nun eine Denkpause, um eine Neubeurteilung der Lage vorzunehmen.</p><p>Zurzeit ist es mithin nicht möglich, eine Aussage über den Zeitpunkt zu machen, wann die EU in der Lage sein wird, die Mandate für die Verhandlungen mit der Schweiz zu verabschieden. Es bleibt somit abzuwarten, ob der Rat der EU-Transportminister an seiner Sitzung vom 18. April 1994 ein formelles Mandat verabschieden wird.</p><p>4. Sowohl das Transitabkommen als auch die neue Verfassungsbestimmung haben zum Ziel, das Alpengebiet zu schützen. Zu diesem Zweck soll der Transport von Transitgütern mit der Bahn stark gefördert werden. Um dies zu verwirklichen, hat sich die Schweiz bereit erklärt, die Neat zu bauen. Der hautpsächliche Unterschied zwischen der neuen Verfassungsbestimmung und dem Transitabkommen besteht jedoch darin, dass das Transitabkommen die freie Durchfuhr des Strassentransitgüterverkehrs bis zu 28 Tonnen durch die Schweiz zulässt, während gemäss dem neuen Verfassungsartikel für den gesamten Transitgüterverkehr ein Zwang zur Umlagerung auf die Schiene besteht.</p><p>Was die Reaktion der EU betrifft, so ist festzustellen, dass das Transitabkommen auf eine Dauer von zwölf Jahren abgeschlossen wurde und während dieser Zeit unkündbar ist. Die Schweiz wird alles daran setzen, ihre darin eingegangenen Verpflichtungen einzuhalten. Zurzeit ist die EU damit beschäftigt, ihrerseits die möglichen Auswirkungen zu prüfen. Der Bundesrat ist entschlossen, für die sich stellenden Probleme eine Lösung zu finden, welche sowohl der neuen Verfassungsbestimmung als auch den internationalen Verpflichtungen gerecht wird und mit welcher Diskriminierungen vermieden werden.</p><p>5. Bis heute haben wir keine auf das Ergreifen von Retorsionsmassnahmen abzielende Reaktionen registriert, wenngleich mehrere nationale Berufsverbände solche Forderungen ausgesprochen haben. Es ist indes offensichtlich, dass - falls die Denkpause, die die EU in der Frage der bilateralen Verhandlungen im Verkehrsbereich mit der Schweiz eingelegt hat, länger dauern sollte - die wirtschaftliche Lage im Strassen- und Lufttransportsektor schwierig werden könnte.</p><p>6. Im Prinzip ist der neue Verfassungsartikel vereinbar mit den Verpflichtungen, die die Schweiz im Rahmen des Gatt und des Gats eingegangen ist. Zur Kompatibilität des neuen Verfassungsartikels mit dem Gatt-Abkommen, welches nicht den Zugang zu den Dienstleistungsmärkten regelt, lässt sich folgendes bemerken: Artikel V des Gatt sieht vor, dass der Transitverkehr von Waren nichtdiskriminierend und auf der Basis von - angesichts der Verkehrsbedingungen - angemessenen Vorschriften zu erfolgen hat. Es gilt demnach zu prüfen, ob ein im Vergleich zur Strasse konkurrenzfähiges Angebot des kombinierten Verkehrs es tatsächlich erlaubt, allen Gütern ab Schweizer Grenze auf dem Schienenweg den Transit zu ermöglichen.</p><p>Das generelle Abkommen im Dienstleistungsbereich (Gats-Abkommen), dessen Inkrafttreten für den 1. Juli 1995 vorgesehen ist, behandelt die Frage der Liberalisierung des Marktzugangs im Transportsektor. Eines der wesentlichen Elemente dieses Abkommens ist die Meistbegünstigungsklausel, welche vorsieht, dass ein Land allen seinen ausländischen Handelspartnern die gleiche Behandlung in bezug auf Marktzugang einräumen muss. Angesichts der Tatsache, dass der neue Verfassungsartikel eine Verlagerung jeglichen Gütertransitverkehrs durch die Schweiz auf die Schiene vorsieht - unabhängig von der Nationalität des Transportunternehmens - wird die Meistbegünstigungsklausel nicht in Frage gestellt.</p><p>Ausserdem hat die Schweiz im Rahmen des Gats den Sektor des Strassengütertransports nicht in ihre Verpflichtungsliste bezüglich Liberalisierung einbezogen. Dies bedeutet, dass wir keiner Verpflichtung unterstehen, den Marktzugang in diesem Bereich zu öffnen.</p><p>Der neue Verfassungsartikel schränkt hingegen die Möglichkeiten der Schweiz bei allfälligen zukünftigen Verhandlungsrunden mit ihren Gats-Partnern hinsichtlich einer gegenseitigen Liberalisierung des Marktzugangs im Bereich der Transportdienstleistungen ein.</p><p>7. Es wird einer umfassenden Informations- und Erklärungsarbeit auf politischem wie technischem Gebiet bedürfen, um im Hinblick auf die bilateralen Verhandlungen ein Klima des Vertrauens und der Glaubwürdigkeit zwischen den beiden Seiten wiederherzustellen. Dabei gilt es, auf die umwelt- und gesundheitspolitischen Gründe für die Annahme hinzuweisen und unseren europäischen Partnern die Gewissheit zu geben, dass der Bundesrat darauf achten wird, jede Diskriminierung in Zusammenhang mit dem neuen Verfassungsartikel zu vermeiden, und dass seine Umsetzung nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen wird. Dies bedingt u. a. ein wettbewerbsfähiges Angebot im kombinierten Verkehr.</p><p>Die zehnjährige Übergangsfrist bis zur Verlagerung auf die Schiene gibt Gelegenheit, um im Gespräch mit den europäischen Partnern für alle Seiten akzeptable Modalitäten zu finden.</p><p>Mit dieser Informations- und Erklärungsarbeit wurde bereits am Abend des Abstimmungssonntags begonnen, indem der Vorsteher des EVED in einem Schreiben an den EU-Verkehrskommissar Matutes sowie die Verkehrsminister der EU-Staaten und Österreichs darlegte, dass die Schweiz alles daran setzen wird, um bei der Umsetzung der Initiative ihre eingegangenen internationalen Verpflichtungen - insbesondere jene aus dem Transitabkommen - einzuhalten. Die Demarchen wurden fortgesetzt anlässlich der Gespräche zwischen dem Vorsteher des EVED und dem britischen Verkehrsminister Mc Gregor vom 2. und 3. März 1994 in London. An der paneuropäischen Verkehrsministerkonferenz auf Kreta vom 14. bis 16. März hat Bundesrat Ogi ausserdem die meisten seiner Amtskollegen getroffen und ihnen die Situation erläutert.</p>
  • <p>Die Annahme der Volksinitiative "zum Schutze des Alpengebietes vor dem Transitverkehr" gibt hinsichtlich Auslegung und Konsequenzen Anlass zu verschiedenen Fragen. Diese werden vor allem durch die Medien unterschiedlich beantwortet, was in der Öffentlichkeit zu Verunsicherung führt. Der Bundesrat wird deshalb ersucht, die Situation zu klären und folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Welche geplanten oder in Realisierung befindlichen Strassenstücke sind vom neuen Artikel 36sexies Absatz 3 der Bundesverfassung betroffen?</p><p>2. Welche Massnahmen sieht der Bundesrat vor, um die Verlagerung des Gütertransitverkehrs auf die Schiene im Sinne der Übergangsbestimmung von Artikel 22 der Bundesverfassung fristgerecht Rechnung zu tragen? Ist insbesondere vorgesehen, die Realisierung der Neat zu beschleunigen?</p><p>3. Welche Auswirkungen auf die bilateralen Verhandlungen der Schweiz mit der Europäischen Union sind zu erwarten? Wie stehen insbesondere die Chancen bezüglich des Abschlusses von Abkommen über den Luft- und Strassenverkehr?</p><p>4. Inwiefern wird das Transitabkommen verletzt, formell und dem Sinne nach? Besteht die Gefahr, dass dieses durch die EU aufgekündigt wird? Ist mit vermehrtem Druck der EU hinsichtlich Aufhebung oder Lockerung der 28-Tonnen-Limite und des Nacht- und Sonntagsfahrverbots zu rechnen? Gibt es Möglichkeiten, um die Diskriminierung ausländischer Transporteure zu verhindern?</p><p>5. Sind Retorsionsmassnahmen der EU oder einzelner Staaten zu befürchten? Wenn ja, welche?</p><p>6. Sind die neuen Vefassungsbestimmungen Gatt-kompatibel? Wenn nein, was gedenkt der Bundesrat hinsichtlich der Ratifizierung des Gatt-Abkommens vorzukehren?</p><p>7. Was gedenkt der Bundesrat zu tun, um die Glaubwürdigkeit der Schweiz im Ausland zu gewährleisten?</p>
  • Konsequenzen der Annahme der Alpeninitiative
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>1. In der Botschaft zur Alpen-Initiative machte der Bundesrat auf die Problematik der offenen Begriffe in Absatz 3 von Artikel 36sexies BV aufmerksam. Die Anwendung bereitet nun in der Tat die erwarteten Schwierigkeiten. Es wird unumgänglich sein, insbesondere die Begriffe "Alpengebiet", "Transitstrasse", "Kapazitätserhöhung" und "Ortsumfahrung" zu definieren. Formelles Vorgehen und zeitlicher Fahrplan sind aber noch nicht bekannt.</p><p>Auch Treibstoffzollgelder sind Mittel, welche das Volk dem Staat zur Verfügung stellt. Es ist entsprechend vorsichtig und sorgfältig mit diesen Mitteln umzugehen. Eine weitere Investition in die Planung von Projekten, welche mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit infolge von Artikel 36sexies Absatz 3 BV gar nie realisiert werden können, ist daher nicht zu vertreten. Die logische Folge ist der durch das Bundesamt für Strassenbau im Auftrag des EVED erlassene vorläufige Planungs- und Projektierungsstopp als provisorische Massnahme.</p><p>Die angewendeten Kriterien beruhen teils auf Definitionen aus ähnlich gelagerten Bereichen (Alpengebietsabgrenzung entsprechend dem Übereinkommen vom 7. November 1991 zum Schutz der Alpen, von der Schweiz unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert), teils aus allgemeiner Verfassungsinterpretation (Transitverkehr als Verkehr durch den Schutzperimeter als Gegensatz zu Ziel- und Quellverkehr).</p><p>Der provisorische Planungs- und Projektierungsstopp betrifft demnach ein weit gefasstes Gebiet, ungefähr südlich der Achse Bulle--Luzern--St. Margrethen. Von der provisorischen Massnahme betroffen sind sämtliche Natonalstrassen in diesem Gebiet, dazu besteht ein Genehmigungs- und Beitragszusicherungsstopp für praktisch alle Hauptstrassenstrecken in diesem Gebiet.</p><p>2. Der Bundesrat will alles daran setzen, die Verlagerung des Schwerverkehrs fristgerecht abzuwickeln. Gemäss Verfassungsauftrag wird eine Verordnung geschaffen, welche die notwendigen Massnahmen festlegt. Es handelt sich hier insbesondere um die technische und praktische Umsetzung des Auftrags. Es gilt, Lösungen zu finden, welche sowohl dem Verfassungsauftrag als auch den bestehenden internationalen Verpflichtungen Rechnung tragen. Es ist jedoch aufgrund der Komplexität der anstehenden Probleme zurzeit nicht möglich, Details über die vom Bundesrat verfolgte Strategie bekanntzugeben.</p><p>3. Gemäss den bisherigen Verlautbarungen beabsichtigt nun die EU, die Bedeutung des Entscheids des eidgenössischen Souveräns für die Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz, und besonders für die Frage der Aufnahme bilateraler Verhandlungen, zu analysieren. Mit anderen Worten gewährt sich die EU nun eine Denkpause, um eine Neubeurteilung der Lage vorzunehmen.</p><p>Zurzeit ist es mithin nicht möglich, eine Aussage über den Zeitpunkt zu machen, wann die EU in der Lage sein wird, die Mandate für die Verhandlungen mit der Schweiz zu verabschieden. Es bleibt somit abzuwarten, ob der Rat der EU-Transportminister an seiner Sitzung vom 18. April 1994 ein formelles Mandat verabschieden wird.</p><p>4. Sowohl das Transitabkommen als auch die neue Verfassungsbestimmung haben zum Ziel, das Alpengebiet zu schützen. Zu diesem Zweck soll der Transport von Transitgütern mit der Bahn stark gefördert werden. Um dies zu verwirklichen, hat sich die Schweiz bereit erklärt, die Neat zu bauen. Der hautpsächliche Unterschied zwischen der neuen Verfassungsbestimmung und dem Transitabkommen besteht jedoch darin, dass das Transitabkommen die freie Durchfuhr des Strassentransitgüterverkehrs bis zu 28 Tonnen durch die Schweiz zulässt, während gemäss dem neuen Verfassungsartikel für den gesamten Transitgüterverkehr ein Zwang zur Umlagerung auf die Schiene besteht.</p><p>Was die Reaktion der EU betrifft, so ist festzustellen, dass das Transitabkommen auf eine Dauer von zwölf Jahren abgeschlossen wurde und während dieser Zeit unkündbar ist. Die Schweiz wird alles daran setzen, ihre darin eingegangenen Verpflichtungen einzuhalten. Zurzeit ist die EU damit beschäftigt, ihrerseits die möglichen Auswirkungen zu prüfen. Der Bundesrat ist entschlossen, für die sich stellenden Probleme eine Lösung zu finden, welche sowohl der neuen Verfassungsbestimmung als auch den internationalen Verpflichtungen gerecht wird und mit welcher Diskriminierungen vermieden werden.</p><p>5. Bis heute haben wir keine auf das Ergreifen von Retorsionsmassnahmen abzielende Reaktionen registriert, wenngleich mehrere nationale Berufsverbände solche Forderungen ausgesprochen haben. Es ist indes offensichtlich, dass - falls die Denkpause, die die EU in der Frage der bilateralen Verhandlungen im Verkehrsbereich mit der Schweiz eingelegt hat, länger dauern sollte - die wirtschaftliche Lage im Strassen- und Lufttransportsektor schwierig werden könnte.</p><p>6. Im Prinzip ist der neue Verfassungsartikel vereinbar mit den Verpflichtungen, die die Schweiz im Rahmen des Gatt und des Gats eingegangen ist. Zur Kompatibilität des neuen Verfassungsartikels mit dem Gatt-Abkommen, welches nicht den Zugang zu den Dienstleistungsmärkten regelt, lässt sich folgendes bemerken: Artikel V des Gatt sieht vor, dass der Transitverkehr von Waren nichtdiskriminierend und auf der Basis von - angesichts der Verkehrsbedingungen - angemessenen Vorschriften zu erfolgen hat. Es gilt demnach zu prüfen, ob ein im Vergleich zur Strasse konkurrenzfähiges Angebot des kombinierten Verkehrs es tatsächlich erlaubt, allen Gütern ab Schweizer Grenze auf dem Schienenweg den Transit zu ermöglichen.</p><p>Das generelle Abkommen im Dienstleistungsbereich (Gats-Abkommen), dessen Inkrafttreten für den 1. Juli 1995 vorgesehen ist, behandelt die Frage der Liberalisierung des Marktzugangs im Transportsektor. Eines der wesentlichen Elemente dieses Abkommens ist die Meistbegünstigungsklausel, welche vorsieht, dass ein Land allen seinen ausländischen Handelspartnern die gleiche Behandlung in bezug auf Marktzugang einräumen muss. Angesichts der Tatsache, dass der neue Verfassungsartikel eine Verlagerung jeglichen Gütertransitverkehrs durch die Schweiz auf die Schiene vorsieht - unabhängig von der Nationalität des Transportunternehmens - wird die Meistbegünstigungsklausel nicht in Frage gestellt.</p><p>Ausserdem hat die Schweiz im Rahmen des Gats den Sektor des Strassengütertransports nicht in ihre Verpflichtungsliste bezüglich Liberalisierung einbezogen. Dies bedeutet, dass wir keiner Verpflichtung unterstehen, den Marktzugang in diesem Bereich zu öffnen.</p><p>Der neue Verfassungsartikel schränkt hingegen die Möglichkeiten der Schweiz bei allfälligen zukünftigen Verhandlungsrunden mit ihren Gats-Partnern hinsichtlich einer gegenseitigen Liberalisierung des Marktzugangs im Bereich der Transportdienstleistungen ein.</p><p>7. Es wird einer umfassenden Informations- und Erklärungsarbeit auf politischem wie technischem Gebiet bedürfen, um im Hinblick auf die bilateralen Verhandlungen ein Klima des Vertrauens und der Glaubwürdigkeit zwischen den beiden Seiten wiederherzustellen. Dabei gilt es, auf die umwelt- und gesundheitspolitischen Gründe für die Annahme hinzuweisen und unseren europäischen Partnern die Gewissheit zu geben, dass der Bundesrat darauf achten wird, jede Diskriminierung in Zusammenhang mit dem neuen Verfassungsartikel zu vermeiden, und dass seine Umsetzung nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen wird. Dies bedingt u. a. ein wettbewerbsfähiges Angebot im kombinierten Verkehr.</p><p>Die zehnjährige Übergangsfrist bis zur Verlagerung auf die Schiene gibt Gelegenheit, um im Gespräch mit den europäischen Partnern für alle Seiten akzeptable Modalitäten zu finden.</p><p>Mit dieser Informations- und Erklärungsarbeit wurde bereits am Abend des Abstimmungssonntags begonnen, indem der Vorsteher des EVED in einem Schreiben an den EU-Verkehrskommissar Matutes sowie die Verkehrsminister der EU-Staaten und Österreichs darlegte, dass die Schweiz alles daran setzen wird, um bei der Umsetzung der Initiative ihre eingegangenen internationalen Verpflichtungen - insbesondere jene aus dem Transitabkommen - einzuhalten. Die Demarchen wurden fortgesetzt anlässlich der Gespräche zwischen dem Vorsteher des EVED und dem britischen Verkehrsminister Mc Gregor vom 2. und 3. März 1994 in London. An der paneuropäischen Verkehrsministerkonferenz auf Kreta vom 14. bis 16. März hat Bundesrat Ogi ausserdem die meisten seiner Amtskollegen getroffen und ihnen die Situation erläutert.</p>
    • <p>Die Annahme der Volksinitiative "zum Schutze des Alpengebietes vor dem Transitverkehr" gibt hinsichtlich Auslegung und Konsequenzen Anlass zu verschiedenen Fragen. Diese werden vor allem durch die Medien unterschiedlich beantwortet, was in der Öffentlichkeit zu Verunsicherung führt. Der Bundesrat wird deshalb ersucht, die Situation zu klären und folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Welche geplanten oder in Realisierung befindlichen Strassenstücke sind vom neuen Artikel 36sexies Absatz 3 der Bundesverfassung betroffen?</p><p>2. Welche Massnahmen sieht der Bundesrat vor, um die Verlagerung des Gütertransitverkehrs auf die Schiene im Sinne der Übergangsbestimmung von Artikel 22 der Bundesverfassung fristgerecht Rechnung zu tragen? Ist insbesondere vorgesehen, die Realisierung der Neat zu beschleunigen?</p><p>3. Welche Auswirkungen auf die bilateralen Verhandlungen der Schweiz mit der Europäischen Union sind zu erwarten? Wie stehen insbesondere die Chancen bezüglich des Abschlusses von Abkommen über den Luft- und Strassenverkehr?</p><p>4. Inwiefern wird das Transitabkommen verletzt, formell und dem Sinne nach? Besteht die Gefahr, dass dieses durch die EU aufgekündigt wird? Ist mit vermehrtem Druck der EU hinsichtlich Aufhebung oder Lockerung der 28-Tonnen-Limite und des Nacht- und Sonntagsfahrverbots zu rechnen? Gibt es Möglichkeiten, um die Diskriminierung ausländischer Transporteure zu verhindern?</p><p>5. Sind Retorsionsmassnahmen der EU oder einzelner Staaten zu befürchten? Wenn ja, welche?</p><p>6. Sind die neuen Vefassungsbestimmungen Gatt-kompatibel? Wenn nein, was gedenkt der Bundesrat hinsichtlich der Ratifizierung des Gatt-Abkommens vorzukehren?</p><p>7. Was gedenkt der Bundesrat zu tun, um die Glaubwürdigkeit der Schweiz im Ausland zu gewährleisten?</p>
    • Konsequenzen der Annahme der Alpeninitiative

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