Schengen/Dublin und Waffenrecht

ShortId
04.3394
Id
20043394
Updated
28.07.2023 13:29
Language
de
Title
Schengen/Dublin und Waffenrecht
AdditionalIndexing
12;10;Vertrag mit der EU;bilaterales Abkommen;Feuerwaffe;Personenkontrolle an der Grenze;Waffenbesitz
1
  • L06K070104040202, Personenkontrolle an der Grenze
  • L04K09020101, Vertrag mit der EU
  • L05K1002020103, bilaterales Abkommen
  • L04K05010209, Waffenbesitz
  • L05K0402040202, Feuerwaffe
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Mit der Unterzeichnung des bilateralen Vertrages II mit der EU hinsichtlich Schengen und Dublin ergeben sich möglicherweise Auswirkungen auf das bestehende schweizerische Waffenrecht. Es herrscht derzeit Unklarheit über die konkreten Auswirkungen. Aus den Ergebnissen der Vernehmlassung zum Waffenregister ist klar geworden, dass in über 90 Prozent der Stellungnahmen eine Waffenregistrierung abgelehnt wird. Auch eine Einschränkung des Waffenerwerbes oder des Waffenbesitzes über das neu revidierte Waffengesetz hinaus wird in Schützenkreisen nicht toleriert. Dies würde - wie in anderen Ländern geschehen - zu einer Auflösung der Schützentraditionen führen.</p><p>Da die Verträge möglicherweise Gegenstand eines Referendums werden, sind die Schützen, Jäger und Sammler in der Schweiz sehr daran interessiert, vor einer Abstimmung die konkreten Auswirkungen der Verträge auf den Besitz und die Tätigkeit mit Waffen zu kennen.</p>
  • <p>1. Die Waffenrichtlinie 91/477 muss von den Vertragsstaaten als fester Bestandteil des Schengen-Acquis umgesetzt werden. Die Schweiz konnte jedoch mit Hinweis auf die Eigenarten des schweizerischen Milizsystems im Waffenbereich einige Sonderregelungen durchsetzen. In einer gemeinsamen Erklärung wird explizit festgehalten, dass Schengen keine Auswirkungen auf die Regelung des Jungschützenwesens und des Schiesswesens ausser Dienst hat. Auch die nachdienstliche Abgabe von Dienstwaffen zum Privateigentum ist vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen.</p><p>2a. Die Schengen-Richtlinie sieht eine Meldepflicht für den Besitz von Jagd- und Sportwaffen vor. Allerdings lässt die Richtlinie offen, an wen (Behörden, Privatkörperschaften) die Jagd- und Sportwaffen gemeldet werden müssen, oder wie mit den gemeldeten Daten zu verfahren ist. Ein zentrales Register wird nicht verlangt.</p><p>Die Daten von Waffenerwerbern, die nicht in der Schweiz niedergelassen sind, werden bereits nach geltendem Recht registriert. Neu müssten diejenigen Personen, die ihren Wohnsitz in einem anderen Schengen-Staat haben, den Behörden des entsprechenden Wohnsitzstaates gemeldet werden. Das gilt nicht nur für ausländische Staatsbürger, sondern auch für Schweizer Bürger mit Wohnsitz in einem anderen Schengen-Staat, die in der Schweiz Waffen erwerben.</p><p>2b. Die Aufbewahrung von Waffen ist nicht Gegenstand der Richtlinie. </p><p>Zum Besitz von Waffen ist grundsätzlich berechtigt, wer eine Waffe rechtmässig erworben hat. Die mit Schengen einzuführende Regelung des Waffenbesitzes wäre eine Neuerung im schweizerischen Waffenrecht. Bisher galt der Besitz lediglich als Indiz für den rechtmässigen oder auch widerrechtlichen Erwerb.</p><p>Generell verboten wird der Besitz von so genannten "militärischen Feuerwaffen". Unter diesem Begriff werden Waffensysteme erfasst, die von einer Person trag- und bedienbar sind, wie etwa bestimmte Granat- und Raketenwerfer. Ein Besitzesverbot ist ferner für Feuerwaffen vorgesehen, die einen Gebrauchsgegenstand vortäuschen (z. B. als Handy oder Feuerzeug getarnte Feuerwaffen). Für den rechtmässigen Besitz solcher Gegenstände müsste künftig eine Ausnahmebewilligung vorliegen.</p><p>Keine Einschränkungen sind bezüglich der Anzahl Waffen vorgesehen, die von einer Person besessen werden dürfen.</p><p>2c. Die Aufbewahrung von Munition ist nicht Gegenstand der Richtlinie. </p><p>Zum Besitz von Munition ist berechtigt, wer diese rechtmässig erworben hat. Die Rechtmässigkeit des Munitionserwerbes wird davon abhängig gemacht, ob eine Person zum Erwerb der Waffe, zu der die Munition passt, berechtigt ist. In der Praxis wird der Erwerber von Munition wohl gegenüber dem Veräusserer einen Waffenerwerbsschein oder einen schriftlichen Vertrag vorweisen müssen, um damit die Rechtmässigkeit des Waffenerwerbes glaubhaft zu machen.</p><p>2d. Bei der Umsetzung der Richtlinie ins nationale Recht würden künftig sämtliche Erwerbsfälle - ob vom Waffenhändler, von Privaten oder im Rahmen einer Erbschaft - den gleichen rechtlichen Voraussetzungen unterstellt. Die nach geltendem Recht bestehenden Sonderregelungen beim Erwerb unter Privaten oder bei Erbfällen müssten demnach geändert werden.</p><p>Je nach Art der Waffe würde für den Erwerb eine Ausnahmebewilligung (Seriefeuerwaffen, "militärische" Feuerwaffen), ein Waffenerwerbsschein (halbautomatische Waffen, Faustfeuerwaffen) oder ein schriftlicher Vertrag (Jagd- und Sportwaffen) vorausgesetzt.</p><p>Für den Erwerb von Halbautomaten und Faustfeuerwaffen müsste ferner ein Erwerbsgrund angegeben werden. Es obliegt dem nationalen Gesetzgeber zu bestimmen, welche Erwerbsinteressen als legitim infrage kommen.</p><p>Weiter müssten Personen mit Wohnsitz in einem anderen Schengen-Staat eine Bestätigung vorweisen können, wonach sie nach dortigem Landesrecht zum Erwerb einer bestimmten Waffe berechtigt wären.</p><p>2e. Die Regelung des Transports von Waffen innerhalb der Landesgrenze wird von Schengen nicht berührt. Der europäische Waffenpass gilt für alle Schengen-Länder. Das könnte für Schützen und Jäger von Interesse sein.</p><p>2f. In den Unterlagen der laufenden Vernehmlassung sind konkrete Vorschläge zur Umsetzung der Schengen-Richtlinie enthalten. Weitergehende Einschränkungen werden von Schengen nicht verlangt.</p><p>3. Der Einbezug der Interessenverbände erfolgt, wie bei Gesetzgebungsverfahren üblich, im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens. Dieses dauert noch bis zum 10. September 2004.</p><p>Die in den Schengen-Vertragsstaaten harmonisierte Regelung des Erwerbes, des Besitzes und der Ein-, Aus- und Durchfuhr von Feuerwaffen versteht sich als flankierende Massnahme zur Gewährleistung der innerstaatlichen Sicherheit nach dem im Rahmen der "Bilateralen II" vorgesehenen Abbau der Grenzkontrollen.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Der Bundesrat wird gebeten, folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Welche Konzessionen sind im Rahmen der "Bilateralen II" hinsichtlich der schweizerischen Waffengesetzgebung gemacht worden?</p><p>2. Im Speziellen:</p><p>a. Wird entgegen des Vernehmlassungsergebnisses eine Waffenregistrierung verlangt?</p><p>b. Wird der private Besitz und die Aufbewahrung von Waffen zusätzlich eingeschränkt?</p><p>c. Wird der private Besitz und die Aufbewahrung von Munition eingeschränkt?</p><p>d. Wird der Erwerb von Waffen (Privat, Handel) zusätzlich eingeschränkt?</p><p>e. Wird der Transport von Waffen (z. B. zu Schützenanlässen) zusätzlich eingeschränkt?</p><p>f. Sind mittelfristige Strategien entwickelt worden, um solche zusätzlichen Einschränkungen nachträglich einzuführen?</p><p>3. Konnten mit den betroffenen Verbänden, insbesondere mit dem Schweizerischen Schützenverein, einvernehmliche Lösungen gefunden werden? In welchen Bereichen besteht Einvernehmen?</p>
  • Schengen/Dublin und Waffenrecht
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Mit der Unterzeichnung des bilateralen Vertrages II mit der EU hinsichtlich Schengen und Dublin ergeben sich möglicherweise Auswirkungen auf das bestehende schweizerische Waffenrecht. Es herrscht derzeit Unklarheit über die konkreten Auswirkungen. Aus den Ergebnissen der Vernehmlassung zum Waffenregister ist klar geworden, dass in über 90 Prozent der Stellungnahmen eine Waffenregistrierung abgelehnt wird. Auch eine Einschränkung des Waffenerwerbes oder des Waffenbesitzes über das neu revidierte Waffengesetz hinaus wird in Schützenkreisen nicht toleriert. Dies würde - wie in anderen Ländern geschehen - zu einer Auflösung der Schützentraditionen führen.</p><p>Da die Verträge möglicherweise Gegenstand eines Referendums werden, sind die Schützen, Jäger und Sammler in der Schweiz sehr daran interessiert, vor einer Abstimmung die konkreten Auswirkungen der Verträge auf den Besitz und die Tätigkeit mit Waffen zu kennen.</p>
    • <p>1. Die Waffenrichtlinie 91/477 muss von den Vertragsstaaten als fester Bestandteil des Schengen-Acquis umgesetzt werden. Die Schweiz konnte jedoch mit Hinweis auf die Eigenarten des schweizerischen Milizsystems im Waffenbereich einige Sonderregelungen durchsetzen. In einer gemeinsamen Erklärung wird explizit festgehalten, dass Schengen keine Auswirkungen auf die Regelung des Jungschützenwesens und des Schiesswesens ausser Dienst hat. Auch die nachdienstliche Abgabe von Dienstwaffen zum Privateigentum ist vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen.</p><p>2a. Die Schengen-Richtlinie sieht eine Meldepflicht für den Besitz von Jagd- und Sportwaffen vor. Allerdings lässt die Richtlinie offen, an wen (Behörden, Privatkörperschaften) die Jagd- und Sportwaffen gemeldet werden müssen, oder wie mit den gemeldeten Daten zu verfahren ist. Ein zentrales Register wird nicht verlangt.</p><p>Die Daten von Waffenerwerbern, die nicht in der Schweiz niedergelassen sind, werden bereits nach geltendem Recht registriert. Neu müssten diejenigen Personen, die ihren Wohnsitz in einem anderen Schengen-Staat haben, den Behörden des entsprechenden Wohnsitzstaates gemeldet werden. Das gilt nicht nur für ausländische Staatsbürger, sondern auch für Schweizer Bürger mit Wohnsitz in einem anderen Schengen-Staat, die in der Schweiz Waffen erwerben.</p><p>2b. Die Aufbewahrung von Waffen ist nicht Gegenstand der Richtlinie. </p><p>Zum Besitz von Waffen ist grundsätzlich berechtigt, wer eine Waffe rechtmässig erworben hat. Die mit Schengen einzuführende Regelung des Waffenbesitzes wäre eine Neuerung im schweizerischen Waffenrecht. Bisher galt der Besitz lediglich als Indiz für den rechtmässigen oder auch widerrechtlichen Erwerb.</p><p>Generell verboten wird der Besitz von so genannten "militärischen Feuerwaffen". Unter diesem Begriff werden Waffensysteme erfasst, die von einer Person trag- und bedienbar sind, wie etwa bestimmte Granat- und Raketenwerfer. Ein Besitzesverbot ist ferner für Feuerwaffen vorgesehen, die einen Gebrauchsgegenstand vortäuschen (z. B. als Handy oder Feuerzeug getarnte Feuerwaffen). Für den rechtmässigen Besitz solcher Gegenstände müsste künftig eine Ausnahmebewilligung vorliegen.</p><p>Keine Einschränkungen sind bezüglich der Anzahl Waffen vorgesehen, die von einer Person besessen werden dürfen.</p><p>2c. Die Aufbewahrung von Munition ist nicht Gegenstand der Richtlinie. </p><p>Zum Besitz von Munition ist berechtigt, wer diese rechtmässig erworben hat. Die Rechtmässigkeit des Munitionserwerbes wird davon abhängig gemacht, ob eine Person zum Erwerb der Waffe, zu der die Munition passt, berechtigt ist. In der Praxis wird der Erwerber von Munition wohl gegenüber dem Veräusserer einen Waffenerwerbsschein oder einen schriftlichen Vertrag vorweisen müssen, um damit die Rechtmässigkeit des Waffenerwerbes glaubhaft zu machen.</p><p>2d. Bei der Umsetzung der Richtlinie ins nationale Recht würden künftig sämtliche Erwerbsfälle - ob vom Waffenhändler, von Privaten oder im Rahmen einer Erbschaft - den gleichen rechtlichen Voraussetzungen unterstellt. Die nach geltendem Recht bestehenden Sonderregelungen beim Erwerb unter Privaten oder bei Erbfällen müssten demnach geändert werden.</p><p>Je nach Art der Waffe würde für den Erwerb eine Ausnahmebewilligung (Seriefeuerwaffen, "militärische" Feuerwaffen), ein Waffenerwerbsschein (halbautomatische Waffen, Faustfeuerwaffen) oder ein schriftlicher Vertrag (Jagd- und Sportwaffen) vorausgesetzt.</p><p>Für den Erwerb von Halbautomaten und Faustfeuerwaffen müsste ferner ein Erwerbsgrund angegeben werden. Es obliegt dem nationalen Gesetzgeber zu bestimmen, welche Erwerbsinteressen als legitim infrage kommen.</p><p>Weiter müssten Personen mit Wohnsitz in einem anderen Schengen-Staat eine Bestätigung vorweisen können, wonach sie nach dortigem Landesrecht zum Erwerb einer bestimmten Waffe berechtigt wären.</p><p>2e. Die Regelung des Transports von Waffen innerhalb der Landesgrenze wird von Schengen nicht berührt. Der europäische Waffenpass gilt für alle Schengen-Länder. Das könnte für Schützen und Jäger von Interesse sein.</p><p>2f. In den Unterlagen der laufenden Vernehmlassung sind konkrete Vorschläge zur Umsetzung der Schengen-Richtlinie enthalten. Weitergehende Einschränkungen werden von Schengen nicht verlangt.</p><p>3. Der Einbezug der Interessenverbände erfolgt, wie bei Gesetzgebungsverfahren üblich, im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens. Dieses dauert noch bis zum 10. September 2004.</p><p>Die in den Schengen-Vertragsstaaten harmonisierte Regelung des Erwerbes, des Besitzes und der Ein-, Aus- und Durchfuhr von Feuerwaffen versteht sich als flankierende Massnahme zur Gewährleistung der innerstaatlichen Sicherheit nach dem im Rahmen der "Bilateralen II" vorgesehenen Abbau der Grenzkontrollen.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Der Bundesrat wird gebeten, folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Welche Konzessionen sind im Rahmen der "Bilateralen II" hinsichtlich der schweizerischen Waffengesetzgebung gemacht worden?</p><p>2. Im Speziellen:</p><p>a. Wird entgegen des Vernehmlassungsergebnisses eine Waffenregistrierung verlangt?</p><p>b. Wird der private Besitz und die Aufbewahrung von Waffen zusätzlich eingeschränkt?</p><p>c. Wird der private Besitz und die Aufbewahrung von Munition eingeschränkt?</p><p>d. Wird der Erwerb von Waffen (Privat, Handel) zusätzlich eingeschränkt?</p><p>e. Wird der Transport von Waffen (z. B. zu Schützenanlässen) zusätzlich eingeschränkt?</p><p>f. Sind mittelfristige Strategien entwickelt worden, um solche zusätzlichen Einschränkungen nachträglich einzuführen?</p><p>3. Konnten mit den betroffenen Verbänden, insbesondere mit dem Schweizerischen Schützenverein, einvernehmliche Lösungen gefunden werden? In welchen Bereichen besteht Einvernehmen?</p>
    • Schengen/Dublin und Waffenrecht

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