Sind Bussen bei Firmen geschäftsmässig begründeter Aufwand?

ShortId
14.3402
Id
20143402
Updated
28.07.2023 06:41
Language
de
Title
Sind Bussen bei Firmen geschäftsmässig begründeter Aufwand?
AdditionalIndexing
24;Unternehmenssteuer;Steuerabzug;Steuerstrafrecht;Geldstrafe;Steuerrecht;Bank
1
  • L04K11040101, Bank
  • L04K05010107, Geldstrafe
  • L04K11070312, Steuerrecht
  • L04K11070304, Steuerabzug
  • L04K11070407, Unternehmenssteuer
  • L06K050102010205, Steuerstrafrecht
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Aus aktuellem Anlass (Busse der USA gegen die CS in der Höhe von 2,8 Milliarden Franken) ist die Verbuchung von strafrechtlichen Bussen bei juristischen Personen in die öffentliche Debatte zurückgekehrt. In seiner Antwort auf die Interpellation Schwaller 14.3286 gibt der Bundesrat eine kleine, kurze Übersicht über die aktuelle Situation, die offenbar auch von Kanton zu Kanton stark variiert. Zudem ist ein ausführlicher Bericht mit einer Übersicht über die aktuelle Situation angekündigt. Was aber fehlt, ist eine klare Stellungnahme des Bundesrates zur Grundsatzfrage (1.) sowie eine Übersicht darüber, wie dies in konkreten Fällen in der Schweiz und in für uns relevanten Konkurrenzländern aktuell gehandhabt wird.</p>
  • <p>1. Unbestritten ist, dass Steuerbussen bei den Einkommens- und Gewinnsteuern keinen geschäftsmässig begründeten Aufwand darstellen und folglich steuerlich nicht abzugsfähig sind (Art. 59 Abs. 1 Bst. a DBG, SR 642.11; Art. 25 Abs. 1 Bst. a StHG, SR 642.14). Keine Einigkeit besteht in der Lehre jedoch darüber, ob dies auch für andere finanzielle Sanktionen gilt.</p><p>Zur Klärung der Begriffe sei darauf hingewiesen, dass eine solche untechnisch als "Busse" bezeichnete finanzielle Sanktion zumindest nach Schweizer Recht Verschiedenes bedeuten kann: so namentlich eine Busse als Strafe für eine Übertretung, eine Geldstrafe als Strafe für ein Vergehen, die Einziehung von widerrechtlich erworbenem Vermögen oder eine Gewinnabschöpfung als Massnahme z. B. zur Marktkorrektur. In der Beantwortung dieser Interpellation umfasst der Begriff "Busse" mit Bezug auf das Schweizer Recht jene finanziellen Sanktionen, welche das Schweizer Strafrecht für das schuldhafte Begehen einer Straftat vorsieht (d. h. Ordnungsbussen, Bussen und Geldstrafen).</p><p>Unbestrittenermassen ist in jedem Einzelfall zu klären, welchem Rechtsträger eine solche "Busse" zuzuordnen ist.</p><p>Der Bundesrat teilt die Auffassung der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV), wonach "Bussen" keinen geschäftsmässig begründeten Aufwand darstellen. Sie sind dementsprechend steuerlich nicht abzugsfähig. Anders verhält es sich bei finanziellen Sanktionen im Sinne einer Gewinnabschöpfung, welche keinen Strafzweck verfolgen. Diese sind als geschäftsmässig begründeter Aufwand grundsätzlich steuerlich abziehbar.</p><p>Der Bundesrat erachtet es als sinnvoll, die Frage der steuerlichen Behandlung von "Bussen" oder finanziellen Verwaltungssanktionen natürlicher und juristischer Personen bei Bund und Kantonen vertieft zu prüfen. Er wird einen Bericht zu dieser Frage ausarbeiten und hat entsprechend das von Nationalrätin Leutenegger Oberholzer eingereichte Postulat 14.3087 zur Annahme empfohlen. Dabei wird er einen allfälligen gesetzgeberischen Handlungsbedarf aufzeigen.</p><p>2./3. Es ist davon auszugehen, dass solche und andere Bussen grundsätzlich in der jeweiligen Erfolgsrechnung handelsrechtlich als geschäftsmässiger Aufwand verbucht werden. Aufgrund des Steuergeheimnisses kann jedoch zu konkreten Fällen ohnehin keine Auskunft gegeben werden.</p><p>4. In Deutschland wird eine Unterscheidung gemacht zwischen Bussen, die von einer nationalen Behörde bzw. einem nationalen Gericht oder einem EU-Organ verhängt wurden, und solchen von Drittstaaten. Im ersten Fall sind Bussen grundsätzlich steuerlich nicht abzugsfähig. Gewinnabschöpfende Bestandteile können zum Abzug zugelassen werden. Berücksichtigt wird auch, ob bei der Bussenfestlegung der Nichtabziehbarkeit bereits Rechnung getragen wurde. Im zweiten Fall kommen zusätzlich internationale Abkommen zur Anwendung, die explizite Betriebsausgabenabzugsverbote enthalten können. Auch in Frankreich ist der steuerliche Abzug von Bussen nicht möglich und ist sehr breit definiert.</p><p>5. In den USA sind Bussen, die direkt an die Verwaltung gezahlt werden, nicht abzugsfähig. Eine Abzugsfähigkeit kann erwirkt werden, wenn diese Zahlungen auf andere Weise entrichtet werden können (z. B. Zahlung an Dritte).</p><p>6. Wenn man sich zur Abzugsfähigkeit von "Bussen" äussert, ist gleichzeitig auch klarzustellen, welche finanziellen Sanktionen oder welcher Teil davon eine solche allenfalls abzugsfähige bzw. nichtabzugsfähige Zahlungsverpflichtung darstellt. Die Beantwortung der Frage, ob eine "Busse" vorliegt, hängt davon ab, ob und in welchem Umfang die im Ausland gegenüber einer Schweizer Unternehmung ausgesprochene Sanktion materiell einer "Busse" im Sinne des Schweizer Strafrechts entspricht. Wie bereits eingangs in der Begriffsklärung festgehalten, trifft dies dann zu, wenn damit das schuldhafte Begehen einer Straftat gesühnt wird. Dafür muss nicht beurteilt werden, ob die Tat auch in der Schweiz strafbar wäre.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>1. Ist der Bundesrat auch der Meinung, dass von einem Staat strafrechtlich ausgesprochene Bussen nicht zum geschäftsmässig begründeten Aufwand gehören dürfen?</p><p>2. Wie werden bis dato sehr hohe Bussen, vor allem vonseiten der USA, gegen Schweizer Firmen in der entsprechenden Erfolgsrechnung und Bilanz verbucht?</p><p>3. Konnten die UBS 2008 (im Rahmen des Steuerstreites mit den USA) sowie auch die CS 2009 (536 Millionen Franken wegen Verstosses gegen amerikanische Sanktionen) ihre Bussen als geschäftsmässig begründeten Aufwand verbuchen?</p><p>4. Wie handhaben andere europäische Länder den Umgang mit Bussen gegen bei ihnen ansässige Firmen (BNP in Frankreich, Deutsche Bank in Deutschland)?</p><p>5. Wie handhaben die USA selber den Umgang mit der Anrechnung von Bussen zum geschäftsmässigen Aufwand?</p><p>6. Ist bei dieser Fragestellung relevant, ob die Handlung auch in der Schweiz strafbar ist?</p>
  • Sind Bussen bei Firmen geschäftsmässig begründeter Aufwand?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Aus aktuellem Anlass (Busse der USA gegen die CS in der Höhe von 2,8 Milliarden Franken) ist die Verbuchung von strafrechtlichen Bussen bei juristischen Personen in die öffentliche Debatte zurückgekehrt. In seiner Antwort auf die Interpellation Schwaller 14.3286 gibt der Bundesrat eine kleine, kurze Übersicht über die aktuelle Situation, die offenbar auch von Kanton zu Kanton stark variiert. Zudem ist ein ausführlicher Bericht mit einer Übersicht über die aktuelle Situation angekündigt. Was aber fehlt, ist eine klare Stellungnahme des Bundesrates zur Grundsatzfrage (1.) sowie eine Übersicht darüber, wie dies in konkreten Fällen in der Schweiz und in für uns relevanten Konkurrenzländern aktuell gehandhabt wird.</p>
    • <p>1. Unbestritten ist, dass Steuerbussen bei den Einkommens- und Gewinnsteuern keinen geschäftsmässig begründeten Aufwand darstellen und folglich steuerlich nicht abzugsfähig sind (Art. 59 Abs. 1 Bst. a DBG, SR 642.11; Art. 25 Abs. 1 Bst. a StHG, SR 642.14). Keine Einigkeit besteht in der Lehre jedoch darüber, ob dies auch für andere finanzielle Sanktionen gilt.</p><p>Zur Klärung der Begriffe sei darauf hingewiesen, dass eine solche untechnisch als "Busse" bezeichnete finanzielle Sanktion zumindest nach Schweizer Recht Verschiedenes bedeuten kann: so namentlich eine Busse als Strafe für eine Übertretung, eine Geldstrafe als Strafe für ein Vergehen, die Einziehung von widerrechtlich erworbenem Vermögen oder eine Gewinnabschöpfung als Massnahme z. B. zur Marktkorrektur. In der Beantwortung dieser Interpellation umfasst der Begriff "Busse" mit Bezug auf das Schweizer Recht jene finanziellen Sanktionen, welche das Schweizer Strafrecht für das schuldhafte Begehen einer Straftat vorsieht (d. h. Ordnungsbussen, Bussen und Geldstrafen).</p><p>Unbestrittenermassen ist in jedem Einzelfall zu klären, welchem Rechtsträger eine solche "Busse" zuzuordnen ist.</p><p>Der Bundesrat teilt die Auffassung der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV), wonach "Bussen" keinen geschäftsmässig begründeten Aufwand darstellen. Sie sind dementsprechend steuerlich nicht abzugsfähig. Anders verhält es sich bei finanziellen Sanktionen im Sinne einer Gewinnabschöpfung, welche keinen Strafzweck verfolgen. Diese sind als geschäftsmässig begründeter Aufwand grundsätzlich steuerlich abziehbar.</p><p>Der Bundesrat erachtet es als sinnvoll, die Frage der steuerlichen Behandlung von "Bussen" oder finanziellen Verwaltungssanktionen natürlicher und juristischer Personen bei Bund und Kantonen vertieft zu prüfen. Er wird einen Bericht zu dieser Frage ausarbeiten und hat entsprechend das von Nationalrätin Leutenegger Oberholzer eingereichte Postulat 14.3087 zur Annahme empfohlen. Dabei wird er einen allfälligen gesetzgeberischen Handlungsbedarf aufzeigen.</p><p>2./3. Es ist davon auszugehen, dass solche und andere Bussen grundsätzlich in der jeweiligen Erfolgsrechnung handelsrechtlich als geschäftsmässiger Aufwand verbucht werden. Aufgrund des Steuergeheimnisses kann jedoch zu konkreten Fällen ohnehin keine Auskunft gegeben werden.</p><p>4. In Deutschland wird eine Unterscheidung gemacht zwischen Bussen, die von einer nationalen Behörde bzw. einem nationalen Gericht oder einem EU-Organ verhängt wurden, und solchen von Drittstaaten. Im ersten Fall sind Bussen grundsätzlich steuerlich nicht abzugsfähig. Gewinnabschöpfende Bestandteile können zum Abzug zugelassen werden. Berücksichtigt wird auch, ob bei der Bussenfestlegung der Nichtabziehbarkeit bereits Rechnung getragen wurde. Im zweiten Fall kommen zusätzlich internationale Abkommen zur Anwendung, die explizite Betriebsausgabenabzugsverbote enthalten können. Auch in Frankreich ist der steuerliche Abzug von Bussen nicht möglich und ist sehr breit definiert.</p><p>5. In den USA sind Bussen, die direkt an die Verwaltung gezahlt werden, nicht abzugsfähig. Eine Abzugsfähigkeit kann erwirkt werden, wenn diese Zahlungen auf andere Weise entrichtet werden können (z. B. Zahlung an Dritte).</p><p>6. Wenn man sich zur Abzugsfähigkeit von "Bussen" äussert, ist gleichzeitig auch klarzustellen, welche finanziellen Sanktionen oder welcher Teil davon eine solche allenfalls abzugsfähige bzw. nichtabzugsfähige Zahlungsverpflichtung darstellt. Die Beantwortung der Frage, ob eine "Busse" vorliegt, hängt davon ab, ob und in welchem Umfang die im Ausland gegenüber einer Schweizer Unternehmung ausgesprochene Sanktion materiell einer "Busse" im Sinne des Schweizer Strafrechts entspricht. Wie bereits eingangs in der Begriffsklärung festgehalten, trifft dies dann zu, wenn damit das schuldhafte Begehen einer Straftat gesühnt wird. Dafür muss nicht beurteilt werden, ob die Tat auch in der Schweiz strafbar wäre.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>1. Ist der Bundesrat auch der Meinung, dass von einem Staat strafrechtlich ausgesprochene Bussen nicht zum geschäftsmässig begründeten Aufwand gehören dürfen?</p><p>2. Wie werden bis dato sehr hohe Bussen, vor allem vonseiten der USA, gegen Schweizer Firmen in der entsprechenden Erfolgsrechnung und Bilanz verbucht?</p><p>3. Konnten die UBS 2008 (im Rahmen des Steuerstreites mit den USA) sowie auch die CS 2009 (536 Millionen Franken wegen Verstosses gegen amerikanische Sanktionen) ihre Bussen als geschäftsmässig begründeten Aufwand verbuchen?</p><p>4. Wie handhaben andere europäische Länder den Umgang mit Bussen gegen bei ihnen ansässige Firmen (BNP in Frankreich, Deutsche Bank in Deutschland)?</p><p>5. Wie handhaben die USA selber den Umgang mit der Anrechnung von Bussen zum geschäftsmässigen Aufwand?</p><p>6. Ist bei dieser Fragestellung relevant, ob die Handlung auch in der Schweiz strafbar ist?</p>
    • Sind Bussen bei Firmen geschäftsmässig begründeter Aufwand?

Back to List