Ist der Hitlergruss erlaubt?
- ShortId
-
14.3484
- Id
-
20143484
- Updated
-
28.07.2023 06:40
- Language
-
de
- Title
-
Ist der Hitlergruss erlaubt?
- AdditionalIndexing
-
10;12;vergleichendes Recht;Gemeinschaftsrecht;Rechtsradikalismus;Nationalsozialismus;Bundesgericht
- 1
-
- L04K08020421, Rechtsradikalismus
- L04K08020418, Nationalsozialismus
- L05K0505010301, Bundesgericht
- L04K05030210, vergleichendes Recht
- L03K090101, Gemeinschaftsrecht
- PriorityCouncil1
-
Nationalrat
- Texts
-
- <p>Anlässlich der jüngsten Wahlen in Europa und jener des EU-Parlamentes gewinnen die rechtsextremen Gruppierungen an Sitzen. Sie schrecken nicht davor zurück, Propaganda nahe den Ideologien zu betreiben, die im letzten Jahrhundert einem Hitler und einem Mussolini erlaubt haben, die Macht in ihren jeweiligen Ländern zu übernehmen. Man kann und man darf diese Situation nicht banalisieren, aber ich fürchte, dass genau dies heutzutage der Fall ist. Deswegen wäre es interessant zu wissen, wie die Situation in den Ländern der Europäischen Union juristisch aussieht. </p><p>Das Bundesgericht hat die durch ein Urner Gericht ausgesprochene Verurteilung eines Neonazis aufgehoben. Dieser hatte anlässlich des Nationalfeiertags auf der Rütliwiese den Hitlergruss gemacht und dabei die Schweizerfahne gehalten. Das ist der Grund, weshalb ich diese Interpellation einreiche.</p><p>Ich erinnere daran, dass der Nationalfeiertag und die Schweizerfahne allen Schweizerinnen und Schweizern gehören. Es ist skandalös, dass Möchtegernnazis und ihre Sympathisanten für ihre widerlichen politischen Ziele sich unseres Nationalfeiertags und unserer Flagge bemächtigen.</p>
- <p>Die Forderung nach einem Verbot des öffentlichen Verwendens von rassistischen Symbolen ist nicht neu. Bereits 2003 und 2009 führte der Bundesrat zwei Vernehmlassungen zu einer Strafnorm wegen Verwendung und Verbreitung rassistischer Symbole durch. 2011 beschlossen Bundesrat und Parlament, auf eine entsprechende Strafnorm zu verzichten. Im Rahmen dieser Arbeiten wurden rechtsvergleichende Studien durchgeführt.</p><p>1. Das Schweizerische Institut für Rechtsvergleichung in Lausanne hat 2008 ein Gutachten über Rassismus und Extremismus in Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich - und dabei insbesondere über die Rechtslage bezüglich extremistischer und rassistischer Zeichen, Insignien und Symbole - erstellt. Das Resultat dieses Rechtsvergleichs ist im Bericht und Vorentwurf des EJPD über die Ergänzung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes betreffend rassistische Symbole vom Juni 2009 zusammengefasst.</p><p>Die Rechtslage in den europäischen Ländern ist nicht einheitlich. In geschichtlich stark vom Nationalsozialismus geprägten Ländern ist die Verwendung extremistischer oder rassistischer Zeichen, Insignien und Symbole regelmässig unter Strafe gestellt. So ist der Hitlergruss beispielsweise in Deutschland, Österreich, Frankreich, Tschechien und Polen verboten. In den Ländern Südeuropas ist das Strafrecht gegenüber Nazisymbolen weniger einheitlich. Und in Ländern, die keine Besatzung erlebt haben, wie beispielsweise Grossbritannien, gibt es keine entsprechenden Strafnormen.</p><p>Eine detaillierte Darlegung der Rechtslage aller europäischen Länder, was Verbote von Nazisymbolen und allgemein von Symbolen rassistischer Ideologie betrifft, ist in der vorliegenden Antwort auf die Interpellation jedoch nicht möglich. Insgesamt hat sich aus Sicht des Bundesrates die Situation seit 2011 in Europa nicht geändert.</p><p>2. Mögliche Konsequenzen eines strafrechtlichen Verbots der öffentlichen Verwendung von extremistischen, gewaltverherrlichenden und rassistischen Symbolen hat der Bundesrat im Bericht vom 30. Juni 2010 zur Abschreibung der Motion der RK-N 04.3224 vom 29. April 2004 dargelegt (BBl 2010 4851, 4859ff.). Darauf kann verwiesen werden. Der Bundesrat hielt zur Begründung seines Antrages fest, dass die Verwendung oder Verbreitung rassistischer Symbole in der Schweiz bereits heute nach Artikel 261bis StGB (SR 311) strafbar ist, wenn diese eine Ideologie symbolisieren, die auf die systematische Herabsetzung oder Verleumdung von Angehörigen einer Rasse, Ethnie oder Religion gerichtet ist und dafür in der Öffentlichkeit geworben wird. Eine Strafnorm gegen rassistische Symbole würde keinen Mehrwert bringen, da eine klare Definition nicht möglich sei. Insbesondere die Beurteilung von Abwandlungen rassistischer Symbole könne zu Anwendungsschwierigkeiten führen. Aus der Rechtspraxis anderer europäischer Länder etwas für die Schweiz abzuleiten erweist sich als schwierig. Denn zum einen sind kaum Statistiken verfügbar, welche die Anzahl Verurteilungen wegen Verwendung von Nazisymbolen oder Symbolen rassistischer Ideologie separat ausweisen. Zum andern wären solche Statistiken aufgrund der unterschiedlichen Rahmenbedingungen der Länder für die Schweiz wenig aufschlussreich.</p> Antwort des Bundesrates.
- <p>In seiner Antwort auf meine Frage 14.5192, "Den Hitlergruss verbieten!", antwortete der Bundesrat, dass sich in seinen Augen die Situation seit 2011 nicht geändert habe, als entschieden wurde, das Strafgesetzbuch und das Militärstrafgesetz nicht zu ändern. Nun wäre es aber interessant, wenn der Bundesrat den Nationalrat über die aktuelle Situation in Europa informieren würde.</p><p>1. Kann uns der Bundesrat über die rechtliche Situation in den Ländern der Europäischen Union informieren, was Verbote von Nazisymbolen oder von Symbolen rassistischer Ideologie betrifft?</p><p>2. Kann er uns auch über die Konsequenzen solcher Verbote (insbesondere Statistiken über die Verurteilungen) informieren?</p>
- Ist der Hitlergruss erlaubt?
- State
-
Erledigt
- Related Affairs
-
- Drafts
-
-
- Index
- 0
- Texts
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- <p>Anlässlich der jüngsten Wahlen in Europa und jener des EU-Parlamentes gewinnen die rechtsextremen Gruppierungen an Sitzen. Sie schrecken nicht davor zurück, Propaganda nahe den Ideologien zu betreiben, die im letzten Jahrhundert einem Hitler und einem Mussolini erlaubt haben, die Macht in ihren jeweiligen Ländern zu übernehmen. Man kann und man darf diese Situation nicht banalisieren, aber ich fürchte, dass genau dies heutzutage der Fall ist. Deswegen wäre es interessant zu wissen, wie die Situation in den Ländern der Europäischen Union juristisch aussieht. </p><p>Das Bundesgericht hat die durch ein Urner Gericht ausgesprochene Verurteilung eines Neonazis aufgehoben. Dieser hatte anlässlich des Nationalfeiertags auf der Rütliwiese den Hitlergruss gemacht und dabei die Schweizerfahne gehalten. Das ist der Grund, weshalb ich diese Interpellation einreiche.</p><p>Ich erinnere daran, dass der Nationalfeiertag und die Schweizerfahne allen Schweizerinnen und Schweizern gehören. Es ist skandalös, dass Möchtegernnazis und ihre Sympathisanten für ihre widerlichen politischen Ziele sich unseres Nationalfeiertags und unserer Flagge bemächtigen.</p>
- <p>Die Forderung nach einem Verbot des öffentlichen Verwendens von rassistischen Symbolen ist nicht neu. Bereits 2003 und 2009 führte der Bundesrat zwei Vernehmlassungen zu einer Strafnorm wegen Verwendung und Verbreitung rassistischer Symbole durch. 2011 beschlossen Bundesrat und Parlament, auf eine entsprechende Strafnorm zu verzichten. Im Rahmen dieser Arbeiten wurden rechtsvergleichende Studien durchgeführt.</p><p>1. Das Schweizerische Institut für Rechtsvergleichung in Lausanne hat 2008 ein Gutachten über Rassismus und Extremismus in Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich - und dabei insbesondere über die Rechtslage bezüglich extremistischer und rassistischer Zeichen, Insignien und Symbole - erstellt. Das Resultat dieses Rechtsvergleichs ist im Bericht und Vorentwurf des EJPD über die Ergänzung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes betreffend rassistische Symbole vom Juni 2009 zusammengefasst.</p><p>Die Rechtslage in den europäischen Ländern ist nicht einheitlich. In geschichtlich stark vom Nationalsozialismus geprägten Ländern ist die Verwendung extremistischer oder rassistischer Zeichen, Insignien und Symbole regelmässig unter Strafe gestellt. So ist der Hitlergruss beispielsweise in Deutschland, Österreich, Frankreich, Tschechien und Polen verboten. In den Ländern Südeuropas ist das Strafrecht gegenüber Nazisymbolen weniger einheitlich. Und in Ländern, die keine Besatzung erlebt haben, wie beispielsweise Grossbritannien, gibt es keine entsprechenden Strafnormen.</p><p>Eine detaillierte Darlegung der Rechtslage aller europäischen Länder, was Verbote von Nazisymbolen und allgemein von Symbolen rassistischer Ideologie betrifft, ist in der vorliegenden Antwort auf die Interpellation jedoch nicht möglich. Insgesamt hat sich aus Sicht des Bundesrates die Situation seit 2011 in Europa nicht geändert.</p><p>2. Mögliche Konsequenzen eines strafrechtlichen Verbots der öffentlichen Verwendung von extremistischen, gewaltverherrlichenden und rassistischen Symbolen hat der Bundesrat im Bericht vom 30. Juni 2010 zur Abschreibung der Motion der RK-N 04.3224 vom 29. April 2004 dargelegt (BBl 2010 4851, 4859ff.). Darauf kann verwiesen werden. Der Bundesrat hielt zur Begründung seines Antrages fest, dass die Verwendung oder Verbreitung rassistischer Symbole in der Schweiz bereits heute nach Artikel 261bis StGB (SR 311) strafbar ist, wenn diese eine Ideologie symbolisieren, die auf die systematische Herabsetzung oder Verleumdung von Angehörigen einer Rasse, Ethnie oder Religion gerichtet ist und dafür in der Öffentlichkeit geworben wird. Eine Strafnorm gegen rassistische Symbole würde keinen Mehrwert bringen, da eine klare Definition nicht möglich sei. Insbesondere die Beurteilung von Abwandlungen rassistischer Symbole könne zu Anwendungsschwierigkeiten führen. Aus der Rechtspraxis anderer europäischer Länder etwas für die Schweiz abzuleiten erweist sich als schwierig. Denn zum einen sind kaum Statistiken verfügbar, welche die Anzahl Verurteilungen wegen Verwendung von Nazisymbolen oder Symbolen rassistischer Ideologie separat ausweisen. Zum andern wären solche Statistiken aufgrund der unterschiedlichen Rahmenbedingungen der Länder für die Schweiz wenig aufschlussreich.</p> Antwort des Bundesrates.
- <p>In seiner Antwort auf meine Frage 14.5192, "Den Hitlergruss verbieten!", antwortete der Bundesrat, dass sich in seinen Augen die Situation seit 2011 nicht geändert habe, als entschieden wurde, das Strafgesetzbuch und das Militärstrafgesetz nicht zu ändern. Nun wäre es aber interessant, wenn der Bundesrat den Nationalrat über die aktuelle Situation in Europa informieren würde.</p><p>1. Kann uns der Bundesrat über die rechtliche Situation in den Ländern der Europäischen Union informieren, was Verbote von Nazisymbolen oder von Symbolen rassistischer Ideologie betrifft?</p><p>2. Kann er uns auch über die Konsequenzen solcher Verbote (insbesondere Statistiken über die Verurteilungen) informieren?</p>
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