Ausbau der Kompetenzen der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus
- ShortId
-
14.3980
- Id
-
20143980
- Updated
-
28.07.2023 06:30
- Language
-
de
- Title
-
Ausbau der Kompetenzen der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus
- AdditionalIndexing
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1216;1236;Kompetenzregelung;Strafgesetzbuch;Rassendiskriminierung;ausserparlamentarische Kommission
- 1
-
- L04K05020401, Rassendiskriminierung
- L05K0806020201, ausserparlamentarische Kommission
- L03K080704, Kompetenzregelung
- L04K05010207, Strafgesetzbuch
- PriorityCouncil1
-
Nationalrat
- Texts
-
- <p>Der Bundesrat hat die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) im August 1995 geschaffen in Umsetzung des Internationalen Übereinkommens vom 21. Dezember 1965 zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (SR 0.104). Trotz einer Revision ihres Status (neue Einsetzungsverfügung) im vergangenen Jahr fehlt es der EKR noch immer an Unabhängigkeit, und ihre Möglichkeiten sind weiterhin sehr begrenzt. Der jüngste Bericht der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI, fünfter Länderbericht, September 2014) legt im Übrigen den Finger genau auf diese Schwachstellen und empfiehlt den schweizerischen Behörden, die Kompetenzen der EKR zu erweitern. </p><p>Mit dieser Motion soll den Empfehlungen der ECRI Rechnung getragen werden, ohne jedoch die Kompetenzen der EKR grundlegend zu ändern. Artikel 104 der Strafprozessordnung sieht in seinem Absatz 2 vor, dass der Bund und die Kantone "weiteren Behörden, die öffentliche Interessen zu wahren haben, volle oder beschränkte Parteirechte einräumen" können. Das würde im Übrigen sehr genau zum Auftrag der EKR passen und könnte ein grosses Problem lösen, mit dem sich Opfer von Rassismus heute konfrontiert sehen: Im Falle von Rassismus gibt es nämlich sehr oft keine Möglichkeit, gegen Beschlüsse zur Einstellung des Verfahrens, zur Nichtanhandnahme oder zur Nichtweiterverfolgung einer Sache Beschwerde zu führen. Keine Organisation hat bis heute diese Kompetenz.</p>
- <p>Dem Anliegen des Motionärs ist insofern zuzustimmen, als es für einen effektiven Schutz vor rassistischer Diskriminierung von grosser Bedeutung ist, dass die Strafnorm einheitlich angewendet wird. Die Aufnahme in die Mitteilungsverordnung (SR 312.3) belegt die Bedeutung der Urteile für die staatliche Sicherheit und dient einer konsequenten und effektiven Umsetzung. Die Auswertungen der bei der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR) gemeldeten Urteile zeigen, dass Artikel 261bis StGB uneinheitlich ausgelegt wird und in Bezug auf Einstellungen und Nichtanhandnahme von Verfahren erhebliche kantonale Unterschiede bestehen.</p><p>Das geltende Recht stellt Instrumente zur Verfügung, welche die einheitliche Rechtsanwendung sicherstellen sollen: So obliegt es auf Stufe Kanton den Ober- oder Generalstaatsanwaltschaften, für die einheitliche Anwendung zu sorgen. Sie können zu diesem Zweck Weisungen an ihre unterstellten Staatsanwältinnen und -anwälte erlassen sowie gegen alle Urteile und Entscheide Rechtsmittel an die obere kantonale Instanz ergreifen. Auf Stufe Bund kann die Bundesanwaltschaft Rechtsmittel beim Bundesgericht einlegen, um die einheitliche Rechtsprechung sicherzustellen. Sie kann nach Artikel 81 Absatz 2 des Bundesgerichtsgesetzes (BGG; SR 173.110) Beschwerde erheben, wenn das Bundesrecht vorsieht, dass ihr oder einer anderen Bundesbehörde der Entscheid mitzuteilen ist. Das ist hier der Fall. Eine Erweiterung der Kompetenzen der EKR erscheint vor diesem Hintergrund nicht zwingend.</p><p>Zu beachten ist überdies die geltende Konzeption zu Parteirechten von Behörden. Nach Artikel 104 Absatz 2 StPO können Bund und Kantone Behörden, die öffentliche Interessen zu wahren haben, volle oder beschränkte Parteirechte einräumen. Der Behördenbegriff in Artikel 104 Absatz 2 StPO erfasst alle Organe, die kraft des jeweils geltenden Rechts mit hoheitlicher Zuständigkeit staatliche Funktionen ausüben (vgl. BGE 114 IV 34 E. 2; Niggli/Heer/Wiprächtiger, Hrsg., Basler Kommentar zur Strafprozessordnung, Basel 2011, Henriette Küffer, Art. 104 N 26 mit Hinweisen).</p><p>Aus der Systematik von Artikel 104 StPO ergibt sich jedoch, dass eine Behörde im Sinne von Artikel 104 Absatz 2 hoheitlich auftreten können muss, also insbesondere zum Erlass von Verfügungen befugt sein muss. Die ausserparlamentarische EKR hat beratende und vorbereitende Funktionen (Verwaltungskommission; Art. 8a Abs. 2 RVOV). Sie hat zudem die Aufgabe, die Anwendung der Antirassismusstrafnorm zu beobachten. Sie erlässt jedoch keine hoheitlichen Verfügungen und stellt deshalb keine Behörde im Sinne von Artikel 104 Absatz 2 StPO dar. Es können ihr gestützt auf Artikel 104 Absatz 2 StPO damit auch keine Parteirechte in Strafverfahren eingeräumt werden.</p><p>Überdies kann die EKR bereits heute Fälle zur Anzeige bringen und somit einen wichtigen Beitrag zur einheitlichen Anwendung der Rassismusstrafnorm leisten. Der Bundesrat ist der Meinung, dass diese Konzeption sich bislang grundsätzlich bewährt hat.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
- <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die Kompetenzen der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus zu erweitern, indem er ihr bei Verfahren über Verstösse gegen Artikel 261bis des Strafgesetzbuchs Parteirechte im Sinne von Artikel 104 Absatz 2 der Strafprozessordnung einräumt.</p>
- Ausbau der Kompetenzen der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus
- State
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Erledigt
- Related Affairs
-
- Drafts
-
-
- Index
- 0
- Texts
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- <p>Der Bundesrat hat die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) im August 1995 geschaffen in Umsetzung des Internationalen Übereinkommens vom 21. Dezember 1965 zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (SR 0.104). Trotz einer Revision ihres Status (neue Einsetzungsverfügung) im vergangenen Jahr fehlt es der EKR noch immer an Unabhängigkeit, und ihre Möglichkeiten sind weiterhin sehr begrenzt. Der jüngste Bericht der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI, fünfter Länderbericht, September 2014) legt im Übrigen den Finger genau auf diese Schwachstellen und empfiehlt den schweizerischen Behörden, die Kompetenzen der EKR zu erweitern. </p><p>Mit dieser Motion soll den Empfehlungen der ECRI Rechnung getragen werden, ohne jedoch die Kompetenzen der EKR grundlegend zu ändern. Artikel 104 der Strafprozessordnung sieht in seinem Absatz 2 vor, dass der Bund und die Kantone "weiteren Behörden, die öffentliche Interessen zu wahren haben, volle oder beschränkte Parteirechte einräumen" können. Das würde im Übrigen sehr genau zum Auftrag der EKR passen und könnte ein grosses Problem lösen, mit dem sich Opfer von Rassismus heute konfrontiert sehen: Im Falle von Rassismus gibt es nämlich sehr oft keine Möglichkeit, gegen Beschlüsse zur Einstellung des Verfahrens, zur Nichtanhandnahme oder zur Nichtweiterverfolgung einer Sache Beschwerde zu führen. Keine Organisation hat bis heute diese Kompetenz.</p>
- <p>Dem Anliegen des Motionärs ist insofern zuzustimmen, als es für einen effektiven Schutz vor rassistischer Diskriminierung von grosser Bedeutung ist, dass die Strafnorm einheitlich angewendet wird. Die Aufnahme in die Mitteilungsverordnung (SR 312.3) belegt die Bedeutung der Urteile für die staatliche Sicherheit und dient einer konsequenten und effektiven Umsetzung. Die Auswertungen der bei der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR) gemeldeten Urteile zeigen, dass Artikel 261bis StGB uneinheitlich ausgelegt wird und in Bezug auf Einstellungen und Nichtanhandnahme von Verfahren erhebliche kantonale Unterschiede bestehen.</p><p>Das geltende Recht stellt Instrumente zur Verfügung, welche die einheitliche Rechtsanwendung sicherstellen sollen: So obliegt es auf Stufe Kanton den Ober- oder Generalstaatsanwaltschaften, für die einheitliche Anwendung zu sorgen. Sie können zu diesem Zweck Weisungen an ihre unterstellten Staatsanwältinnen und -anwälte erlassen sowie gegen alle Urteile und Entscheide Rechtsmittel an die obere kantonale Instanz ergreifen. Auf Stufe Bund kann die Bundesanwaltschaft Rechtsmittel beim Bundesgericht einlegen, um die einheitliche Rechtsprechung sicherzustellen. Sie kann nach Artikel 81 Absatz 2 des Bundesgerichtsgesetzes (BGG; SR 173.110) Beschwerde erheben, wenn das Bundesrecht vorsieht, dass ihr oder einer anderen Bundesbehörde der Entscheid mitzuteilen ist. Das ist hier der Fall. Eine Erweiterung der Kompetenzen der EKR erscheint vor diesem Hintergrund nicht zwingend.</p><p>Zu beachten ist überdies die geltende Konzeption zu Parteirechten von Behörden. Nach Artikel 104 Absatz 2 StPO können Bund und Kantone Behörden, die öffentliche Interessen zu wahren haben, volle oder beschränkte Parteirechte einräumen. Der Behördenbegriff in Artikel 104 Absatz 2 StPO erfasst alle Organe, die kraft des jeweils geltenden Rechts mit hoheitlicher Zuständigkeit staatliche Funktionen ausüben (vgl. BGE 114 IV 34 E. 2; Niggli/Heer/Wiprächtiger, Hrsg., Basler Kommentar zur Strafprozessordnung, Basel 2011, Henriette Küffer, Art. 104 N 26 mit Hinweisen).</p><p>Aus der Systematik von Artikel 104 StPO ergibt sich jedoch, dass eine Behörde im Sinne von Artikel 104 Absatz 2 hoheitlich auftreten können muss, also insbesondere zum Erlass von Verfügungen befugt sein muss. Die ausserparlamentarische EKR hat beratende und vorbereitende Funktionen (Verwaltungskommission; Art. 8a Abs. 2 RVOV). Sie hat zudem die Aufgabe, die Anwendung der Antirassismusstrafnorm zu beobachten. Sie erlässt jedoch keine hoheitlichen Verfügungen und stellt deshalb keine Behörde im Sinne von Artikel 104 Absatz 2 StPO dar. Es können ihr gestützt auf Artikel 104 Absatz 2 StPO damit auch keine Parteirechte in Strafverfahren eingeräumt werden.</p><p>Überdies kann die EKR bereits heute Fälle zur Anzeige bringen und somit einen wichtigen Beitrag zur einheitlichen Anwendung der Rassismusstrafnorm leisten. Der Bundesrat ist der Meinung, dass diese Konzeption sich bislang grundsätzlich bewährt hat.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
- <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die Kompetenzen der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus zu erweitern, indem er ihr bei Verfahren über Verstösse gegen Artikel 261bis des Strafgesetzbuchs Parteirechte im Sinne von Artikel 104 Absatz 2 der Strafprozessordnung einräumt.</p>
- Ausbau der Kompetenzen der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus
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