Integrationsbemühungen honorieren, solidarische Gemeinden belohnen, Kostendruck mindern

ShortId
17.3491
Id
20173491
Updated
28.07.2023 04:37
Language
de
Title
Integrationsbemühungen honorieren, solidarische Gemeinden belohnen, Kostendruck mindern
AdditionalIndexing
04;24;2811
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Der Nationalrat hat vor Kurzem die Motion Müller Philipp 16.3395 abgelehnt. Die Motion forderte eine längere Finanzierung der Sozialhilfekosten für Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene, dies mit der Begründung, man wolle nicht pauschal mehr Geld in ein System fliessen lassen, das grundlegend überdacht werden muss. Das ist zwar richtig, aber die steigende finanzielle Belastung einiger Gemeinden u. a. im Bereich der Sozialhilfe ist ebenso Fakt. Weltweit sind nach Zahlen der IOM 65 Millionen Menschen auf der Flucht. Nur knapp 6 Prozent dieser Menschen kommen überhaupt nach Europa. Europa muss seine Solidaritätsbemühungen ausbauen, wenn es etwas zur Linderung der Not beitragen will. Es ist deshalb ausserordentlich löblich, wenn Schweizer Gemeinden anbieten, mehr Asylsuchende, Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene aufzunehmen, als sie das nach den jeweiligen kantonalen Verteilmechanismen müssten. So haben z. B. die Parlamente der Städte Biel, Lausanne oder Zürich ihren Willen kundgetan, im Rahmen der weltweiten Kampagne "Refugee City" freiwillig mehr Flüchtlinge aufzunehmen. In Sachen Bemühungen um die gesellschaftliche und Arbeitsmarktintegration gibt es enorme Unterschiede. Das aktuelle Finanzierungssystem honoriert aktive Bemühungen zu wenig. Es ist nichts als richtig, wenn Bund und Kantone solidarische Bemühungen und erfolgreiche Integrationsprojekte unterstützen und entschädigen. Die zusätzlichen Kosten könnten durch einen minimalen, allenfalls temporären Solidaritätszuschlag bei der Besteuerung von hohen Einkommen (z. B. ab 500 000 Franken) und hohen Unternehmensgewinnen (z. B. ab 1 Million Franken) finanziert werden.</p>
  • <p>Die Bundesverfassung (SR 101) gewährleistet die Gemeindeautonomie nach Massgabe des kantonalen Rechts (Art. 50 Abs. 1 der Bundesverfassung). Es sind also die Kantone, die den Umfang der Gemeindeautonomie definieren. Der Bund ist verpflichtet, bei seinem Handeln die möglichen Auswirkungen auf die Gemeinden zu beachten (Art. 50 Abs. 2 der Bundesverfassung). Hingegen kann der Bund aus verfassungsmässigen Gründen nicht in die Kantonsautonomie eingreifen. Die Bundesverfassung legt zudem in Artikel 115 fest, dass die Kantone für die Gewährleistung der Sozialhilfe, wozu auch die Unterbringung und Betreuung gehören, zuständig sind. Dem Bund kommen in diesem Bereich weder ein Weisungs- noch ein Aufsichtsrecht gegenüber den Kantonen zu.</p><p>Die Verteilung von Personen aus dem Asylbereich innerhalb der Kantone sowie die entsprechenden Verteil- und Kompensationsmechanismen liegen auch in der Kompetenz der Kantone. Der Bund hat somit kein Weisungsrecht.</p><p>Deshalb sind es die Kantone, die zu definieren haben, wie ein allfälliger innerkantonaler Finanzausgleich gegenüber den Gemeinden ausgestaltet sein müsste. Dieses Prinzip gilt auch für das ab 1. April 2013 neuangepasste Finanzierungssystem zur Abgeltung mit Bundespauschalen. Es verfügt bereits heute über einen finanziellen Anreizmechanismus, der diejenigen Kantone finanziell belohnt, die vorläufig Aufgenommene und anerkannte Flüchtlinge möglichst rasch und nachhaltig in den Arbeitsmarkt integrieren. Im Rahmen der gegenwärtigen Kostendiskussion ist der Bund bereit, zusammen mit den Kantonen auch Investitionsmodelle vertieft zu prüfen, welche weiter gehende Anreize für eine verbesserte Integration von anerkannten Flüchtlingen und vorläufig aufgenommenen Personen vorsehen.</p><p>In der vom Parlament verabschiedeten Vorlage zur Beschleunigung der Asylverfahren ist ausserdem vorgesehen, dass zukünftig ein Grossteil der Asylsuchenden während der gesamten Dauer des Asylverfahrens in Bundesasylzentren untergebracht und nicht mehr auf die Kantone verteilt wird. Damit werden die Gemeinden inskünftig entlastet.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Die gesetzlichen Grundlagen werden so angepasst, damit Gemeinden, die sich überdurchschnittlich an:</p><p>a. Aufnahme und Beherbergung; und</p><p>b. der späteren Integration von Asylsuchenden, Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen beteiligen, zusätzlich finanziell unterstützt werden.</p>
  • Integrationsbemühungen honorieren, solidarische Gemeinden belohnen, Kostendruck mindern
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Der Nationalrat hat vor Kurzem die Motion Müller Philipp 16.3395 abgelehnt. Die Motion forderte eine längere Finanzierung der Sozialhilfekosten für Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene, dies mit der Begründung, man wolle nicht pauschal mehr Geld in ein System fliessen lassen, das grundlegend überdacht werden muss. Das ist zwar richtig, aber die steigende finanzielle Belastung einiger Gemeinden u. a. im Bereich der Sozialhilfe ist ebenso Fakt. Weltweit sind nach Zahlen der IOM 65 Millionen Menschen auf der Flucht. Nur knapp 6 Prozent dieser Menschen kommen überhaupt nach Europa. Europa muss seine Solidaritätsbemühungen ausbauen, wenn es etwas zur Linderung der Not beitragen will. Es ist deshalb ausserordentlich löblich, wenn Schweizer Gemeinden anbieten, mehr Asylsuchende, Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene aufzunehmen, als sie das nach den jeweiligen kantonalen Verteilmechanismen müssten. So haben z. B. die Parlamente der Städte Biel, Lausanne oder Zürich ihren Willen kundgetan, im Rahmen der weltweiten Kampagne "Refugee City" freiwillig mehr Flüchtlinge aufzunehmen. In Sachen Bemühungen um die gesellschaftliche und Arbeitsmarktintegration gibt es enorme Unterschiede. Das aktuelle Finanzierungssystem honoriert aktive Bemühungen zu wenig. Es ist nichts als richtig, wenn Bund und Kantone solidarische Bemühungen und erfolgreiche Integrationsprojekte unterstützen und entschädigen. Die zusätzlichen Kosten könnten durch einen minimalen, allenfalls temporären Solidaritätszuschlag bei der Besteuerung von hohen Einkommen (z. B. ab 500 000 Franken) und hohen Unternehmensgewinnen (z. B. ab 1 Million Franken) finanziert werden.</p>
    • <p>Die Bundesverfassung (SR 101) gewährleistet die Gemeindeautonomie nach Massgabe des kantonalen Rechts (Art. 50 Abs. 1 der Bundesverfassung). Es sind also die Kantone, die den Umfang der Gemeindeautonomie definieren. Der Bund ist verpflichtet, bei seinem Handeln die möglichen Auswirkungen auf die Gemeinden zu beachten (Art. 50 Abs. 2 der Bundesverfassung). Hingegen kann der Bund aus verfassungsmässigen Gründen nicht in die Kantonsautonomie eingreifen. Die Bundesverfassung legt zudem in Artikel 115 fest, dass die Kantone für die Gewährleistung der Sozialhilfe, wozu auch die Unterbringung und Betreuung gehören, zuständig sind. Dem Bund kommen in diesem Bereich weder ein Weisungs- noch ein Aufsichtsrecht gegenüber den Kantonen zu.</p><p>Die Verteilung von Personen aus dem Asylbereich innerhalb der Kantone sowie die entsprechenden Verteil- und Kompensationsmechanismen liegen auch in der Kompetenz der Kantone. Der Bund hat somit kein Weisungsrecht.</p><p>Deshalb sind es die Kantone, die zu definieren haben, wie ein allfälliger innerkantonaler Finanzausgleich gegenüber den Gemeinden ausgestaltet sein müsste. Dieses Prinzip gilt auch für das ab 1. April 2013 neuangepasste Finanzierungssystem zur Abgeltung mit Bundespauschalen. Es verfügt bereits heute über einen finanziellen Anreizmechanismus, der diejenigen Kantone finanziell belohnt, die vorläufig Aufgenommene und anerkannte Flüchtlinge möglichst rasch und nachhaltig in den Arbeitsmarkt integrieren. Im Rahmen der gegenwärtigen Kostendiskussion ist der Bund bereit, zusammen mit den Kantonen auch Investitionsmodelle vertieft zu prüfen, welche weiter gehende Anreize für eine verbesserte Integration von anerkannten Flüchtlingen und vorläufig aufgenommenen Personen vorsehen.</p><p>In der vom Parlament verabschiedeten Vorlage zur Beschleunigung der Asylverfahren ist ausserdem vorgesehen, dass zukünftig ein Grossteil der Asylsuchenden während der gesamten Dauer des Asylverfahrens in Bundesasylzentren untergebracht und nicht mehr auf die Kantone verteilt wird. Damit werden die Gemeinden inskünftig entlastet.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Die gesetzlichen Grundlagen werden so angepasst, damit Gemeinden, die sich überdurchschnittlich an:</p><p>a. Aufnahme und Beherbergung; und</p><p>b. der späteren Integration von Asylsuchenden, Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen beteiligen, zusätzlich finanziell unterstützt werden.</p>
    • Integrationsbemühungen honorieren, solidarische Gemeinden belohnen, Kostendruck mindern

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