Die Chancen der Kreislaufwirtschaft nutzen. Prüfung steuerlicher Anreize und weiterer Massnahmen

ShortId
17.3505
Id
20173505
Updated
10.04.2024 09:56
Language
de
Title
Die Chancen der Kreislaufwirtschaft nutzen. Prüfung steuerlicher Anreize und weiterer Massnahmen
AdditionalIndexing
52;2446;15
1
PriorityCouncil1
Ständerat
Texts
  • <p>Das Konzept der Kreislaufwirtschaft (circular economy), das derzeit sowohl in der Wissenschaft wie auf politischer Ebene angeregt diskutiert wird, zielt auf eine möglichst effiziente und nachhaltige Nutzung der Ressourcen. Angesichts der Ressourcenknappheit und der Preisschwankungen für Rohstoffe auf dem Weltmarkt gilt die Kreislaufwirtschaft als innovatives Modell, um Wertschöpfung im Inland zu generieren und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum mit anhaltend hoher Beschäftigung zu sichern.</p><p>Diese Anliegen stehen im Einklang mit den Zielen, die sich der Bundesrat in seiner Strategie Nachhaltige Entwicklung 2016-2019 im Hinblick auf die Ressourceneffizienz und die Nachhaltigkeit gesetzt hat. Die Strategie verweist insbesondere auf die effiziente Nutzung und Wiederverwertung von Konsum- und Produktionsgütern. Verschiedene kürzlich erschienene Studien (vgl. Study on socioeconomic impacts of increased reparability, Deloitte 2016) legen zudem dar, dass von der Kreislaufwirtschaft positive Auswirkungen auf die Beschäftigung und das Wirtschaftswachstum zu erwarten sind. Die optimale Nutzung der Ressourcen liegt auch im wirtschaftlichen Interesse der Unternehmen.</p><p>Ein wichtiger Ansatzpunkt der Kreislaufwirtschaft betrifft Reparaturdienstleistungen. Während die Herstellung von Produkten zunehmend automatisiert und deswegen tendenziell kostengünstiger wird, bleiben Reparaturen arbeitsintensiv und ortsgebunden. Aus diesem Grund ist es oft wesentlich billiger, Produkte zu ersetzen, als sie zu reparieren. In Europa wenden heute bereits Irland, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Polen, Slowenien, Finnland und Schweden reduzierte Mehrwertsteuersätze auf Reparaturen an. Die Massnahme hat zum Ziel, die Nutzungsdauer von Produkten zu verlängern und Wertschöpfung im Inland zu generieren.</p>
  • <p>Die Optimierung der Lebens- und Nutzungsdauer von Produkten ist für die Reduktion der Umweltbelastung im Konsumbereich von grosser Bedeutung. Das Bundesamt für Umwelt hatte für die Erfüllung des Postulates 12.3777, "Optimierung der Lebens- und Nutzungsdauer von Produkten", eine ausführliche Studie in Auftrag gegeben, welche wichtige Fragen in diesem Zusammenhang analysierte. Diese im Jahr 2014 publizierte Studie kommt zum Schluss, dass Massnahmen zur Optimierung der Lebens- und Nutzungsdauer von Produkten am wirksamsten sind, wenn sie von den Produzenten, vom Handel oder von den Konsumentinnen und Konsumenten selbst ausgehen. Der Bundesrat hat sich deshalb gegen zusätzliche Regulierungen in diesem Bereich ausgesprochen und setzt auf freiwillige Anstrengungen der Wirtschaft.</p><p>In neun EU-Ländern gibt es steuerliche Anreize für Reparaturen, indem für kleine Reparaturdienstleistungen an Schuhen, Fahrrädern, Haushaltwäsche und Lederwaren der Mehrwertsteuersatz reduziert wird. In diesen Bereichen erwartet die EU keine Wettbewerbsverzerrungen im europäischen Binnenmarkt. Aus diesem Grund gilt die Mehrwertsteuerreduktion jedoch nicht für elektrische und elektronische Geräte.</p><p>Konkret entspricht die Anwendung des reduzierten Steuersatzes in diesen Ländern einer Reduktion - im Vergleich zum vollen Steuersatz - um 10 bis 15 Prozentpunkte. Würde man diese Massnahme analog in der Schweiz anwenden, könnte man die Reparaturdienstleistungen um 5,5 Prozentpunkte steuerlich begünstigen. Die diesbezügliche Wirkung auf die Inanspruchnahme von Reparaturleistungen ist sehr fraglich. Denn Reparaturen bleiben aufgrund der hohen Lohnkosten teuer und lohnen sich oftmals aus ökonomischer Sicht gerade für in der Anschaffung preisgünstige Produkte nicht. Hingegen würde eine derartige Massnahme die Komplexität des Steuersystems und die Vollzugskosten stark erhöhen.</p><p>Aspekte der Reparierbarkeit und Optimierung der Produktlebensdauer sind als Teil einer umfassenden Produzentenverantwortung zu sehen. Der Bundesrat wird beobachten, wie sich das Engagement der Wirtschaft diesbezüglich entwickelt. In Umsetzung der Massnahmen aus dem Bericht "Grüne Wirtschaft - Massnahmen des Bundes für eine ressourcenschonende, zukunftsfähige Schweiz" aus dem Jahr 2016 sowie im Rahmen der Umsetzung der Verordnung über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen (SR 814.600) wird zudem eine Abfallvermeidungsstrategie erarbeitet. In diesem Rahmen soll auch die Förderung freiwilliger Massnahmen, die zu einer längeren Nutzungsphase von Produkten führen, geprüft werden.</p><p>Weiter gehende Abklärungen oder gar die Schaffung neuer steuerlicher Anreize erachtet der Bundesrat derzeit als nicht zielführend.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
  • <p>Der Bundesrat wird ersucht, in einem Bericht aufzuzeigen, wie die Schweiz die Chancen, die sich aus der Kreislaufwirtschaft ergeben, optimal nutzen kann. Dabei geht er insbesondere auf steuerliche Anreize ein und beantwortet namentlich folgende Fragen:</p><p>1. Welche steuerlichen Massnahmen haben andere europäische Länder getroffen, um die Chancen der Kreislaufwirtschaft zu nutzen?</p><p>2. Welche dieser Massnahmen sind im Hinblick auf die Ziele, die sich der Bundesrat in Bezug auf die Ressourceneffizienz und die Nachhaltigkeit gesetzt hat, auch für die Schweiz von Interesse?</p><p>3. Welche finanziellen Auswirkungen hätte die Anwendung eines reduzierten Mehrwertsteuersatzes auf Reparaturen?</p><p>4. Welche Auswirkungen eines solchen Sondersteuersatzes sind aufgrund der Erfahrungen in anderen europäischen Ländern auf die Ressourceneffizienz, das Wirtschaftswachstum, die Wertschöpfung im Inland und die Beschäftigung zu erwarten?</p><p>5. Welche weiteren Massnahmen sind neben einer Senkung des Mehrwertsteuersatzes denkbar, um das Potenzial, das sich aus der Kreislaufwirtschaft ergibt, optimal zu nutzen?</p>
  • Die Chancen der Kreislaufwirtschaft nutzen. Prüfung steuerlicher Anreize und weiterer Massnahmen
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Das Konzept der Kreislaufwirtschaft (circular economy), das derzeit sowohl in der Wissenschaft wie auf politischer Ebene angeregt diskutiert wird, zielt auf eine möglichst effiziente und nachhaltige Nutzung der Ressourcen. Angesichts der Ressourcenknappheit und der Preisschwankungen für Rohstoffe auf dem Weltmarkt gilt die Kreislaufwirtschaft als innovatives Modell, um Wertschöpfung im Inland zu generieren und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum mit anhaltend hoher Beschäftigung zu sichern.</p><p>Diese Anliegen stehen im Einklang mit den Zielen, die sich der Bundesrat in seiner Strategie Nachhaltige Entwicklung 2016-2019 im Hinblick auf die Ressourceneffizienz und die Nachhaltigkeit gesetzt hat. Die Strategie verweist insbesondere auf die effiziente Nutzung und Wiederverwertung von Konsum- und Produktionsgütern. Verschiedene kürzlich erschienene Studien (vgl. Study on socioeconomic impacts of increased reparability, Deloitte 2016) legen zudem dar, dass von der Kreislaufwirtschaft positive Auswirkungen auf die Beschäftigung und das Wirtschaftswachstum zu erwarten sind. Die optimale Nutzung der Ressourcen liegt auch im wirtschaftlichen Interesse der Unternehmen.</p><p>Ein wichtiger Ansatzpunkt der Kreislaufwirtschaft betrifft Reparaturdienstleistungen. Während die Herstellung von Produkten zunehmend automatisiert und deswegen tendenziell kostengünstiger wird, bleiben Reparaturen arbeitsintensiv und ortsgebunden. Aus diesem Grund ist es oft wesentlich billiger, Produkte zu ersetzen, als sie zu reparieren. In Europa wenden heute bereits Irland, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Polen, Slowenien, Finnland und Schweden reduzierte Mehrwertsteuersätze auf Reparaturen an. Die Massnahme hat zum Ziel, die Nutzungsdauer von Produkten zu verlängern und Wertschöpfung im Inland zu generieren.</p>
    • <p>Die Optimierung der Lebens- und Nutzungsdauer von Produkten ist für die Reduktion der Umweltbelastung im Konsumbereich von grosser Bedeutung. Das Bundesamt für Umwelt hatte für die Erfüllung des Postulates 12.3777, "Optimierung der Lebens- und Nutzungsdauer von Produkten", eine ausführliche Studie in Auftrag gegeben, welche wichtige Fragen in diesem Zusammenhang analysierte. Diese im Jahr 2014 publizierte Studie kommt zum Schluss, dass Massnahmen zur Optimierung der Lebens- und Nutzungsdauer von Produkten am wirksamsten sind, wenn sie von den Produzenten, vom Handel oder von den Konsumentinnen und Konsumenten selbst ausgehen. Der Bundesrat hat sich deshalb gegen zusätzliche Regulierungen in diesem Bereich ausgesprochen und setzt auf freiwillige Anstrengungen der Wirtschaft.</p><p>In neun EU-Ländern gibt es steuerliche Anreize für Reparaturen, indem für kleine Reparaturdienstleistungen an Schuhen, Fahrrädern, Haushaltwäsche und Lederwaren der Mehrwertsteuersatz reduziert wird. In diesen Bereichen erwartet die EU keine Wettbewerbsverzerrungen im europäischen Binnenmarkt. Aus diesem Grund gilt die Mehrwertsteuerreduktion jedoch nicht für elektrische und elektronische Geräte.</p><p>Konkret entspricht die Anwendung des reduzierten Steuersatzes in diesen Ländern einer Reduktion - im Vergleich zum vollen Steuersatz - um 10 bis 15 Prozentpunkte. Würde man diese Massnahme analog in der Schweiz anwenden, könnte man die Reparaturdienstleistungen um 5,5 Prozentpunkte steuerlich begünstigen. Die diesbezügliche Wirkung auf die Inanspruchnahme von Reparaturleistungen ist sehr fraglich. Denn Reparaturen bleiben aufgrund der hohen Lohnkosten teuer und lohnen sich oftmals aus ökonomischer Sicht gerade für in der Anschaffung preisgünstige Produkte nicht. Hingegen würde eine derartige Massnahme die Komplexität des Steuersystems und die Vollzugskosten stark erhöhen.</p><p>Aspekte der Reparierbarkeit und Optimierung der Produktlebensdauer sind als Teil einer umfassenden Produzentenverantwortung zu sehen. Der Bundesrat wird beobachten, wie sich das Engagement der Wirtschaft diesbezüglich entwickelt. In Umsetzung der Massnahmen aus dem Bericht "Grüne Wirtschaft - Massnahmen des Bundes für eine ressourcenschonende, zukunftsfähige Schweiz" aus dem Jahr 2016 sowie im Rahmen der Umsetzung der Verordnung über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen (SR 814.600) wird zudem eine Abfallvermeidungsstrategie erarbeitet. In diesem Rahmen soll auch die Förderung freiwilliger Massnahmen, die zu einer längeren Nutzungsphase von Produkten führen, geprüft werden.</p><p>Weiter gehende Abklärungen oder gar die Schaffung neuer steuerlicher Anreize erachtet der Bundesrat derzeit als nicht zielführend.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
    • <p>Der Bundesrat wird ersucht, in einem Bericht aufzuzeigen, wie die Schweiz die Chancen, die sich aus der Kreislaufwirtschaft ergeben, optimal nutzen kann. Dabei geht er insbesondere auf steuerliche Anreize ein und beantwortet namentlich folgende Fragen:</p><p>1. Welche steuerlichen Massnahmen haben andere europäische Länder getroffen, um die Chancen der Kreislaufwirtschaft zu nutzen?</p><p>2. Welche dieser Massnahmen sind im Hinblick auf die Ziele, die sich der Bundesrat in Bezug auf die Ressourceneffizienz und die Nachhaltigkeit gesetzt hat, auch für die Schweiz von Interesse?</p><p>3. Welche finanziellen Auswirkungen hätte die Anwendung eines reduzierten Mehrwertsteuersatzes auf Reparaturen?</p><p>4. Welche Auswirkungen eines solchen Sondersteuersatzes sind aufgrund der Erfahrungen in anderen europäischen Ländern auf die Ressourceneffizienz, das Wirtschaftswachstum, die Wertschöpfung im Inland und die Beschäftigung zu erwarten?</p><p>5. Welche weiteren Massnahmen sind neben einer Senkung des Mehrwertsteuersatzes denkbar, um das Potenzial, das sich aus der Kreislaufwirtschaft ergibt, optimal zu nutzen?</p>
    • Die Chancen der Kreislaufwirtschaft nutzen. Prüfung steuerlicher Anreize und weiterer Massnahmen

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