Nationales Konzept Freiwilligenarbeit

ShortId
17.3536
Id
20173536
Updated
28.07.2023 04:20
Language
de
Title
Nationales Konzept Freiwilligenarbeit
AdditionalIndexing
28;44
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Jährlich leisten Schweizerinnen und Schweizer etwa 650 Millionen Stunden Freiwilligenarbeit. Freiwilligenarbeit dient oft der Unterstützung von Benachteiligten und ist Ausdruck von solidarischem Handeln. Zudem schafft sie viele Kontaktmöglichkeiten und hilft mit, dass Schwache weniger ausgegrenzt werden. Freiwilliges Engagement ist eine Ergänzung zu professionellen Dienstleistungen und trägt zur Deckung der materiellen und immateriellen Bedürfnisse der Bevölkerung bei. Die Zahl der Schweizerinnen und Schweizer, die Freiwilligenarbeit leisten, ist jedoch seit Jahren kontinuierlich rückläufig. Gleichzeitig steigen aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung und der zunehmenden Forderung nach Professionalisierung der Bedarf und die Anforderungen an Freiwilligenarbeit. Der Bund muss Massnahmen ergreifen, um die von der Freiwilligenarbeit für die Gesellschaft geleisteten notwendigen Dienste langfristig garantieren zu können.</p><p>Der Bundesrat verfolgt in verschiedenen Bereichen, beispielsweise in der Palliative Care, Nischenstrategien, in welchen er die Freiwilligenarbeit berücksichtigt. Es fehlt aber bisher ein ganzheitlicher Ansatz, wie die Freiwilligenarbeit gezielt gefördert und schweizweit gestärkt werden könnte.</p>
  • <p>Der Bundesrat ist sich bewusst, welchen unschätzbaren Beitrag Freiwillige leisten. Unbezahlte Arbeit steht für Verantwortung und Solidarität in der Erfüllung vielfältiger Aufgaben zugunsten der Gesellschaft. Es ist wichtig, auch in Zukunft auf das freiwillige Engagement der Bürgerinnen und Bürger zählen zu können und diese unbezahlte Arbeit zu unterstützen, wie es heute bereits der Fall ist.</p><p>Der Bundesrat hat sich bereits verschiedentlich zu den unterschiedlichen Formen der Unterstützung von Freiwilligenarbeit geäussert, zuletzt im Rahmen des Postulates Häsler 16.3424, "Freiwilligenarbeit in Wert setzen". Dabei hat er in Erinnerung gerufen, dass der Bund die organisierte Freiwilligenarbeit, insbesondere im Kinder- und Jugendbereich, im Bereich Jugend- und Erwachsenensport sowie in der Altershilfe, anerkennt und würdigt. So haben Arbeitnehmende bis zum vollendeten 30. Altersjahr Anspruch auf eine Woche Urlaub für ausserschulische Jugendarbeit in einer kulturellen oder sozialen Organisation (Art. 329e OR). Ausserdem unterstützt der Bund die durch Angehörige freiwillig erbrachte informelle Pflege.</p><p>In den genannten Bereichen werden beträchtliche Mittel investiert, um die zahlreichen privaten Organisationen als Träger der Freiwilligenarbeit zu unterstützen. Diese organisieren wiederum die Freiwilligeneinsätze, stellen Weiterbildungen und Austauschmöglichkeiten zur Verfügung, und sie stellen auf Wunsch den Freiwilligen Tätigkeitsnachweise aus. In den verschiedenen Bereichen wird laufend neuen Entwicklungen Rechnung getragen. Die Evaluation des Programms Mentoring des Bundes (2017) sowie eine weitere vom SEM in Auftrag gegebene Studie ("Beitrag der Freiwilligenarbeit in Projekten im Bereich der Integrationsförderung und des interkulturellen Zusammenlebens", 2016) haben gezeigt, dass Freiwillige einen bedeutenden Beitrag zur Integration von Migrantinnen und Migranten leisten. So wird derzeit die verstärkte Förderung von Freiwilligenarbeit in der Integrationsförderung, namentlich in den kantonalen Integrationsprogrammen, geprüft. Auf europäischer Ebene soll das bewährte Instrument des Europäischen Freiwilligendienstes für Jugendliche auch auf Erwachsene ausgedehnt werden (solidarity corps). Damit sind Instrumente bereits vorhanden, um die Freiwilligenarbeit von Personen aus der Schweiz im Ausland und umgekehrt zu fördern.</p><p>Ausserhalb dieser konkreten Bereiche spricht sich der Bundesrat gegen die Schaffung von Gesetzesgrundlagen für eine allgemeine, ideelle oder materielle Anerkennung der Freiwilligenarbeit aus. Dieser Vorbehalt hat mehrere Gründe, allen voran die Schwierigkeit zu bestimmen, welche freiwilligen Tätigkeiten Unterstützung erhalten sollten. Zudem ist die Freiwilligenarbeit oftmals lokal oder bereichsspezifisch organisiert und geht auf die Initiative von Privatpersonen oder Organisationen der Zivilgesellschaft zurück. Und genau auf dieser Ebene ist die Förderung und Sensibilisierung am effizientesten. Eine nationale Strategie, Gesetzesgrundlagen oder eine nationale Kommission und eine Institutionalisierung hätten zweifellos Symbolcharakter, würden aber neue administrative Aufgaben nach sich ziehen und die Abläufe und Kontrolle der Tätigkeiten erschweren. Für die informelle Hilfe und das Vereinsleben wäre das eher nachteilig, da es der Dynamik insgesamt abträglich wäre.</p><p>Aus diesen Gründen steht der Bundesrat der Ausarbeitung einer nationalen Strategie zur Unterstützung der Freiwilligenarbeit ablehnend gegenüber.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt zu prüfen, wie ein nationales Konzept zur Stärkung der Freiwilligenarbeit in der Schweiz in Zusammenarbeit mit den Kantonen erarbeitet werden könnte, welches insbesondere folgende Themen beinhaltet:</p><p>1. die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage zur langfristigen Förderung der Freiwilligenarbeit in der Schweiz;</p><p>2. Sensibilisierung aller Teile der Schweizer Gesellschaft für die Bedeutung der Freiwilligenarbeit, insbesondere der Jungen zwischen 14 und 29 Jahren;</p><p>3. bessere Nutzung des Beitrags der Freiwilligenarbeit in der Integrationsförderung;</p><p>4. Anerkennung und Bekanntmachung eines Nachweises für Freiwilligenarbeit und ehrenamtliches Engagement;</p><p>5. Abbau von administrativen Hürden in der Freiwilligenarbeit;</p><p>6. Schaffung einer nationalen Kommission zur Zukunft der Freiwilligenarbeit in der Schweiz;</p><p>7. Massnahmen zur Beseitigung von Hindernissen für Freiwilligenarbeit ausländischer Personen;</p><p>8. Unterstützung von Infrastruktureinrichtungen zur Weiterbildung und gesamtheitlichen Förderung im Bereich der Freiwilligenarbeit.</p>
  • Nationales Konzept Freiwilligenarbeit
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Jährlich leisten Schweizerinnen und Schweizer etwa 650 Millionen Stunden Freiwilligenarbeit. Freiwilligenarbeit dient oft der Unterstützung von Benachteiligten und ist Ausdruck von solidarischem Handeln. Zudem schafft sie viele Kontaktmöglichkeiten und hilft mit, dass Schwache weniger ausgegrenzt werden. Freiwilliges Engagement ist eine Ergänzung zu professionellen Dienstleistungen und trägt zur Deckung der materiellen und immateriellen Bedürfnisse der Bevölkerung bei. Die Zahl der Schweizerinnen und Schweizer, die Freiwilligenarbeit leisten, ist jedoch seit Jahren kontinuierlich rückläufig. Gleichzeitig steigen aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung und der zunehmenden Forderung nach Professionalisierung der Bedarf und die Anforderungen an Freiwilligenarbeit. Der Bund muss Massnahmen ergreifen, um die von der Freiwilligenarbeit für die Gesellschaft geleisteten notwendigen Dienste langfristig garantieren zu können.</p><p>Der Bundesrat verfolgt in verschiedenen Bereichen, beispielsweise in der Palliative Care, Nischenstrategien, in welchen er die Freiwilligenarbeit berücksichtigt. Es fehlt aber bisher ein ganzheitlicher Ansatz, wie die Freiwilligenarbeit gezielt gefördert und schweizweit gestärkt werden könnte.</p>
    • <p>Der Bundesrat ist sich bewusst, welchen unschätzbaren Beitrag Freiwillige leisten. Unbezahlte Arbeit steht für Verantwortung und Solidarität in der Erfüllung vielfältiger Aufgaben zugunsten der Gesellschaft. Es ist wichtig, auch in Zukunft auf das freiwillige Engagement der Bürgerinnen und Bürger zählen zu können und diese unbezahlte Arbeit zu unterstützen, wie es heute bereits der Fall ist.</p><p>Der Bundesrat hat sich bereits verschiedentlich zu den unterschiedlichen Formen der Unterstützung von Freiwilligenarbeit geäussert, zuletzt im Rahmen des Postulates Häsler 16.3424, "Freiwilligenarbeit in Wert setzen". Dabei hat er in Erinnerung gerufen, dass der Bund die organisierte Freiwilligenarbeit, insbesondere im Kinder- und Jugendbereich, im Bereich Jugend- und Erwachsenensport sowie in der Altershilfe, anerkennt und würdigt. So haben Arbeitnehmende bis zum vollendeten 30. Altersjahr Anspruch auf eine Woche Urlaub für ausserschulische Jugendarbeit in einer kulturellen oder sozialen Organisation (Art. 329e OR). Ausserdem unterstützt der Bund die durch Angehörige freiwillig erbrachte informelle Pflege.</p><p>In den genannten Bereichen werden beträchtliche Mittel investiert, um die zahlreichen privaten Organisationen als Träger der Freiwilligenarbeit zu unterstützen. Diese organisieren wiederum die Freiwilligeneinsätze, stellen Weiterbildungen und Austauschmöglichkeiten zur Verfügung, und sie stellen auf Wunsch den Freiwilligen Tätigkeitsnachweise aus. In den verschiedenen Bereichen wird laufend neuen Entwicklungen Rechnung getragen. Die Evaluation des Programms Mentoring des Bundes (2017) sowie eine weitere vom SEM in Auftrag gegebene Studie ("Beitrag der Freiwilligenarbeit in Projekten im Bereich der Integrationsförderung und des interkulturellen Zusammenlebens", 2016) haben gezeigt, dass Freiwillige einen bedeutenden Beitrag zur Integration von Migrantinnen und Migranten leisten. So wird derzeit die verstärkte Förderung von Freiwilligenarbeit in der Integrationsförderung, namentlich in den kantonalen Integrationsprogrammen, geprüft. Auf europäischer Ebene soll das bewährte Instrument des Europäischen Freiwilligendienstes für Jugendliche auch auf Erwachsene ausgedehnt werden (solidarity corps). Damit sind Instrumente bereits vorhanden, um die Freiwilligenarbeit von Personen aus der Schweiz im Ausland und umgekehrt zu fördern.</p><p>Ausserhalb dieser konkreten Bereiche spricht sich der Bundesrat gegen die Schaffung von Gesetzesgrundlagen für eine allgemeine, ideelle oder materielle Anerkennung der Freiwilligenarbeit aus. Dieser Vorbehalt hat mehrere Gründe, allen voran die Schwierigkeit zu bestimmen, welche freiwilligen Tätigkeiten Unterstützung erhalten sollten. Zudem ist die Freiwilligenarbeit oftmals lokal oder bereichsspezifisch organisiert und geht auf die Initiative von Privatpersonen oder Organisationen der Zivilgesellschaft zurück. Und genau auf dieser Ebene ist die Förderung und Sensibilisierung am effizientesten. Eine nationale Strategie, Gesetzesgrundlagen oder eine nationale Kommission und eine Institutionalisierung hätten zweifellos Symbolcharakter, würden aber neue administrative Aufgaben nach sich ziehen und die Abläufe und Kontrolle der Tätigkeiten erschweren. Für die informelle Hilfe und das Vereinsleben wäre das eher nachteilig, da es der Dynamik insgesamt abträglich wäre.</p><p>Aus diesen Gründen steht der Bundesrat der Ausarbeitung einer nationalen Strategie zur Unterstützung der Freiwilligenarbeit ablehnend gegenüber.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt zu prüfen, wie ein nationales Konzept zur Stärkung der Freiwilligenarbeit in der Schweiz in Zusammenarbeit mit den Kantonen erarbeitet werden könnte, welches insbesondere folgende Themen beinhaltet:</p><p>1. die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage zur langfristigen Förderung der Freiwilligenarbeit in der Schweiz;</p><p>2. Sensibilisierung aller Teile der Schweizer Gesellschaft für die Bedeutung der Freiwilligenarbeit, insbesondere der Jungen zwischen 14 und 29 Jahren;</p><p>3. bessere Nutzung des Beitrags der Freiwilligenarbeit in der Integrationsförderung;</p><p>4. Anerkennung und Bekanntmachung eines Nachweises für Freiwilligenarbeit und ehrenamtliches Engagement;</p><p>5. Abbau von administrativen Hürden in der Freiwilligenarbeit;</p><p>6. Schaffung einer nationalen Kommission zur Zukunft der Freiwilligenarbeit in der Schweiz;</p><p>7. Massnahmen zur Beseitigung von Hindernissen für Freiwilligenarbeit ausländischer Personen;</p><p>8. Unterstützung von Infrastruktureinrichtungen zur Weiterbildung und gesamtheitlichen Förderung im Bereich der Freiwilligenarbeit.</p>
    • Nationales Konzept Freiwilligenarbeit

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