Einschüchterung und Desinformation von Schuldnern durch unseriöse Inkassounternehmen unterbinden

ShortId
17.3561
Id
20173561
Updated
28.07.2023 04:33
Language
de
Title
Einschüchterung und Desinformation von Schuldnern durch unseriöse Inkassounternehmen unterbinden
AdditionalIndexing
15;1211
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Es kommt viel zu häufig vor, dass Schuldnerinnen und Schuldner von Inkassobetreibenden durch fragwürdige Methoden zur Zahlung von Schulden gedrängt werden, sei dies durch Briefe, Mails, Telefonanrufe, SMS oder gar Besuche am Arbeitsplatz. Während kaufmännisch gerechtfertigte Zahlungsaufforderungen üblich und zulässig sind, darf die Grenze zu einer illegalen Drohung und Einschüchterung nicht überschritten werden. Es muss gewährleistet sein, dass die Schuldner klar erkennen können, welche Beträge aus welchen Gründen geltend gemacht werden, um diese auch prüfen zu können. Zudem ist zu verhindern, dass die Inkassobetreibenden den falschen Anschein erwecken, dass sie über besondere gesetzliche Zwangsmittel oder rechtliche Möglichkeiten verfügen. Tatsächlich verfügen sie über keine anderen rechtlichen Möglichkeiten als andere Gläubiger. In seinem Bericht "Rahmenbedingungen der Praktiken von Inkassounternehmen" vom 22. März 2017 hält der Bundesrat fest, dass eine umfassende Regulierung der Inkassobranche unverhältnismässig wäre. Der Bericht hält aber auch fest, dass eine Ergänzung des UWG mit einem neuen Tatbestand denkbar wäre. Dies würde den Schuldnern zu mehr Fairness verhelfen und schwarze Schafe unter den Inkassobetreibenden in die gesetzlichen Schranken verweisen.</p>
  • <p>Bereits nach geltendem Recht müssen für das Inkasso von Forderungen gewisse Verhaltenspflichten beachtet werden. Macht ein Inkassounternehmen Geldforderungen geltend, ohne diese zu spezifizieren und zu begründen, kann der angebliche Schuldner die Zahlung der betreffenden Forderung verweigern und nebst einer entsprechenden Begründung insbesondere auch den Nachweis für die fragliche Forderung verlangen. Nach Artikel 8 ZGB obliegt der Nachweis für das Vorhandensein der Schuld dem Inkassounternehmen und nicht etwa dem belangten Schuldner.</p><p>In seinem jüngsten Urteil vom 20. Juli 2017 hat das Bundesgericht unmissverständlich festgehalten, es liege Nötigung vor (Art. 181 StGB), wenn für die Durchsetzung einer nichtbestehenden Forderung mit der Einleitung rechtlicher Schritte, einer Betreibung oder mit steigenden Kosten gedroht werde (Urteil vom 20. Juli 2017, Ref. 6B_1074/2016, Erw. 2.3.2). Insoweit hat das Bundesgericht seine Rechtsprechung zum Inkassowesen weiter verfeinert. So hatte es bereits in BGE 120 IV 17 E. 2bb festgehalten, es sei nicht zulässig, ohne offensichtlichen Grund mit Strafanzeigen zu drohen.</p><p>Ferner dürfen Inkassounternehmen bereits nach dem geltenden Recht keine täuschenden oder irreführenden Angaben über die eigenen rechtlichen Möglichkeiten machen, beispielsweise über besondere gesetzliche Zwangsmittel. So verletzt ein Unternehmen, das den falschen Eindruck erweckt, mit besonderen Befugnissen ausgestattet zu sein, das Irreführungsverbot im Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (Art. 3 Abs. 1 Bst. b UWG; Entscheid des Obergerichtes Zürich vom 17. September 1996, in Zeitschrift "sic!" 1997, S. 216ff.).</p><p>Ferner kann auch eine Täuschung über die Mahngebühren oder eine nichtbestehende Forderung unlauter im Sinne des UWG und somit strafbar sein (Art. 3 Abs. 1 Bst. b in Verbindung mit Art. 23 UWG). Auch verstösst es gegen die lauterkeitsrechtliche Generalklausel (Art. 2 UWG), wenn ein Inkassounternehmen eine auf unlautere Art und Weise - beispielsweise durch Täuschung - zustande gekommene Forderung vollstreckt (BGE 136 III 23, 25; Bericht des Bundesrates vom 22. März 2017 in Erfüllung des Postulates Comte 12.3641 vom 15. Juni 2012, S. 6).</p><p>Aufgrund der bestehenden Gesetzgebung und der darauf beruhenden Rechtsprechung kommt der Bundesrat nach erneuter Prüfung zum Schluss, dass eine neue Spezialbestimmung im UWG keinen eigentlichen Mehrwert bringen würde.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, im Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) einen neuen Tatbestand einzufügen, der allen Personen, die im Inkasso tätig sind, gewisse Verhaltenspflichten auferlegt. Diese sollen insbesondere vorsehen, dass die geltend gemachten Beträge zu spezifizieren und zu begründen sind, dass keine täuschenden oder irreführenden Angaben über die eigenen rechtlichen Möglichkeiten - auch hinsichtlich der Geltendmachung von Mahngebühren - gemacht werden dürfen und dass drohendes, einschüchterndes oder sonst wie unangemessenes Verhalten gegenüber dem Schuldner unlauter und widerrechtlich ist. Eine Missachtung dieser Pflichten wäre gestützt auf Artikel 23 UWG auf Antrag auch strafbar.</p>
  • Einschüchterung und Desinformation von Schuldnern durch unseriöse Inkassounternehmen unterbinden
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Es kommt viel zu häufig vor, dass Schuldnerinnen und Schuldner von Inkassobetreibenden durch fragwürdige Methoden zur Zahlung von Schulden gedrängt werden, sei dies durch Briefe, Mails, Telefonanrufe, SMS oder gar Besuche am Arbeitsplatz. Während kaufmännisch gerechtfertigte Zahlungsaufforderungen üblich und zulässig sind, darf die Grenze zu einer illegalen Drohung und Einschüchterung nicht überschritten werden. Es muss gewährleistet sein, dass die Schuldner klar erkennen können, welche Beträge aus welchen Gründen geltend gemacht werden, um diese auch prüfen zu können. Zudem ist zu verhindern, dass die Inkassobetreibenden den falschen Anschein erwecken, dass sie über besondere gesetzliche Zwangsmittel oder rechtliche Möglichkeiten verfügen. Tatsächlich verfügen sie über keine anderen rechtlichen Möglichkeiten als andere Gläubiger. In seinem Bericht "Rahmenbedingungen der Praktiken von Inkassounternehmen" vom 22. März 2017 hält der Bundesrat fest, dass eine umfassende Regulierung der Inkassobranche unverhältnismässig wäre. Der Bericht hält aber auch fest, dass eine Ergänzung des UWG mit einem neuen Tatbestand denkbar wäre. Dies würde den Schuldnern zu mehr Fairness verhelfen und schwarze Schafe unter den Inkassobetreibenden in die gesetzlichen Schranken verweisen.</p>
    • <p>Bereits nach geltendem Recht müssen für das Inkasso von Forderungen gewisse Verhaltenspflichten beachtet werden. Macht ein Inkassounternehmen Geldforderungen geltend, ohne diese zu spezifizieren und zu begründen, kann der angebliche Schuldner die Zahlung der betreffenden Forderung verweigern und nebst einer entsprechenden Begründung insbesondere auch den Nachweis für die fragliche Forderung verlangen. Nach Artikel 8 ZGB obliegt der Nachweis für das Vorhandensein der Schuld dem Inkassounternehmen und nicht etwa dem belangten Schuldner.</p><p>In seinem jüngsten Urteil vom 20. Juli 2017 hat das Bundesgericht unmissverständlich festgehalten, es liege Nötigung vor (Art. 181 StGB), wenn für die Durchsetzung einer nichtbestehenden Forderung mit der Einleitung rechtlicher Schritte, einer Betreibung oder mit steigenden Kosten gedroht werde (Urteil vom 20. Juli 2017, Ref. 6B_1074/2016, Erw. 2.3.2). Insoweit hat das Bundesgericht seine Rechtsprechung zum Inkassowesen weiter verfeinert. So hatte es bereits in BGE 120 IV 17 E. 2bb festgehalten, es sei nicht zulässig, ohne offensichtlichen Grund mit Strafanzeigen zu drohen.</p><p>Ferner dürfen Inkassounternehmen bereits nach dem geltenden Recht keine täuschenden oder irreführenden Angaben über die eigenen rechtlichen Möglichkeiten machen, beispielsweise über besondere gesetzliche Zwangsmittel. So verletzt ein Unternehmen, das den falschen Eindruck erweckt, mit besonderen Befugnissen ausgestattet zu sein, das Irreführungsverbot im Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (Art. 3 Abs. 1 Bst. b UWG; Entscheid des Obergerichtes Zürich vom 17. September 1996, in Zeitschrift "sic!" 1997, S. 216ff.).</p><p>Ferner kann auch eine Täuschung über die Mahngebühren oder eine nichtbestehende Forderung unlauter im Sinne des UWG und somit strafbar sein (Art. 3 Abs. 1 Bst. b in Verbindung mit Art. 23 UWG). Auch verstösst es gegen die lauterkeitsrechtliche Generalklausel (Art. 2 UWG), wenn ein Inkassounternehmen eine auf unlautere Art und Weise - beispielsweise durch Täuschung - zustande gekommene Forderung vollstreckt (BGE 136 III 23, 25; Bericht des Bundesrates vom 22. März 2017 in Erfüllung des Postulates Comte 12.3641 vom 15. Juni 2012, S. 6).</p><p>Aufgrund der bestehenden Gesetzgebung und der darauf beruhenden Rechtsprechung kommt der Bundesrat nach erneuter Prüfung zum Schluss, dass eine neue Spezialbestimmung im UWG keinen eigentlichen Mehrwert bringen würde.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, im Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) einen neuen Tatbestand einzufügen, der allen Personen, die im Inkasso tätig sind, gewisse Verhaltenspflichten auferlegt. Diese sollen insbesondere vorsehen, dass die geltend gemachten Beträge zu spezifizieren und zu begründen sind, dass keine täuschenden oder irreführenden Angaben über die eigenen rechtlichen Möglichkeiten - auch hinsichtlich der Geltendmachung von Mahngebühren - gemacht werden dürfen und dass drohendes, einschüchterndes oder sonst wie unangemessenes Verhalten gegenüber dem Schuldner unlauter und widerrechtlich ist. Eine Missachtung dieser Pflichten wäre gestützt auf Artikel 23 UWG auf Antrag auch strafbar.</p>
    • Einschüchterung und Desinformation von Schuldnern durch unseriöse Inkassounternehmen unterbinden

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