Für eine Raumplanung und Mehrwertabgabe mit Augenmass

ShortId
17.3589
Id
20173589
Updated
28.07.2023 04:23
Language
de
Title
Für eine Raumplanung und Mehrwertabgabe mit Augenmass
AdditionalIndexing
2846;24;04
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Das seit 2015 in Kraft getretene revidierte Raumplanungsgesetz (RPG) verlangt, dass bei Einzonungen von z. B. Landwirtschaftsland zu Bauland mindestens 20 Prozent des dadurch erhöhten Wertes der öffentlichen Hand abgegeben werden (Art. 5 RPG). Diese Mehrwertabschöpfung im Bereich von neueingezontem Gebiet wird bei der Überbauung des Grundstücks oder dessen Veräusserung fällig. Die meisten Kantone haben inzwischen die neuen Bundesvorgaben im kantonalen Recht umgesetzt.</p><p>Obwohl das revidierte RPG auf Bundesebene keinen Zwang zur Mehrwertabschöpfung bei Um- und Aufzonungen vorsieht, haben etliche Kantone eine solche in ihre Gesetze aufgenommen oder diese den Gemeinden überlassen. Verschiedene Gemeinden sind daran, Abschöpfungen bei Um- oder Aufzonungen vorzusehen. Häufig soll dabei der Mehrwert nicht erst bei einer tatsächlichen Realisierung durch einen Um- oder Ausbau, sondern bereits beim Verkauf des Grundstücks anfallen. Eine solche "fiktive Mehrwertabschöpfung" führt in der Praxis zu mehreren Problemen, welche dem Gedanken des revidierten RPG zuwiderlaufen.</p><p>Ein theoretisches Ausbaupotenzial bei einem bereits überbauten Grundstück ist häufig äusserst trügerisch. Denn nicht selten sind beispielsweise die Kosten für die Um- oder Ausbauarbeiten am bestehenden Gebäude höher als der theoretisch hergeleitete Mehrwert. Auch bei einem Verkauf der Liegenschaft wird der Hauseigentümer den theoretisch berechneten Mehrwert häufig nicht realisieren können. Denn der Erwerber eines Einfamilienhauses ist in vielen Fällen nicht bereit, einen immensen Preis für ein theoretisches Nutzungspotenzial des Grundstücks zu zahlen, da er dieses gar nicht ausnutzen will. Die Mehrwertabschöpfung bereits im Zeitpunkt der Um- oder Aufzonung oder der Veräusserung führt somit zu einem unkalkulierbaren Risiko des bisherigen Eigentümers aufgrund des theoretisch berechneten Entwicklungspotenzials.</p>
  • <p>Der Bundesrat anerkennt, dass bei Um- und Aufzonungen von überbauten Grundstücken ein Bedürfnis nach differenzierten Fälligkeitsregelungen für die Mehrwertabgabe besteht.</p><p>Die frühe Fälligkeit einer Mehrwertabgabe kann ein geeignetes Instrument zur Förderung der Verfügbarkeit von Bauland durch die Kantone im Sinne von Artikel 15a des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 1979 (RPG; SR 700) sein, beispielsweise bei Industriebrachen, die als überbaut gelten.</p><p>Die Mindestvorschrift von Artikel 5 Absatz 1bis RPG ist auf die dauerhafte Neueinzonung von Nichtbauzonenland in eine Bauzone zugeschnitten. Das kantonale Ausführungsrecht zu dieser Bestimmung ist so auszugestalten, dass der durch eine solche Planungsmassnahme bewirkte Mehrwert zu einem Satz von mindestens 20 Prozent ausgeglichen wird und dass dieser Ausgleich bei der Überbauung des Grundstücks oder dessen Veräusserung fällig wird.</p><p>Gestützt auf Artikel 5 Absatz 1 RPG, der bereits seit dem 1. Januar 1980 gilt, regelt das kantonale Recht jedoch über diese Mindestvorschrift hinaus ganz allgemein "einen angemessenen Ausgleich für erhebliche Vor- und Nachteile", die durch Planungen im Sinne des Raumplanungsgesetzes entstehen. Bei der Ausgestaltung von Ausgleichsvorschriften, die sich auf Artikel 5 Absatz 1 RPG abstützen, verfügen die Kantone über einen grossen Ermessensspielraum.</p><p>Der Bundesrat vertritt daher die Auffassung, dass die Kantone bei Abgabeleistungen für Um- und Aufzonungsmehrwerte an überbauten Grundstücken davon absehen können, die Fälligkeit zwingend bei der Veräusserung eintreten zu lassen. Er wird prüfen, ob sich eine entsprechende Klarstellung auf Verordnungsstufe aufdrängt.</p><p>Er hält aber die Forderung der Motion nicht für sachgerecht, den Kantonen zu verbieten, die Fälligkeit von Abgabeleistungen für Um- und Aufzonungsmehrwerte an überbauten Grundstücken vor der tatsächlichen Realisierung des Mehrwerts eintreten zu lassen.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament eine Anpassung bzw. Ergänzung des Raumplanungsgesetzes vorzulegen, damit eine Mehrwertabgabe aufgrund von Um- oder Aufzonungen bereits überbauter Grundstücke erst bei einem verwirklichten Um- oder Ausbau und nicht bereits im Vorfeld aufgrund des theoretisch möglichen Potenzials berechnet und erhoben werden darf. Die Abgabe soll mithin frühestens mit der tatsächlichen Realisierung des Mehrwertes fällig werden.</p>
  • Für eine Raumplanung und Mehrwertabgabe mit Augenmass
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Das seit 2015 in Kraft getretene revidierte Raumplanungsgesetz (RPG) verlangt, dass bei Einzonungen von z. B. Landwirtschaftsland zu Bauland mindestens 20 Prozent des dadurch erhöhten Wertes der öffentlichen Hand abgegeben werden (Art. 5 RPG). Diese Mehrwertabschöpfung im Bereich von neueingezontem Gebiet wird bei der Überbauung des Grundstücks oder dessen Veräusserung fällig. Die meisten Kantone haben inzwischen die neuen Bundesvorgaben im kantonalen Recht umgesetzt.</p><p>Obwohl das revidierte RPG auf Bundesebene keinen Zwang zur Mehrwertabschöpfung bei Um- und Aufzonungen vorsieht, haben etliche Kantone eine solche in ihre Gesetze aufgenommen oder diese den Gemeinden überlassen. Verschiedene Gemeinden sind daran, Abschöpfungen bei Um- oder Aufzonungen vorzusehen. Häufig soll dabei der Mehrwert nicht erst bei einer tatsächlichen Realisierung durch einen Um- oder Ausbau, sondern bereits beim Verkauf des Grundstücks anfallen. Eine solche "fiktive Mehrwertabschöpfung" führt in der Praxis zu mehreren Problemen, welche dem Gedanken des revidierten RPG zuwiderlaufen.</p><p>Ein theoretisches Ausbaupotenzial bei einem bereits überbauten Grundstück ist häufig äusserst trügerisch. Denn nicht selten sind beispielsweise die Kosten für die Um- oder Ausbauarbeiten am bestehenden Gebäude höher als der theoretisch hergeleitete Mehrwert. Auch bei einem Verkauf der Liegenschaft wird der Hauseigentümer den theoretisch berechneten Mehrwert häufig nicht realisieren können. Denn der Erwerber eines Einfamilienhauses ist in vielen Fällen nicht bereit, einen immensen Preis für ein theoretisches Nutzungspotenzial des Grundstücks zu zahlen, da er dieses gar nicht ausnutzen will. Die Mehrwertabschöpfung bereits im Zeitpunkt der Um- oder Aufzonung oder der Veräusserung führt somit zu einem unkalkulierbaren Risiko des bisherigen Eigentümers aufgrund des theoretisch berechneten Entwicklungspotenzials.</p>
    • <p>Der Bundesrat anerkennt, dass bei Um- und Aufzonungen von überbauten Grundstücken ein Bedürfnis nach differenzierten Fälligkeitsregelungen für die Mehrwertabgabe besteht.</p><p>Die frühe Fälligkeit einer Mehrwertabgabe kann ein geeignetes Instrument zur Förderung der Verfügbarkeit von Bauland durch die Kantone im Sinne von Artikel 15a des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 1979 (RPG; SR 700) sein, beispielsweise bei Industriebrachen, die als überbaut gelten.</p><p>Die Mindestvorschrift von Artikel 5 Absatz 1bis RPG ist auf die dauerhafte Neueinzonung von Nichtbauzonenland in eine Bauzone zugeschnitten. Das kantonale Ausführungsrecht zu dieser Bestimmung ist so auszugestalten, dass der durch eine solche Planungsmassnahme bewirkte Mehrwert zu einem Satz von mindestens 20 Prozent ausgeglichen wird und dass dieser Ausgleich bei der Überbauung des Grundstücks oder dessen Veräusserung fällig wird.</p><p>Gestützt auf Artikel 5 Absatz 1 RPG, der bereits seit dem 1. Januar 1980 gilt, regelt das kantonale Recht jedoch über diese Mindestvorschrift hinaus ganz allgemein "einen angemessenen Ausgleich für erhebliche Vor- und Nachteile", die durch Planungen im Sinne des Raumplanungsgesetzes entstehen. Bei der Ausgestaltung von Ausgleichsvorschriften, die sich auf Artikel 5 Absatz 1 RPG abstützen, verfügen die Kantone über einen grossen Ermessensspielraum.</p><p>Der Bundesrat vertritt daher die Auffassung, dass die Kantone bei Abgabeleistungen für Um- und Aufzonungsmehrwerte an überbauten Grundstücken davon absehen können, die Fälligkeit zwingend bei der Veräusserung eintreten zu lassen. Er wird prüfen, ob sich eine entsprechende Klarstellung auf Verordnungsstufe aufdrängt.</p><p>Er hält aber die Forderung der Motion nicht für sachgerecht, den Kantonen zu verbieten, die Fälligkeit von Abgabeleistungen für Um- und Aufzonungsmehrwerte an überbauten Grundstücken vor der tatsächlichen Realisierung des Mehrwerts eintreten zu lassen.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament eine Anpassung bzw. Ergänzung des Raumplanungsgesetzes vorzulegen, damit eine Mehrwertabgabe aufgrund von Um- oder Aufzonungen bereits überbauter Grundstücke erst bei einem verwirklichten Um- oder Ausbau und nicht bereits im Vorfeld aufgrund des theoretisch möglichen Potenzials berechnet und erhoben werden darf. Die Abgabe soll mithin frühestens mit der tatsächlichen Realisierung des Mehrwertes fällig werden.</p>
    • Für eine Raumplanung und Mehrwertabgabe mit Augenmass

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