Ungleicher Zugang zur Invalidenrente der zweiten Säule. Diskriminierungen bekämpfen

ShortId
17.3602
Id
20173602
Updated
28.07.2023 04:22
Language
de
Title
Ungleicher Zugang zur Invalidenrente der zweiten Säule. Diskriminierungen bekämpfen
AdditionalIndexing
2836
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Personen, die unter schleichend verlaufenden invalidisierenden Krankheiten leiden - namentlich psychischen Krankheiten -, erfüllen aufgrund des Krankheitsverlaufs die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Invalidenrente der zweiten Säule nicht.</p><p>Zuständig für die Ausrichtung einer Invalidenrente der beruflichen Vorsorge ist die Pensionskasse, der die Person bei Ausbruch der - ordnungsgemäss durch ärztliches Zeugnis bestätigten - invalidisierenden Krankheit angeschlossen ist. Bei Krankheiten, die rasch zu einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit führen, kann die versicherte Person ihren Rentenanspruch auf einfache Weise geltend machen. Eine psychische Krankheit hingegen entwickelt sich auf komplexe Weise über Jahre hinweg und wird nicht bereits bei ihren ersten Anzeichen diagnostiziert. Wer unter psychischen Problemen leidet, verliert seine Arbeit oft nicht aufgrund der Krankheit an sich, sondern vielleicht aufgrund eines unangemessenen Verhaltens, das nicht als Krankheitsbild diagnostiziert wird und deshalb nicht zu einem ärztlichen Arbeitsunfähigkeitszeugnis führt. Mit dem Verlust des Arbeitsplatzes einher geht der Austritt aus der Pensionskasse, ohne dass eine Arbeitsunfähigkeit attestiert worden wäre, die den Rentenanspruch begründet.</p><p>Nach Zeiten von Arbeitslosigkeit, Sozialhilfebezug und Gelegenheitsjobs erfährt eine solche Person dann, dass sie aufgrund einer endlich diagnostizierten Krankheit nicht in der Lage ist, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, und macht ihren Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung geltend. Nun aber kann sie nicht mehr nachweisen, dass die invalidisierende Krankheit sich schon früher geäussert hat, als sie noch eine Anstellung hatte und einer Pensionskasse angeschlossen war. Da sie keinen Anspruch auf eine Rente der zweiten Säule hat, ersucht diese Person um Ergänzungsleistungen, die aus den kantonalen Budgets fliessen.</p><p>Es gibt heute noch keine Studie über die Schwierigkeiten von Personen, die unter schleichend verlaufenden invalidisierenden Krankheiten leiden, Zugang zu Renten der beruflichen Vorsorge zu erhalten. Deshalb müssen der Sachverhalt dargelegt und Massnahmen zur Problemlösung vorgeschlagen werden, damit die Diskriminierung, unter der die betroffenen Personen leiden, ein Ende findet.</p>
  • <p>Die Gruppe der Betroffenen schliesst eine Vielzahl von Einzelfällen mit unterschiedlichen Lebenslagen ein, sodass es unmöglich ist, eine umfassende Antwort zu liefern. Die Zahl der potenziellen Fälle anhand einer Studie zu beziffern und einschlägige Lösungen vorzuschlagen ist somit nicht machbar.</p><p>Gesundheitlich beeinträchtigte Personen, die im Zeitpunkt, in dem erste Anzeichen des invalidisierenden Gesundheitsschadens auftreten, in der zweiten Säule versichert sind, haben Anspruch auf eine Invalidenrente der beruflichen Vorsorge. Ohne ein ärztliches Zeugnis, das diese Art der Krankheit bestätigt, können die Vorsorgeeinrichtungen jedoch nicht dazu verpflichtet werden, eine Invalidenrente auszurichten.</p><p>Wurde bei einer Person mit einem invalidisierenden Leiden ärztlich festgestellt, dass während der Unterstellung unter die zweite Säule eine Arbeitsunfähigkeit vorlag, die die funktionelle Leistungsfähigkeit im zuvor ausgeübten Beruf um mindestens 20 Prozent einschränkt, und war die Person danach nur während einer verhältnismässig kurzen Zeit arbeitsfähig, ist jene Vorsorgeeinrichtung leistungspflichtig, der die Person während der Arbeitsunfähigkeit unterstellt war, wenn das der Invalidität zugrunde liegende Leiden das gleiche ist, das zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat. Bestehen Zweifel in Bezug auf die leistungspflichtige Vorsorgeeinrichtung, entscheiden die Gerichte, welche Pensionskasse die Leistung erbringt.</p><p>Liegt für die Zeit, in der die invalide Person der beruflichen Vorsorge unterstellt war, kein ärztliches Zeugnis vor, das die Arbeitsunfähigkeit bestätigt, ist ein Anspruch auf eine Invalidenrente der zweiten Säule nicht zwingend ausgeschlossen, sofern die Einbusse der Leistungsfähigkeit in einer anderen Form festgestellt werden kann, zum Beispiel wenn der Arbeitgeber eine Verminderung der Leistung wahrgenommen hat oder wenn der Beschäftigungsgrad aufgrund gesundheitlicher Probleme reduziert wurde.</p><p>Auch im Falle von Arbeitslosigkeit besteht ein Schutz. Solange Betroffene Arbeitslosentaggelder beziehen, sind sie für die Risiken Tod und Invalidität bei der Auffangeinrichtung obligatorisch versichert. Die Auffangeinrichtung ist somit gehalten, Invalidenleistungen auszurichten, wenn sich während der Arbeitslosigkeit eine Arbeitsunfähigkeit einstellt, die auf dasselbe Leiden wie die Invaliditätsursache zurückzuführen ist.</p><p>Die Weiterentwicklung der IV sieht zudem verschiedene Massnahmen für eine engere Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Akteuren vor (Ärzteschaft, Arbeitgeber usw.). Diese umfassen die Verstärkung der Früherkennung von Menschen mit psychischen Problemen und die Einführung von Beratung und Begleitung. Mit diesen Massnahmen sollen Situationen, wie im Postulat beschrieben, vermieden werden.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
  • <p>Wer von einer schleichend verlaufenden invalidisierenden Krankheit betroffen ist, hat Schwierigkeiten, eine Invalidenrente der zweiten Säule zu erhalten. Der Bundesrat wird beauftragt, über diese Schwierigkeiten Bericht zu erstatten und Massnahmen zur Lösung des Problems vorzuschlagen.</p>
  • Ungleicher Zugang zur Invalidenrente der zweiten Säule. Diskriminierungen bekämpfen
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Personen, die unter schleichend verlaufenden invalidisierenden Krankheiten leiden - namentlich psychischen Krankheiten -, erfüllen aufgrund des Krankheitsverlaufs die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Invalidenrente der zweiten Säule nicht.</p><p>Zuständig für die Ausrichtung einer Invalidenrente der beruflichen Vorsorge ist die Pensionskasse, der die Person bei Ausbruch der - ordnungsgemäss durch ärztliches Zeugnis bestätigten - invalidisierenden Krankheit angeschlossen ist. Bei Krankheiten, die rasch zu einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit führen, kann die versicherte Person ihren Rentenanspruch auf einfache Weise geltend machen. Eine psychische Krankheit hingegen entwickelt sich auf komplexe Weise über Jahre hinweg und wird nicht bereits bei ihren ersten Anzeichen diagnostiziert. Wer unter psychischen Problemen leidet, verliert seine Arbeit oft nicht aufgrund der Krankheit an sich, sondern vielleicht aufgrund eines unangemessenen Verhaltens, das nicht als Krankheitsbild diagnostiziert wird und deshalb nicht zu einem ärztlichen Arbeitsunfähigkeitszeugnis führt. Mit dem Verlust des Arbeitsplatzes einher geht der Austritt aus der Pensionskasse, ohne dass eine Arbeitsunfähigkeit attestiert worden wäre, die den Rentenanspruch begründet.</p><p>Nach Zeiten von Arbeitslosigkeit, Sozialhilfebezug und Gelegenheitsjobs erfährt eine solche Person dann, dass sie aufgrund einer endlich diagnostizierten Krankheit nicht in der Lage ist, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, und macht ihren Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung geltend. Nun aber kann sie nicht mehr nachweisen, dass die invalidisierende Krankheit sich schon früher geäussert hat, als sie noch eine Anstellung hatte und einer Pensionskasse angeschlossen war. Da sie keinen Anspruch auf eine Rente der zweiten Säule hat, ersucht diese Person um Ergänzungsleistungen, die aus den kantonalen Budgets fliessen.</p><p>Es gibt heute noch keine Studie über die Schwierigkeiten von Personen, die unter schleichend verlaufenden invalidisierenden Krankheiten leiden, Zugang zu Renten der beruflichen Vorsorge zu erhalten. Deshalb müssen der Sachverhalt dargelegt und Massnahmen zur Problemlösung vorgeschlagen werden, damit die Diskriminierung, unter der die betroffenen Personen leiden, ein Ende findet.</p>
    • <p>Die Gruppe der Betroffenen schliesst eine Vielzahl von Einzelfällen mit unterschiedlichen Lebenslagen ein, sodass es unmöglich ist, eine umfassende Antwort zu liefern. Die Zahl der potenziellen Fälle anhand einer Studie zu beziffern und einschlägige Lösungen vorzuschlagen ist somit nicht machbar.</p><p>Gesundheitlich beeinträchtigte Personen, die im Zeitpunkt, in dem erste Anzeichen des invalidisierenden Gesundheitsschadens auftreten, in der zweiten Säule versichert sind, haben Anspruch auf eine Invalidenrente der beruflichen Vorsorge. Ohne ein ärztliches Zeugnis, das diese Art der Krankheit bestätigt, können die Vorsorgeeinrichtungen jedoch nicht dazu verpflichtet werden, eine Invalidenrente auszurichten.</p><p>Wurde bei einer Person mit einem invalidisierenden Leiden ärztlich festgestellt, dass während der Unterstellung unter die zweite Säule eine Arbeitsunfähigkeit vorlag, die die funktionelle Leistungsfähigkeit im zuvor ausgeübten Beruf um mindestens 20 Prozent einschränkt, und war die Person danach nur während einer verhältnismässig kurzen Zeit arbeitsfähig, ist jene Vorsorgeeinrichtung leistungspflichtig, der die Person während der Arbeitsunfähigkeit unterstellt war, wenn das der Invalidität zugrunde liegende Leiden das gleiche ist, das zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat. Bestehen Zweifel in Bezug auf die leistungspflichtige Vorsorgeeinrichtung, entscheiden die Gerichte, welche Pensionskasse die Leistung erbringt.</p><p>Liegt für die Zeit, in der die invalide Person der beruflichen Vorsorge unterstellt war, kein ärztliches Zeugnis vor, das die Arbeitsunfähigkeit bestätigt, ist ein Anspruch auf eine Invalidenrente der zweiten Säule nicht zwingend ausgeschlossen, sofern die Einbusse der Leistungsfähigkeit in einer anderen Form festgestellt werden kann, zum Beispiel wenn der Arbeitgeber eine Verminderung der Leistung wahrgenommen hat oder wenn der Beschäftigungsgrad aufgrund gesundheitlicher Probleme reduziert wurde.</p><p>Auch im Falle von Arbeitslosigkeit besteht ein Schutz. Solange Betroffene Arbeitslosentaggelder beziehen, sind sie für die Risiken Tod und Invalidität bei der Auffangeinrichtung obligatorisch versichert. Die Auffangeinrichtung ist somit gehalten, Invalidenleistungen auszurichten, wenn sich während der Arbeitslosigkeit eine Arbeitsunfähigkeit einstellt, die auf dasselbe Leiden wie die Invaliditätsursache zurückzuführen ist.</p><p>Die Weiterentwicklung der IV sieht zudem verschiedene Massnahmen für eine engere Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Akteuren vor (Ärzteschaft, Arbeitgeber usw.). Diese umfassen die Verstärkung der Früherkennung von Menschen mit psychischen Problemen und die Einführung von Beratung und Begleitung. Mit diesen Massnahmen sollen Situationen, wie im Postulat beschrieben, vermieden werden.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
    • <p>Wer von einer schleichend verlaufenden invalidisierenden Krankheit betroffen ist, hat Schwierigkeiten, eine Invalidenrente der zweiten Säule zu erhalten. Der Bundesrat wird beauftragt, über diese Schwierigkeiten Bericht zu erstatten und Massnahmen zur Lösung des Problems vorzuschlagen.</p>
    • Ungleicher Zugang zur Invalidenrente der zweiten Säule. Diskriminierungen bekämpfen

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