Dringender Handlungsbedarf beim System der Rücknahme und des Recyclings von Elektroaltgeräten

ShortId
17.3636
Id
20173636
Updated
28.07.2023 14:45
Language
de
Title
Dringender Handlungsbedarf beim System der Rücknahme und des Recyclings von Elektroaltgeräten
AdditionalIndexing
15;52;66;34
1
PriorityCouncil1
Ständerat
Texts
  • <p>Das Sammeln und Recycling von Elektroaltgeräten in der Schweiz ist eine Erfolgsgeschichte. Die auf Freiwilligkeit basierenden Rücknahmesysteme mit mehr als 1000 eingebundenen Herstellern, Händlern und Importeuren garantieren ein dichtes und für Konsumenten komfortables Rücknahmesystem.</p><p>Die freiwilligen Rücknahmesysteme kommen stärker unter Druck, weil einerseits der Online-Handel mit dem Ausland das System untergräbt, indem ausländische Händler in der Schweiz nicht erfasst sind und keinen Beitrag an die Entsorgung von Elektroaltgeräten leisten, und weil sich andererseits Schweizer Händler dem freiwilligen System nicht mehr anschliessen. Der Bundesrat hat in seiner Antwort auf das Postulat Hegglin Peter 16.3994 vom 15. Februar 2017 selber darauf hingewiesen, dass freiwillige Rücknahmesysteme "zunehmend unter grösserem finanziellen Druck stehen". Der Handlungsbedarf ist also unbestritten.</p><p>Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) hat die Revision der Verordnung über die Rückgabe, die Rücknahme und die Entsorgung elektrischer und elektronischer Geräte (VREG) 2013 in die Vernehmlassung geschickt. Ziel der Revision war, die freiwilligen Rücknahmesysteme zu stärken, Trittbrettfahrer einzubinden und die Ressourceneffizienz zu erhöhen. Ausserdem sollte sichergestellt werden, dass ausländische Online-Händler das System in der Schweiz nicht mehr unterlaufen (analog Art. 17 der EU-Richtlinie 2012/19).</p><p>Hierfür wurde vom Bafu das Modell "Obligatorium mit Befreiungsmöglichkeit" geschaffen: Wer Geräte gemäss Liste der VREG in die Schweiz einführt oder hier herstellt und verkauft, muss eine vorgezogene Entsorgungsgebühr an eine vom Bafu beauftragte private Organisation bezahlen. Von diesem Zwang befreit ist, wer sich einem freiwilligen Rücknahmesystem anschliesst. Das Ergebnis der Vernehmlassung hat das Bafu nie veröffentlicht. Im Herbst 2015 hat das Bafu kommuniziert, auf das "Obligatorium mit Befreiungsmöglichkeit" zu verzichten, obwohl Händler, Rücknahmesysteme und Recycler das System befürworten.</p>
  • <p>Die Motion verlangt die Einführung einer obligatorischen vorgezogenen Entsorgungsgebühr (VEG), mit einer Befreiungsmöglichkeit (sogenanntes Grundsatzobligatorium): Wer Elektrogeräte auf den Schweizer Markt bringt, muss eine VEG an eine vom Bund beauftragte Organisation bezahlen. Wer sich einem freiwilligen Finanzierungssystem anschliesst, ist von diesem Obligatorium befreit.</p><p>Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) hatte eine solche Lösung im Rahmen einer entsprechenden Revision der Verordnung über die Rückgabe, die Rücknahme und die Entsorgung elektrischer und elektronischer Geräte (VREG; SR 814.620) vorgeschlagen. Die Betreiber der freiwilligen Finanzierungssysteme kritisierten in ihrer Stellungnahme, dass die vorgeschlagene Lösung zu einer massiven Aufblähung des administrativen Apparates führe und hohe infrastrukturelle, finanzielle und personelle Ressourcen binde; dies, ohne wirklich einen zusätzlichen Nutzen zu stiften. Die gleiche Kritik wurde in weiteren 30 Stellungnahmen von betroffenen Stakeholdern der Branche festgehalten. Der Bericht über die Ergebnisse der Anhörung wurde im August 2017 veröffentlicht.</p><p>Aufgrund der ablehnenden Ergebnisse der Anhörung und der absehbaren Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung des Grundsatzobligatoriums mit Befreiungsmöglichkeit (insbesondere bei der Kontrolle der Geldflüsse zwischen der vom Bund beauftragten Organisation und den freiwilligen Finanzierungssystemen sowie betreffend die finanziellen Risiken für den Bund( sowie aufgrund des unverhältnismässigen administrativen Aufwands für die Privatwirtschaft und den Bund will der Bundesrat auf die Einführung eines Grundsatzobligatoriums verzichten (vgl. Antwort des Bundesrates auf die Interpellation Girod 15.3881, "Finanzierung des Elektroschrott-Recyclings", vom 22. September 2015).</p><p>Bei einer Abkehr von den freiwilligen Finanzierungssystemen erachtet der Bundesrat die Einführung eines Vollobligatoriums für die Finanzierung der Entsorgung von Elektronikschrott (wie bei Glasflaschen und Batterien) als sinnvollste Lösung. Das Obligatorium würde auf eine vom Bund beauftragte und beaufsichtigte private Organisation ausgelagert und bliebe damit in der Privatwirtschaft. Bei der Einführung einer obligatorischen VEG wäre die gesetzliche Grundlage klar, der administrative und personelle Aufwand vertretbar und die Aufsicht des Bundes auf die private Organisation beschränkt. Die zusätzlichen administrativen Aufwände und Kontrollen der freiwilligen Finanzierungssysteme entfielen.</p><p>Als neues Element verlangt die Motion zusätzlich, dass Internethändler im Ausland das Finanzierungssystem in der Schweiz nicht mehr unterlaufen können. Es wird vorgeschlagen, die ausländischen Internethändler zu verpflichten, analog der Regelung der EU (Art. 17 der EU-Richtlinie 2012/19/EU über Elektro- und Elektronikaltgeräte), einen Bevollmächtigten in der Schweiz zu benennen, welcher mit der Erfüllung der finanziellen Verpflichtungen, insbesondere der Entrichtung der vorgezogenen Entsorgungsgebühr, betraut ist. Die Regelung in der EU betrifft die Aufsicht über die gegenseitige Bevollmächtigung in einem anderen EU-Mitgliedstaat. Drittstaaten sind davon nicht betroffen. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass das Erfordernis der Ernennung einer Vertretung nicht mit den internationalen handelsrechtlichen Verpflichtungen (Freihandelsabkommen, Gatt) vereinbar sein könnte. Zudem könnte eine solche Lösung in der Praxis kaum umgesetzt werden.</p><p>Der Bundesrat ist der Meinung, dass das freiwillige System grundsätzlich gut funktioniert. Er zieht daher die Weiterführung der freiwilligen Branchenlösung einer neuen, staatlichen Regulierung vor. Bei einer Annahme der Motion im Erstrat behält sich der Bundesrat vor, im Zweitrat eine Abänderung der Motion zugunsten eines administrativ weniger aufwendigen Vollobligatoriums wie folgt zu beantragen:</p><p>Der Bundesrat wird beauftragt, für die Finanzierung der Entsorgung von Elektronikschrott eine obligatorische vorgezogene Entsorgungsgebühr nach Artikel 32abis des Umweltschutzgesetzes (SR 814.01) einzuführen.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, das Prinzip "Obligatorium mit Befreiungsmöglichkeit" beim System der Rücknahme und des Recyclings von Elektroaltgeräten zeitnah umzusetzen. Dabei ist sicherzustellen, dass auch Online-Händler das System in der Schweiz nicht mehr unterlaufen.</p>
  • Dringender Handlungsbedarf beim System der Rücknahme und des Recyclings von Elektroaltgeräten
State
Überwiesen an den Bundesrat
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Das Sammeln und Recycling von Elektroaltgeräten in der Schweiz ist eine Erfolgsgeschichte. Die auf Freiwilligkeit basierenden Rücknahmesysteme mit mehr als 1000 eingebundenen Herstellern, Händlern und Importeuren garantieren ein dichtes und für Konsumenten komfortables Rücknahmesystem.</p><p>Die freiwilligen Rücknahmesysteme kommen stärker unter Druck, weil einerseits der Online-Handel mit dem Ausland das System untergräbt, indem ausländische Händler in der Schweiz nicht erfasst sind und keinen Beitrag an die Entsorgung von Elektroaltgeräten leisten, und weil sich andererseits Schweizer Händler dem freiwilligen System nicht mehr anschliessen. Der Bundesrat hat in seiner Antwort auf das Postulat Hegglin Peter 16.3994 vom 15. Februar 2017 selber darauf hingewiesen, dass freiwillige Rücknahmesysteme "zunehmend unter grösserem finanziellen Druck stehen". Der Handlungsbedarf ist also unbestritten.</p><p>Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) hat die Revision der Verordnung über die Rückgabe, die Rücknahme und die Entsorgung elektrischer und elektronischer Geräte (VREG) 2013 in die Vernehmlassung geschickt. Ziel der Revision war, die freiwilligen Rücknahmesysteme zu stärken, Trittbrettfahrer einzubinden und die Ressourceneffizienz zu erhöhen. Ausserdem sollte sichergestellt werden, dass ausländische Online-Händler das System in der Schweiz nicht mehr unterlaufen (analog Art. 17 der EU-Richtlinie 2012/19).</p><p>Hierfür wurde vom Bafu das Modell "Obligatorium mit Befreiungsmöglichkeit" geschaffen: Wer Geräte gemäss Liste der VREG in die Schweiz einführt oder hier herstellt und verkauft, muss eine vorgezogene Entsorgungsgebühr an eine vom Bafu beauftragte private Organisation bezahlen. Von diesem Zwang befreit ist, wer sich einem freiwilligen Rücknahmesystem anschliesst. Das Ergebnis der Vernehmlassung hat das Bafu nie veröffentlicht. Im Herbst 2015 hat das Bafu kommuniziert, auf das "Obligatorium mit Befreiungsmöglichkeit" zu verzichten, obwohl Händler, Rücknahmesysteme und Recycler das System befürworten.</p>
    • <p>Die Motion verlangt die Einführung einer obligatorischen vorgezogenen Entsorgungsgebühr (VEG), mit einer Befreiungsmöglichkeit (sogenanntes Grundsatzobligatorium): Wer Elektrogeräte auf den Schweizer Markt bringt, muss eine VEG an eine vom Bund beauftragte Organisation bezahlen. Wer sich einem freiwilligen Finanzierungssystem anschliesst, ist von diesem Obligatorium befreit.</p><p>Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) hatte eine solche Lösung im Rahmen einer entsprechenden Revision der Verordnung über die Rückgabe, die Rücknahme und die Entsorgung elektrischer und elektronischer Geräte (VREG; SR 814.620) vorgeschlagen. Die Betreiber der freiwilligen Finanzierungssysteme kritisierten in ihrer Stellungnahme, dass die vorgeschlagene Lösung zu einer massiven Aufblähung des administrativen Apparates führe und hohe infrastrukturelle, finanzielle und personelle Ressourcen binde; dies, ohne wirklich einen zusätzlichen Nutzen zu stiften. Die gleiche Kritik wurde in weiteren 30 Stellungnahmen von betroffenen Stakeholdern der Branche festgehalten. Der Bericht über die Ergebnisse der Anhörung wurde im August 2017 veröffentlicht.</p><p>Aufgrund der ablehnenden Ergebnisse der Anhörung und der absehbaren Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung des Grundsatzobligatoriums mit Befreiungsmöglichkeit (insbesondere bei der Kontrolle der Geldflüsse zwischen der vom Bund beauftragten Organisation und den freiwilligen Finanzierungssystemen sowie betreffend die finanziellen Risiken für den Bund( sowie aufgrund des unverhältnismässigen administrativen Aufwands für die Privatwirtschaft und den Bund will der Bundesrat auf die Einführung eines Grundsatzobligatoriums verzichten (vgl. Antwort des Bundesrates auf die Interpellation Girod 15.3881, "Finanzierung des Elektroschrott-Recyclings", vom 22. September 2015).</p><p>Bei einer Abkehr von den freiwilligen Finanzierungssystemen erachtet der Bundesrat die Einführung eines Vollobligatoriums für die Finanzierung der Entsorgung von Elektronikschrott (wie bei Glasflaschen und Batterien) als sinnvollste Lösung. Das Obligatorium würde auf eine vom Bund beauftragte und beaufsichtigte private Organisation ausgelagert und bliebe damit in der Privatwirtschaft. Bei der Einführung einer obligatorischen VEG wäre die gesetzliche Grundlage klar, der administrative und personelle Aufwand vertretbar und die Aufsicht des Bundes auf die private Organisation beschränkt. Die zusätzlichen administrativen Aufwände und Kontrollen der freiwilligen Finanzierungssysteme entfielen.</p><p>Als neues Element verlangt die Motion zusätzlich, dass Internethändler im Ausland das Finanzierungssystem in der Schweiz nicht mehr unterlaufen können. Es wird vorgeschlagen, die ausländischen Internethändler zu verpflichten, analog der Regelung der EU (Art. 17 der EU-Richtlinie 2012/19/EU über Elektro- und Elektronikaltgeräte), einen Bevollmächtigten in der Schweiz zu benennen, welcher mit der Erfüllung der finanziellen Verpflichtungen, insbesondere der Entrichtung der vorgezogenen Entsorgungsgebühr, betraut ist. Die Regelung in der EU betrifft die Aufsicht über die gegenseitige Bevollmächtigung in einem anderen EU-Mitgliedstaat. Drittstaaten sind davon nicht betroffen. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass das Erfordernis der Ernennung einer Vertretung nicht mit den internationalen handelsrechtlichen Verpflichtungen (Freihandelsabkommen, Gatt) vereinbar sein könnte. Zudem könnte eine solche Lösung in der Praxis kaum umgesetzt werden.</p><p>Der Bundesrat ist der Meinung, dass das freiwillige System grundsätzlich gut funktioniert. Er zieht daher die Weiterführung der freiwilligen Branchenlösung einer neuen, staatlichen Regulierung vor. Bei einer Annahme der Motion im Erstrat behält sich der Bundesrat vor, im Zweitrat eine Abänderung der Motion zugunsten eines administrativ weniger aufwendigen Vollobligatoriums wie folgt zu beantragen:</p><p>Der Bundesrat wird beauftragt, für die Finanzierung der Entsorgung von Elektronikschrott eine obligatorische vorgezogene Entsorgungsgebühr nach Artikel 32abis des Umweltschutzgesetzes (SR 814.01) einzuführen.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, das Prinzip "Obligatorium mit Befreiungsmöglichkeit" beim System der Rücknahme und des Recyclings von Elektroaltgeräten zeitnah umzusetzen. Dabei ist sicherzustellen, dass auch Online-Händler das System in der Schweiz nicht mehr unterlaufen.</p>
    • Dringender Handlungsbedarf beim System der Rücknahme und des Recyclings von Elektroaltgeräten

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