Anwendung der humanitären Visa

ShortId
17.3645
Id
20173645
Updated
28.07.2023 04:35
Language
de
Title
Anwendung der humanitären Visa
AdditionalIndexing
08;2841;2811
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>1. In seiner Antwort auf die Interpellation 17.3021 verweist der Bundesrat auf diese informelle Chancenberatung, die bereits zum Teil von Gesuchstellenden und vom Schweizerischen Roten Kreuz (SRK) genutzt wird. Aktuell wird diese Chancenberatung aber sehr unterschiedlich gehandhabt, und eine Systematisierung der Handhabung durch SEM und Vertretungen sowie eine öffentlich zugängliche Information, wie Personen, die ein humanitäres Visum beantragen möchten, dieses Instrument nutzen können, wären wünschenswert.</p><p>2. In der Stellungnahme zur Interpellation 17.3021 heisst es, dass "humanitäre Visa an syrische Staatsangehörige erteilt (werden), die vom Konflikt überdurchschnittlich betroffen sind. (Zum Beispiel für Personen, die) ernsthafte medizinische Probleme aufweisen, für welche eine adäquate Behandlung in der Region nicht (mehr) erbracht werden kann."</p><p>Das SRK macht hingegen die Erfahrung, dass kaum noch humanitäre Visa ausschliesslich aufgrund ernsthafter medizinischer Probleme erteilt werden, ohne dass gleichzeitig die Behandlung in der Schweiz finanziert wäre. Dies läuft allerdings komplett entgegen dem Sinn humanitärer Visa, nämlich, dass ein Visum ohne Auflagen erteilt werden kann, wenn die Person sich in einer akuten Notlage befindet.</p>
  • <p>Eine informelle Chancenberatung erfolgt auf schriftlichem Weg bei einer Schweizer Vertretung oder direkt beim Staatssekretariat für Migration, was einen unbürokratischen Zugang zu dieser Beratung sicherstellt. Gestützt auf die eingereichten schriftlichen Unterlagen wird vorfrageweise abgeklärt, welche Aussichten ein förmliches Visumgesuch hätte. Die informelle Chancenberatung dient nur einer provisorischen Einschätzung und ersetzt in keinem Fall ein förmliches Visumgesuch. Selbst bei einer negativen Beurteilung sind die betroffenen Personen berechtigt, ein förmliches Visumgesuch auf der zuständigen Vertretung einzureichen, und können im Fall eines ablehnenden Bescheids Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einreichen. Auf diese Sach- und Rechtslage werden die betroffenen Personen ausdrücklich hingewiesen.</p><p>Die Chancenberatung soll verhindern, dass sich Personen unnötigerweise auf die Schweizer Vertretung begeben, wenn aufgrund der eingereichten Unterlagen von vornherein feststeht, dass die Gesuche aus Sicht der Behörden chancenlos sind. Dieses Instrument dient heute schon zur Entlastung der Schweizer Vertretungen im Ausland. Den Geschäftsberichten des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) kann entnommen werden, dass das SRK mit diesem Instrument sehr gute Erfahrungen gemacht hat. In vielen Fällen führten die vom SRK angeregten Vorabklärungen zu einem humanitären Visum (vgl. <a href="https://www.redcross.ch/de/katastrophen-chronologie/syrien-konflikt/beratungsdienst-humanitaere-visa-syrien">https://www.redcross.ch/de/katastrophen-chronologie/syrien-konflikt/beratungsdienst-humanitaere-visa-syrien</a><a href="https://www.redcross.ch/de/katastrophen-chronologie/syrien-konflikt/viele-anfragen-fuer-eine-legale-einreise-in-die-schweiz">https://www.redcross.ch/de/katastrophen-chronologie/syrien-konflikt/viele-anfragen-fuer-eine-legale-einreise-in-die-schweiz</a>).</p><p>Eine förmliche Regelung der Chancenberatung widerspricht dem dargelegten Zweck und bietet den Gesuchstellenden keinen Vorteil. Zudem besteht die Gefahr, dass diese provisorische Einschätzung dadurch systemwidrig einen rechtlich verbindlichen Charakter erhält. Die Chancenberatung erfolgt regelmässig ohne persönliche Vorsprache der Gesuchstellenden auf der Vertretung. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass eine zunächst positive Einschätzung aufgrund des Ergebnisses der nachfolgenden, persönlichen Vorsprache beispielsweise aufgrund von Sicherheitsbedenken in einen negativen Visumentscheid mündet. Der Einschätzung der Behörde darf deshalb keine rechtliche Bindungswirkung zukommen.</p><p>Das humanitäre Visum ist kein Instrument, um Personen mit medizinischen Problemen die Einreise in die Schweiz zur Behandlung der Erkrankung zu ermöglichen. Dafür bestehen im Ausländergesetz andere Möglichkeiten (Art. 29 AuG; medizinische Behandlung). Der Entscheid, ob eine Person unmittelbar, ernsthaft und konkret gefährdet ist, sodass ein behördliches Handeln zwingend notwendig ist, erfolgt aufgrund einer umfassenden Einzelfallprüfung. Dabei kann der Gesundheitszustand eine wichtige Rolle spielen, insbesondere dann, wenn im Herkunftsland keine Behandlungsmöglichkeit (mehr) besteht und dadurch eine unmittelbare Lebensgefahr droht.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>1. Ist der Bundesrat nicht auch der Auffassung, dass die in der Antwort auf die Interpellation 17.3021 erwähnte informelle Chancenberatung im Zusammenhang mit humanitären Visa als Instrument genutzt werden sollte, um die Botschaften und das Staatssekretariat für Migration (SEM) zu entlasten und gleichzeitig Personen, die an Leib und Leben gefährdet sind, die Möglichkeit zu geben, ihre Chancen für ein humanitäres Visum einschätzen zu lassen?</p><p>Wäre es nicht im Sinne des Bundesrates, wenn dieses Instrument der Chancenberatung klar formalisiert würde?</p><p>Wäre es zudem nicht möglich, in Ländern, wo keine Schweizer Vertretung vorhanden ist (wie z. B. Syrien), diese Chancenberatung in einem formell rechtskräftigen Verfahren durchzuführen? Gemäss Praxis beispielsweise der Schweizer Vertretung in Nairobi wäre dies auch rechtlich möglich.</p><p>2. In welchen Konstellationen wäre das SEM bereit, ohne Auflagen humanitäre Visa für Personen mit ernsthaften medizinischen Problemen zu erteilen?</p>
  • Anwendung der humanitären Visa
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>1. In seiner Antwort auf die Interpellation 17.3021 verweist der Bundesrat auf diese informelle Chancenberatung, die bereits zum Teil von Gesuchstellenden und vom Schweizerischen Roten Kreuz (SRK) genutzt wird. Aktuell wird diese Chancenberatung aber sehr unterschiedlich gehandhabt, und eine Systematisierung der Handhabung durch SEM und Vertretungen sowie eine öffentlich zugängliche Information, wie Personen, die ein humanitäres Visum beantragen möchten, dieses Instrument nutzen können, wären wünschenswert.</p><p>2. In der Stellungnahme zur Interpellation 17.3021 heisst es, dass "humanitäre Visa an syrische Staatsangehörige erteilt (werden), die vom Konflikt überdurchschnittlich betroffen sind. (Zum Beispiel für Personen, die) ernsthafte medizinische Probleme aufweisen, für welche eine adäquate Behandlung in der Region nicht (mehr) erbracht werden kann."</p><p>Das SRK macht hingegen die Erfahrung, dass kaum noch humanitäre Visa ausschliesslich aufgrund ernsthafter medizinischer Probleme erteilt werden, ohne dass gleichzeitig die Behandlung in der Schweiz finanziert wäre. Dies läuft allerdings komplett entgegen dem Sinn humanitärer Visa, nämlich, dass ein Visum ohne Auflagen erteilt werden kann, wenn die Person sich in einer akuten Notlage befindet.</p>
    • <p>Eine informelle Chancenberatung erfolgt auf schriftlichem Weg bei einer Schweizer Vertretung oder direkt beim Staatssekretariat für Migration, was einen unbürokratischen Zugang zu dieser Beratung sicherstellt. Gestützt auf die eingereichten schriftlichen Unterlagen wird vorfrageweise abgeklärt, welche Aussichten ein förmliches Visumgesuch hätte. Die informelle Chancenberatung dient nur einer provisorischen Einschätzung und ersetzt in keinem Fall ein förmliches Visumgesuch. Selbst bei einer negativen Beurteilung sind die betroffenen Personen berechtigt, ein förmliches Visumgesuch auf der zuständigen Vertretung einzureichen, und können im Fall eines ablehnenden Bescheids Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einreichen. Auf diese Sach- und Rechtslage werden die betroffenen Personen ausdrücklich hingewiesen.</p><p>Die Chancenberatung soll verhindern, dass sich Personen unnötigerweise auf die Schweizer Vertretung begeben, wenn aufgrund der eingereichten Unterlagen von vornherein feststeht, dass die Gesuche aus Sicht der Behörden chancenlos sind. Dieses Instrument dient heute schon zur Entlastung der Schweizer Vertretungen im Ausland. Den Geschäftsberichten des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) kann entnommen werden, dass das SRK mit diesem Instrument sehr gute Erfahrungen gemacht hat. In vielen Fällen führten die vom SRK angeregten Vorabklärungen zu einem humanitären Visum (vgl. <a href="https://www.redcross.ch/de/katastrophen-chronologie/syrien-konflikt/beratungsdienst-humanitaere-visa-syrien">https://www.redcross.ch/de/katastrophen-chronologie/syrien-konflikt/beratungsdienst-humanitaere-visa-syrien</a><a href="https://www.redcross.ch/de/katastrophen-chronologie/syrien-konflikt/viele-anfragen-fuer-eine-legale-einreise-in-die-schweiz">https://www.redcross.ch/de/katastrophen-chronologie/syrien-konflikt/viele-anfragen-fuer-eine-legale-einreise-in-die-schweiz</a>).</p><p>Eine förmliche Regelung der Chancenberatung widerspricht dem dargelegten Zweck und bietet den Gesuchstellenden keinen Vorteil. Zudem besteht die Gefahr, dass diese provisorische Einschätzung dadurch systemwidrig einen rechtlich verbindlichen Charakter erhält. Die Chancenberatung erfolgt regelmässig ohne persönliche Vorsprache der Gesuchstellenden auf der Vertretung. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass eine zunächst positive Einschätzung aufgrund des Ergebnisses der nachfolgenden, persönlichen Vorsprache beispielsweise aufgrund von Sicherheitsbedenken in einen negativen Visumentscheid mündet. Der Einschätzung der Behörde darf deshalb keine rechtliche Bindungswirkung zukommen.</p><p>Das humanitäre Visum ist kein Instrument, um Personen mit medizinischen Problemen die Einreise in die Schweiz zur Behandlung der Erkrankung zu ermöglichen. Dafür bestehen im Ausländergesetz andere Möglichkeiten (Art. 29 AuG; medizinische Behandlung). Der Entscheid, ob eine Person unmittelbar, ernsthaft und konkret gefährdet ist, sodass ein behördliches Handeln zwingend notwendig ist, erfolgt aufgrund einer umfassenden Einzelfallprüfung. Dabei kann der Gesundheitszustand eine wichtige Rolle spielen, insbesondere dann, wenn im Herkunftsland keine Behandlungsmöglichkeit (mehr) besteht und dadurch eine unmittelbare Lebensgefahr droht.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>1. Ist der Bundesrat nicht auch der Auffassung, dass die in der Antwort auf die Interpellation 17.3021 erwähnte informelle Chancenberatung im Zusammenhang mit humanitären Visa als Instrument genutzt werden sollte, um die Botschaften und das Staatssekretariat für Migration (SEM) zu entlasten und gleichzeitig Personen, die an Leib und Leben gefährdet sind, die Möglichkeit zu geben, ihre Chancen für ein humanitäres Visum einschätzen zu lassen?</p><p>Wäre es nicht im Sinne des Bundesrates, wenn dieses Instrument der Chancenberatung klar formalisiert würde?</p><p>Wäre es zudem nicht möglich, in Ländern, wo keine Schweizer Vertretung vorhanden ist (wie z. B. Syrien), diese Chancenberatung in einem formell rechtskräftigen Verfahren durchzuführen? Gemäss Praxis beispielsweise der Schweizer Vertretung in Nairobi wäre dies auch rechtlich möglich.</p><p>2. In welchen Konstellationen wäre das SEM bereit, ohne Auflagen humanitäre Visa für Personen mit ernsthaften medizinischen Problemen zu erteilen?</p>
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