Tierquälereifälle verhindern, Tierschutzvollzug verbessern

ShortId
17.3646
Id
20173646
Updated
28.07.2023 04:14
Language
de
Title
Tierquälereifälle verhindern, Tierschutzvollzug verbessern
AdditionalIndexing
52;55;24
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>1. Die Unabhängigkeit kann der Bundesrat gewährleisten. Für die Tierschutz- und Tierwohlkontrollen sind die Kantone zuständig. Sie führen diese Kontrollen entweder selber durch oder übertragen sie vertraglich an private Stellen. Werden Kontrollaufgaben übertragen, so müssen diese Stellen nach der europäischen Norm ISO/IEC 17020, "Allgemeine Kriterien für den Betrieb verschiedener Typen von Stellen, die Inspektionen durchführen", akkreditiert sein. Diese Pflicht stützt sich auf Artikel 213 der Tierschutzverordnung (Tierschutzkontrollen) und Artikel 6 der Verordnung über die Koordination der Kontrollen auf Landwirtschaftsbetrieben (Tierwohlkontrollen). Werden für die Tierschutz- und Tierwohlkontrollen private Dritte zugezogen, so müssen die Kantone gestützt auf Artikel 218 der Tierschutzverordnung und Artikel 104 der Direktzahlungsverordnung deren Kontrolltätigkeit stichprobenweise überprüfen.</p><p>2./3. Bis vor wenigen Jahren wurden die Zahlen aufgrund von Jahresberichten der Kantone zusammengestellt und publiziert. Diese Berichterstattung wurde durch die zentrale Bundesdatenbank Acontrol abgelöst, in der die Kantone alle Kontrollen der Primärproduktion erfassen oder dahin übermitteln müssen. Diese Datenbank weist bei einigen Kantonen aus technischen und organisatorischen Gründen Datenlücken auf. Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) sind daran, zusammen mit den Kantonen, diese Datenlücken zu beheben, sodass eine Veröffentlichung von Daten ab 2018 möglich ist. Die von den Kantonen übermittelten Kontrolldaten 2016 in Acontrol zeigen, dass auf rund 14 800 Landwirtschaftsbetrieben eine Tierschutzkontrolle durchgeführt wurde. Etwa 3100 (19 Prozent) wiesen einen oder mehrere Verstösse auf. Auf rund 15 200 Landwirtschaftsbetrieben wurde das Tierwohl kontrolliert, wovon rund 1100 Verstösse aufwiesen (7 Prozent). Aufgrund von Tierschutz- und Tierwohlverstössen wurden den betroffenen Betrieben die Direktzahlungen um rund 3 bis 4 Millionen Franken gekürzt. Eine Umfrage bei den Kantonstierärztinnen und -ärzten zeigt, dass 11 Kantone den minimalen Anteil von 10 Prozent unangemeldeten Tierschutzgrundkontrollen im Jahr 2016 erreichten. Grundkontrollen sind regelmässige Kontrollen von Nutztierhaltungen, die mindestens einmal alle vier Jahre durchgeführt werden. Die Einhaltung der Vorgabe wird 2017 spezifisch in den Kantonen geprüft.</p><p>4. Bezüglich der Quantität der Tierschutz- und Tierwohlkontrollen sieht der Bundesrat grundsätzlich keinen Handlungsbedarf. Die grosse Mehrheit der Kontrollen auf Landwirtschaftsbetrieben zeigt keine Verstösse; es ist deshalb ineffizient, die Zahl der Grundkontrollen zu erhöhen. Was die Qualität der Kontrollen anbelangt, plant das zuständige BLV in Zusammenarbeit mit den Kantonen, Inhalt und Tiefe der Grundkontrollen im Tierschutz zu überprüfen und gegebenenfalls Verbesserungen vorzusehen. Ebenfalls sollen die Tierwohlkontrollen qualitativ optimiert werden. Das BLW beabsichtigt entsprechende Anpassungen, damit diese künftig risikobasierter umgesetzt werden.</p><p>5. Die kantonalen Veterinärdienste sind zuständig für die veterinärrechtlichen Kontrollen. In vielen Kantonen führen sie diese auch selber durch. Alle Kontrollpersonen, auch solche von beauftragten privaten Kontrollstellen, müssen die Weiterbildung zum amtlichen Fachassistenten bzw. zur amtlichen Fachassistentin absolvieren. Der Bundesrat ist der Meinung, dass es keine weiteren bundesrechtlichen Vorgaben für Tierhaltungskontrollen und -kontrolleure braucht. Der Zeitpunkt der Kontrolle wird bereits heute beachtet, und die Kontrollen von Tierhaltungen erfolgen vorwiegend im Winter.</p><p>6. Tierschutzkontrollen aufgrund von Meldungen Dritter, Kontrollen auf Verdacht und Nachkontrollen werden in der Regel unangemeldet durchgeführt. Der Bundesrat ist bereit, den Anteil unangemeldeter Grundkontrollen sowie deren Kontrolltiefe und -inhalt zu prüfen.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Während 15 Jahren verstiess ein Thurgauer Bauer und Freibergerzüchter immer wieder gegen Tierschutzvorschriften und Behördenauflagen. Zum Schluss hielt er mehr als doppelt so viele Pferde wie zulässig. Für Aberhunderte von Tieren bedeutete dies ein Martyrium durch tierschutzwidrige Haltung, Mangelernährung und fehlende Pflege. Sie kosteten allein in den letzten Monaten 13 Pferde das Leben. Trotzdem kassierte der Bauer in dieser Zeit wohl rund 1 Million Franken an Direktzahlungen und Freiberger-Stutenprämien vom Bund, obwohl diese ausdrücklich an tiergerechte Haltung geknüpft sind. Nun wurden weitere Problemfälle bekannt.</p><p>Der Tierverkehr auf Bauernhöfen wird über die Tierverkehrsdatenbank lückenlos dokumentiert. Jeder direktzahlungsberechtigte Hof wird regelmässig vom kantonalen Kontrolldienst, Biobetriebe werden gar jährlich von Bio-Kontrollorganisationen überprüft. Die Kantone haben Kontrollorganisationen und beglücken die Bauern flächendeckend mit x Kontrollen. Wie konnte es da zur Tierschutzkatastrophe in Hefenhofen kommen? Wie können immer wieder grausige, jahrelang dauernde Tierschutzfälle auftreten? Der Bundesrat beantworte bitte auch folgende Fragen:</p><p>1. Kann er die Unabhängigkeit der kantonalen ÖLN-Kontrollorganisationen überall gewährleisten? Wie?</p><p>2. Wie viele direktzahlungsberechtigte Bauernbetriebe wurden 2015 und 2016 wegen Verstössen gegen die Tierschutzgesetzgebung oder gegen BTS/RAUS-Vorschriften beanstandet? Wie vielen Betrieben wurden die Direktzahlungen um wie viel gekürzt? Welche Kantone haben 2015 und 2016 die vorgeschriebenen 10 Prozent unangemeldeter Kontrollen nicht gemacht? Weshalb?</p><p>3. Warum sind Beanstandungen bei ÖLN- und anderen Kontrollen und so ausgelöste Direktzahlungskürzungen nicht mehr im Bundesagrarbericht publiziert?</p><p>4. Ist er bereit, Quantität und Qualität von ÖLN- und Tierschutzkontrollen sowie die Wirksamkeit von Sanktionen und anderen Verfügungen zu überprüfen? Ist er bereit, dem Parlament darüber zu berichten?</p><p>5. Wie beurteilt er die Idee "risikobasierter Kontrollen" (Tierhaltungskontrollen zu Tierschutz, BTS/RAUS, Blaue Kontrollen usw. zusammenfassen, durch Spezialisten durchführen lassen und von anderen ÖLN-Kontrollen trennen)? Sind Tierhaltungskontrollen nicht verstärkt im Winter durchzuführen, wenn die Tiere im Stall und nicht auf Weiden und Alpen leben?</p><p>6. Ist er bereit, den Anteil unangemeldeter Tierschutzkontrollen zu erhöhen, um wie viel?</p>
  • Tierquälereifälle verhindern, Tierschutzvollzug verbessern
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>1. Die Unabhängigkeit kann der Bundesrat gewährleisten. Für die Tierschutz- und Tierwohlkontrollen sind die Kantone zuständig. Sie führen diese Kontrollen entweder selber durch oder übertragen sie vertraglich an private Stellen. Werden Kontrollaufgaben übertragen, so müssen diese Stellen nach der europäischen Norm ISO/IEC 17020, "Allgemeine Kriterien für den Betrieb verschiedener Typen von Stellen, die Inspektionen durchführen", akkreditiert sein. Diese Pflicht stützt sich auf Artikel 213 der Tierschutzverordnung (Tierschutzkontrollen) und Artikel 6 der Verordnung über die Koordination der Kontrollen auf Landwirtschaftsbetrieben (Tierwohlkontrollen). Werden für die Tierschutz- und Tierwohlkontrollen private Dritte zugezogen, so müssen die Kantone gestützt auf Artikel 218 der Tierschutzverordnung und Artikel 104 der Direktzahlungsverordnung deren Kontrolltätigkeit stichprobenweise überprüfen.</p><p>2./3. Bis vor wenigen Jahren wurden die Zahlen aufgrund von Jahresberichten der Kantone zusammengestellt und publiziert. Diese Berichterstattung wurde durch die zentrale Bundesdatenbank Acontrol abgelöst, in der die Kantone alle Kontrollen der Primärproduktion erfassen oder dahin übermitteln müssen. Diese Datenbank weist bei einigen Kantonen aus technischen und organisatorischen Gründen Datenlücken auf. Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) sind daran, zusammen mit den Kantonen, diese Datenlücken zu beheben, sodass eine Veröffentlichung von Daten ab 2018 möglich ist. Die von den Kantonen übermittelten Kontrolldaten 2016 in Acontrol zeigen, dass auf rund 14 800 Landwirtschaftsbetrieben eine Tierschutzkontrolle durchgeführt wurde. Etwa 3100 (19 Prozent) wiesen einen oder mehrere Verstösse auf. Auf rund 15 200 Landwirtschaftsbetrieben wurde das Tierwohl kontrolliert, wovon rund 1100 Verstösse aufwiesen (7 Prozent). Aufgrund von Tierschutz- und Tierwohlverstössen wurden den betroffenen Betrieben die Direktzahlungen um rund 3 bis 4 Millionen Franken gekürzt. Eine Umfrage bei den Kantonstierärztinnen und -ärzten zeigt, dass 11 Kantone den minimalen Anteil von 10 Prozent unangemeldeten Tierschutzgrundkontrollen im Jahr 2016 erreichten. Grundkontrollen sind regelmässige Kontrollen von Nutztierhaltungen, die mindestens einmal alle vier Jahre durchgeführt werden. Die Einhaltung der Vorgabe wird 2017 spezifisch in den Kantonen geprüft.</p><p>4. Bezüglich der Quantität der Tierschutz- und Tierwohlkontrollen sieht der Bundesrat grundsätzlich keinen Handlungsbedarf. Die grosse Mehrheit der Kontrollen auf Landwirtschaftsbetrieben zeigt keine Verstösse; es ist deshalb ineffizient, die Zahl der Grundkontrollen zu erhöhen. Was die Qualität der Kontrollen anbelangt, plant das zuständige BLV in Zusammenarbeit mit den Kantonen, Inhalt und Tiefe der Grundkontrollen im Tierschutz zu überprüfen und gegebenenfalls Verbesserungen vorzusehen. Ebenfalls sollen die Tierwohlkontrollen qualitativ optimiert werden. Das BLW beabsichtigt entsprechende Anpassungen, damit diese künftig risikobasierter umgesetzt werden.</p><p>5. Die kantonalen Veterinärdienste sind zuständig für die veterinärrechtlichen Kontrollen. In vielen Kantonen führen sie diese auch selber durch. Alle Kontrollpersonen, auch solche von beauftragten privaten Kontrollstellen, müssen die Weiterbildung zum amtlichen Fachassistenten bzw. zur amtlichen Fachassistentin absolvieren. Der Bundesrat ist der Meinung, dass es keine weiteren bundesrechtlichen Vorgaben für Tierhaltungskontrollen und -kontrolleure braucht. Der Zeitpunkt der Kontrolle wird bereits heute beachtet, und die Kontrollen von Tierhaltungen erfolgen vorwiegend im Winter.</p><p>6. Tierschutzkontrollen aufgrund von Meldungen Dritter, Kontrollen auf Verdacht und Nachkontrollen werden in der Regel unangemeldet durchgeführt. Der Bundesrat ist bereit, den Anteil unangemeldeter Grundkontrollen sowie deren Kontrolltiefe und -inhalt zu prüfen.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Während 15 Jahren verstiess ein Thurgauer Bauer und Freibergerzüchter immer wieder gegen Tierschutzvorschriften und Behördenauflagen. Zum Schluss hielt er mehr als doppelt so viele Pferde wie zulässig. Für Aberhunderte von Tieren bedeutete dies ein Martyrium durch tierschutzwidrige Haltung, Mangelernährung und fehlende Pflege. Sie kosteten allein in den letzten Monaten 13 Pferde das Leben. Trotzdem kassierte der Bauer in dieser Zeit wohl rund 1 Million Franken an Direktzahlungen und Freiberger-Stutenprämien vom Bund, obwohl diese ausdrücklich an tiergerechte Haltung geknüpft sind. Nun wurden weitere Problemfälle bekannt.</p><p>Der Tierverkehr auf Bauernhöfen wird über die Tierverkehrsdatenbank lückenlos dokumentiert. Jeder direktzahlungsberechtigte Hof wird regelmässig vom kantonalen Kontrolldienst, Biobetriebe werden gar jährlich von Bio-Kontrollorganisationen überprüft. Die Kantone haben Kontrollorganisationen und beglücken die Bauern flächendeckend mit x Kontrollen. Wie konnte es da zur Tierschutzkatastrophe in Hefenhofen kommen? Wie können immer wieder grausige, jahrelang dauernde Tierschutzfälle auftreten? Der Bundesrat beantworte bitte auch folgende Fragen:</p><p>1. Kann er die Unabhängigkeit der kantonalen ÖLN-Kontrollorganisationen überall gewährleisten? Wie?</p><p>2. Wie viele direktzahlungsberechtigte Bauernbetriebe wurden 2015 und 2016 wegen Verstössen gegen die Tierschutzgesetzgebung oder gegen BTS/RAUS-Vorschriften beanstandet? Wie vielen Betrieben wurden die Direktzahlungen um wie viel gekürzt? Welche Kantone haben 2015 und 2016 die vorgeschriebenen 10 Prozent unangemeldeter Kontrollen nicht gemacht? Weshalb?</p><p>3. Warum sind Beanstandungen bei ÖLN- und anderen Kontrollen und so ausgelöste Direktzahlungskürzungen nicht mehr im Bundesagrarbericht publiziert?</p><p>4. Ist er bereit, Quantität und Qualität von ÖLN- und Tierschutzkontrollen sowie die Wirksamkeit von Sanktionen und anderen Verfügungen zu überprüfen? Ist er bereit, dem Parlament darüber zu berichten?</p><p>5. Wie beurteilt er die Idee "risikobasierter Kontrollen" (Tierhaltungskontrollen zu Tierschutz, BTS/RAUS, Blaue Kontrollen usw. zusammenfassen, durch Spezialisten durchführen lassen und von anderen ÖLN-Kontrollen trennen)? Sind Tierhaltungskontrollen nicht verstärkt im Winter durchzuführen, wenn die Tiere im Stall und nicht auf Weiden und Alpen leben?</p><p>6. Ist er bereit, den Anteil unangemeldeter Tierschutzkontrollen zu erhöhen, um wie viel?</p>
    • Tierquälereifälle verhindern, Tierschutzvollzug verbessern

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